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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.01.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-01-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110124019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911012401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911012401
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-01
- Tag 1911-01-24
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Monat
1911-01
-
Jahr
1911
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Nr. 24. ros. Jatlrgrmr. Kronprinzen delgegeb« stad, M «kücklich aetrofs«. Lir Harold St» art. der Chef vo« Stabe des kronprinzlichen Hauptquartier», ist Vorstand der po litischen Abteilung, d. h. der Verwaltung de» Inner», und weilt dreißig Jahre im Lande. Schwerlich tonnte ' icmand gesunden werden, der bester über Leute. Land, die wir'fchastlichen und politischen Verhältnisse I»- Liens Auskunft erteilen kann al» dieser Herr. Als Führer des hohen Gastes immer mit ihm zusammen, bietet sich ununterbrochen Gelegenheit, sofort über alles erschöpfend Auskunft zu geben, war dem Kron prinzen aufsällt. und ihn aus das aufmerksam zu »lachen, was ihm entgeht. Wichtig hierbei ist. daß Sir Harold Stuart eine Persönlichkeit ist. die über den Einzelheiten nie die groben Gesichtspunkte außer acht läßt, und hierburch wird jede Ausfahrt, feder Iagdausflug zu einer Quelle der Belehrung. Als militärischer Sachverständiger ist Oberst D i ct beigegcben. der von dem liebenswürdigen, fein- gebildeicn Major Steel unterstützt wird, wäh rend Herr Jett von der Zivilvermaltun« dem Chef des Stal»es an die Hand gehr. Da« der Kronprinz allen militärischen Dingen größtes Interesse entgegenbrintzt. habe ich schon früher erzählt. Man sah es auch wieder, als in Dschaipur der Train besichtigt wurde, den der Maharadscha im Mobilmachungsfalle den Engländern zu stellen hat. In Len Aufenthalt zu Dschaipur siel die Weih nacht sz e i t. Beim englischen Residenten. der hier gerade wie sein Amrsbruber m Haideradad die eng lischen Interessen wahrzunehmen l>at, sich aber so n»enia wie möglich in die inneren Angelegenheiten des Landes einmischen soll, wurde am späten Nach mittag ein Gartenfest für die wenigen ansässigen Europäer veranstaltet. Der Maharadscha lieh hierbei einer Anzahl Christenkiader besctzcren und schenkte dem Kronprinzen und allen Neiseteilnebmern sein Bild. Hinterher sand in einem Nebenraum« die eigentliche Weihnachtsfeier des Kronprinzen statt. Von Pots dam war ein Tannenbaum eingetroffen. um ihn versammelten sich der Kronprinz, die Herren des Gefolges und die Diener: der Kronprinz griff zur Geige, und dann ertönte, von ihm begleitet, unser er greifendes Weihnachtslied ..Stille Nacht, heilige Nacht". Liebevoll und sehnsüchtig floaen die Ge danken eines jeden über Berge und Meere zu den Teuren daheim im lieben Vaterlande. Der .Kronprinz und die Herren des Gefolges hatten am Nachmittag in der Stadt klein« Einkäufe gemacht, um sich gegenseitig zu beschenken. Dschaipur ist hierfür auch wie geschaffen, denn hier steht das Kunfthandwerk in vollster Zlüt e. Die Tauschierardeiten. bei denen Gold- und Silbcrfüdcn und -Plättchen als feinste Zeichnungen in Stahl- uno andere Metallflächen eingelasten werden, und die mit Emaille ausqefüllten Metallgraoierungen werden nirgends in Indien so künstlerisch und genau ansgefiihrr wie in Dschaipur. Freilich fand ich auch hier schon ryieder manche geschmacklose Anlehnung an europäische minderwertige Vorbilder. Ein Besuch der Kunstschule gab mir den Aufschluß: Neben den herr lichen alte» Zeichnungen von Ornamenten. Tieren, Menschen. Jagd- und Kampfszenen dienten ganz bil lige. gemeine europäische Ocldruckbilder den farbigen Schülern als Vorlage. Bei der Genügsamkeit der Inder ist der Arbeitslohn so gerina. daß er bei der Berechnung Les Stücks kaum so viel Groschen aus macht. als man bei uns Mark bezahlen müßte. Wie alle andern Gewerbetreibenden, üben die Künstler ihre Tätigkeit in ihrer offenen Werkstatt an de, Strane aus. daher gibt es kaum etwas Lohnenderes lür jemanden, der sich für das Volksleben interessiere als eine Wanderung durch Dschaipurs rosige Straften. Haus für Haus könnte man stehen bleiben, um die geschäftigen Leute bei ihrer Arbeit zu beobachten. Auf dem Stratzendamm fluten unterdessen ununter brochen die Eingeborenen hin und her. Kutschen, von flinken Ochsen gezogen, eilen dahin. Kamelreiter sprengen einher, und die riesenhaften Gestalten von Neitelefavten erscheinen von Zett zu Zeit über der Meng^ Auf Len grohen Plätzen flattern Hunderte von zutraulichen Tauben. Wenn sie gefüttert werden, und man dabei in der Nähe des Marstally den hohen Turm. ..das himmeldurchdohrende Minarett", vor sich sieht, dann glaubt man sich nach Venedig auf Sen Markusplatz versetzt. Lin Werk potttllHer Rache! Wir lesen in der ..Natl. Korr.*: ..Au» den Verhandlungen des Abgeordnetenhauses ist bekannt, in wie — vornehmer Weise sich der konservative Kreisausschuß in Weh lau an dem liberalen Bürgermeister Magner dafür rächte, dak er in der Ersatzwahl zum Reichstage Sen Sieg davontrug. Man kündigte ihm die Ver waltung des Kreisarmcnhauses und die dazuge hörige Dienstwohnung, die er '-'1 Jahre l Gttll Luüwig unü Leipzig. Von Werner Kruse. Wenn ein Dichter wie Otto Ludwig erst im 37. Lebensjahre mit seinem genialen -rrauerspiel ..Der Erdförster" vor die Oefsentlichkeit trat und diese sogleich seiner außerordentlichen dramatischen Begabung zujubette und von ihr mit Recht eine Neu bclebung'der arg papicrnen dramatischen Literatur erhoffen durste, so fragen wir uns, welchen Grund oder welch« Umstände ihn dazu bewogen haben, nicht schon früher die Welt an den Früchten seines Dichter- ralcntes teilnehmen zu lassen. Es ilt seiner innersten Natur nicht leicht geworden, sich den erhabenen Platz unter den großen deutschen Dichtern zu erobern, den ihm heute jeder Einsichtige zuerkennen muß. Jenes heiße Ringen zwischen zwei Talenten (hier zwischen Musik und Poesie), das gerade für unsere Tage so charakteristisch ist: jenes unmögliche ,^wcen Herren oienen wollen" wo die eigene Person sich ihrer ganzen Anlage nach schon für ein höchstes- auf einem scifarf umgrenzten Gebiete liegendes — Ziel vorbestimmt hat: jenes Aufgebcnwollen des einen, um dem an deren mit erhöhterer Kraft nachbängen zu können: jenes beharrliche Schwanken zwischen Hoffnung und Furcht, ob der einmal eingeschlaaene Weg der richtige sei; und endlich — was ganz besondere Ludwig kenn- zeichnet — jenes unerbittliche Zweifeln (ist einmal der rechte Pfad betreten), das sich am eigenen Ge ichasfenen nic genug sein läßt, immer höhere Selbst forderungen stellt und — wie in unserem Falle — bis an Grübelei grenzende Selbst- und Kunstkritik übt — alle diese Gründe, sagen wir, haben dazu beigetragen, erst in reifem Alter den Dichter vor den Richterstuhl öffentlicher Kritik zu stellen. Künstlerischer Ernst in Leben und Tat — vielleicht saßt man in Viesen Aus druck am besten den innersten Kern des Menschen und Dichters. Otto Ludwig kann als der klassische Träger künstlerischen Ern st es gelten. Wir können uns nun freilich nach den Ansichten und Acußerungen Ludwigs über Leipzig, das er als Sechsnndzwanzigjährtger, um bei Mendelssohn Musik zu studieren, 1839 auf ein Jahr besuchte, ein i reffendes Bild seines Gemütszustandes machen, würden ober gewaltig fehlgehen, wollten wir diele auf die Pleißestadt selbst übertragen. Durch die Gnade 'eines Landesherrn, des ausgezeichneten Herzogs Bernhard Erich Freund von Sachien-Meiningen. war ivm cnn Vorschlag des Hokkapellmeisters Grund, der die nicht talentlosen — in des Dichterkomponisten Vaterstadt Eisfeld als genial angesprochenen — Tonwerke Ludwigs eingesehen hatte, ein bescheidenes Stipendium gewährt worden mtt der ausdrücklichen tetpri-er Tageblatt. i»»egehabt hatte, mit der vogründung. seine Tätigkeit als Reichstagsadgeordneter werde lhn zu lange »on der Heimat fern halten. um hm die weitere Verwaltung dieses aeringfügigcn Nebenämter zu ermöglichen. Daran, daß im Reich« tag wie im Abgeordnetenhaus Dutzende von Land räten und höheren Negierungsbeamten sitzen, die sich durch die Mandatsausubung in der Versorgung ihrer doch etwas umfangreicheren und verantwortlicheren Amtspflichten nicht im geringsten behindert fühlen, hat man bei dieser „Begründung" offenbar nicht ge dacht. Der häßliche Charakter dieser gegen Wagner eingeleiteten Verfolgung zeigt sich aber, wie die „Königsb. Hartungsche Ztg." hervorhebt, besonders darin, daß die Kündigung der Dienstwohnung zum n a ch st e n 1. Oktober erfolgt ist, einem Ternnae. an dem der Reichstag voraussichtlich längst nach Hause geschickt ist! Noch klarer geht der politische Ziveck der Maßregelung her vor aus der „diskreten" Andeutung des „Wcdlauer Tageblatts", daß ebensowenig, wie sich von Berlin eine ..einheitliche und ordnungsmäßige Aufsicht über ein Kreisinstitut ausüben lasse", es ..dem Bürger meister Wagner auch schwer fallen dürfte, dieAmts - Vorsteher- oder Amtsanwaltsgeschäfte zu führen". Hier haben wir den Wink an die l>e teiligten Behörden: Gehet hin und tuet ein Gleiches! Bei der Justizbehörde haben die Konservativen aller dings di« Rechnung ohne den Wirt gemacht. Wie man der „Hart. Ztg." mitteilt, ist die Vertretung der Amtsanwaltsgeschäfte ohne Schwierigkeit glatt ge regelt worden. Uns. die wir diesen Dingen un beteiligt aegenüberstehcn. will scheinen, daß zwischen dieser konservativen Rachepolittk und der brutalen Art. mit der die Sozialdemokratie politisch Andersdenkende verfolgt, wo sie di« Macht dazu bat. ein eigentlicher Unterschied nicht mehr bestehl." Was sagt Herr v. Dallwitz dazu? Zur Lrwetteruny üer Immunität üer Mgerrrüneten hat di« Strafprozchkommistion de» Reichstags An träge angenommen, die dahin gingen, Abgeordnete nicht zwingen zu können, Auskunft über Tatsachen zu geben, die ihnen in Ausübung ihres Berufs an vertraut worden find. Gegen dieses Zeugnisver weigerungsrecht hatte sich die Regierung lebhaft aus gesprochen und ihre Stellungnahme wie folgt be gründet : „Durch das Reichs- und Laudesversafsungsrecht ist die Stellung der Abgeordneten so wett geschützt, als ihre verfassungsmäßige Tätigkeit es erfordert. Daß c.in Bedürfnis vorliege, die Stellung der Abge ordneten noch mehr aus dem Rahmen des gemeinen Rechts hcrvorzuhcben, kann nicht anerkannt werden. Insbesondere wird sich eine dahingehende Forderung nicht durch Berufung auf das Zeugnisverweigerunas- reckt der Geistlichen. Rechtsanwälte und ÄeiAte be- gründen lassen. Diese Personen haben hinsichtlich dessen, was ihnen anvertraut ist. die Pflicht zur Ver schwiegenheit. Abgeordneten hingegen werden Tat- sachen mitgeteilt, nicht damit sie darüber schweigen, sondern damit sie durch Bekanntgabe im Parlament in 'die breiteste Oefsentlichkeit gebracht werden. Muß auch der Abgeordnete selbst vor der Verfolgung wegen Bekanntgabe des ihm Mitgc- teiltcn geschützt sein, so besteht doch kein Anlaß, auch diejenigen von der Verantwortung frei zustellen, hie ihnen die Mitteilungen gemacht haben. Die Beseit' gung der Zeuqnispflicht könnte dahin führen, daß in Strafprozessen und selbst in bürgerlichen Rechts- stteftigleiten Tatsachen der Feststellung entzogen werden, die für die Entscheidung von maßgebender Bedeutung siyd. Schwere Straftaten würden dadurch der gesetzlichen Ahndung, bürgerliche Rechtsstreitig ketten von großer Tragweite der gerechten Entschei dung entzogen bleiben. Es erscheint ferner bedenk lich. eine Regelung derart zu treffen, daß den Abge ordneten aus den Kreisen der Beamten, ohne jede Gefahr ftir diese, Mitteilungen zugetragen werden können, über denen das Amtsgeheimnis ruht. Die Gewissenhaftigkeit der Beamten würde dadurch erschüttert werden Der Abgeordnete hat die Pfl'<* die Lauterkeit der Quellen, denen er seine Angaben verdankt, zu prüfen. Die Befreiung von der Pflicht des Zeugnisse« über diese Quellen würden dem Rechtsempfinden widersprechen. Das Moment der Stichhaltigkeit können diese Ausführungen für 'ich nicht unbedingt in Anspruch ncbmen. OenMes Kelch. Leipzig, 21. Januar. * Reichstagswahlvordereitungea iu Sachse». Ha Dippoldiswalde hielt am Sonntag der Natw- nalliberale Vereis im 5. städtischen und 18. länd lichen Landtagswahlkreife seine diesjährige General versammlung ab, die aus allen Teilen des weitver zweigten Arbeitsgebietes des Vereins sehr zahlreich besucht war. Den Jahresbericht erstattete der Vor sitzende Fabrikant Reichel. Zum Schluß der General versammlung wurde Obcrpostassistent Herrmann aus Dresden zum natronalliberalen Reichstagskandi daten für den 6. Reichstagswahlkrejs (Dresden-Land, gegenwärtig durch den sozialdemokratischen Abgeord neten Horn vertreten) proklamiert. Aog. Hettner be tonte in einer Ansoracye, daß er in hohem Maße er freulich sei, für diesen schwierigen Reichstagswahl- kreis einen Kandidaten gefunden zu haben, der nicht nur infolge seiner Berussstelluna die Bedürfnisse aller Bevölkerungskreise kennen gelernt habe. In der öffentlichen Versammlung, die sich an die General versammlung anschloß, sprach zunächst Generalsekretär Dr. Westen berger über die wirtschaftliche und politische Entwickelung in den ersten -10 Jahren des Deutschen Reiches. Der gehaltvolle Vortrag fand lebhaften Beifall. Al» zweiter Punkt der Tages ordnung stand ein Referat de» Landtagsabgeordneten der 13. ländlichen Landtogswahlkreises, des Bau meisters G ö p f e r t - Frauenstein, über die Tätigkeit des sächsischen Landtages. Vor Eintritt in diesen Punkt der Tagesordnung versuchten die Sozialdemo kraten eine Diskussion zu erzwingen, die von der Ver sammlung nach dem Dortrage des Abg. Töpfert ge dacht war und auch tatsächlich stattfand. Als dem gemäß die Sozialdemokraten mit ihrem Begehren ab sielen, verließen sie unter Protest Las Lokal. Auch der Vortrag des Abg. Gopfert wurde sehr aufmerk sam angehort und mit Beifall belohnt. In der Diskussion stellte sich der nationallibcrale Reichstags- kandidar des k. Reichstagswahlkreises Ober-Post- assistent Herrmann aus Dresden in einer kurzen An sprache, die überall lebhaften Anklang fand, der Ver sammlung vor. — Eine zahlreiche Vertrauensmänner versammlung der konservativen Partei, der Reform partei uno des Bundes der Landwirte, die am Sonn tag in Riesa tagte, beschloß einstimmig, den Reformer Kurt Frinfche für den 7. sächsischen Reichstags wahlkreis Meißen-Großenhain als Kandi daten aufzustellen. Der Wahlkreis wird gegenwärtig durch den Reformer Gäbel vertreten. * Zur Ersatzwahl im 23. ländlichen Landtagswahl- kreise wird uns geschrieben: Am letzten Sonnabend fand in Zweinaundorf eine öffentliche Wählervcr- sammlung statt, in der der fortschrittliche Kandidat Dr. Schuvert in großen Zügen das Programm der Fortschrittlichen Volkspartei entwickelte und dann in anschaulicher Weise die brennenden Fragen unserer Landesgesetzgebung, die den kommenden Landtag be schäftigen, behandelte. Die klaren, sachlichen Aus führungen, die er durch drastische Beispiele aus dem praktischen Leben ergänzte, trugen dem Referenten lebhaften Beifall ein. Ein« sich anschließende inter essante Debatte gab dem Referenten Gelegenheit, sich noch näher über verschiedene Einzelfragen, wie das System der Einheitsschule, die Landgemeindeordnung, Armenfürsorg«, Verbesserung der Verkehrsverhältnisse des Wahlkreise» und anderes mehr, zu verbreiten. Hi- * Zum Tode des Admirals Eühler. Der Kaiser har an Frau Gühler in Charlotrenburg, die Mutter de» ocrstoroenen Chefs des Kreuzer geschwaders, folgendes Telegramm gerichtet: „Be r l i n, S ch lo ß. Di« Nachricht vom Hmlcheiden ^hres Sohnes, des Admirals Gilhker, der fern von der Heimat tückisilvr Krankheit erliegen mußte, hat mich tief bewegt. Von ganzem Herzen teile ich Ihre Trauer. Auch ich und meine Marine haben durch seinen Tod einen schweren Verlust erlitten. Wilhelm, 1. L." — Dem Staatssekretär Les Reichsmari neamts ist folgendes Tele gramm aus Braunschweig zugegangen: „Schmerzlich erfüllt durch die Todesnachricht des Admirals Gühler, unseres Reiiegenossen in Ostasten, unseres liebens würdigen Wittes in Tsingtau, bitte ich Eure Exzellenz, auch im Namen der Herzogin, unsere wärmste Teilnahme entgegenzunehmc» und auch dem KreuzergeschwaLer übermitteln zu wollen. Johann Albrech t." * Die Berichte der Strafprozetzkommission des i Reichstages sind im Reichstage Ausgabe gelangt, z Die Berichte zerfallen in vier Teile, die insgesamt Dienst«-, 24. Januar 19N. 700 Seiten umfassen. Berichterstatter sind die Abgg Dr. Heinze, Dr. Mayer lKaufbeuren), Dr. Wagner (Sachsen) und Graes (Weimar). Die Entwürfe sind von der Kommission in 84 Sitzungen beraten worden, die teilweise in die Sommerpause gefallen sind. Der erste Teil der Berichte enthält die Berichte über das Gerichtsoerfajsunasgesetz und das erste Buch der Strafprozeßordnung, der zweite Teil den Bericht über das zweite Buch, der dritte Teil die Berichte über die Bücher drei ois fünf und über das Einführuilgsgesey, der vierte Teil die Zusam menstellung der Gesetzentwürfe mit den Kommissions beschlüssen erster und zweiter Lesung. * Der Studentenstreik an der Tierärztlichen Hach- schule in Hannover. Da die Reise Les Direktors de: Tierärztlichen Hochschule zum Minister der Landwirt schaft o. Schorlemer-Lieser in Sachen des Studenten streiks erfolglos geblieben ist. haben die Stu denten am Montagvormfttag beschlossen, ihrerseits eine Deputation an den Minister zu senden, um die Erfüllung ihrer Wünsche zu erreichen. Auch die hannoverschen Landtagsabgeordneten sollen ersucht werden, für die streikenden Studenten einzutretcn. Eine weitere Deputation soll sich zum Stadtdirektor Tramm begeben und diesen zur Intervention ver anlassen. Je nach dem Erfolg der Schritte wird die Studentenschaft in den nächsten Tagen beschließen, ob sie im Streik beharren oder den Besuch der Vor lesungen wieder aufnehmen solle. * Zum Schutze von Gerichtsverhandlungen, die unter Ausschluß der Oefsentlichkeit stattfinden, hatte die Strafprozeßkommission des Reichstages beschlossen, mit Geldstrafe bis zu 300 oder mit Gefängnis bis zu 6 Monaten diejenigen zu bestrafen, die aus Geriäftsverhandlungen, für die wegen Gefährdung der vittlichteit die Oefsentlichkeit ausgeschlossen war, oder aus den diesen Verhandlungen zugrunde liegen den amtlichen Schriftstücken öffentlich Mit teilungen machen. Wenn diese Raffung tatsächlich Gesetz wird, so macht sich auch die Presse strafbar, die von solchen Verhandlungen Berichte bringt. Die Negierung hat diesem Anträge zugestimmt mit der Begründung, daß in der Tat neuerdings die Berichte über Verhandlungen, ui denen die Oeffent- lichkeir wegen Gefährdung der Sittlichkeit aus geschlossen war, so überhand genommen haben, daß in weiten Kreisen der Bevölkerung daran Anstoß genommen worden sei. * Zur Winzenrot. Die 11. Kommission des preußischen Abgeordnetenhauses zur Vorberatung der Anträge der Abgeordneten Bartling und Dr. v. Woyna zur Bekämpfung der Winzernot har sich am Sonnabendnachmittag konstituiert und zum Vorsitzenden den Abg. Wallenborn, zum Stellver treter des Vorsitzenden den Abg. Dewitz (Olden burg) gewählt. * Ostmarkenverein und Enteignungsfrage. Eine am Sonntag in Posen abgehaltene Versammlung der Provinzialveriretcr des Deutschen Ostmartenvereins trat im Anschluß an Berichte des Generalsekretärs Bos berg und oes Professors Hoertzsch ein stimmig der neulich verösfentlichen Entschließung des Hauptvorstandcs. zugunsten der Enteignung bei. Es wurde beschlossen, in eine Agitation in den Ostmarkeu für die Enteignung einzutrcten. Zu diesem Zwecke wurde eine Kommission von fünf Herren ge wählt. * Die Festbesolbeten und Herr von Jagow. Ter Bund der Festbcsolveten hatte kürzlich rn Erfahrung gebracht, daß der Berliner Polizeipräsident von Jagow keine Beamten vor dem Eintritt in den Bund gewarnt harte. Die Leitung de^ Bundes har deshalb um Aujklärung gebeten und laut „Tre-dn. Nachr." folgende Antwort erhalten: „Auf die gefällige Anfrage vom 7. d. M. er widere ich ergevenst, daß ich allerdings den mir unterstellten Beamten, hauptjächtich in ihrem eigensten Interesse, die Mitgliedschaft berm „Bunde der Festbesolbeten" zwar nicht unter sagt, wohl aber als zurzeit nicht empfehlens wert bezeichnet habe. Hierzu bin ich durch unlieb same Vorgänge innerhalb meiner Behörde und durch gewisse Kundgebungen der Bundesleitung veranlaßt worden. Die in dem dortigen Schreiben enthaltenen Borwürfe, daß ich durch dies« Maßregel mernc Beamten „politisch entrechtet" und „logftcherweisc" genötigt habe, „politisch die Sozialdemokratie zu unterstützen", weise ich als unbegründet und ungehörig sowie als eine Beleidigung aller dem Bunde nicht angehörenden Beamten h crmir ! auf das entfchredenste zurück. Jagow." Herr von Jagow bat sich leider nicht darüber ausgesprochen, weshalb er die Mitgliedschaft als l „zurzeit" nicht empfehlenswert erachtet. Gerade t darüber wäre aber Aufklärung sehr erwünscht. Bestimmung, bei dein weltberühmten Meister in Leipzig zu studieren. Schon eine schwere Er kältung, die er sich aus der l.l'stündigen Fahrt von Eis feld über Hildburghausen, Meiningen und Gotha zu gezogen hatte, mag den nunmehrigen „Musikstuden ten", der zeitlebens von schweren Krankheiten hcimge- suchr ward, Leipzig gegenüber mißmutig gestimmt habe». Wenigsten« verrät leine Aeußerung des neuen Schülers Mendelssohns etwas von der Stimmung, mit der junge Musiker aus aller Herren Ländern in den „Zauberkreis von Leipzig" traten. Aber noch ein «ilderes Wichtigeres tam hinzu. Wie sein Biograph Adolf Stern treffend bemerkt, wollte sich der junge „halb Musikus, halb Tragikus" — wie er sich selbst später gekennzeichnet hat —nach der jahrelangen un beschränkten Selbstbestimmung plötzlich einem an erkannten Meister unterordncn. Eine solche Unter ordnung mußte dem geistig Vorgeschrittenen um so schwerer fallen, als seine einsiedlerische, verschlossene Art zu dem weltmännisch-gewandten, heiteren Wesen Mendelssohns in gleich schneidendem Gegen sätze stand wie seine vornehmlich aufs Charakte ristische hinzielende Musik zu der liebenswürdigen, steis Las melodische Moment heroorhebcnden Schreib weise des Meisters Felix. Und so ist es nicht zu ver wundern, Latz, nachdem Mendelssohn die sehr ver spätet eiugetrosfenen Manuskripte einer Prüfung unterzog, diese ihm wenig cmspracbcn: daß er sogar Lar „volkstümlich Clfarakteristische", das in allen Kompositionen vorherrschte, als eine „Geschmacklosig keit" bezeichnete. Er riet daher dem Schüler, den er nir reiker hielt, als Ludwig zu dieser Zeit war, vor läufig nichts mehr zu komponieren, sondern eifrig Partituren zu studieren und täglich vier Stunden Klavier zu ivielcu. Wie weit der Schüler sich diese Lehren zn Herzen nahm, ist nicht ersichtlich. Jeden falls wirkten alle Umstände, Latz ihm sein Lehrer innerlich immer fremder wurde, die Besuche allgemach nacbließen und er sich schließlich mit ein paar ent schuldigenden Worten ganz verab'chiedete. Auch zu dem jungen Schumann, der wie Mendelssohn einen festen Freundeskreis — etn feind liches Lager? — um sich versammelt hatte, kam er in kein näheres Verhästßis. Er fühlte sich vielleicht noch abgestotzener als von jenem. Seine Musik schien ihm „vornehm geworden, darf also nicht mehr vom Herzen reden: ist's doch in der vornehmen Welt eine Ochande, wenn man's nnr merken läßt, Laß man ein Herz hat!" Es ist sehr zu bedauern, daß ich wischen der poe'iich reichen Innerlichkeit eines Schumann und eines Lud wig keine Berständiquiigspunkte ergaben, die eine versönliche Bekanntschaft sicher mit sich gebracht hätten. Auch die Bekanntschaft des harmlosen Lortzing verschmähte „der Einsiedler", teils seiner angeborenen Menschenscheu nachgedend, teils abgestoßeu durch den theatralischen Umgang des Komponisten von „Zar und Zimmermann". Herb enttäuscht daher, aber auch nicht willens, sich einem der beiden musikalischen Laaer anzu- ichlicßen, zog er sich nun ganz aus sich selbst zurück. Nur selten verließ er seine bescheidene Stube im Thomasgätzchen 111^ um wenigstens den Um gang mit den wenigen Personen zu pflegen, bie er durch Zufall in Pöhlers Wirtschaft hatte kennen lernen. Nicht daß ihm die Kratt zur Arbeit gefehlt hätte — Ludwig hat unablässig seinen Kunstidealen nachgestrebt! — nein. eine schwere.Krankheit, die „tau send Gestalten, aber keinen Namen" hat. warf ihn aus seinem „himmlischen Leben", wo er sich eben ganz seiner Muse zu widmen gedachte, aufs Schmerzens lager. Mitten im Frühling mußte er doppelt den Genuß der Gesundheit entbehren: „wieder wunderbar draußen!" ruft er aus, rafft sich empor, um dann „ganz marode" heimzukchren. Fieber und Angft- zustände traten ein, mühsam schleppte er sich zu einer neuen Wohnung in der Eisen bahn straffe, um dort an Brustkrämpfcn und Erstickungsanfällcn gänz lich niederzubrcchen. Da überfielen ihn düstere Todesahnungen und zu der Furcht, womöglich in der Fremde zu sterben, mischlc sich die Besorgnis über die Aussichtslosigkeit seiner Lage. ,,Nur nicht in der Fremde sterben!" Leider hatte Ludwig ja auch keine Neigung ge tragen. mit den literarischen Kreisen Leip zigs Fühlung zu bekommen. Freilich waren die groß u Zeiten von 1723 1700 längst vorbei, war die nach klassische und romantische Periode ziemlich sang- und klanglos dahingeqangen. Immerhin aber beherbergte Leipzig in feinen Mauern Männer wie Heinrich Laube, Margg raff, vor allein Rodert Blum, den Demagogen - Männer, die voll des heiligsten Eifere sich zu Wonführern der „jung deutschen" Literatur machten und bestrebt waren, ihr eine entschiedene Wendung zur Politik zu geben. Diese» letztere dürfte wohl der Hauptgrund gewesen fetn, daß sich Ludwig dieser Richtung gegenüber ab lehnend verhielt. Seinem weltfremden Sinne mußte ja eine so tendenzdurchttänkte Poesie um so ab geschmackter erscheinen, als e-- einsah, daß sich rin rk!"e« Klnftwerk nnr aus sich selbst gestalten lasse Es ist daher bezeichnend, daß er mit dem blinden Lyriker Theodor Avel. der mit mehreren Ge sinnungsgenossen eine nicht tendenziöse Poesie pflegte und hütete, Bekanntschaft schloß und die Hoffnung hegte, durch diese neue literarische Verbindungen zu knüpfen. Hoffnungen, die sich jedoch nicht erfüllten. Allein Krankheit und noch jo bittere Ent täuschungen Hütten nicht vermocht, den pflichttreuen Ludwig vor der Zeit aus den Mauern Leipzigs zu treiben. Der sehnlichste Wunsch, der Pleiße io schnell wie möglich zu entlaufen, war die tiefe Sehnsucht nach seiner Heimat, seinem vielgeliebten „Garten". Die Gegensätze zwischen dem in Eisfeld still - beschaulich geführten Dasein und seinem neuen, wenigstens nach außen buntbewegten Leben waren zu schroff gewesen, unü e» hätte bei dem Grüblerischen nicht erst der Krankheit und Vereinsamung bedurft, um diese in desto grelleres Licht zu rücken. Hatte er Loch seine herrlichen Waldaründe des Thüringer Waldes mit der flachen Umgebung Leipzigs vertauscht, sein beschauliches Dasein unter gleichgestimmte.'. Freunden mit einem zurückgezogenen Leben in einem engen Stübchen! Aber saft noch mehr war es Leip ziger Art, die sein Mißfallen erregte. „Ich glaube, deshalb werden hier so viel Bücher gemacht, weil die Leute so langweilig sind." Alles und jedes, was mit Leipzig in Zusammenhang stand, nahm — ja, oft lächerliche Gestalt an in seinen Augen. Mögen hier kommentarlos einige seiner drastischen Aussprüche stehen, die er meist zu seinem Jugendfreund Echaller in Eisfeld getan hat. „Da« so ausposaunte Buch öruckerfest ist eine gelinde Kinderei gewesen.'-^ „Die Leipziger Damen sehen alle so übernächtltch aus, nicht wie Geschöpfe der Natur sondern wie Kunstfabrikate." Und etwas weiter: „Die Weiber in Eisfeld und Leipzig sind wie ein« Wiese und etn Herbarium." Nun, allein im Hause Mendelssohn« hätte er eine „siegreiche Widerlegung" seiner Ansichten über die Leipziger Schönen erfahren können. Was ihn jedoch am meisten verstimmte, war das Leipziger Kunst leben. Hatte er schon an den Gewandhanskonzertcn mancherlei auszusetzen gehabt — nur der Tbomaschor erweckte seine ungeteilte Bewunderung: „Thomaner singen einzig! Schöne Stimmen, besonder« Divkant- und Batzsolo" — wieviel mehr erst an der neuen Kunstricytung. Dieser sprach er nur ein „künstliches Dasein" zu: meinte, daß „aus einer Kunst für das Gemüt eine des Verstandes geworden" sei. Weitrr: „Ich kann Euch versichern, daß diese Art von Musik mich manchmal zu zerstören drohte." — Nicht besser urteilte er über die ncndeutsche Poesie. Von den Dichtern meinte er: „Menschen, die selbst nichts produzieren als Kritik in einer zuckerwasser- verjchwemmten. charakterlosen Prosa": „es ist un möglich, sich einen Begriff von dieser Tigergrube zu machen." Und wenn er nun gleicherweise über Leip-
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