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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.03.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-03-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100319027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910031902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910031902
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-03
- Tag 1910-03-19
-
Monat
1910-03
-
Jahr
1910
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Bezug-'Prei» für t!«ch»Io und ivororr« durch malern lrtger and Svediieure 2mal tt«ltch tn» Hau« gebrach:: v« monatl., L.7U viateliLdrl Br« unfern Filialen u. Sn» oahmrftellrn abqrdoll: 7S H moaatl., 2.SS v>erteliibrl. Lurch dt« Volt: «nnerbald Leurfchland« und drr deuKchra Kolonien »ieneliäbrl US« monatl. 1.2« autlchl. Postdestellarld. Ferner in Belgien, ktnemark, den Donauftaaten, Flalien, Luxemburg, Niederlande, Nor wegen, Lelterreich - Ungarn, Rußland, Schweden, Schweiz a. Spanien, In allen übrigen Staaten nur direkt durch di« Beichättslielle de« Blatte» erhältlich. Ta» Leinziger Tageblatt erichemi 2 mal läglich. Sonn- ». ffdiirl^« nur morgen«. Lvonne,. enl-Ännaome. Augullulplatz 8, be> unleren Trägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern uud Briesträgern Slnzelveckauseprei« de. Morgen« »ukgabe lO der t.bendiu«gab« !i Sledaktton und Geschäft-Nelle: Fohanniogasse 8. Fernlvrecher: I4602, >4kl». ,4684. Abend-Ausgabe. KipMcr TllMaü Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Volizeiarntes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis Er Inserate au« rewrig und ilmgedu», di« «geivattene so »w breite Beeil,«il« 2S Li« 74 mo> brotte «eklamezeil« I von auSwäns 80 «eklamen l.!t) ^grz Inserate non Bebdrden m amtlichen Teil die 74 ww breite Petit zell« 40 äh. »«IchL'izanzeiqen Mtt P ahvorlchrtstin UN» tu der Lvendautaade >m Preoe erhödt. lltabati nach Lari». Beilagegebüdr L ». Tausend extl. PoltgebLhr. FeNerieilte Auikräae kännen mcht zuräck- gezogen werben. Für da« itrscheinrn an bestimmten Tagen und Plätzen wird kein« Äaranti« übernommen. »„zeigen-Annahme! Augnllullvlntz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- S»ped>tionen de« Zn- uud Sutzlande«. Haucht-Stllnle verliu: »arl L» lick er Herzogl. Bahr Hofbuch- haodluvg, Lützowftiabe IL tTereovun VT. Nr. 4MZ). Haupt-Slliale Dresden: Sieltratze «. l »Teleobon 4621). m. 77 Sannsdenü, üen lS. MSN lSlo. 104. Ishryang. pllliülche llachfichte«. Aus der Petitionsdeputation der Ersten Kammer. Die Abzugsfähigkeit der Lebensversicherungs prämien vom steuerpflichtigen Einkommen fordern Petitionen des Vereins Dersicherungsbevollmächtigter im Königreich Sachsen zu Dresden und des Verbandes der deutschen Lebensoersicherungsgesellschaften zu München. Die 4. Deputation der Ersten Kammer be antragt, die Petitionen für jetzt auf sich beruhen zu lassen. Ferner haben gegen die Verwendung von lebendem Wild bei Hetzjagden der Alte Tierschutz verein zu Dresden und der Neue Tierschutz verein zu Leipzig petitioniert. Auch diese Petition soll auf sich beruhen. Auf die Begründung namentlich dieses zweiten Beschlusses darf man gespannt sein. Finale. Zu den Erklärungen, die am Freitag in der Zwei ten Kammer abgegeben worden kind, schreibt der „Dresd. Anz." offenbar inspiriert: „Die von Herrn Präsidenten Dr. Vogel gestern in der Zweiten Kammer abgegebene Erklärung ist, was wir authentisch mitteilen können, in Gegenwart des gesamten Direktoriums der Zweiten Kammer, des Abgeordneten Hettner, des Staatsministers Grasen Vitzthum von Eckstädt, der Ministerialdirektoren Geh. Räte v. Seydewitz und Dr. Schelcher und — be ziehungsweise während des letzten Teils der Verhand lungen — des Finanzministers Dr. v. Rüger fest gestellt worden. Die Herren Staatsminister baben nach längerer Besprechung am Schluß der Unterredung ihre Meinung dahin kundgegeben, daß sie nach Abgabe der Erklärung in der Zweiten Kammer ihrerseits nichtsmehrdazu erklären würden." Es wäre in der Tat ganz zweckmäßig, wenn nicht so häufig wie in letzter Zeit Erklärungen abgegeben würden. Besuch Kaiser Wilhelms in Wien. o. Berlin, 19. März. (Prio.-Tel.) Nach einer Meldung der Wiener „Zeit" wird Kaiser Wilhelm auch dieses Jahr nach Wien reisen, um Kaiser Franz Joses zu dessen 80. Geburts - tag (18. August) zu gratulieren. Der Kaiser soll die Absicht, nach Wien zu kommen, dem Erzherzog Franz Ferdinand bei seinem Besuch in Berlin mitgeteilt haben. Kaiser Franz Josef sandte hierauf dem Kaiser eine herzliche Einladung. Generaloberst v. d. Goltz wird auf besonderen Befehl des Kaisers die deutsche Armee und das Deutsche Reich bei den Feierlichkeiten vertreten, die in Buenos Aires in der zweiten Hälfte des Mai aus Anlaß der Jahrhundert feier der argentinischen Unabhängig- teit stattfinden sollen. Nach Beendigung der Feier lichkeiten wird sich Generaloberst v. d. Goltz privatim noch einige Wochen in Argentinien aufhalten. Bertretertag der nationalliberalen Partei. Der diesjährige Allgemeine Vertretertag der nationalliberalen Partei wird am 1. und 2. Ok tober in Kassel stattfinden. Wahlrechtskundgebungen und kein Ende. Nach einer sozialdemokratischen Märzfeier im „Dinkelacker" zu Stuttgart zog ein Zug von über 2000 Personen zur preußischen Gesandt schaft, wo Hochrufe auf das allgemeine und gleiche Wahlrecht ausgebracht wurden. Der Zug wurde von der Polizei nicht gestört. Die Teilnehmer gingen auch bald darauf unter Absingung der Ar beitermarseillaise auseinander. In Kiel erklärte das sozialdemokratische Preß organ, nachdem der Massenstreik am Dienstag groß artig gelungen sei und die ausgesperrt gewesenen Ar beiter mit über 34 000 hätten entschädigt werden können, sollen derartige Streiks solange fort gesetzt werden, bis ein anderes Wahlrecht erreicht sei. Anders denken aber die Magdeburger „Ge nossen". Dort wurden die für Freitag von den Metall arbeitern geplanten Straßenkundgebungen nicht ausgeführt. Als Grund gibt das dortige sozial demokratische Organ an, daß mit der Arbeitsfeier eine Schädigung der Industrie verbunden sei. Der Kampf richtet sich aber nicht gegen diese, sondern gegen die Junkerherrschaft. Wie wir bereits in der Heufigen Morgennummer berichteten, wurde am Freitag die Wallfahrt zum Friedhof der Märzgefallenen in diesem Jahre von den Berliner Sozialdemokraten zu einer Art Wahlrechtskundgebung gemacht. Zwischenfälle er eigneten sich erfreulicherweise nicht. Nur nach der Schließung des kleinen Friedhofs der Märzgefallenen kam es am Abend am Landsberger Platze und in der Landsberger Straße zu Zusammenstößen zwischen den Zurückkehrenden und der Schutzmann schaft. Unter den 1500 Personen, die in Be wegung waren, befanden sich auffallend viel junge Burschen, Mädchen und Kinder. Der Verkehr war zeitweise ganz lahmgelegt. Die Zusammenstöße mit der Polizei, die nicht blank zog, hatten eine Reihe Sistierungen zur Folge. Die Schlußabstimmung über die preußische Wahlrechtsvorlage wird im Abgeordnetenhause wahrscheinlich schon am 8. April stattfinden, damit das Herrenhaus die Vor lage schon am 12. April beraten kann. Diese Schluß abstimmung erfolgt in den Formen der 3. Beratung, die Stellung von Abänderungsanträgen ist also zu lässig. Die bei der 3. Beratung und bei der Schluß abstimmung gefaßten positiven Beschlüsse müssen aber übereinstimmen. Nimmt das Abgeordnetenhaus bei der Schlußabstimmung also noch Abänderungen vor, was aber nicht anzunehmen kst, so mutz die Schluß abstimmung nochmals nach 21 Tagen wiederholt wer den. — Nach den bisherigen Dispositionen will das Herrenhaus die Wahlvorlage am 12. und 13. April beraten. Die Wahlrechtskommission soll ihre Be ratungen beschleunigen, so daß vielleicht schon am 26. April das Herrenhaus die Wahlvorlage ver abschieden kann. Im Falle der unveränderten An nahme hätte im Herrenhause die Schlußabstimmung kurz nach Pfingsten stattzufinden. Nimmt das Herren haus Aenderungen vor, so muß die Vorlage ans Ab geordnetenhaus zurück. Angenommen, beide Häuser einigen sich in diesem Falle, so könnte das Abgeord netenhaus die notwendige nochmalige Abstimmung erst nach 3 Wochen, also Ende Juni, vornehmen. Dörouldde über die Autonomie für Elsah-Lothringen. Paris, 19. März. (Tel.) Der Vorsitzende der Patriotenliga, DSroulede, wurde von einem Mit arbeiter des „Journals" über seine Ansicht zur Ver leihung der Autonomie an Elsaß-Lothringen befragt. Dsroulsde erklärte, Frankreich müsse sich jeder Intervention in einer so heiklen Frage ent halten, da derartige Bemerkungen von der deut schen Regierung mißdeutet würden. Frankreich dürfe weder etwas sagen, noch etwas tun, was der Deutschen Regierung zum Vorwand für irgend welche Maßnahmen dienen könnte. — Ein so ver nünftiges Urteil hätten wir dem alten Draufgänger gar nicht zugetraut. Streikunruhen. Pari«, 19. März. (Tel.) In der Dorstadt Vichy le Vallois kam es gestern zwischen Streikenden und Gendarmen zu einem Zusammenstoß. Mehrere Polizeiagenten und Gendarmen begleiteten 30 Arbeitswillige einer Papierfabrik nach der Ar beitsstätte. Unterwegs wurden sie von 200 Aus ständigen angegriffen, die Revolverschüsse abgaben, wodurch zwei Polizeiagenten verwundet wurden, desgleichen mehrere Streikende, als die Gen darmen das Feuer erwiderten. Pont L Pietre, 19. März. (Tel.) Infolge der Verhaftung von drei Individuen, die sich an den Streikunruhen beteiligt hatten, kam es vor der Burg von Capesterre zu einem Zusammen stoß zwischen der Bevölkerung und den Truppen, die feuerten. Hierbei wurden drei Personen ge tötet, mehrere verletzt. Ministerkrists in Italien? Rom, 19. März. (Tel.) Zu der erneut kritischen Situation wird berichtet: In den Wandelgängen der Kammer zirkulieren allerlei Gerüchte über den Aus gang der Schiffahrtsprämienvorlage. Die Nachrichten lauten einander widersprechend. Allge mein gibt man der Ueberzeugung Ausdruck, daß eine Ministerkrisis in diesem Augenblick, wo der Besuch des deutschen Reichskanzlers be vorsteht, sehr bedauerlich wäre. Für den Fall, daß das Kabinett gegenwärtig keine Mehrheit finden sollte, soll beschlossen werden, die Angelegenheit im Parlament zu vertagen, um es dadurch der Regierung zu ermöglichen, neue Vorschläge zu machen. Ander seits heißt es, der Marineminister wünsche sofortige Beschlußfassung. Sonnino soll bereit sein, in die Debatte einzutreten. Die Thronfolge in Portugal. Der 45jährige Bruder des ermordeten Königs, der Onkel des jetzigen, noch unverheirateten Käfigs Emanuel, Jnfant Alfons, Herzog von Oporto, hat am Freitag den vorgeschriebcnen Eid auf die Ver fassung geleistet und ist damit als derzeitiger Kron prinz anerkannt, bis der König, dessen Verlobung ja in kurzer Zeit zu erwarten ist, direkte Erben haben wird. Die Eidesleistung sand im Parlamentsgebäude vor den versammelten Eortes statt. Jnfant Alfons ist am 31. Juli 1865 in Lissabon geboren, Pair des Königreichs und Dioistonsgeneral a la suirs des Kgl. Preußischen Infanterieregiments Graf Tauentzien von Wittenberg (3. Branden burgisches) Nr. 20. Tsgeschnmlk. Ueber 100 OVV Mark gestiftet. Elberfeld, 19. März. (Tel.) Die dieser Tage ver storbene Witwe des Dr. Hugo Sch irlitz, die Mutter des kürzlich verstorbenen Stadtschulrats Schirlitz, hat in Erfüllung eines letzten Wunsches ihres Sohnes der Stadt über 100 000 .1t zur Errichtung eines Lehrerinnenheims geschenkt. Berhasteter Erpresser. Görlitz, 19. März. (Tel.) Ein Unbekannter, der von einem Fabrikbesitzer 2lt00 Mark unter Bedrohung mit einer Anzeige forderte, wurde in dem Augenblicke verhaftet, als er das Geld von einem bestimmten Platze in Empfang nehmen wollte. Automobilunglück. Hannover, 19. März. (Tel.) Zwischen Harder und Soltau fuhr gestern abend ein Automobil mit vier Insassen gegen einen Baum und überschlug sich. Der Feldwebel Albers wurde sofort getötet, der Leutnant Block und ein anderer Feldwebel sowie der Chauffeur schwerverletzt. Explosion in der Kirche. Rom, 19. März. (Tel.) Während der Messe e x - p lod ie r te in der Kirche von Petraro (Avellino) ein Gasbehälter. Eine große Anzahl von Per sonen wurde schwer verwundet. Ein Ver wundeter ist seinen Verletzungen bereits erlegen. Ueberfallen und beraubt. London, 19. März. (Tel.) Der Kassierer einer Kohlengrube fuhr gestern mit 370 Pfund barem Gelds zur Auszahlung der Löhne aus Newcastle nach Widdrington. Vier Stationen vor letzterem Orte fand ihn der Schaffner mit einer Schußwunde in der Schläfe unter dem Sitze zu sammengekauert liegen. Theater, Kunst unü WMenlchakt. Lin Selbvportrst Roüins. „Mein ganzes Leben ist eine Art Studium ge wesen. Niemals war mein Ziel, Aufträge zu er halten, sondern zu studieren; daraus erklärt sich die lange Zeit, die ich zur Ausführung mancher Werke gebraucht habe." Mit diesen Worten beginnt Rodin eine schöne Selbstcharakteristik, die er in . >e iouc" veröffentlicht. „Jedes Werk war für mich eine neue Gelegenheit, zu suchen und zu prüfen, jetzt und immer. Was mich geleitet hat, ist besonders die große Liebe zur Natur, ja, man muß sie lieben, be ständig mit ihr zusammen sein. Sie ist die wahr hafte „große Stumme", aber endlich spricht sie zu uns, erleuchtet uns und gibt uns ihre Geheimnisse preis. Es gibt nichts Wahres, als die Natur, die man anschauen lernen muß. Man kann das nicht von selbst. Wenn man jung ist, vergeudet und ver zettelt man sich; man hat im Gehirn eine Menge von Phantasien, Träumen und schon fertigen Ideen. Man sucht in seinem Kopf nach Motiven und man müßte erst verstehen, die Äugen aufzumachen. Das ist schwierig. Ich habe die Hälfte meines Lebens damit verbracht, die Routine zu vergessen, mich von dem zu befreien, was man mir beigedracht hatte. Und jetzt versuche ich, einfach zu sein. Das ist alles. Ahmt die Natur nach und kopiert sie, aber stutzt sie nicht zu, fälscht sie nicht! Man giebt der Natur eine Pose und fängt eine Zeichnung, einen Entwurf an. Man rückt das lebende Modell an eine bestimmte Stellung und verlangt von ihm diese oder jene Gebärde. Das geht nicht, der Künstler hält an. Aber es ist das Leben, das die Bewegung hervorbringen muß. Es ist das Wahre, das Gött liche, der Blitz, den der Künstler festhalten muß . . . Welche Quelle der Freuden und der unerwarteten Ueberraschungen bildet der menschliche Körper für das Auge des Künstlers! Seit 50 Jahren studiere ich ihn und jeden Tag entdecke ich an ihm Neu heiten, die ich noch nicht kenne. Wenn meine Mo delle nicht posieren, dann enthüllen sie mir am häufigsten ihre Schönheit. Ich gebe ihnen niemals eine Bewegung an, ich sage zu ihnen: „Seid wütend, träumt, betet, weint, tanzt. Dann vermag ich die Linie zu fassen und festzuhalten, die mir wahr er scheint; es ist mit den Stellungen und Be wegungen wie mit den Wogen des Meeres; sie wechseln und wandeln sich bis ins Unend liche. Alle menschliche Schönheit ist in der Sage vom Proteus enthalten. Das ganze Leben, das ganze Schaffen eines Künstlers bringt es kaum fertig, festzuhalten oder auch nur zu erhaschen einige Züge der Natur, der Natur mit ihren stets bewegten und unbegrenzten Formen. Wenn ich mir in meinen künstlerischen Anfängen ein Modell kommen ließ, dann fragte ich es, in welchen Ateliers es posiert habe. Wenn es von der Akademie kam, ach! dann merkte ich das sofort, wenn es auf das Podium ge treten war; ich sah es eine der Bewegungen an nehmen, die es dort gelernt hatte, und diese Be wegung war unweigerlich falsch. Warum darüber staunen? Was lernt man aus der Akademie? Kom position. Komposition ist die Wissenschaft vom Theater, das heißt die Wissenschaft von Lüge. Ge horchen wir nur der Natur: sie ist die ewige Wissen schaft nnd die unversiegbare Quelle. Durch sie werden wir immer die Wahrheit erkennen und durch sie werden wir unaufhörlich unsere Kräfte erneuern. Es ist ein Zeichen des Verzichts und der Schwäche, auf die Phantasie stolz zu sein. Was ist denn die Phantasie, wenn nicht die Gabe, Erinnerungen mit einander zu verbinden? Aber unsere Erinnerungen find begrenzt und unsere Phantasie ist beschränkt, während die ungeheure Natur uns immerdar einen gewaltigen Vorrat darbietet, aus dem sich die Un endlichkeit der Eindrücke bereichert." G * Prager Theater. Aus Prag wird uns tele graphiert: „Frater Carolus", erne Oper von Ludwig Rochlitz, errang bei ihrer Uraufführung im „Deutschen Theater" einen starken äußeren Erfolg. * Verdi in Briefen seiner Fra«. Das „Eiornale d'Jtalia" veröffentlicht sehr interessante Briefe, die von Verdis Gattin, Giuseppina Strepponi, an die Gräfin Chiarina Maffei gerichtet worden sind. In einem Briefe vom 18. Jufi 1869 erzählt Frau Strep- ooni-Derdi, wie sie und ihr Gatte bei einer Kahn fahrt auf dem kleinen Seö der Billa Sant' Agata in Lebensgefahr gerieten. „Ich stand mit einem Fuß schon in der Barke", schreibt sie, „und wollte gerade den zweiten nachziehen, als der Kahn umschlug, so daß wir beide in den See stürzten und zwar bis auf den Grund. Verdi bewahrte seine Geistesgegenwart und k inte, als er fühlte, wie der Kahn rhm den Kopf ''hrte, rasch einen Arm heben und die Last mit ' Wucht zurückstoßen, bis dieser eigenartige Sargdeckel entfernt war. Wie es kam, weiß ich nicht, aber er konnte sich infolge dieser Armbewegung ganz auffichten und in dieser Position mit unglaublicher Kraft und Geschicklichkeit mich aus dem Wasser ziehen, in welchem ich lag, ohne auch nur ein Glied rühren zu können. Ich war einer Ohnmacht nahe, erholte mich aber und fand mich, als ich die Augen öffnete, von Verdis Armen gestützt; er selbst stand aufrecht bis zu der Kehle im Wasser. Don der Gräfin Massei wurde die Strepponi dem großen Dichter Alessandro Manzoni vorgestellt, und Manzoni bat sie, ihn auch mit Verdi (der damals noch nicht auf den Höhen des Ruhmes stand) bekannt zu machen. Bei der Heimkehr nach Sant' Ägata teilte sie diesen Wunsch Manzonis dem Gatten, der ihr mit einem Wagen entgegengefahren war, mit. „Die Bombe wirkte so stark , schrieb sie an diegräfliche Freundin, „daß ich nicht wußte, ob ich die Wagenfenster öffnen sollte, um ihm Luft zu verschaffen, oder ob ich sie lieber geschlossen halten sollte, damit er nicht in seiner übergroßen Freude hinausspringe! Er wurde rot, dann wieder bleich, riß sich den Hut vom Kopfe und knetete ihn so zusammen, daß er ihn beinahe zu Lumpen zerrieben hätte. Dann (aber das bleibt unter uns) füllten sich die Äugen des strengen und stolzen Baron von Busseto mit Tränen, und wir waren beide so ergriffen, daß wir kein Wort mehr sprachen. . . * Die Ausgrabung eine« altkoptischen Klotters ist kürzlich in Sakkarah, der berühmten ägyptischen Ausgrabungsstätte, geglückt. Ursprünglich war das Gelände, auf dem die Ausgrabungen gemacht wur den, nicht dafür in Aussicyt genommen; als man aber dort gelegentlich in altem Schutte ein aus der Erde aufgewühltes Gemälde fand, das drei Heilige zeigte, ging man an die Untersuchung des Terrains, und es gelang nach dem Berichte eines Teilnehmers an den Ausgrabungen, Mr. Quibbell, die Lage und bis zu einem gewissen Grade auch die ganze Innen einrichtung eines großen altkoptischen Kloster komplexes aufzudecken und festzustellen. Man hat Kavitäle mit gutem Holzschnihwerke gefunden, sowie auch tüchtige Gemälde. Es ist unzweifelhaft, daß die Anlage drei zu verschiedenen Zeiten erbaute Kirchen umfaßt hat, von denen die jüngste aus recht ärmlichem Materiale errichtet worden ist. Line Merkwürdigkeit der Anlage bildet eine schlichte Klosterzelle, deren Mauer ein Loch aufweist. Welches war das Rätsel, das diese Zelle umschloß? Man nimmt mit einiger Wahrscheinlichkeit an, daß sie den Aufenthaltsort eines besonders heiligen Mönches gebildet hat, der sich von jeder Verbindung mit der Außenwelt abgelüst hatte und sich seine Nahrung durch dieses Loch zuschieben ließ. Diese koptische Klosteranlaae ist so bedeutend gewesen, daß dre Mönche fast alles, was sie zum Leben brauchten, innerhalb der Klostermauern herzustellen in der Lage waren. Auch Frauen gehörten zu der Bevöl kerung des Klosters; es waren wahrscheinlich die Weiber der Dienerschaft, und es ist merkwürdig, daß alle diese Frauen sich in Rot kleiden mußten. Es wird dies durch dre wohlerhaltene Mumie eines jungen Mädchens, die aufgefunden ist, erwiesen. * Die großen Russen. (Puschkin, Lermontow, Gogol, Turgenjew, Tolstoj, Dostojewski und Tsche chow.) Eine Auswahl aus ihren Werren in neuer Uebersetzung, mit Einleitung und Porträts. Von Alexander Eliasberg. Haupt L Hammon, Leivzig. — Die großen Dichter, die Rußland im 19. Jahrhundert hervorgebracht hat, sind überraschend schnell zu Welt ruf gelangt. Unerreichte Tiefe der Seelenforschung und grandiose Kraft der Darstellung erklären das immer steigende Bedürfnis aller Gebildeten, sich mit den Werken dieser führenden Geister vertraut zu machen. Die zahlreich erscheinenden Gesamtausgaben sind dafür ein sprechendes Zeugnis. Das vorliegende Buch versucht nun — u. E. zum ersten Male — durch eine Auswahl charakteristischer Stücke ein lebensvolles Bild dieser unvergleichlichen litera rischen Epoche Rußlands zu geben. Es hat einen bewährten Herausgeber in Alexander Eliasberg gefunden, der als Kenner und Uebersetzer russischer Literatur einen bekannten Namen hat; durch seine Neuübersetzung der Originale wurde ein muster gültiger Text gewonnen, durch seine biographischen und über das Lebenswerk der Dichter orientieren den Einleitungen eine klare Uebersicht geschaffen. Der 14 Bogen umfassende Band ist auf holzfreiem Papier in schöner, klarer Schrift gedruckt und mit den Porträts der Dichter nach Gemälden berühmter russischer Maler in vorzüglicher Reproduktion auf Mattkunstdruck geschmückt. * Kleine Chronik. Direktor FelixWeingart« ner erwarb für die Wiener Hofoper außer Pfitzners Musikdrama „Der arme Heinrich" auch die französische einaktige Spieloper „DieTante schläft" von Caspers, übersetzt von Max Staegemann.
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