Volltext Seite (XML)
Nr. 20. XXXIV. Jahrgang. Wochenberichte Leipzig, 14. Mai 1919. Handelsteil der Leipziger Monatschrift für Textil-Industrie 2 Lz Zugleich: Wochenschrift für Spinnerei und Weberei. Handelsblatt Allgemeine Zeitschrift für die Textilindustrie Begründet 1884 in LEIPZIG. für die gesamte Textil-Branche. vormals „Die Textil-Zeitung“. Fachzeitschrift für die Woll-, Baumwoll-, Seiden-, Leinen-, Hanf- und Jute-Industrie, für den Garn- und Jlannfakturwarenhandel, sowie die Tuch- und Konfektionsbranche. Nachdruck, soweit nicht untersagt, nur mit genauer Quellenangabe gestattet. Orj;an der Sächsischen Organ der Vereinigung Organ der Norddeutschen Textil - Berufsgenossenschaft. Sächsischer Spinnerei -Besitzer. Textil -Berufsgenossenschaft. Adresse für sämtliche Zuschriften und Geldsendungen: Leipziger Monatschrift für Textil-Industrie, Leipzig, DÖrrienstr. 9. Schriftleitung. Geschäftsstelle u. Verlag: LEIPZIG, Dörrienstraße 9. 1 ^lerausgegeben von Theodor Martins Textilverlag in Leipzig. Fernsprech-Anschluß Nr. 1058. Telegramm-Adresse: Textilschrift Leipzig. Dipsp Wnohpnhpriehte erscheinen jeden Mittwoch und bilden den Handelstell der „Leipziger Monat schrift für Textil-Industrie“. — Der Preis für die „Leipziger Monatschrift für Textil-Industrie“ mit den vierteljährlich erscheinenden „Sonder-Nummern“ und den Beiblättern: Muster-Zeitung und Mitteilungen aus und für Textll-Berufsgenossenschaften beträgt für Deutschland und Öster reich-Ungarn pro Halbjahr Mk. 8,—, für die übrigen Länder pro Halbjahr Mk. 12,50. Die „Wo ch en b eri ch te u können zum halbjährlichen Preise von Mk. 7,— für Deutschland u. Österreich- Ungarn, für die übrigen Länder zum halbjährlichen Preise von Mk. 10.— bezogen werden. In der deutschen Post-Zeitungspreisliste sind die Monatschrift nebst Beiblättern (auf Seite 203) unter „Leipziger Monatschrift für Textil-Industrie“, die Wochenberichte (auf Seite 369) unte - ' dem Titel „Wochenberichte der Leipziger Monatschrift für Textil-Industrie“ eingetragen. Die Bezugs-Gebühren sind im voraus zahlbar. Wenn ein Bezug spätestens einen Monat vor Schluß des Halbjahres nicht gekündigt wird, gilt derselbe als fortbestehend. — Die In sertions-Gebühren betragen pro Petitzeile (zirka 3 mm hoch und 54 mm breit) oder deren Raum 70 Pfennig. Bei Wiederholungen Rabatt nach Tarif. — Beilagen nach feststehendem Tarif. i Schriftleitung und Geschäftsstelle der „Leipziger Monatschrift für Textilindustrie“ sowie Theodor Martins Textilverlag befinden sich seit 10. Mai 1919 Leipzig, Dörrienstraße 9. Verlag der Leipziger Monatschrift für Textilindustrie. Die Wirkung eines Versicherungs monopols auf Handel, Industrie und Gewerbe. Für den Unternehmer wie für die Volkswirtschaft ist diejenige Form der Versicherung die erwünschte, die die billigsten Beitragsätze und damit eine Herabsetzung der Produktionskosten gewährleistet. Wie sehr sich in der Privatversicherung die Preisberechnung mehr und mehr zugunsten des Versicherten verschoben hat, ersieht man deutlich aus der Feuerversicherung. Nach den vorliegenden Aufstellungen betrug in der deutschen Feuerver sicherung die Bruttoprämie in Tausendteilen der Versicherungssumme bei den Aktien- Gesellsehaften Sozietäten Gegenseit. Vereinen Preuß. Lokal- Vereinen 1890/1909 2.04 1.54 2.60 1 20 1901/1910 1.99 1.44 2 60 1.14 1911 1.92 1.39 2.55 1.05 1912 1.91 1.38 2.51 1.10 1913 1.89 1.40 2.52 1.08 1914 1.79 1.41 2.50 1.23 1915 1.79 1.44 2.43 1.06 Hiernach ist die sinkende Richtung der Bruttoprämie im Vergleich zu den Versicherungssummen bei allen vier Gruppen der Feuerversicherungsträger klar zu erkennen, und zwar in der Hauptsache als eine Folge des Wettbe werbes und der damit zusammenhängenden allmählichen Beschränkung der Gewinnansprüche der Gesellschaften an dem Ertrag der Prämienleistungen. Die grundsätzliche Stellung des Versicherungswesens als eines Faktors in der Produktion bedingt eine gewisse weitgehende Verflechtung zwischen den Betrieben des kaufmännischen und gewerblichen Unternehmens auf der einen Seite und dem Versicherungsbetrieb auf der anderen Seite. Das spricht sich darin aus, daß bei der Prämienfeststellung, mehr noch bei einer Schadenregulierung weitgehende Offenlegung des Betriebs- und Geschäfts geheimnisses seitens des Versicherungsnehmers Platz greift. Bei der heutigen Organisation des Versicherungswesens kann das unbedenklich erfolgen, weil auch die Versicherungsunternehmungen kaufmännische Betriebe sind, die von kaufmännischer Denk- und Handlungsweise geleitet werden. Eine Uber- des Versicherungsbetriebes auf eine staatliche Organisation würde au ?“ u er ^ en ^ nteressen von Handel und Industrie nicht entsprechen. Ge rade der moderne steuerlich und sozialpolitisch so außerordentlich interes sierte ö aat würde die Erfahrungen und Kenntnisse, die er durch das Ver sicherungsmonopol über die Betriebsgestaltung und den Umsatz des privaten Unternehmertums erlangt, auch anderweitig ausnützen. Die Verstaatlichung würde auf diesem Wege zu einer Kontrolle und Beengung des Privatunter nehmens führen, die aut geradem Wege wohl kaum so leicht durchzusetzen sein würde. Aber auch davon abgesehen würde die Betriebsform der Monopol- anstalt als solche zu Konflikten mit den Interessen von Handel, Gewerbe und Industrie führen müssen. Die stets wachsenden Bedürfnisse dieser Wirtschaftszweige erfordern schnelles und entschlossenes Handeln auf der Seite des Versicherers, sollen nicht Lücken in der Gewährung des Ver sicherungsschutzes entstehen. Eine solche Entschlußkraft wird einer Mono polanstalt mit behördlichem Charakter selbst dann fehlen, wenn man sie nach kaufmännischen Grundsätzen zu leiten versucht, weil eben Staatsunter nehmen und kaufmännische Geschäftsführung unüberbrückbare Gegensätze sind. Noch einige Worte über den Versicherungszwang. In dem Augenblick, in dem er eingeführt wird, würden alle besonders gefährdeten Betriebe gegen eine dem Risiko entsprechende Klassifizierung Widerspruch erheben und aus der Tatsache heraus, daß man sie zur Versicherung zwingt, eine günstigere Berechnung verlangen. Die Folge würde dann erhöhte Belastung der minder gefährdeten Betriebe sein; das müßte aber für die Gesamtheit der Unternehmungen zu einer Verteuerung der Versicherung und damit zu einer Erhöhung der Produktionskosten führen. Würde man auch den von ver schiedenen Seiten bereits geäußerten Gedanken eines Mobiliarfeuerversicherungs zwanges ausführen, so würden der Privatversicherung damit die besten Risiken entzogen werden; es würden ihr nur die schwer gefährdeten Objekte von Handel und Industrie verbleiben, die dann bei dem Fortfall eines günstigen Risikoausgleiches bedeutend höhere Lasten zu tragen hätten. Auf der anderen Seite würde die staatliche Mobiliarfeuerversicherungsanstalt auch die große Menge der ganz kleinen Versicherungen übernehmen, die er fahrungsgemäß große Aufnahme- und Verwaltungskosten verursachen und zahlreiche Schäden haben, so daß auch die Mobiliarfeuerversicherung durch sie verteuert würde. Bisher haben alle Erfahrungen im Wirtschaftsleben bewiesen, daß der freie Wettbewerb privatwirtschaftlicher Unternehmungen immer noch zu der besten, billigsten und gerechtesten Preisberechnung führt und daß Monopol unternehmen, seien es private oder staatliche, über diese Mindestpreisbe rechnungen sehr bald hinausgehen. H. Die Auflösung der Reichs-Textil-A.-G. Wie wir in Nr. 17 unseres Blattes ausführlich berichteten, hat am 9. April in Berlin eine außerordentlich zahlreich besuchte Versammlung der deutschen Textilfabrikanten stattgefunden, welche in bezug auf die Reichs- Textil-Aktiengesellschaft den Beschluß faßte, daß diese Gesellschaft all mählich aufgelöst werden möge. Sollte eine diesbezügliche Erklärung bis zum 20. April von Seiten der Regierung nicht erfolgen, so müßten die Fabri kanten im Interesse ihrer Selbsterhaltung unter Hinwegsetzung über die be stehenden Beschlagnahmebestimmungen zur Selbsthilfe greifen. — Auf diese Entschließung hat die Regierung, wie- wir hören, eine Erklärung nicht abge geben, jedoch soll die Angelegenheit innerhalb der Nationalver sammlung baldmöglichst verhandelt werden.' Jetzt erläßt der Fabrikantenverein in Sorau als Einberufer der obenerwähnten Ver sammlung die Erklärung, daß, wenn wider Erwarten die Entscheidung nicht im Sinne der Versammlung ausfallen werde, oder sich verzögere, zur ent- gültigen Beschlußfassung über weitere Maßnahmen eine neue Versammlung ei nb eruf en werden soll. Der Fabrikanten verein hat außer dem beschlossen, für die Zwischenzeit den Verkehr mit der „Retag“ vollständig ruhen zu lassen. über gesetzliche Vertragsänderungen. Der Krieg mit seinen wirtschaftlichen Folgen hat, wie der Dresdner Rechtsanwalt Dr. Samson in der ,Sächsischen Industrie“, dem amt lichen Organ des Verbandes Sächsischer Industrieller ausführt, auch das Vertragsrecht nicht unberührt gelassen. Brachten schon die Verfügungen der verschiedenen Kriegswirtschaftsstellen empfindliche Eingriffe in die freie Wirtschaft und damit in die Vertragsbeziehungen, so wurde die Wandlung durch die Gesetzgebung in der Kriegszeit und vor allem während der Demobil machung ganz offenbar. Der Verfasser weist an verschiedenen Gesetzen (Kohlen- und Umsatzsteuergesetz, Verordnung über die Festsetzung neuer Preise für die Weiterarbeit in Kriegsmaterial u. a.) die Änderung in der Ge setzgebung nach und stellt schließlich fest, daß, wenn auch das Reichsgericht das Recht biete, Verträge aufzulösen, wenn ihre Ausführungen nur unter völlig veränderten und bei ihrem Abschluß nicht voraussehbaren Verhält nissen möglich sei, es dennoch ein nur mit gewissen Bedingungen und Klauseln belastetes Recht sei. Daher müsse eine gesetzliche Regelung dieser Verhältnisse eingreifen. Bis das Reichsgericht Gelegenheit haben werde, sich über die Frage auszuspreehen, ob die Revolution und die damit zu sammenhängende wirtschaftliche Umwälzung ein Vertragsaufhebungsgrund sei könnten noch Monate vergehen. Aber das Reichsgericht könne, selbst