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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.03.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-03-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100329013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910032901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910032901
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-03
- Tag 1910-03-29
-
Monat
1910-03
-
Jahr
1910
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Nr.S6. 104. Istzr-sn-. Orr Mortverlmtz l« ter Lluialtratze. Klar. Der Mordversuch tu der Liviaftraße. Fünf Tage find nun bereit» vergangen leit dem blutige» Verbrechen, da» in der Liviaftraße aus geführt werde, und noch immer ist es nicht gelungen, de» Schandbuben festzunehmen. Das Dazwischen- kommen der Festtage muhte naturgemäß in dieser Be ziehung auch mit von nachteiligem Einflug sein. Viele Personen mögen die kostbare Zeit gescheut haben, etwaige Wahrnehmungen der Behörde mitzu teilen; andere werden Leipzig während der Festtage verlassen haben, und so isl es erklärlich, daß man in der Angelegenheit nicht große Fortschritte machen tonnte. Denn bei dem Raffinement, mit dem das Verbrechen ausaefiihrt worden ist, muh die Kriminal polizei, wenn sie Erfolg haben soll, die weitgehendste Unterstützung des Publikums erfahren. Es wird amt. lich zu wiederholten Malen versichert, daß die An zeigeerstatter ungenannt bleiben. Im Interesse der öffentlichen Sicherheit liegt es deshalb, daß alle be gründeten Wahrnehmungen unverzüglich zur Kennr- nis der Behörden gebracht werden. Fe länger etwaige Beobachtungen zurückgehalten werden, je schwieriger muß es natürlich sein, den Verbrecher zu ermitteln« Hier ist ein Tag, eine Stunde manchmal von aus schlaggebender Bedeutung. Was den Stand der amtlichen Ermittelungen in der Mordangelegenheit betrifft, so erfahren wir non amtlicher Seite folgende wichtige Einzelheiten: In einem Grundstück, das an das Haus Liviaftraße 2 grenzt, hat ein Unbekannter, der den Eindruck eines stellenlosen Handlungsgehilfen hervorgerufen hat, um ein Mittagessen angesprachen. Dieser Unbekannte ist als einigermaßen verdächtig anzusehen. Man neigt zu der Annahme, daß er das Betteln nur vor genommen hat, um sich Ortskenntnisse anzueianen. Von großer Wichtigkeit ist auch die folgende Mit. teilung: Am 2t. März, vormittags gegen 2:11 Uhr (also nach der Tat) ist in der Waldstraß« gleichfalls eine verdächtige Persönlichkeit bemerkt worden. Der betreffende Mensch wird ge schildert als etwa 30 Jahre alt, ungefähr 1,65 Meter groß, untersetzt, breitschulterig, mit rötlichem Gesicht, etwas dünnem, blondem, herunterhängendem, unge pflegtem Schnurrbart. Er trug u. a. dunkelgraurn Ueberzieher, ebensolche Hose, schmutzigen weißen Steh kragen niit scharf umgebogenen Ecken, schmutzigen weißen gestärkten Kragenschoner, auffallend schmutzt- ges Schuhwerk und hatte eine abgenützte dünne Leder mappe snach Art der Aktenmappen) bei sich, die er unter dem Arme trug. Speziell dieser Mensch wird ooch wohl non mehreren Leuten gesehen worden sein, die etwas Näheres von ihm auszusagen wissen. Ur sprünglich war man, wie wir auch schon mitteilten, geneigt, das Verbrechen auf eine Lieoesangelcgenheit zurü-nufübren Die Polizei teilt jetzt mit, daß das ausgeschlossen ist. Es ist vielmehr die Annahme be gründet und gerechtfertigt, daß es sich um einen ge planten Raubmord an der Privata Rauer handelt. Nach einer neueren Beschreibung de» Täters soll dieser ziemlich enge Hosen und unverhältni». inößig große Schnürschuhe getragen haben. Zwei verdächtige Bettler. Wie mir von der Polizei weiter erfahren haben, sind die Persönlichkeiten der beiden Bettler, die mit Blumensträußen und Blumentöpfen operiert haben und von denen der eine etwa 25 und der andere un gefähr 15 Jahre alt war, der Polizei bekannt. Vielfach ist vom Publikum gerügt worden, daß man in der Mordsachc keinen Polizeihund verwendet hat. Diese Rüge »st unbegründet. Selbstverständlich hat man diesen Umstand sofort in Betrachr gezogen. Der einzige Gegenstand aber, der zur Witterung hätte menen können, der Blumenstrauß, war inzwischen in so viel Händen gewesen, daß ein Erfolg mit dem Polizeihunde nach dieser Richtung hin aus geschlossen sein mußte. Hier kommt eben wieder dos zu späte Benachrichtigen der Polizei in Frage. Das hat dem Verbrecher das Entkommen natürlich wesent lich erleichtert. Sonstige Gegenstände, die einen An halt für die Person des Mörders geben könnten, sind in der Wohnung trotz wiederholter Haussuchungen nicht aufgefunden worden. Es sei bei dieser Gelegen- heit nochmals darauf hingewiesen, daß die H-rbci- schaffung des Mordinsrruments (mutmaßlich ein Hammer oder ein Beil) von größter Wichtigkeit ist. Vielleicht hat dec Täter das Instrument im Rosental wegqeworfen. Zum Schlüsse soll noch eine Möglich keit erörtert werden. Wie schon gesagt, hat sich bis zur Stunde niemand gemeldet, bei dem der Täter gewohnt hat. Man könnte deshalb vermuten, daß der Mörder in Zuhälterkreisen verkehrt und bei einer Dirne Unterschlupf gefunden hat. Auch dahingehende Meldungen müssen der Polizei selbstverständlich von Wichtigkeit sein. Theater, Kunst unü Dillenllhstt. Leipzig, 20. März. Altes Theater. Die Schnurre „Der Feld- herrnhügel" oder „Die Sehnsucht nach dem Zylrnde r", jener in Wien und Berlin von der Zensur verbotene Militärschwank erlebte am zweiten Osterfeiertage im Alten Theater die Erst aufführung. Das Stück bleibt unter dem litera rischen Niveau. Es karikiert in Harmloser Weise 'ne österreichischen Militärverhältnisse und läuft, nach dem es eine Anzahl unmöglicher Figuren in unmög lichen Situationen mit einigem Wltz durcheinander gewirbelt hat, in lustigen Manöverlärm aus. Die Handlung des Schwankes ließ sich ungefähr dahin skizzieren, daß ein Oberst absolut pensioniert werden will. Er hat die Unannehmlichkeiten des Militär lebens satt und begeht, um zum Ziel zu kommen, ab sichtlich die größten Dummheiten im Manöver. Eine Hoheit erklärt sein« Sünden am Schluss« jedoch für geniale strategische Taten: der Regimentskomman deur mit der Sehnsucht nach dem Zylinder ist also ein durch seine eigene Schlauheit Eenasführter. Der Unglücksmensch muß jetzt nicht nur bei dem Militär bleiben, sondern wird am Ende auch noch befördert werden. Dafür, daß bei dieser Gelegenheit eine Reihe von unverfälschten Simplizissimustypen über die Bretter marschieren würde, bürgte der Name Roda Roda. Das Publikum amüsierte sich ausgezeichnet und applaudierte lebhaft. Die Darsteller waren vor züglich. Erwähnt seien die Herren Walter, Kothe, Hellmuth-Bräm, Demm« und Huth, sowie die Damen Dalldorf, Fuchs, Schippang und Tolly. Herr Rößler erschien auf der Bühne und dankte für den Beifall. Leipziger Schanspielhau». Zacharias Bräsig trieb vorgestern wieder kein Wesen und ließ seinem gol denen Humor die Zügel schießen. Es ist unfraglich eine der lebensvollsten, echtesten Gestalten, die Earl William Büller auf di« Bühne stellt. Der ausgezeichnete Tharakterkomiker vergegenwärtigt den einstigen Inspektor allein schon in der vortreff lich gewählten Maske. Sein Bräsia ist ein Mann, der nun als Pensionär erst recht wenig Zeit hat, allen Leuten Rat erteilt, stets den outen hilfsbereiten Onkel abgibt und dann auch wieder im Bedarfsfälle mit derben Worten dreinfahren kann, sich selbst da- Lelpzlyer Das Befinden des Dienstmädchens Seyfferth ist immer noch das gleiche. Sie schwebt weiter in Lebens, gefahr, und es konnte noch keine Vernehmung der Ueberfallenen erfolgen. vierter verbrmüstag üer sksüemilch gedllüeten Lehrer OeuMlsnüs. Heute, Dienstag, beginnt in Magdeburg die große, alle 2 Jahr tagende Versammlung akademisch ge bildeter Oberlehrer Deutschlands, auf der bedeutsame aktuelle Fragen der Erziehung, der Methodik und der Schulpolitik verhandelt werden. Nach einer Fest vorstellung im Stadttheater „Der fliegende Hollän der", die die Stadt Magdeburg zu Ehren der Ver sammlung den Festteilnehmern bietet, findet am Dienstag der Begrüßungsabend statt. Am Mittwoch, den 30. März, ist Lerhandlungstag im Großen Saale des Fürstenyofes. In der Vorversammlung früh Uhr werden u. a. verhandelt: Bericht des Stu- dicnrates von Brause-Leipzig über die Vorschläge Rektor Scharschmidts-Chemnitz, betreffs der freieren Gestaltung des Unterrichtes und der Er ziehung auf der Oberstufe; die Zensurenfrage: Dir. Dr. Eüldner-Magdebura; die Schlußprüfung an Nichtvollanstalten: Prof. Dr. Feyerabend-Töthen. Die Zulastuna der Frauen zur Leitung höherer Lehr anstalten: Dir. Dr. Lenschau-Charlottenbuim. Um 12 Uhr in der Hauptversammlung wird verhandelt: Schule und Haus mit Rücksicht auf die Beschränkung der Reckte des Hauses durch die Schule und auf die Behandlung der Schule in der Presse: Dir. Dr. Beber-Marne. Moral- und staatsbürgerlicher Unter richt: Oberstudienrat Mayer-Cannstadt. Die wissen schaftliche Fortbildung des Oberlehrerstandes: Dr. Speck-Berlin. Nationales DettMegen ZU Dresüen. (Eigener Bericht.) Der Sächsische Verein für Luftschiff fahrt erzielte am Sonntag mit dem von ihm ver anstalteten nationalen Wettfliegen, verbunden mit der Weihe des neuen Ballonhüllplatzes in Dresden- Reick, einen glänzenden Erfolg. Schon eine Stunde vor dem Aufstiege umsäumten dichte Menschenmcuern dxn Füllplatz. Ein Kommando von 200 Soldaten verschiedener Regimenter der Dresdner Garnison waren hier unter der Leitung des Herrn Hauptmann» Mohr schon seit den Vormittagsstunden mit den notwendigen Vorbereitungen beschäftigt, ebenso waren der Organisationsausschuß, die Sport kommission, die Starter und der Fahrtenausschuß mit den Herren Hauptmann z. D. Baarmann, Haupt mann v. Funcke, Rektor Prof. Dr. Poeschel, Oberl. a. D. Lesseiitzkv, Leutnant v Posern usw. in Tätigkeit. Auf dem 1. Platze und den Tribünen sowie auch im Innern des Korbplatz.^s be merkte man zahlreiche Angehörige der hiesigen ersten Gesellschaftskreise, z. B. die Herren Kricgsminister General der Infanterie Frhrn. v. Hausen, Staats minister Dr Beck, Staatsminister Graf Vitzthum v. Eckstädt, Minister des Kgl. Hauses v. Metzsch - Reichenbach, kommandierender General von Broizem, Generalleutnant v. Schweinitz, Stadtkommandant Generalleutnant v. Seydliß, Kämmerer Generalleutnant z. D. v. Erie gern, Lberstallmeister Generalleutnant z. D. v. Haugk, ferner die Herren Oberbürgermeister Geh. Rat Dr. Beutler, Polizeipräsident Koettig, Präsident v. Kirchbach, Bürgermeister Kretzschmar und besonders viele Offiziere mit ihren Damen. Erzen 2 Uhr erschienen derKönig und der Kronprinz sowie die Prinzen Friedrich Christian und Ernst Heinrich, di« Frau Prinzessin Johann Georg und die Prinzessin Mathilde Als dsr König auf dem ersten Platz angelangt war, vrochte Herr Dr. med. Weißwange ein dreifaches Hoch auf den Monarchen aus, in das di« zahlreiche Ver sammlung freudig einsrimmte. Dann hielt Herr Dr. Weißwange eine längere Ansprache, in der er den König und die zahlreiche Festversammlung begrüßte und auf die Bedeutung des Tages hinwies, der der Weihe des neuen Au'stieqplatzes gelte. Er dankte allen Förderern des Luftschiffsportes und besoilders dem König für die Uebernahme drs Protektorats und für die erneute Auszeichnung durch die Ver leihung des Titels „Königlich Sächsischer Verein für L u f t s ch i f f a h r t. Weiter dankte der Redner noch den Behörden des Staates und der Stadt und übernahm dann im Namen der Königlich Sächsischen Vereins für Luftlchiffohrt den neuen Füll- und Aufstiegplatz, der bestimmt sei zur sportlichen und wissenschaftlichen Erforschung des Luftmeercs zum Ruhme unseres Sacksenlandeo. Mittlerweile waren Tageblatt. die erstenzehn Ballons für die Ziclsahrt gefüllt. Infolge der Windrichtung nach Oesterreich wurde die Fahrt in eine Fuchsjagd umgewandelt. Der Ballon „Dresden" erhielt eine große rote Binde und stieg unter Führung des Herrn Ingenieurs Lehnert 2.30 Uhr in die Lüste, um in östlicher Richtung davonzufchweben. In kurzen Zwischen räumen folgten die Ballons „Halle" (Führer: Leut nant Frhr. o. Schleinitz), „Sachsen" (Chemnitzer Verein, Führer Dr. Rostosky), Hewald" (Ber liner Verein, Führer Alfred Casst rer), „Bitter feld" (Bitterfelder Verein, Führer Karl Luft), 'Pilot" (Kaiser!. Aeroklub, Führer Hauptmann a. D. The walt), „Riedinger" (Augsburger Verein, Führer Herr A. Riedingen jun.), „Touring-Club" (Deutscher Touring-Club München, Führer Julius Berlin), „Llouty III" (Kölner Klub, Führer Herr Hainebe-g) und „Stuttgart" (Würltemoergischer Verein, Führer Herr Dierlamm). Der Start war in 20 Minuten beendet. Sämtliche Ballons segelten in einer Windrichtung nach Böhmen zu. Für den Sieger hatte der Kriegsminister einen Ehrenpreis ge stiftet. Es folgte dann der Start der Ballons, die für die Weitfahrten gemeldet hatten. Zunächst stiegen 4.43 Uhr drei Ballons der Klasse HI (Größe 12UV bis 1250 Kubikmeter), und zwar „Tillie II" (Frank furter Verein, Führer Herr Max Korn), „Harburg' (Hamburger Verein, Führer Herr Oberpostsekretär Schubert) und „Bürgermeister Mönckeberg" (Ham burger Verein. Führer Land jur. Gerard). 5.40 Uhr starteten die fünf größten Ballons (Klasse V, Größe 2200—2300 Kubikmeter). Den An fang machte der Ballon „Berlin" (Berliner Verein, Führer Herr Ingenieur Berliner), dann folgten die Ballons „Düsseldorf H" (Niederrheinischer Ver ein, Führer Herr Hauptmann v Abercron), „Kalmar" (Kalmarer Verein, Führer Herr Otto Korn), „Graf Zeppelin" (Sächsischer Verein, Fuhren» Frl. Elsbeth Große-Meißen) und „Buslen" (Kölner Klub, Führer Herrn Ingenieur Ger icke). Dem Sieger in dieser Klage winkle ein prachtvoller Ehrenpreis des Königs in Gestalt einer großen Meißner Vase. Zuletzt stgrteten noch acht Ballons der Klasse IV (Größe 1500 bis 1680 Kubik meter), und zwar die Ballons „Clouth V" (Köln), „Nordbausen^ (Halle), „Erfurt" (Erfurt), „Groß" (Berlin), „Hamburg" (Hamburg), „Chemnitz" (Chemnitz), „Leipzrg" (Leipzig) und „Rübezahl" (Breslau) unter der Führung der Herren K. Mulch, Hauptmann v. Oidtmann, Dr. W. Treitschke, Dr. Brökelmann, Dr. Richter, Fabrikbesitzer Müller, -ofrat Prof. Pfaff und Regcerungs- astestor Dr. Abegg. Gegen 8 Uhr abends war oer letzte Ballon abaelasten und der Menschenstrom lenkte sich wieder der Stadt zu. Uebcr die Resultate der Weitfahrt läßt sich bi» zur S.nnde noch nichts sagen, da bis jetzt überhaupt nach »eine Nockrichten über diese Ballons vorliegen. Dagegen kc»nte dieFuchsjagd bereits heute abend al» abgeschlossen und als gut ge lungen bezeichnet werden da die meisten Teil nehmer an derselben noch in den Nachtstunden wohl behalten wieder im Hotel Hoeritzsch in Dresden ein trafen, wo der Kgl. Sachs. Verein für Luflschiffabtt sein Standquartier anfgescklaqen hatte. Ds: Fuchs ballon „Dresden" landete abends U6 Uhr zwischen Bodenbach und Böhmisch-Leipa. Erster Sieger ist voraussichtlich der Vallon „Sachsen" des Chem nitzer Vereins (Führer Herr Dr Rostosky), da dieser nur 390 Meter vom Ballon „Dresden" entfernt landet?. Weiter folgten di? Ballons „Stuttgart* mit 650 Meter Abstand, „Bitterfeld" mit 800 Meter Abstand und ^Hewald"-Berlin mit 1200 Meter Ab stand. Auch die übrigen Ballons landeten sämtlich in den Abendstunden glatt in der Nähe von Böhmisch- Leipa. Nur der kleine Ballon „Hall e" (Größe 640 Kubikmeter) ging eher, und zwar am Pfaffensteln in der Sächsischen Schweiz nieder. 1>er Ballon Sachsen ist ein Firnikballon und ge hört dem Chemnitzer Verein für Luftschiffahrt, der ihn vor wenigen Wochen von dem Aeronauten Spiegel käuflich erworben hat. Die Ballons Sachsen" und „Bitterstld" haben sich etwa 7—14 Minuten am Schleppseil halten lasten, da sie den Fuchsballon überflogen hatten. Dies ist nach dem Reglement gestattet. Sus Vscklen. * Chemnitz, 28. März. (800 Belohnung.) Die Ergreifung des flüchtigen Postassistenten Her mann Max Goltzsch « au» Olbernhau, dem Unter schlagungen in Höhe von 30 000 zur Last fallen, ist noch nicht gelungen. Die von der Oberpostdirektion in Chemnitz auf Ergreifung des Flüchtigen und Her beischaffung des Geldes ausgesetzte Belohnung ist letzt auf 800 erhöht worden. mit in Respekt setzend und anderen helfend. Da» ist an Büllers Darstellung insbesondere so überaus schätzenswert, daß er nirgends übertreibt, niemals auf den bloßen schauspielerischen Effekt hinausgeht, wozu die so schwache Dramatisierung des an sich rein epischen Sujets recht wohl verleiten könnte. Alles in Büllers Darstellung atmet Natürlichkeit und Ein fachheit und das wahrhaft edle, freie Menschentum findet sich hier wieder im bäuerlichen Gewände. Schlauheit und Welterfahrung mischen sich mit Bie derkeit und Herzensgute. Bräsigs unverwüstlicher Optimismus überwindet siegreich die kleine Welt, die ihn umgibt, deren Mittelpunkt er bildet, ohne es recht eigentlich zu wissen. Büller stellt den pen sionierten Inspektor dar als einen ganzen Mann, der stets alle Sorgen zu beseitigen und Aussicht auf neue Freuden eines zwar begrenzten, aber gefesteten Daseins zu eröffnen weiß. Es war nur ganz natür lich. daß das voll besetzte Haus den vortrefflichen Künstler durch lebhaftesten herzlichen Beifall aus zeichnete und auch den Leistungen der anderen, sich mit künstlerischem Eifer bemühenden Künstler warme Zustimmung nicht versagte. L. 8. Leipziger Schauspielhaus. Zum erstenmal: „Der- geltun g". Schauspiel in drei Akten von Walter Bloem. Eine Premiere, die sogar eine Urauffüh rung war. Walter Bloem, der Verfasser des auch in Leipzig bekannten Schauspiels ..Der Jubiläums brunnen", bietet für den ersten Akt seines neuen Stückes „Vergeltung" die Schatten einer Ehetragödie auf: eine junge Frau vergiftet sich, nachdem sic nicht mehr bezweifeln kann, daß ihr Mann und ihre Schwester einander lieben. Der zweite Akt biegt ganz ins Kriminalistische um: der Mann und die Schwester geraten in den Verdacht, die Verstorbene vergiftet zu haben. Und der Schlußakt schmeckt da durch nach Tendenzstück, daß die Eventualitäten des gesetzlich gewährleisteten Rechtes der Zeugnisverwei- gerung drastisch vor Augen gerückt werden. Die Ver. storbcne schrieb nämlich an den Bruder ihres Mannes einen Brief, darin sie ihren Entschluß, selbst ihr Leben zu enden, kundgab. Könnte dieser Brief zur Stelle geschafft werden, so wären die Angeschuldtgten sofort entlastet. Aber der Briefempfänger, der fernen Bru der haßt, die Verstorbene dagegen hoffnungslos ge liebt hat. gedenkt, seine Aussage zu der Affäre zu ver weigern und den aufklärenden Brief zu beseitigen. Es entsteht ein verzweifeltes Ringen zwischen ihm, der schaden will und jener Schwester der Verstör- denen, die sich wie den bereits verhafteten Schwager zu retten, vom Mordverdacht zu reinigen sucht. Schließlich stößt sie im Handgemenge dem Gegner einen Dolch in die Kehle. Kein Strafrichter könne der Täterin etwas anhaben, versichert ein Iustizrat, als der Vorhang fällt — sie handelte aus Notwehr. Mag sein. Ob der Verfasser, als er das Stück schrieb, aus künstlerischer Notwendigkeit handelte, ist eine andere Frage, die sich nickt bejahen läßt. So nahe Bloem der Jurisprudenz steht, die juristischen Deduk tionen seines Stückes wirken nicht überzeugend. Neben den Belastungsmomenten, die zur Verhaftung des Professors Hans von Arnim führen, stehen Ent- lastungsmomente, die Bloem beim Aufbau seiner Arbeit übersah. Eine treffende Bemerkung sindet sich in Bloems Dialog, so wenig dieser sonst mit Blitzlichtern übersäet ist. Es laste sich alles „kon- strmeren", sagt eine Nebenfigur des Stückes. Auch Bloem hat nur konstruiert. Das verhalf ihm zu der krassen Szene zwischen Llaudine und Alfred, verhalf ihm vorher, im zweiten Akt, zu ein paar theatralischen Wirkungen. Technisch ganz ungeschickt hingegen ist das Ucbermaß von stummem Spiel im ersten Akt, der deshalb fast einen ungewollten Heiterkeitserfolg erzielte. Später dann reichte der Beifall hin, den Autor vor die Rampe zu rufen. Den Alfred, den zweifelhaften Ehrenmann, suchte Herr Wolfram glaubhaft zu machen. Auch die anderen Figuren haben etwas Schwankende, und entbehren durchaus feinerer Modellierung. Die Damen vom Busch und Reinau, die Herren Bornstedt, Herte- r i ch und Scheurmann gaben sich Mühe, ohne die Qualität des Stückes vom Niveau des bloßen Effekt suchens ins Künstlerische Hinaufkücken zu können. G * Pasfionsspiel« Oberammergau lSltz. Dank der günstigen Witterung können die Proben bereits im Passionstheater, dessen Bühne bekanntlich im Freien liegt, durchgeführt werden. Zu einer so frühen Zeit war dies bei keiner der früheren Passionsaufsiih- rungen möglich. Am 13. März fand zur Prüfung der Akustik die erste Musik- und Gesangprobe statt, wobei sich zeigte, daß die Klangwirkung eine ganz vor zügliche ist. Da jetzt sämtliche Kostüme sertiggestellt sind, haben die Spielübungen bedeutend an Vervoll kommnung gewonnen; auch schreiten die Detail- und größeren Volksprodrn rüstig vorwärts. Anfragen und Billettbestellungen find zu richten an da» Woh nungskomitee in Oberammergau sowie an di« offi Dienstag, 29. M«rr ISIS. * Simbach. 28. Mär^ (verbrüht.) Die Frau de» Lehrer» Golla hatte sich auf kurze Zeit aus der Wohnung entfernt, um einzukaufen. Als sie heim kehrte, bot sich ibr ein entsetzlicher Anblick dar. Das einzige Söhnchen hatte einen Topf mit heißem Wasser umgeworfen und sich dabei so furchtbar verbrüht, daß e» bald darauf starb. * Pla»en i. v., 28. März. (Wieder ein A b - sturz von der Friedrich-August-Brücke.) Gestern früh in der 4. Stunde stürzte sich von der 20 Meter hohen „Selbstmörderbrücke" der 20jährige Schlosser und Chauffeur Friedrich Hermann Corol in die Tiefe und blieb mit zerschmetterten Gliedern tot liegen. Liebeskummer soll die Der anlastung zum Selbstmord gewesen sein. * Oppach, 28. März. (Reiche Legate) hat der kürzlich hier verstorbene Privatier Robert Matthes ausgesetzt. Er vermachte der hiesigen Kirche .'»000 .tz, dem Rettungshause 10 000 .tz und seinem Pfleger, einem hiesigen Bahnbeamten, 20 000 Mark. Sus Sachsens Umgebung. * Thal«, 28. März. (Oeffnung des Bode- tales.) Der Touristenweg durch das Bodetal von Thale nach Treseburg, der für die Wintermonate ge schlossen war, ist vom 1. Ostertage ab wieder geöffnet. * Magdeburg, 28. März. (Dorortsbahn- Ko n z e sf i o n ie r u n g.) Der Magistrat hat die Konzession für den Bau und Betrieb zweier Dororts bahnen erhalten, und zwar für eine Strecke von der Magdeburg-Fermersleber Grenze bis Salbke und für eine Strecke von der Magdeburg-Cracauer Grenze bis hinein nach Cracau. Spurt. Saison»Eröffnung auf üem Leipziger Sportplatz. Wie in jedem Jahre, so öffnete auch diesmal wie der der Sportplatz am 2. Osterfeiertage seine Psorten dem (ncoNMu We.elumpi»- Daß dem Verein gleich am ersten Tage das Welt., hold war, mag als ein gutes Zeichen gedeutet werden für die künftigen Renntage. Es war klar und die Mittagszeit auch sonnig, wenn cs auch etwas kalt und vor allem stark windig war. So war denn de: Besuch ein ganz guter. Die Rennen verliefen durch weg sehr interessant und boten guten Sport. In den Fliegerrennen gab es eine ziemliche Ueberraschung durch das zweimalige Versagen des Favoriten Fuchs, der in Zschernig seinen Meister fand und Mühe hatte, sich gegen Damm und Lüdicke zu behaupten. Die beiden Dauerrennen boten hübsche Momente und verliefen programmäßig, da sich Salz mann seinen drei Gegnern weit überlegen zeigte. Scheuermann verteidigte sich hartnäckig, auch Ebert fuhr brav, während Di Majo volltommen versagte. Um die lange Pause bis zum nächsten Renntag im Mai auszüfüllen, wird am zweiten Meß sonntag ein Extrarenntag eingelegt werden. Die ge nauen Ergebnisse der Rennen waren folgende: Hauptfahren 2000 Meter. Offen für alle Fahrer. Preise: 50, 30, 20, 10 K. 2 Verläufe über 1000 Meter, aus denen je die ersten drei in den Ent scheidungslauf kamen. 1. Vorlauf: 8 Fahrer star teten. 1. Paul Damm (Leipzig) in 1 Min. 30-5 Sekunden, 2. Ullmann (Leipzig), 3. Unte (Leipzig). 2. Vor lauf: Wiederum 8 Fahrer am Start. 1. Zschernig (Leipzigs in 1 Min. 40-^ Sek., 2. Fuchs (Leipzig), 3. Ludicke (Leipzig). Entscheidungs lauf: Sieger Rich. Zschernig in 3 Min. 40 Sek., 2. Fuchs, eine Länge zurück, 3. Paul Damm, 4. Llldicke, beide dicht auf. Vorgabefahren 2000 Meter. Offen für alle Fahrer. Preise: 40. 30, 20, 10 ^tz. 15 Fahrer starteten. Sieger Rich. Zschernig (10 Meter Vor gabe), in 2 Min. 47>i Set., 2. Fuchs (ohne Vorgabe), 3. Lüdicke (70 Meter Vorgabe), 4. Damm (40 Meter Vorgabe). Unplaciert: Schmidt 50 Meter, Ullmann 60 Meter, Unte (80 Meter), Liest (100 Meter), Meltzer (110 Meter), Langbein (120 Meter), Voigt (130 Meter), Kretzschmar (150 Meter), Jänicke (160 Meter), Bergner (IW Meter), Eärner (200 Meter). Eröffnungspreis. Halbdauersahren über 75 Kilometer mit Motorschritt machern (40-Zentimeter-Schutzrolle) in 2 Läufen über 25 und 50 Kilometer. Wertung nach der Gc- samtfahrzeit. Offen für 4 Dauerfahrer nach Wahl. Preise: 1000, 800, 600, 400 .tz. In beiden Läufen hatte Scheuermann zuerst Anschluß und an zweiter Stelle der Italiener Di Majo, Salzmann als dritter bzw. vierter. Dem sofort angeschlagenen schnellen Tempo waren Di Majo und Ebert nicht gewachsen. ziellen Vertreter, das Weltreisebureau Union Berlin, den Norddeutschen Lloyd Bremen, die Firma Thos. Look L Son, London und Schenker L Co., München. * Ein Schauspieler, der nicht Sozietär der Lomcdie francaise werden will. Unter den Sozictären des Hauses Malleres herrscht erhebliche Aufregung über die „AffäreHuguenet", Felix Huguenet ist ein Künstler, der sich an den Boulevard-Theatern einen großen und begründeten Ruf erworben hat, so daß die Lomödie sraneaise sich dieser Kraft zu versichern wünschte. Er trat also als „Pensionaire" mit einem jährlichen Ge halte von 32 000 Mark bei ihr ein, und auch hier blieb ihm der Erfolg so treu, daß er eine besondere Aus zeichnung zu verdienen schien. Dies geschah, indem die LomLdie ihn am Ende des abgelaufenen Jahres zum Sozietär des Theaters mit allen Rechten und Pflichten eines solchen ernannte. Es war dies ganz un- zweifelhaft eine Ehrung für Huguenet, und Huguenet bedankte sich auch höflich dafür, aber weiter lreß er nichts von sich verlautbaren, sondern fuhr nach Lyon und begann dort eine Kunstreise auf eigene Hand. Der Ausschuß der Comödie wartete eine ganze Weile ge duldig; als er aber nach wie vor ohne Antwort blieb, verlangte er von Huguenet eine klare Rückäußerung, ob er die Anstellung als Sozietär annchme oder nicht, lind dararif erwiderte nun der Künstler unumwunden, er nehme sie nicht an, wolle lieber seine jetzige Stel lung beibehalten oder aber das Haus Moliöres ver lassen. Und der Ausschuß der Comsdie gab naw, und Herr Huguenet bleibt, was er bisher gewesen ist. Der Fall ist um so bemerkenswerter, als er keineswegs vereinzelt dasteht. Hervorragende Künstler als Sozietare zu gewinnen, lallt der Comedie fran^aise immer schwerer. Sie sollen eine Menge von Pflichten übernehmen und erhalten dabei einen Gewinnanteil, der weit hinter dem zurückbleibt, was sie als freie Künstler zu verdienen in der Lage sind. Ja, selbst die Schauspieler, die Sozirtäre der Comedie geworden sind, binden sich an ihre Verfassung sehr wenig, und inan sieht sie, trotz der Gesetze des Hauses, beinahe oster in Nizza und Brüssel, als in Paris. Die Ur sache dieser Uebelstände liegt darin, dah die Verfassung der Comedie noch heute ganz die ist, wie sie ihr Ravo. lcon in dem bekannten Dekrete von Moskau gegeben bat, nnd diese Verfassung paßt eben auf die heutigen Verhältnisse nicht mehr. Vielleicht ist der Lag nrckt mehr fern, wo sie vollständig umgestaltct werden muß, damit die Comedie francaise wieder genug An ziehungskraft für die führenden Schauspieler Frank reichs erhält.
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