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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.02.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-02-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191002093
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19100209
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19100209
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-02
- Tag 1910-02-09
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Monat
1910-02
-
Jahr
1910
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Politik aber wird das ein Fall sein, in dem sie Farbe bekennen müssen betr. die Aufrichtigkeit ihrer guten Absichten." Inzwischen bat Preußen bereits seine Vorverhandlungen mit Tester reich und den Niederlanden ausgenommen. Eine >1 onsercnz von Vertretern der drei Staaten findet am 1. u n c> 2. Oster tag in Düsseldorf statt. In amtlichen Kreisen Berlins erwartet man bestimmt gegen die Einräumung besonderer Vorrechte und Konzessionen an die beiden Staaten die Annahme der preußischen Vertragsentwürfe. In dieser Erwartung dürste man sieb jedoch tauschen, denn Oesterreich wird aller Voraussicht nach aus seinem ab lehnenden Standpunkte beharren, und zwar erstens aus Rücksicht aus seine Industrie, die unbedingt gegen die Abgaben ist, und zweitens auS dem Grunde, weil gar keine Aussicht vorhanden ist, im Ab fl c o r d n c t c n b a n s e eine Aenderung des Staatsvertragcs mit Preußen, der die abgabenfreie Schisfahrt festsetzt, durckzusetzen. * Reisekosten und Tagegelder der Beamten. Tic Vorlage über die Neuordnung der Reisekosten und Tagegelder für Staatsbeamte ist nach einer von der Regierung in der Flnanzdeputation der Zweiten Kammer erteilten Auskunft zurzeit in Vorbereitung. Die Vor lage wird aber in dieser Session nicht mehr an den Landtag gelangen, da man die auf den gleichen Gegenstand sich beziehenden gesetzgeberischen Arbeiten im Reiche und in Preußen abwarten will, damit möglichste Einheitlichkeit der Bestimmungen erzielt werde. * Zum Feld- und Forststrasgesetz. Die Gesetzgebungsdeputalion be schäftigte sich gestern mit dem von liberaler Seite gestellten Anträge, die Strafbestimmungen in 8 '9 zu streichen und das Becrenjammelverbot auszuhcbcn. Die konservative Minderheit brachte einen dahingehenden Antrag ein, zunächst zu erörtern, welche und wieviel Waldbcsitzer ein Waldverbot erlassen haben, auf welche Waldfläche das Verbot sich er streckt und in welchem Verhältnis diese Fläche zur Gesamtheit der Wald fläche in Sachsen steht, endlich, aus welchen Gründen das Waldvcrbot erlassen worden ist. Von Ncgicrungsscite wurde der liberale Antrag auf Aenderung der neuen gcictzlichcn Bestimmungen glatt abgclchnt. Wohl aber sei die Negierung bereit, Vorschläge auf eine Besserung ent- gegenzunehmcn und einen eventuellen Antrag zu erwägen, vH das Wald verbot nicht in die Hände der Verwaltungsbehörden sAmtshauptmann- schastenj zu legen sei. * Worte und Taten. Auf unsere am Freitag unter dieser Spitz marke gebrachte Beschwerde wegen der vom Ministerium des Innern geübten Zurückhaltung der Statistik über die Landtags-Wahlen äußert sich letzt die Regierung, aber nicht im „Dresdn. Iourn." oder in der „Lcipz. Zlg.". Von lompctcnter Leite erfahren vielmehr ausgerechnet die „Dresdner Nachrichten", daß die Statistiken nicht zu den Drucksachen des Landtags gehören, die sonst von dem Bureau der Ständekammer an die Abgeordneten und die Presse zur Ausgabe gelangen. Das ist eine echte Regierungserklärung, denn sie dementiert etwas, was gar nicht behauptet worden ist. Behauptet und getadelt worden ist vielmehr, daß die Statistik nur den Abgeordneten und den beiden Regierungs blättern zugänglich gemacht worden ist; nicht aber zur selben Zeit der gesamten Presse. Das ist eine Nichtachtung, die mit dem sonst stets betonten Entgegenkommen gegenüber der Presse schlechter dings nicht im Einklang steht. Wenn jetzt weiter erklärt wird, es ständen der Presse Druckabzügc dieser Statistik im Ministerium des Innern an der für den Verkehr mit der Presse eingerichteten Stelle zur Verfügung, so beweist dies, daß die Vereinfachung der Geschäfte im Ministerium des Innern nur in der Theorie, nicht aber in der Praxis geübt wird. Der nächste und zugleich einfachste Weg war der: Das Ministerium des Innern mußte an das Bureau des Landtags tele phonieren und fragen, wieviel Abzüge der Statistik für die Presse im Landtage nötig seien. Die angegebene Zahl Exemplare brauchte dann nur zur Verfügung gestellt zu werden und konnte einfach mit den übrigen Drucksachen vom Landtagsburcau an die Presse verteilt werden. Wenn die „Dresdn. Nachr." schließlich die Schuld dem Landtagsbureau zuschieben, so ist dieser Vorwurf unberechtigt. Das Landtagsbureau bat lediglich, wie auch von nns mitgeteilt worden ist, 9t Exemplare der Statistik zur Verteilung an die Abgeordneten erhalten. * Der Bund der Landwirte macht in Sachsen mobil. Die Vor stöße des Bauernbundes in unserem engeren Vaterlande haben ihm offen bar doch einige Besorgnisse cingeflößt. So hatte sich die Chemnitzer Krcisversammlung des Bundes der Landwirte, von der man sonst herzlich wenig gehört bat, jetzt als Redner einen preußischen Agrarier, Herrn aus dem Winckel, verschrieben. Eine Resolution, die dem Bundes vorstände den Dank für seine Politik aussprach und die Notwendigkeit des Zusammengehens aller erwerbstätigen Stände betonte, sand ein stimmige Annahme. * Herzog Ernst Günther von Schleswig-Holstein, der Bruder der Kaiserin, — nicht Mitglied eines regierenden Hauses! So hat wenigstens der Kreistag von Gravenftcin entschieden. Der Hofbesitzer Hansen- Gravenstein hatte gegen die Gültigkeit der Wahlen im Wahlverbaade der größeren Grundbesitzer, dem auch der Herzog angehört, und speziell gegen die Wahl des Gutsbesitzers Wohlers in Gravenstem Einspruch eingelegt. Der Kreistag luttte nun in geheimer Sitzung die Frage zu prüfen, ob Herzog Ernst Günther Mitglied eines regierenden Fürstcn- hauies ist oder nicht. In letzterem Falle mußte die Wahl verworfen werden. Nach mehrstündiger Beratung kam der Kreistag zu dem Be schluß, dem Einsprüche stattzugeben und die Wahl aufzuheben, da das vorliegende Material zur Genüge beweise, daß dem Herzog Ernst Günther die vorerwähnte Eigenschaft nicht zustehe. Der Herzog hat daraufhin sofort den Bezirksausschuß angerufen. * Der griechische Gesandte über seine Abberufung. Es war gemeldet worden, daß die griechische Negierung mit wenigen Ausnahmen alle Gesandten abberufen würbe. Auf eine Anfrage erklärt der griechische Gesandte in Brclin, Exzellenz Rangabß, daß ihm von einer der artigen Absicht nichts bekannt ser und daß er persönlich bis jetzt eine Weisung, Berlin zu verlassen und nach Athen zurückzukehren, nicht erhalten habe. * Der Danziger Oberbürgermeister Eblers s. Oberbürgermeister Eblers in Danzig, der sich vor einigen Wochen einer Brustoperation unterziehen mußte, ist in der Nacht zum Dienstag gegen 2 Uhr plötzlich, nachdem er bereits aus dem Krankenhause entlassen werden sollte, an tlnem Herzschlage, 65 Jahre alt, gestorben. Die Operation selbst war glücklich verlausen. Heinrich Otto Ehlers wurde geboren am_1. August 1846 zu Meyenburg, Provinz Hannover. Er absolvierte in Oldenburg das Gymnasium, war 4866 bis 1869 Sekretär des Oldenburgischen Ge werbe- und Handelsvereins, 1869 bis 1891 Sekretär der Danziger Kauf- Mannschaft, von 1883 bis 1891 Stadtverordneter und seit 1891 Stadtrat und Kassierer sowie Mitglied des Magistrats in Danzig, und wurde 1893 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses für den 2. Danziger Wahlkreis. Den Feldzug 1870/71 machte er als Freiwilliger beim 3. Ostvreußischen Grenadierregiment Nr. 4 mit. Als der jetzige Staats sekretär Delbrück von seinem Posten als Oberbürgermeister von Danzig an die Spitze des preußischen Handelsministeriums berufen wurde, er hielt er in Ehlers seinen Nachfolger. Ins Herrenhaus wurde er 1903 berufen auf Präsentation der Stadt Danzig. * Zur preußischen Wahlrechtsfraae. Eine Berliner Korrespondenz erfährt aus angeblich authentischer Quelle, daß die Erwartungen der liberalen Presse aus eine nachträgliche Einführung der geheimen Wahl in die preußische Wahlrechtsvorlage sowie auf andere weitgehende Abänderungen der Vorlage im Landtag ohne Erfüllung bleiben werden. Das preußische Staatsministerium wird an den Grundsätzen der Wahl- recktsoorlage. besonders an der öffentlichen Wahl unter allen Umständen sesthalten und von der Haltung des Landtags gegen- über diesen Grundbestimmungen der Vortage die Gesetzwerdung der selben abhängig machen. — Tiefe Bemerkung einer der preußischen Ne gierung offenbar gefälligen Korrespondenz macht auf uns absolut keinen Eindruck. Im vorigen Sommer war ganz Deutschland Zeuge von der merkwürdigen Erscheinung, daß trotz feierlicher Ver- sicherungen durch den höchsten Reichsbeamten und durch eine ganze An- zahl einzelstaatlicher Minister der Bundesrat und in ihm auch die preußische Regierung umgefallen sind, als sie die erst als unerläßlich bezeichnete Reichserbschastssteuer Preisgaben. Wenn also jetzt die Freunde der geheimen Wahl ebenso fest sind wie im vorigen Sommer die Gegner der Erbschaftssteuer, dann wird sich wohl auch in diesem Falle tue preußische Regierung zu einem Wechsel ihrer Meinung entschließen müssen. Da die Freunde der geheimen Wahl — Nationalliberal«, Freisinnige, Sozialdemokraten und Zentrum — über tue Me b rbeit im preußischen Abgeordnetenhause verfugen, wird sich die preußische Regierung den Forderungen dieser Mehrheit auch nicht ent ziehen können. In der WahlrechtSkommission werden der Freisinn mit drei, die Konservativen mit neun, die Freikonservativen mit vier, die Nationalll^eralen mit vier, da» Zentrum mit sechs, die Polen mit einer und die Sozialdemokraten mit einer Stimme vertreten sein. Die Kommission wird ihre Arbeiten am 16. und 17. Februar beginnen. Nach einer Berliner Meldung der „Schles. Ztg." soll von sozialdemokratischer Seite beabsichtigt sein, als schärfsten Protest gegen die preußische Wahl rechtsvorlage einen großen Streikvon 1 bis 3 Tagen in ganz Preußen zu »nterue-men. * Zur Einigung des Freisinns. Die Freisinnige Vereinigung halt bekanntlich ebenso wie die Freisinnige Vvlkspartei am b. März jn Berlin einen Parteitag zur Beschlußfassung über die Verschmelzung und über das Einigungsprogramin ab. Aus der Tagesordnung der Frei sinnigen Vereinigung siebt außerdem der Geschäftsbericht des General sekretärs Weinhausen. Ferner wird Abg. Mommsen über die links liberale Parteiverschmelznng, Abg. I> Naumann über Name und Pro gramm, sowie Abg. v. Liszt über die Organisation der neuen Partei sprechen. * Die Nationallibcralen und die Privatbcauitcnversicherung. Aust ihr zur Frage der staatlichen Pensionsversichcrnng der Privatange stellten vor einigen Tagen an den Neichstagsabgcordneten Vassermann gerichtetes Schreiben nebst Entschließung, wie sic in der öffentlichen Versammlung am 1. Februar einmütig gefaßt wurde, erhielt die Orts gruppe Mannheim des Deutsch-nationalen Haudlungsgehilsenverbandcs folgende Antwort durch den Abg. Tr. Slrcscmann: „Im Auftrage der' nativnalliberalcn Rcichötagsfraktivn bestätige ich den Empfang Ihrer Entschließung, betreffend die Pensionsvcrsicheruug der Privatbeamten. Die nationallibcralc Fraktion wird mit aller Ent schiedenheit dafür cintrctcn, daß die Vorlage des von Ihnen und uns gewünschten Gesetzentwurfs noch in dieser Session erfolge." * Iustizkonimissio» und 8 355 des Strafgesetzbuches. Eine Preß notiz besagt, daß ans Grund bestimmter Vorkommnisse die gesetzliche Regelung der Geheimhaltung von Tclephongesprächcn durch die ver mittelnden Beamten in Aussicht genommen sei und daß inan die stras- gcienlichen Bestimmungen des 8 355 des Strafgesetzbuches, die auch die Geheimhaltung von Depeschen durch Beamte behandeln, durch einen Passus die erweiternde Fassung geben werde, wonach auch Telephon gespräche von den Beamten gchcimzuhalten sind. Wie der „Inf." mitgeteilt wird, bat die Iustizkommission des Reichstages bereits ent sprechend dem Standpunkte der Regierung eine Fassung eines neuen Absatzes des betreffenden Paragraphen angenommen, die aber nicht nur die Geheimhaltung von Tclepbongcsprächen betrifft, sondern die weiter gehend dahin lautet, daß auch andere U übermittel ungen ähn licher Art gleichfalls unter Schutz gestellt werden. Man hat hierbei nicht nur an die Uebermitteluug von Fnnkcntelegrammeu gedacht, son dern auch gleichzeitig zukünftige Erfindungen, Vie gleich falls solchen Zwecken dienen sollen, im Auge gehabt, so daß eine noch- malifle Ergänzung des Paragraphen nach dieser Richtung hin nicht mehr notwendig wird. Der Begriff der Depesche, der gegenwärtig nur die schriftliche Mitteilung in sich schließt, soll nach dem Beschluß der Kom mission in Zukunft auch aus Telcphongespräche und ähnliche Ueber- mittclungen ausgedehnt werden. * Verband Ser Fachpresse TeutschlaiidS E. v Jn der Sitzung vom 1. Februar lonstttuierie sich der Vorstand aus Grund der neuen Verbandsfatzung Ww folgt: Vorsitzender Herr Georg Elsner, stell vertretender Vorsitzender Herr Dr. C. Salomon, Schriftführer Herr Fritz Gersbach, Schatzmeister Herr Ernst Morgenstern, Beisitzer die Herren: S. Frankenstein, L. Scbottlaender, M. Salomon, O. Italiener, H. WormS, Dr. M. Cobn, diese in Berlin, sowie die Herren Hosrat A. Kock-Darmstadt, Tb. Martin-Leipzig, Gg. D. W. Callwey-München, Dr. Schumaeber-Frankfurt a. M., M. Schaper-Hannover, B. Fern- bach-Bunzlau. * Ein neuer Fall Grandinger? Eine Zeitungsnachricht, daß der liberale katholische Pfarrer Grandinger dem liberalen Verein Nord halben einen Vortrag in Aussicht gestellt habe, ruft den klerikalen „Bayrischen Kurier" als Zionswächter in die Schranken. Behaglicher Erinnerung an den Fall Tremel voll, unterstellt das Münchner Zen- trnmsblatt dem Pfarrer Grandingcr: er breche einen Streit mit seinem Bischof vielleicht in der Hoffnung vom Zaune, die Verdrießlichkeiten des Falles Tremel hätten den kränklichen Erzbischof mürbe gemacht, so daß er zu der Provokation ein Auge züdrücke. Grandingers „menschlich wie priesterlich nicht einwandfreie Spekulation", fährt der „Bayr. Kur." fort, werde möglicherweise danebengehen, weil Grandinger eine falsche Anschauung über die Notwendigkeit der Wahrung des kirchlichen An sehens habe. — Dieser Beweis klerikaler Freiheitsliebe wird durch die Anspielung auf den Gesundheitszustand des Erzbischofs doppelt charak teristisch! ' Der sozialdemokratische Vizepräsident des Meininger Landtages Wchder trat vom Verlage des Sozialistenorgans „Volksfreund" in Sonneberg zurück. Man glaubt, daß dies infolge der Angriffe des Blattes auf seine Person geschehen ist. Ausland. Oesterrcich.Nngarn. * Zur ungarischen Situation wird dem Ungarischen Korrespondenz bureau aus Wien gemeldet: Der Ministerpräsident Khucn Heder- vary unterbreitete dem König einen Plan An'drassys über die Bildung einer Koalitionsregierung Tisza-Andrassy- Kossuth. Der Plan Andrassys erhielt nicht die Genehmigung des Königs. Hedervarh wurde vielmehr aufgesordert, mitseinem Kabinett die Tätigkeit fortzusetzen. * Vom böhmischen Landtag. Jn der Dienstagssitzung des böhmischen Landtages wurde eine Erklärung der tschechischen Abgeordneten verlesen, in der die deutschen Abgeordneten für dre schwere Schädigung der Landesintcressen und der volkswirtschaft lichen, kulturellen und sozialen Interessen der Bevölkerung verantwort- licy gemacht werden. Der Landtag ist vertagt worden. — Vor der Sitzung hatte der Verband der deutschen Landtagsabgeord- n c t e n beschlossen, den Vorstand zu ermächtigen, dem Oberstland- marschall mitzuteilen, daß die von ihm für die zweitnächste Sitzung vor geschlagene Tagesordnung keiner Einwendung begegne. Die verlangte Erklärung lehne er aber ab, abzugeben, daß er die Erledigung der Steuervorlagen nicht obstruktieren werde. Er müsse vielmehr die Durch führung der Generaldebatte in der einzusctzenden politischen Kommission und die von den tschechischen Parteien aozugebcnden Erklärungen ab warten, da von dem Erfolge der Generaldebatte seine Stellungnahme zu allen im Landtage zu verhandelnden Gegenständen abhänge: cs wäre demnach zunächst diese Generaldebatte durchzusühren, die Permanenz erklärung der politischen Kommission gesetzlich festzusetzen und der poli tischen Kommission Auftrag zu erteilen, schriftlichen Bericht zu erstatten, der als erster Punkt des Programms der nächsten Landtagssession zu gelten hätte. Nach Erledigung dieser Vorbedingungen wäre die Ver handlung der Stcuerkommission durchzusühren, deren Bericht der zweite Programmpunkt der nächsten Session wäre. Frankreich. * Deutsche Offiziere in Frankreich. Mehrere nach Frankreich be urlaubte deutsche Kavallerie- und Artillerieoffiziere besuchten am Montag mit Genehmigung des Kriegsministers die Kavallerieschule in Saumur. Die Offiziere, welche schr liebenswürdig ausgenommen wurden, besichtigten mehrere Reitabtei lungen, deren vorzüglichen Leistungen sie vollste Anerkennung be kundeten. Schließlich folgten die deutschen Gäste einer Einladung der französischen Offiziere zum Frühstück. * Der Zwischenfall in der Deputiertenkammer. Der Auftritt zwischen General Tontäe und Hauptmann Savoureau, der dem Kriegs minister kurz zuvor Schriftstücke übermittelt hatte, die ihm von einem Deputierten übergeben worden waren, veranlaßte den Deputierten Dalimier, den Kwiegsminister am Montagnachmittag zu interpel lieren. Dalimier nahm dabei für die Deputierten das Recht in An spruch, mit dem Minister direkt in Verbindung zu treten. General Brun erwiderte, er bedauere den Zwischenfall und achte die Rechte der Kammern. Er könne mitteilen, daß General Toutee seinem Kabinett nicht mehr angehöre. (Beifalls Eine Tagesordnung, die dem Minister das Vertrauen ausspricht, wurde hierauf in einfacher dlbstimmung angenommen. Damit ist der Zwischenfall erledigt. Schweden. * Eine Erkrankung des Königs. Aus Stockholm kommt un erwartet die Meldung von einer schweren Erkranknng des Königs Gustav von Schweden. Es handelt sich «m eine Blind darmentzündung, und der Monarch hat sich bereit- in der Nacht zum Dienstag einer Operation unterzogen, die einen günstigen Verlauf genommen hat. Neber den Verlauf der Krankheit liegen folgende Trahtmcldungcn vor: * Stockholm, 8. Februar. lTelegramm.s Am Sonntagabend er krankte König Gustav an Kolikschmerzen. Gestern abend stellten di« Aerzte di« Diagnose, daß eS sich um Blinddarmentzündung handle, und beschlossen eine sofortige Operation. Dies« wurde um Mitternacht vorgenommcn und nahm einen günstigen Verlauf. * Stockholm, 8. Februar. (Telegramm.! Der König hatte sich bereits während der letzten Tage unpäßlich gefühlt und das Bett hüten müssen. Im Laufe des Montages verschlimmerte sich sein Zu st and in so bedenklichem Maße, daß sich am Mend die Aerzte im Königlichen Schloß versammelten. Die ärztliche Untersuchung er gab, daß cs sich nm eine vorgrschrittcnc Blinddarmentzündung handele. Tic Prinzen und Prinzessinnen, die sich in der Königlichen Oper be- fanden, wurden von dem Resultat der Untersuchung unterrichtet und verließen sofort das Theater. Die Königin, die sich augenblicklich im Süden befindet, wurde telegraphisch von der Erkrankung deS Königs und dem glücklichen Verlauf der Operation in Kenntnis gesetzt. * Stockholm, 8. Februar. (Telegramm.! Der König schlief nach Erwachen anS der Betäubung während der zweiten Nachthälfie mehrere Stunden. Sein Befinden war morgens wesentlich besser. Die Temperatur betrug 37,3 bei einem Puls von 52 Schlägen. König Gustav von Schweden steht im 52. Lebensjahre; er folgte seinem Vater, König Oskar II., am 8. Dezember 1907. Seine Ge mahlin Viktoria, eine Schwester des Großherzogs von Baden, hielt sich vor kurzem auf der Durchreise nach dem Süden in Berlin auf, wo sie sich wegen eines Ohrcnleidens einer geringfügigen Operation unterzog. Gnqland. * Nachklänge zu den Wahlen. Tie Universitäten Glasgow und A b e r de e n wählten einen U n i o n i st e n zu ihrem Vertreter im Unterbaust. Der unterlegene Gegenkandidat ist unionistischer Frei händler. — Das letzte amtlich festgestcllte Wahlresultat war folgendes: 271 Unionisten, 273 Liberale, 41 Mitglieder der Arbeiterpartei und 82 Nationalisten, darunter 11 sva. unabhängige Nationalisten. — Einige Wahlen erfolgen noch in dieser Woche. Türkei. * Die Krctasrage. Aus Konstantinopel wird telegraphiert: In der bereits gemeldeten Erklärung der Kretamächte wird auch gesagt, daß eine Annexion Kretas durch Griechenland nicht zngclafse» werden soll. „Jeni Gazetta" verlangt eine sofortige endgültige, gerechte Lösung der Kretafragc. Die Wiederbesetzung der Insel durch Schutzmächte genüge nicht allein, um die Gefahren der Zukunft zu beseitigen. — „Jkdam" meldet, daß die Pforte demnächst den Mächten eine Note übersendet, in welcher erklärt würde, die Beziehungen der Türkei zu Griechenland könnten vor der endgültigen Lösung der Kretafrage nicht normal werden. Die Note verlangt deshalb die Lösung noch vor dem Zusammentritt der griechischen Nationalversammlung. Griechenland. * Ein allgemeiner Nmnestieerlaß, der die Offiziere der Marine umfaßt, die an der Bewegung vom 29. Oktober v. I. teilgenommen haben, ist unterzeichnet und am Dienstagabend amtlich be kanntgemacht worden. Die begnadigten Offiziere, die auf drei Jahre Urlaub nach dem Ausland nehmen, sind bereits entlassen worden und abgereist. Persien. * Zum Sturze des Ministers Ala es Saltaneh wird dem Ncuter- fchen Bureau aus Teheran gemeldet: Das dem Minister des Aeußern Ala es Saltaneh wegen seiner schwächlichen Haltung gegenüber der Anwesenheit großer russischer Truppenkörper in Persien vom Medschlis erteilte Mißtrauensvotum wird wahrscheinlich ernste Folgen nach sich ziehen. Die russische Regierung kann, so wird ver mutet, das Votum nicht anders denn als eine antirussische De monstration anfehen und wird schwerlich dadurch veranlaßt werden, ihr Vorgehen Persieu gegenüber zu mildern. Vielmehr läßt die sichtnahme auf das russische Prestige die Aussichten darauf, day die Truppen zurückgezogen werden, entfernter erscheinen als je. Jn zu ständigen Teheraner Kreisen wird demzufolge bedauert, daß die russische Negierung aus irgendeinem unbekannten Grunde ihr vor zwei Monaten gegebenes Versprechen, ihre Truppen zurückzuzieheu, unerfüllt gelassen hat. Man erwartet, daß die persische Regierung sich binnen kurzem an die russische Regierung wenden wird, um eine Erklärung in dieser An gelegenheit zu erlangen. Theater und Renzert- Leipzig, 9. Februar. Leipziger Schauspielhaus. Als Magda in Sudermanns Schauspiel „Heimat" gastierte gestern Frl. Jutta V e r s e n vom Stadttheater in Göttingen auf Engagement. Eine gute Leistung. Sogleich mit ihrer ersten Szene brachte die Darstellerin den von Sudermann gewollten Hauch frischen ungebundenen Lebens in die Stickluft des durch Kasten geist und Vorurteile beengten Provinzmilicus. Die Hoffnungen, die so für dre fvlgcndcn Alte rege wurden, blieben denn auch nicht unersülli: die schnelle Enttäuschung der Heimackchrten, doch auch das wärmere Empfinden, das vornehmlich der Schwester znfliegt, wurden klar gekenn zeichnet. Gegen den Betrüger ihrer Jugend fand diese Magda Töne schneidender Verachtung, und ihr Mnttergcfühl äußerte sich in warmer Schlichtheit, wie überhaupt die Fähigkeit, mit einfachen Mitteln treffend zu wirken, von der gastierenden Dame bewiesen ward. Ihre Art zu sprechen, verträgt im Affekt noch einige Veredelung, zeigt auch im Ge brauch von Zungen- und Gaumen-N eine gewisse Inkonsequenz, gibt aber nicht Anlaß zu ernsterem Tadel. Mag sein, daß Frl. Versen, eine stattliche, sympathische Erscheinung, sich als Magda gerade in ihrer besten Rolle vorstellte. Immerhin darf man ihr Engagement befür- Worten, darf ihr auch den Vorzug geben vor jener Darstellerin, die kürzlich ebenfalls für das Fach der Heroine im Schauspielhaus auf Engagement gastierte. Charakteristisch brachte Herr Bornstedt den starren Zug im Wesen des Oberstleutnant zur Geltung, noch seien die Herren Wolfram (Regicrungsrat v. Keller! und Her ter ich (Pfarrer Hcftcrdingkj, sowie Adele Hübsch, deren Franziska die nötigen scharfen Linien hatte, lobend genannt. . V. Kammcrmusikabend des Sevcik-Ouartctts. Das Sevcik-Quartett, das gestern seinen dieswinterlichen Vortragszyklus abschloß, hat w seinem fünften Kammermusikabend noch einmal deutlich gezeigt, was es zu leisten vermag. Das Zusammenspiel dieser Quartettvercinigung ist jetzt von einer Präzision, die nicht zu übertreffen ist, und technisch meistert jeder der Herren sein Instrument in ganz hervorragender Weise. Aber auch in bezng auf den Vortrag, auf die Auslegung der einzelnen Werke und Sätze können sic sich mit jeder der bestehenden Qnartcttgcnofsenfchaftcn messen. Keiner der Spieler drängt sich in selbstherrlicher Weise hervor, vielmehr schließen sie sich zu einer Einheit zusammen, fühlen sich als Glieder eines untrennbaren Ganzen. So kommt eine Uebereinstimmung des Vortrags in Tempo und Dynamik zustande, die schier vergessen läßt, daß vier Herren musizieren, die vielmehr den Eindruck erweckt, als ob eincr die in den Werken nieder gelegten Gefühle nachempkindet und diese Empfindungen durch sein Spiel wieder zum Ausdruck bringt. Eine ganz hervorragende Leistung war die Wiedergabe des Beethovenschen G-Dur-Quartetts Op. 18 Nr. 2. Doch auch für den Vortrag von Alexander Borodins A-Dur-Streich- quartett Nr. 1, das eigentlich nur im Schlußsatz auf des Komponisten Nationalität schließen läßt, mnß den Herren vollstes Lob gezollt werden. Klanglich sehr fein abgetönt und mit viel Ausdruck wurden die ersten beiden Sätze gespielt. Eine Glanzleistung in technischer Hinsicht war das mit springendem Bogen oder im Stakkato ausgefüvrte dahinzagenoe Scherzo. Zwischen beiden Streichquartetten erklang Brahms' Klavier quintett in J-Moll, dessen Klavierpart von Herrn Dr. Otto Neitzel bestritten wurde. Strenges Zusammengehen mit den Streichern war an einigen Stellen zu vermissen. Das lag besonders daran, daß Herr Dr. Neitzel in zu ausgiebiger Weise voni agogiscben 'Akzent Gebrauch machte. Nach der intellektuellen Seite hin löste er seine Ausgabe in ganz ausgezeichneter Weise. Ihm wie den Herren der Quartett- Vereinigung wurde von den zahlreich erschienenen Zuhörern für die ge botenen künstlerischen Genüsse durch lebhafte Beifallsbezengungen herz lich gedankt. 6. Ü.
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