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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.03.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-03-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100307029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910030702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910030702
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-03
- Tag 1910-03-07
-
Monat
1910-03
-
Jahr
1910
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Verch »t« DoUr mittrhol» Leuüchiaiid» >»L der dmych« aol»»i« vierteljthrl. tz.4» ^c, ««atl. l^O ,U auljchl. Poftdeftellaeld. ffrrxrr «edaktio» o»d OeschäfttkeL»: Johannirgasse tt. geriilpiecher: I46SL 14SW, 14»». Bezug-.PreiS » «ed vmmtt« d«ch »Htttt 2 «vedtt«« 2»«l t»«N» facher»» »o—ü., ».SS^ss Jtalxil. Lurewbur«, «iederlaicd«, Nor- weaen, Oesterreich-Un««ru, RuVanL, Schweden, SLwei» u. Spa»ie». I» alle« übrig,a Staalea >mr dirrtt durch dt» G«IchLU»stÄl« »«4 Blatt«» «rhttttich. I«« l!eiv»>ger raaeblatt rrlchrini 2 »al iLglich, Sa»»-»- tzeier»«» «l« morgen«. Lvonneueul-Nnoaome i tzoH»st«»vl»tz 8, dei un<««u Trigern, isiliale». Spediteur« und U»u»h»ttstäl«n. (»wie PoftLmter» «L Britttrigeru. Abend-Ausgabe. WpMerTasMM Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Rakizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-4.rcis Ntr Inierare au« Uewiig 'in'! Umgeduni nie stgeipo^ene SO wm breite Peiitzeiie 25 die 74 wm breite Reklame»«!« I oon auewtrt« ^0 Reklamen l.Ä) Inserate »on Behörden m amiliiden Teil di« 74 mm lrrire Detitzeil, 4) iNelchLllSan,einen nm P ahvorlchriitcn und in der Bdendauigade im Lrene erdödi Rabatt nach !ar I. Äkilaneaedudr 5 p. Lauleno exU. Poltgedühr. slefterteilte Auftrage können nicht zurück gezogen werben. Mr dar ikclcheinen an bestimmten lagen und Platze» wird leine Garantie übernommen. «nzeigen. Annahme: Auguftu-platz »r, bei iLmtlichen Filialen u. allen Annoncen- ch»peditlon«n der In- und Aullande«. -aupt-Siliale Berlin: Karl Dnncker. Her,o,st. B>yr. Holbuch- landlung, Lützowstiabe IU. (Leiev'-wn VI. Rc. Haupl-Siliale LreStrn: Seeitiatze 1 (Telephon -tri.'l). klr. SS. Montag, ürn 7. Mtir; isio. 104. Jahrgang. pnlltilche Nachrichten. Zur Vorstandswahl im nattonalliberalen Landesverein. Nach dem Jahresbericht des nationalliberalen Landesvereins für das Königreich Sachsen bestand der Landesvorstand auf Grund der am 5. April 1908 vorgenommenen Wahl aus folgenden Herren: Professor Dr. Erich Brandenburg - Leipzig, Justizrat Dr. W. Julius Gensel - Leipzig. Kauf mann Franz Eontard - Leipzig, I. Vorsitzen der, Kommerzienrat Theodor Habenicht-Leipzig, Direktor Alwin Herrich-Leipzig, Reichsaerichtsrat Dr. jur. Heinrich Sievers-Leipzig, Rechts n alt Dr. jur. Georg Zöphel-Leipzig, Kassenführer, Landrichter Dr. jur. Fritz Gutmann-Dresden, Schriftführer, Landgerichtsdirektor Dr. Rudolf Heinze-Dresden, M. d. R., Landgerichtsdirektor Franz Hettner-Dresden, M. d. II. K., Syndikus Dr. phil. Gustav Stresemann - Dresden, M. d. R., Rentner Dr. phil. Paul Vogel-Dresden, Präsident der ll. Kam mer, Rechtsanwalt Hermann Freigang-Chemnitz, Privatmann Max Langhammer-Themnitz, II. Dors., M. d. II. K., Stadtrat Fabrikant Carl Friedrich Lorenz-Döbeln, Stadtrat Kommerzienrat Arthur Schieck - Frankenberg, Fabrikbesitzer Kommerzienrat Theodor Richter - Großschönau, Fabrikbesitzer Kom merzienrat Walther Poppitz - Plauen, Rechts anwalt Hans Fischer - Riesa, Oberlehrer Phi lipp Pflug-Zittau, Seminardirektor Dr. phil. Richard Seyfert - Zschopau, M. d. II. K. Auf Grund der Vorstandsneuwahlen, die am Sonntag in Chemnitz stattfanden, und deren Ergeb nis wir in der heutigen Morgennummer veröffent lichten, sind aus dem bisherigen Vorstand aus ge schieden die drei zu Ehrenmitgliedern ernannten Her ren Justizrat Dr. Gensel-Leipzig, Kommerzienrat Habe- nicht-Leipzig und Kommerzienrat Schieck-Frankenberg, ferner die Herren Rechtsanwalt Freigang-Chemnitz, Abg. Langhammer-Themnitz, Kommer-ienrat Richter- Großschönau, Kommerzienrat Poppitz-Plauen und Rechtsanwalt Fischer-Riesa. Neu in den Dor- stand gewählt wurden die Herren Abg. Nitzschke- Leutzsch, Kaufmann Pielert - Leipzig, Fabrikant Graser-Plauen, Abg. Schnabel-Reichenbach, Stadtrat Slesina-Buchholz, Fabrikbesitzer Elster-Adorf, Feilen hauermeister Fomm-Chemnitz und Bauamtmann Baer-Zwickau. Der Entwurf über die Zuständigkeit des Reichsgerichts, dessen Inhalt wir bereits bekanntgegeben haben, ist dem Reichstage am Sonnabend zugegangen. Ergänzend teilen wir noch mit: In der dem Entwürfe beigegebenen Begrün dung wird ausführlich auseinandergesetzt, warum man zur Entlastung des Reichsgerichts die bereits bekannten Wege eingeschlagen hat, und weshalb man nicht andere Mittel, wie Errichtung neuer Hilfssenate, Erhöhung der Revisionssumme vor geschlagen hat. Man hofft, bei unbeschränkter Durch führung des Difformitätsprinzips etwa 46 Proz. der Revisionen, die jetzt an das Reichsgericht gelangen, von ihm fernzuhalten. Betreffs der Verminderung der Besetzung der Senate (5 statt 7 Richters sagt die Begründung, daß sich die lleberzeugung Bahn ge brochen hat, daß nicht die Zahl, sondern die Qualität der Richter den inneren Wert der Entscheidung ver bürgt. Endlich hat auch die Herabsetzung der Richter zahl eine wesentliche Entlastung der Richter im Sitzungsdienst und damit eine entsprechende Steige rung der Leistungsfähigkeit des Gerichtshofes zur Folge. Der Entwurf über die Aenderungen der Rechts anwaltsordnung sieht Entlastungen für die Mitglieder des dem Reichsgericht angegliederten Ehrengerichts hofes für Rechtsanwälte vor. Ein neues „Zeppelin, Luftschiff" für das Heer. Wie die „Inf." erfährt, beabsichtigt die Heeres verwaltung im Laufe des Frühjahrs in Ankaufsver handlungen zwecks Erwerbes eines neuen Zeppelin- Luftschiffes zu treten. Es werden hierbei besondere Anforderungen geltend gemacht werden, die sich auf die Fortschritte, die nach dem Stande der Luftschiff fahrt gemacht sind, beziehen. Besonderes Gewicht soll ans die Steigerung der Eigengeschwin digkeit des Luftschiffes gelegt werden. Das in Betracht kommende neue Fahrzeug würde im Falle der Uebernahme „Zeppelin IH" genannt werden. Zu den preußischen Wahlrechtsdemonstrationen. Die Berliner Morgenblätter beziffern die Zahl der Teilnehmer an den gestrigen Wahlrechtskund gebungen auf mindestens 150 000. Am Trotzen Stern sah man die sozialdemokratischen Reichstags abgeordneten Ledebour und Stodthagen, so wie den Landtagsabgeordneten Liebknecht. Dem „Vorwärts" zufolge schlug ein berittener Schutz mann mit seinem Säbel nach Stadt hagen und traf ihn am Paletot. Durch das Pferd des hinterhergaloppierenden Schutzmanns wurde Stadthagen zu Boden geworfen. Gegen 7 Uhr abends kam es am Schlesischen Tor nochmals zu einem blutigen Zusammenstoß zwischen etwa 200 Schutzleuten zuFutz, 36 be rittenen und Demonstranten. Da dem Gebot des leitenden Polizeihauptmanns, auseinan derzugehen, nicht Folge gegeben wurde, zogen die Beamten blank und hieben auf die Nächststehenden ein, von denen etwa 10 Personen Kopf-und Armwunden erhielten. Die Wahlrechtskund gebungen in der Provinz sind infolge der Zurückhal tung der Polizei und der Tätigkeit der sozialdemo kratischen Ordner meist ohne ernste Zwischenfälle ver laufen. Es liegen uns darüber folgende Nach richten vor: H. Eilenburg. 7. März. (Privattelegramm.) Dem Beispiel der Genossen in Frankfurt, Berlin usw. folgend, hatten die hiesigen Sozialdemokraten sür gestern nachmittag eine öffentliche Volks versammlung unter freiem Himmel einberufen, zu der als Redner der Redakteur von Lojewski gewonnen war. Das Thema lautete: „Der Volksverrat der Junker und Pfaffen." Ueber 1400 Personen, unter denen nur wenige Bürgerliche waren, beteiligten sich. Die Demonstrieren den durchzogen dann in losen Trupps, aber wohlgeordnet, die Hauptstraßen der Stadt. Irr. Breslau, 7. März. lPrivattelegramm.) In einer im Waldenburger Gruben bezirk abgehaltenen Versammlung wurde eine Resolution angenommen, in der die Grubenarbeiter General streik androhen, falls das Wahlrecht nicht verbessert wird. Der Kronprinz von Griechenland. Rom, 7. März. (Tel.) „Stampa" versichert, aus guter Quelle erfahren zu haben, daß der König von Griechenland dem augenblicklich in Rom weilenden Kronprinzen Constantin mitgeteilt habe, daß er un - besorgt nach Athen zurückkehren könne, da seiner Rückkehr keinerlei Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden. Der Kronprinz scheint jedoch aus persönlichen Gründen nicht nach Athen zurückzukehren, da er nach Paris und von dorr nach Frankfurt a. M. zurückkehren will. Bevorstehende Verlobung König Manuels von Portugal. London, 7. März. (Tel.) Nach der „Daily Mail" steht die Verlobung des Königs Manuel von Portugal mit der Prinzessin Patri- ciavonConnought nahe bevor. Der Vertreter König Manuels in London, Marquis de Soveras, hat Spanien verlassen, wohin er sich zur Erholung begeben hatte, um sich nach Piarritz zu begeben, wo er mit König Eduard und der Königin-Mutter Amalie von Portugal, die sich dort aufhalten, die letzten Besprechungen in dieser Frage führen wird. Berfaffungsdemonstration in — Monako. Aus Monako wird mehreren Pariser Blättern ge meldet: Gestern zogen etwa 700 Einwohner, darunter auch Frauen, vor das Schloß, um ihrer For derung nach einer Verfassung Ausdruck zu geben. Eine Abordnung von drei Personen legte die Wünsche der Bevölkerung dem Fürsten Albert dar, der verlsprach, eine Kommission zu ernennen, die aus drei von ihm und drei von der Bevölkerung gewählten Vertretern bestehen und die Frage der Er lassung einer Verfassung prüfen solle. Die Führer der Bewegung erklärten einem Berichterstatter, daß. falls der Fürst die Beschlüsse der Kommission nicht bis Ende März bestätigt habe, die Bewohner von Mo nakobeiderEinwci hu ngdcsozea no graphischen Museums unangenehme Zwischenfälle Hervorrufen werden. Amerika und Japan. New York, 7. März. (Tel.) Der bekannte Groß finanzier Jakob Schiff hielt gestern im Republi kanischen Klub eine Rede über die gegenwärtige internationale Politik. Er kam dabei auch auf die Rassenkonflikte zu sprechen und be merkte, daß dieses Problem im Westen von Amerika eine der wichtigsten Fragen wäre, die die Diplomatie der Vereinigten Staaten gegenwärtig zu studieren hätte. Ich fürchte, sagte er, daß ein Schicksals- schlag sehr nahe ist. Ich hoffe jedoch, daß ich in dieser Beziehung ein schlechter Prophet bin. Aber wenn einKonfliktmitJapanzu einem Kriege führen sollte, so ist Japan dafür verantwortlich. Denn Japans Hochmut sei seit dem Siege im Russisch japanischen Kriege ins Unermeßliche gestiegen. Wenn es unserer Diplomatie nicht gelingt, die Projekte dieser Nation zu vermitteln, so wird es zum Kriege kommen. In der Krisis, der wir entgegengehen, wer den wir notwendigerweise alle Energie aufzubieten haben. — Tageschranik. Drama auf dem Meer. Kiel, 7. März. (Telegramm.) In einem auf dem Meere treibenden Boote sand man eine toteFrau und einen schwerverletzten Mann, der zuerst die Dame erschoß und dann Selbst mord verübte. Motiv: unglückliche Liebe. Ein nettes Bürschchen. Gelsenkirchen, 7. März. (Telegramm.) In einem hiesigen Geschäft entwendete ein Lehrling zwei von seinem Chef vollzogene Schecks auf insgesamt 12 540 Mark Um eine Benachrichtigung der Bank und der Polizei zu erschweren, zerschnitt er die Telephon leitung und hob den Betrag der Papiere unbehindert ab. Er konnte bisher noch nicht verhaftet werden. Familientragödie. Linz, 7. März. (Telegramm.) InRicdau er schoß ein Gastwirt seine Frau und zwei seiner Kinder im Alter von drei und füns Jahren, verletzte ein neunjähriges Kind lebe n s g e fäh r lich und verübte dann Selbst - mord. Das Motiv der Tat sind mißliche Ver- mögensverhültnisse. Die Rache der „Ungeliebten". Eine merkwürdige Todesanzeige, die dieser Tage in den New Parker Morgenolättern stand, hat in der Hudsonstadt einiges Aufsehen erregt. In der für englische und ameri kanische Blätter üblichen Form der Familienanzeigen war folgende Annonce zu lesen: „Jenks — Am Sonn tag, den 20. Februar starb an gebrochenem Herzen May, die ungeliebte Gattin von Thomas Jenks." Diese Todesanzeige war den Zeitungen auf den aus drücklichen Wunsch der Verstorbenen von ihrer Tochte r Theater, Snnft unü Wissenschaft. /erülnsnü Gregor». Don Rudolf Retty. Wiederholt wurde dieser Name mit der Wahl eines neuen Burgtheaterdirektors in Verbindung ge bracht, sein Träger in ernste Erwägung gezogen. Ein älterer Anwärter auf diesen verantwortungsvollen, durchaus nicht nur beneidenswerten Posten wurde bestallt. Nun hat man den jüngeren — nicht ge ringeren — zum Intendanten des Hof- und National theaters in Mannheim gewählt. Eregori wurde von zeher, schon als er, von der Hochschule seiner Vaterstadt Leipzig kommend, in Magdeburg und Lübeck jugendliche Helden spielte, zu den .senkenden Schauspielern" gezählt. Diese, eigent lich nur rühmende Bezeichnung hatte früher einen klemen Beigeschmack von Erdrücktwerden des Könnens durch da» Wissen. Mit Vorliebe wurden neben der unumgänglichen Routine die rein körperlichen Mittel als Haupterfordernisse für den Bühnenkünstler ge schätzt: Stimme und Gestalt. Und auch diese mehr nach Ausdehnung und Stärke, als nach Wohlbildung und Jnnenklang. Eregori verschmähte stets das Prunken mit solchen Wirkungen, und nicht etwa, weil e» ihm an den erforderlichen Mitteln gebrach. Aber das Herauskehren des Eigenlebens der von ihm ver körperten dichterischen Gestalten war ihm das haupt sächlich ins Auge zu Fastende. In diesem Sinne wirkt er — seit 1901 dem Hofburatheater in Wien angehörend — hervorragend als oberster Leiter der Schauspielschule des Konservatoriums; hat sich auch schon mit bestem Gelingen bewährt bei Einstudie rungen von Werken mehr literarischen als theatra lischen Gepräges, gewissermaßen „neben der Bühne". Seine schriftstellerische Tätigkeit ist eine äußerst ver dienstliche. Bücher wie sein: „Hamlet im Licht einer neuen Darstellung" und „Das Schaffen de» Schau spielers" enthalten nicht nur Wünsch« und Bor schläge de, feingebildeten Aestheten — sie sind auch für den Ausübenden von bleibendem Wert durch hochzusckätzende Fingerzeige, die kaum ein ernster Schauspieler unbeachtet läßt. So hat der in wenigen Wochen erst sein vierzigste» Lebensjahr Vollendende sich Urteil und Hebung erworben in allem, was einer ersten Bühne zum Vorteil gereichen kann. Mannheim» Theaterleben ist, wenn auch in kleinerem Umfang, nicht weniger reich an guten Uebeelieferungen als Men. An der Donau verliert man mit Ferdinand Gregor i einen vortrefflichen Darsteller und Lehrer; die Neckarresidenz gewinnt mit ihm einen Leiter, der schwärmerisch für das gute Alte begeistert ist, und doch immer neuschaffend und anfeuernd in die Zukunft blickt. Gümonü Gat unü Mlle. Rachel. (Don unserem Pariser Mitarbeiter.) Ueber Mlle. Rachel, die größte französische Schauspielerin, finden sich im „Tagebuch" des im Dor jahr verstorbenen vortrefflichen Mitgliedes der Comsdie Frangaise, EdmondEot, das dieser Tage im Buchhandel erscheinen soll, folgende boshafte Auf zeichnungen: „27. Juni 1850. — So ist denn Mlle. Rachel aber mals auf die Reise durch dre Provinz gegangen, man sagt für drei Monate, wie im vergangenen Jahr, wo sie während 90 Tagen 91 mal spielte. Wenn man be denkt, wie schwer es hält, sie in Paris wöchentlich zu zweimaligem Auftreten zu bewegen! Welche Eier gehört dazu und wie ermüdend ist das. Sie reist so rn Begleitung einer Truppe, die sich teils aus ihrer Familie, teils aus kleinen Mitgliedern der ComSdie Francaise, von ihr ihren wahren Aufgaben entrissen, zusammensetzt. Da» alles packt sie nnt den Koffern rn ihren Rersewagen zusammen, in dem sie sich nachts ausstreckt, wie man sagt, wenn nötig, mit irgendeinem Beschützer aus der Bande; nach jeder Reise-Etappe Einpacken und Auspacken der Kostüme, keine Ruhe pause, mitunter zwei Darstellungen an einem Tage, zehn Meilen Wegs dazwischen. Alexandre Celle», unser Souffleur, wurde von ihr mitgenommen, für die Regie und gewisse kleine Rollen; er sollte in „Le Moineau de Lesbie" den Manlius spielen, mor gens in Nevers, abends in Moulins. Seit zwei Tagen litt er an einer Halsentzündung und Fieber. Aber man dringt derart in ihn, daß er morgens halb erstickt spielt, was nicht verhindert, daß man ihn auch noch für den Abend miteinschifft. Und Rachel und ihre Schwester Sarah setzen ihm während der Fahrt mit eigenen Händen Blutegel an. Welch komische Raffe! Und schon von einer Legende umwoben! Der Bater und die Mutter FLlir mit sechs oder sieben Kindern, Sarah, Rachel, Raphael, Rebecca, Lia, Dinah und vielleicht noch einem andern Toten oder Lebendigen. . . Das lebte vor dem „Donnerschlaq" der großen Glockenzeichens, wie» der Tag brachte, in einem Derschlag der Rue Traver siere- - Saint - Honora. Dre Kinder nahmen ihr Bad „in Familie"; Sarah entstieg ihm als erste gekocht und rot wie ein Krebs, Dinah ver ließ es eine halbe Stunde später, blau von Kälte und zähneklappernd. Raphael hatte in der Mitte sein lauwarmes Bad nehmen können. Der Bater ist übrigen» trotz seines schrecklichen Akzents ein sehr feiner und bemerkenswerter Jude. So hat er denn auch sehr oft Ratschläge und sogar Schauspielstunden gegeben; die kleine Cousine Judith hat mir z. B. er zählt, wie sie vor dem Onkel „Zaira" spielte. „Das rscyt nischt schlescht, mein Läben", sagte er, „aberst etwasch mähr Gefiühl!" — „Aber Herr Felix, wenn ich doch kein Gefühl habe. . ." — „Jsch sag' dir, du hascht Gefiehl! Fang s noch emal an." — „Nein — ich sag' Ihnen, ich hab' keins!" — Da gibt ihr der Onkel eine feste Ohrfeige; die Kleine fängt zu heulen an. — „Sieschst de", ruft Felix triuinphierend, „de haschst Gefiehl!" * * Münchener Theater. Man schreibt uns aus München: Ls gibt ausländische Stücke, die an und für sich sehr gute und verdienstvolle Arbeiten sind, bei denen man sich aber dennoch die Frage vorlegt, wozu werden sie bei uns in Deutschland aufgeführt, da sie weder ein prägnantes Bild vom literarischen Schaffen des betreffenden Landes geben, noch uns die Bekanntschaft mit einer interessanten künstle rischen Persönlichkeit vermitteln. Zu diesen Stücken gehört die im Schauspielhaus aufgeführte ungarische Dorfgeschichte in 3 Aufzügen „Die Lehrerin" von Alexander Brody. Das Schauspiel, das uns das ziemlich romanhafte Schicksal einer Lehrerin schildert, hat gewiß eine Reihe unverkennbarer Qualitäten, vor allem einen gewissen Sarkasmus und psycho logische Feinheit. In Ungarn, wo man das stark vorherrschende Lokalkolorit genau kennt, mögen die vielen Bosheiten gegen Stuhlrichtertum, Herren- oelüste und dörfliche Sittenlosigkeit die zahlreichen satirischen Spitzen gegen ungarische Zustände und vor allem die scharfe Beleuchtung des Lehrerelends, das in Ungarn ein ähnliches Bild bieten mag wie in Ostpreußen, ein« große Wirkung von der Bühne herab Hervorrufen, uns können sie nur ein sehr ge ringes Interest« abgewinnen, soweit nicht rein menschlich« Fragen dabei in Betracht kommen. Dazu kommt noch, daß die Regie versäumt hat, verschie dene Längen und einig« gar zu postenhafte, nicht in den sonstigen Stil dieser Dorfgeschichte passende Szenen auszumerzen. So meldete sich nach dem zwei ten Akt auch die Opposition, die allerdinqs gegen den lebhaften Beifall nicht so ganz aufzukommen ver ¬ mochte. — Im Eärtnerplatztheater konnte Granich- städtens Operette „Bub oder Mädel" nicht son derlich erwärmen, wenn auch manche recht hübsche Nummer den Beifall des ausverkausten Hauses er rang. — Im Hoftheater interessierte die künstlerisch sehr wirkungsvolle und durch Dr. Kilian geschickt in szenierte „Umkostümierung" des „Hamlet" aus der Zeit des Mittelalters in die der Renaissance. Shakespeare übersteht derartige Experimente sehr gut. N. X. * Hochschulnachrichten. Die deutsche Bunsen- gesellschaft für angewandte physika lische Chemie hält vom 5. bis 18. Mai ihre 17. Hauptversammlung in Gießen ab. — Als Pri vatdozenten wurden in Freiburg (Breisgau) zu gelassen: Dr. H. Scheibe für Kinderheilkunde, Dr. H. Schulz sür deutsche Philologie und Dr. A. Kühn für Zoologie. — An der Würzburger Universität hat sich Dr. B. Zarnik für Zoologie habilitiert. — Eerichtsastessor Prof. Dr. A. Lan gen, Privatdozent für römisches, deutsches bürger liches, Handels- und Wechselrecht an der Universität Münster hat einen Ruf als außerordentlicher Professor nach Greifswald angenommen. — Als Nachfolger von Professor L. Stein für die ordent liche Professur für Philoscwhie inBcr n hat die der tige philosophische Fakultät die Privatdozcnten Dr. Bruno Bauch in Halle und Dr. Richard Her bertz in Bonn vorgeschlagen. Es hatten sich nicht weniger als 31 Kandidaten für diese Professur gc meldet. * Kleine Chronik. Man schreibt uns aus Zürich: Im hiesigen Stadttheater wurde soeben Ernst Hardts „Tantris, der Narr" zum ersten Male gegeben. Das Werk errang einen großen Er folg. Unter den Darstellern ragte besonders Ludwig Käse hervor, der den Tantris glänzend nab. — Man schreibt uns aus Magdeburg: Arthur Lippschitz hat ein neues Theaterstück geschrieben und gab ihm den sonderbaren Titel „Der E. m. b. H.-Tenor". Als Untertitel figuriert die Dezcich nung „Vier Akte aus dem Leben eines Sangers". Das sehr zahlreich im Magdeburger Stadttheater erschienene Publikum spendete dem an wesenden Verfasser anfangs lauen, dann sich steigern- den und am Schlüsse lauten Beifall. Lippschitz hat cs In seinem neuen Theaterstück, trotz Zuhilfenahme grober Mittel, verstanden, gerade den letzten Akt, die Pointe, amüsant zu gestalten.
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