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BezoqS-Prei» für U«iP,ia u»» Bororre durch «»ter« Lrt-«r und kvedtteur, -mal ttglich tu» Hau» gebracht: ÜO mouarl., A.7V^U vierteltthrl Bet untern Filiale» u. An» uahmekellen adnebolt: 7L mouatl., vierteliShrl. Durch dt» Vbk: »nnerbald Leuitchtand» und der deutschen Kolonien vterielitdrl »»«all. I-b auilchl. Postdestellaeld. ferner in Belgien, Dinrmark, Len Donauftaaten, Jlalien, Lureindurg, Niederlande, Nor wegen. Oesterreich-Ungarn, Rußland, kchioeden, Schwei» u. Spanien I» allen übrigen Staate» nur diret» durch di« ÄeichLitlltelle oeS Blatte« erhiltlich. Da» Ueipgigei Lageblati erschein, 2 mal Itglich, Sonn- u. Fei rlag« nur morgen«. Adanne - enl-Annaumc. Auguttubplatz 8, bei unseren Drägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern Itnzelpectauseprei« der Morgen» ausgabe 1V der tchend iutgade S Rebaktlon und Geschäftsstelle: Iohannisgasfe 8. Sernsprecher: 14692. l48«s. ,4894. Abend-Ausgabe. UchMcrTaMlck Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Dolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis für Inserate au» 9«ip,ig nn» Umgebung die Sgewaltene so mm breit« Petitzeile 2L die 74 mm dielte Reklaniejeile l von autwärl« 90 Reklamen 1.20 Inserate «an Bekbrden -m amiltchen Leu die 74 mm breite Petitzeile 40 cheschä kinnleigen Mit P advorlchristeu UN» in der Adendauigade iiu Preise erhobt. Rabatt »ach Laris. Beilagegebühr s p. Lausend exkl. Postgebühr. Ielterteilte Aufträge können nicht zurück gezogen werben. Für da« lbrscheinen an vestimmteu Lagen und Plätze» wird keine Garantie übernommen. Anzeigen. Annahme! Auguftutzplatz 8, bei iämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Srpeditionen de« In- und Autlanbe«. zganvt-Slltal« Berlin: Aarl Diincker Herwql. B>hr. Hofbuch. Handlung, Lützowstiabe >0. (Le.eodon VH Ar. 4003). Haupk-Filiale Dresden: Seeilratze., 1 (Telephon 4621). Nr. 80 Diensmg, üen 22. März 1910. 104. Jahrgang. palWche Nschrlchten. Zum Fall Langhammer erhalten wir folgende Zuschrift: „Soeben habe ich in Ihrer geschätzten Zeitung die Zuschrift des Herrn Langhammer gelesen. Ich ersehe daraus, daß Herr Langhammer darin meinen Sozius Herrn Rechtsanwalt Dr. Zöphel persönlich angreift. Damit nun nicht falsche Schlussfolgerungen aus einem Schweigen des Herrn Dr. Zöphel gezogen werden, gestatte ich mir, Sie da von zu unterrichten, daß Herr Dr. Zöphel zur zeit im Auslande weilt und erst in etwa IWochenzurückkehren wird. Herr Dr. Zöphel wird jedenfalls um so mehr auf den Artikel des Herrn Langhammer eine Erwiderung geben, als der Text der Zuschrift des Herrn Langhammer in Ihrer ge schätzten Zeitung merkwürdigerweise an der Herrn Dr. Zöphel betreffenden Stelle von dem in den „Leip ziger Neuesten Nachrichten" veröffentlichten Texte ab weicht. Ich wäre Ihnen sehr zu Dank verbunden, wenn Sie diese Zuschrift in Ihr geschätztes Blatt aufnehmen wollten. Mit vorzüglicher Hochachtung Rechtsanwalt Brecht." Wir bemerken dazu, daß die Textabweichung, auf die in dem vorliegenden Schreiben Bezug genommen wird, auf eine nachträglich bei uns eingegangene Korrektur zurückzuführen ist, die Herr Langhammer seiner ersten Zuschrift folgen ließ. Da die Zuschrift von uns erst im Montagblatt abgedruckt werden konnte, waren wir in der Lage, die Korrektur des Herrn Langhammer dabei zu berücksichtigen. Der Reichskanzler in Rom. Rom, 22. März. (Tel.) Der Reichskanzler von Dethmann Hollweg gab gestern bei dem Se nator Tittoni, den er nicht zu Hause antraf, seine Karte ab. Informationsreise der Reichstagsabgeordneten nach Kiautschau. Auf Einladung des Reichsmarineamts unter nehmen im Herbst der nationalliberale Reichstags abgeordnete Prof. Eörcke und der Zentrumsabge ordnete Nacken eine Informationsreise nach Kiautschau. Auf dem Rückwege sollen die Betriebe in Port Arthur, Hongkong und Batavia be sichtigt werden. — Diese Einladung ist die Folge einer Anregung, die in der Budgetkommission des Reichstags bei Beratung des Etats für Kiautschau ge geben worden ist. Wahlrechtsdemonstrationen. Nach dem „Vorwärts" fanden am Sonntag Wahl rechtsdemonstrationen in Köln, Elberfeld, Essen, Biebrich und Breslau statt. 2m Kampf um das Oberhaus. Das englische Oberhaus hat sich nunmehr grund sätzlich durch Annahme der beiden ersten Resolutionen Roseberys für eine Reform des Oberhauses ausge sprochen. Dieses Entgegenkommen hat aber nur ver hältnismäßig geringen Wert, da über das Maß der Reformen noch nichts festgelegt ist. Wie weit Mi nisterpräsident Asquith mit der Reformarbeit gehen will, ergibt sich aus seinen Resolutionen, die jetzt be reits bekannt werden. Man darf schon heute sagen, daß die Gründlichkeit der von ihm geplanten Reform den Peers sehr unangenehm sein wird. Jedenfalls wird die Lage in England wieder zusehends kri tischer. Folgende Telegramme unterrichten über oie Pläne des Oberhauses und der Regierung: London, 22. März. (Tel.) Das Oberhaus nahm die ersten beiden der drei Resolu tionen an, die Lord Rosebery am 9. d. M. beantragt hatte und nach denen eine starke aktions fähige Zweite Kammer nicht nur ein integrierender Bestandteil der Verfassung, sondern für das Wohl des Staates und das parlamentarische Gleichgewicht ein notwendiges Erfordernis ist und am besten durch eine Reform und Neukonstituierung des Oberhauses gewonnen werden kann. Die Ne gierung erklärte, obschon sie den Resolutionen nicht opponieren würde, so würde sie doch keinem Plane zustimmen, der die Macht des Oberhauses über das Unterhaus verstärken würde. London, 22. März. (Tel.) Die Resolutionen, die Ministerpräsident Asquith nach Ostern im Unterhaus einbringt, haben folgenden Wortlaut: 1) Es ist rätlich, daß das Oberhaus durch Gesetz für unfähig erklärt wird, das Bud get abzulehnen oder mit Zusätzen zu versehen, doch darf eine solche Beschränkung der Rechte des Oberhauses nicht zum Vorwande dafür genommen werden, nun auch die bestehenden Rechte oder Pri vilegien des Unterhauses zu vermindern oder zu be schränken. 2) Ls ist rätlich, die Befugnisse des Ober hauses bezüglich anderer Norlagen so zu be schränken, daß je^e Vorlage auch ohne Zustimmung der Lords Gesetz wird, die in drei aufeinanderfolgenden Sessionen vom Unter hause angenommen und dem Oberhause wenigstens einen Monat vor Sessionsschluß zugesandt worden ist, unter der Voraussetzung, daß sie die königliche Sanktionierung erhalten hat, und daß zwischen dem Tage ihrer ersten Einbringung im Unterhause und dem Tage ihrer dritten Annahme in diesem Hause wenigstens zwei Jahre verstrichen sind. 3) Es ist rätlich, die Dauer eines Parla ments auf fünf Jahre zu beschränken. Wahlrechtsdemonstrationen in Pest. Pest, 22. März. (Tel.) Die Sozialdemo kraten veranstalteten gestern abend mehrere Volksversammlungen zugunsten der Wahl rechtsfrage, wobei die gestrigen Vorgänge im unga rischen Parlamente zur Sprache kamen. Nach Schluß der Versammlungen fanden Straßendemon- strationen statt. Die Sozialdemokraten brachten Raketen und Petarden zur Explosion. Die Polizei schritt mit blanker Waffe ein, da sie Revolverschiisse vermutete. 12 Personen wurden verhaftet. Die Neuwahl des Dumapräsidenten. ist am Montag vollzogen worden. Wie bereits be kannt war, ist der Führer der Oktobristen, Gutschkoff, gewühlt worden. Ein Telegramm berichtet uns: Petersburg, 22. März.. (Tel.) Die Reichsduma schritt bei vollbesetztem Hause gestern abend zur Wahl des neuen Präsidenten. Die Sozialdemokra ten, die Arbeitsgruppe und die Kadetten enthielten sich der Abstimmung und verlasen Erklärungen, in denen sie ihre Stimmenthaltung mit dem Hinweise darauf begründeten, daß das Präsi dium der dritten Duma deutlich dem rechten Flü gel der Duma zuneige, die Interessen der Minderheit ignoniere und zulasse, daß die Tribüne der Duma zu einer provokatorischen Waffe gemacht werde zum Zwecke der Diskreditierung der Volksvertretung Ruß lands. Zum Präsidenten wurde mit 221 gegen 68 Stimmen der Führer der Oktobristen Entsch loss gewählt. Alexander Gutschkoff ist 47 Jahre alt. Er ist Führer der Oktobristen und zählt zum linken Flügel seiner Partei. Er entstammt einer alten Moskauer Kaufmannsfamilie und beendete an der Moskauer Universität seine Studien in der historisch-philologi schen Fakultät. Viel von sich reden machte er. als er im Burenkrieg als einfacher Unteroffizier gegen die Engländer kämpfte. Während des Russisch-Japanischen Krieges arbeitete er in der Mandschurei beim Roten Kreuz. Während der ersten Duma wurde ihm das Portefeuille des Handelsministers angeboten. Er lehnte aber ab. Während der zweiten Duma war Gutschkoff Mitglied des Reichsrates, in den ihn die Moskauer Kaufmannschaft gewählt hatte. Der Vulgarenzar in Konstantinopel. Konstantinopel, 22. März. (Tel.) Während des gestrigen Diners überreichte derKönigderBul- garen dem Sultan die Kette des Alexan- derordens. Der Sultan verlieh dem König den Chanedaneorden, der Königin den Eroßkordon des Medschidieordens für Damen mit Brillanten, den Ministern Melinow und Pap- rikow den Osmanieorden mit Brillanten. Auch das Gefolge erhielt Ordcnsauszeichnungen. Ueber die Zwecke der Zusammenkunft läßt sich das bulgarische Regierungsorgan „Preporetz" dahin ver nehmen: Der Besuch des Königs und der Königin der Bulgaren und ihrer Minister in Konstantinopel be zwecke die Lösung aller Fragen, die der Herstellung eines gut nachbarlichen Verhältnisses zwischen der Türkei und Bulgarien im Wege stehen, unter ihnen der Erenzfrage, der Frage der Anschluß bahn Kumanowo-Küstendil und des neuen Handelsvertrages. Die Regierung erwarte von dem Besuche Resultate, die geeignet sind, die Bande der vauerndcn freundschaftlichen Nachbarschaft fester zu knüpfen. Zur Lage in Griechenland. Athen. 22. März. (Tel.) Die Lage ist noch un geklärt, doch ist Aussicht auf eine Verständigung zwischen der Militärliga und den Parteien vor handen. Die Ruhe wurde gestern nicht ernstlich ge stört. Zur thessalischen Frage gab der Mi nister des Innern die beruhigende Versiche rung. es geschehe alles, um eine Wiederholung der blutigen Ereignisse zu verhindern. Tsgeschrvnilr. Liebestragödie. Berlin, 22. März. (Tel.) Im Grünewald fanden Polizeibeamte die Leichen eines Mannes und eines Mädchens. Die Körper wiesen S ch ü s s e in der Brust gegend auf und waren bereits erkaltet. Nach vor- läufigen Feststellungen handelt es sich um den Post boten Schackrat aus der Lindenstraße in Berlin. .Das Mädchen ist die 20 Jahre alte Emma Ger- l a ch, die in Eharlottenburg bedienstet war. Schackrat war verheiratet und lebte von seiner Frau getrennt. Aus der Lage der Leichen am Tatort ging hervor, daß das Mädchen mit dem Manne vorher einen Kamps bestanden haben muß. Die alte Geschichte. Eisleben, 22. März. (Tel.) Am Sonntag hatten sich einige Schulknaben im Neckendorfer Walde mit Teschingschießen vergnügt. Ein 12jähriaer Knabe, der dabei eine Kugel in den Kopf erhalten hatte, ist gestern seiner Verletzung erlegen. 12 Personen verunglückt. Kassel, 22. März. (Tel.) Ein dichtbesetzter Wagen mit Patienten, die sich zu einem Wunderdoktor nach Ahrenshausen begeben wollten, stürzte in den Ehaussecgraben und begrub alle Fahrgäste samt Kutscher unter sich. 12 Frauen und Männer erlitten schwere Körperverletzungen. Streik der Jrrenwärter. Darmstadt, 22. März. (Priv.-Tel.) Die Irren- Wärter sind in eine Lohnbewegung eingetre- ten und sind bei dem hessischen Ministerium wegen Aufbesserung ihrer Gehälter vorstellig geworden. Da das Gesuch abgelehnt wurde, beschloß die Vereinigung der hessischen Jrrenwärter in einen Streik zu treten. Da dieser natürlich unvoraussehbare Fol gen haben konnte, wurde eine Deputation der Kor poration heute vormittag zu dem Minister des Innern befohlen, und die Sache scheint sich aus gütlichem Wege beizulegen. Da man aber für alle Fälle gerüstet sein will, hat das Ministerium 65 Mitglieder der Darm städter Freiwilligen Sanitätskolonne in Bereitschaft gestellt, die eventuell den Dienst in den Irrenanstalten übernehmen sollen. Wichtige Erfindung. München, 22. März. (Tel.) Eine praktische Er findung im Telegraphenverkehr ist von einem höheren Telegraphenbeamten in München ge macht worden. Auf einen Draht, der mehrere Sta tionen verbindet, wird gleichzeitig Gleichstrom und Wechselstrom gebracht, so daß von einer Station aus und auf einer Linie gleichzeitig mit verschiedenen Stationen gesprochen werden kann. Familiendrama. Metz, 22. März. (Tel.) In einem Anfall von Geistesstörung prügelte ein 60 Jahre alter Ser Schöpfer öes Nieüermslü- üenkmsls -s-. Aus Dresden, 22. März, meldet uns ein Privattelegramm: In der vergangenen Nacht starb in dem benachbarten Klotzsche der Bildhauer Geh. Rat Prof. Dr. Johannes Schilling. Ehrenbürger der Stadt Dresden, der Schöpfer des Natio naldenkmals auf dem Niederwald. Schilling wurde am 23. Juni 1828 in Mittweida geboren. Er erhielt seine erste künstlerische Ausbil dung auf der Akademie in Dresden, insbesondere unter Rietschel, und arbeitete dann zwei Jahre unter Drakes Leitung in Berlin. 1852 nach Dresden zu- rückgekehrt, führte er in Hähnels Atelier eine Arbeit aus, die ihm das große Reisestipendium der Akademie einbrachte. Nach einem dreijährigen Studienaufent halt in Italien ließ er sich 1856 in Dresden nieder und wurde 1868 zum Professor an der dortigen Kunst akademie ernannt. Seine erste größere Arbeit waren die in Sandstein ausgeführten vier Gruppen der Tageszeiten und das Standbild Sempers auf der Freitreppe der Brühlschen Terrasse. Unter den Denkmälern, mit denen er in der Folge betraut wurde, sind das Schillerdenkmal für Mainz, das Kaiser-Maximilian-Denkmal für Triest, das Hamburger Kriegerdenkmal, das Reformations denkmal (Luther und Melanchthon) für Leip zig (1883), das Reiterdenkmal des Königs Johann für Dresden, die Denkmäler Kaiser Wilhelms I. für Dortmund und Wiesbaden und das Bismarck-Denk mal für Wiesbaden hervorzuheben. Vor allem kommt Schilling aber als Schöpfer des Nationaldenkmals auf dem Niederwald in Betracht, dessen Ausführung ibn von 1877 bis 1884 beschäftigte. Es besteht aus der kolossalen Figur einer Germania, den Figuren des Krieges und des Friedens, des Rheins und der Mosel, einem großen Relief mit der Wacht am Rhein und zwei kleineren Reliefs mit dem Auszug und der Heimkehr der Krieger, sämtlich in Bronze gegossen. Schillings Kolossalgruppe des Dionysos und der Ariadne auf pantbergezogenem Wagen schmückt, in Erz ausgefiihrt, die Hauptfront des Theaters in Dresden. Außerdem schuf er u. a. die Marmorstatue des Pheidias (Museum in Leipzig), eine Reihe anmutiger, im Geiste der Antike erfundener Reliefs und zahlreiche Bildnisse. Ein reiner Schönheitssinn, eine reiche Anmutsfülle und sorgfältige Durchbildung der Form zeichnen seine Arbeiten aus. Ein großer Teil der Modelle dazu ist in einem besonderen Schil ling-Museum in Dresden vereinigt. Bei seinem Aus scheiden aus dem Lehramt 1906 erhielt der Verstor bene den Titel Exzellenz. Oskar Nos -s-. Wenige Tage vor seiner Hochzeit ist, wie wir schon mittcilten, Oskar Noe, der treffliche Musiker und Gesangsmeister, dahingegangen — siebenundreißig Jahre alt. Ein Unglücksfall hat diesem reichen und noch so viel versprechenden Künstlerleben ein Ende gesetzt. Aus Graz gebürtig, der Sohn eines als Germanist hervorragenden Eymnasialdirektors, hat er frühzeitig sein Deutschtum heilig hüten gelernt, und die natio nale Not des deutschen Volkes in Oesterreich, die er am eigenen Leibe bitter erfahren muhte, hat seine politische Weltanschauung früh gefestigt —- ein ent scheidender Zug im Charakterbilds dieses Voll menschen, dessen Interessen nicht bei den Grenzen seiner Kunst Haltmachten, sondern der das Leben in all seinen Teilen zu erfassen und zu erleben strebte. Früh machte sich in dem verschlossenen und schwer zu gänglichen Knaben der Hang zur Musik bemerkbar, der vom Elternhause liebevoll unterstützt wurde. 1891 ging er nach Berlin, um sich unter Andreas Moser zum Geiger auszubilden: ein Armleidenzwang ihn, diese Studien abzubrechen, die so vielversprechend begonnen hatten, und die, wie sich später zeigen sollte, doch nicht vergeblich gewesen waren. Nun dachte er daran, Kapellmeister zu werden, aber seine körper liche Konstitution ließ auch das nicht zu. — Sorgen voll, aber doch nicht entmutigt, wandte er sich nach Frankfurt, wo Stockhausen damals zahlreiche Ge sangsschüler um sich versammelt hatte. Der intelli- gente und mit einer reizvollen, wenn auch kleinen Tenorstimme begabte Nos wurde von Stockhausen liebevoll aufgenommen und rückte in wenigen Jahren zum Assistenten des Altmeisters an seiner Gesangs schule auf. Bald gewann er als Lieder- und Ora- toriensänger Ansehen, und wurde zumal für die Interpretation seines Landsmannes Hugo Wolf Autorität. 1902 folgte er einem Rufe als Gesang lehrer an das Leipziger Konservatorium, wo er eine segensreiche Lehrtätigkeit entfaltete, die in Anbetracht der kurzen Spanne Zeit gute Frucht getragen hat: so zählen die Hannoversche Elektra, Frl. Kappel, und Frau Baronin Urff vom Kasseler Hoftheater zu seinen Schülerinnen. Trotz seiner Erfolge als Sänger und Eesanalehrer ließ ihn die alte Liebe zum Orchester und zur Instru mentalmusik nicht los. bis er an die Spitze des Leip ziger Orchestervereins treten konnte, mit dem er in den letzten Jahren — in Anbetracht der Zusammen setzung aus lauter Dilettanten — überraschende Re sultate erzielte. Daß er der geborene Kapellmeister war, bewies er in der letzten Woche, wo er im Ber liner Beethoven-Saal mit den Philharmonikern, unterstützt von mehreren Solisten und dem Berliner Lehrergesangverein, ein großes Orchesterkonzert ver anstaltete, das ihm glänzenden Erfolg bei Publikum und Presse einbrachte. Der Traum seiner Jugend, von dem er uns Freunden oftmals sehnend erzählte: einmal ein Orchester ersten Ranges zu dirigieren — er war in Erfüllung gegangen — und zwei Tage darauf nahm ihn der Tod aus dem Kreise seiner Freunde, aus den Armen seiner Braut hinweg. Zum letzten Male sang er (in Darmstadt) das Requiem von Verdi, ahnungslos, daß er sich damit das eigene Schwanenlied gesungen. Noes Natur war von der größten Sensibilität, von einer schonungslosen Selbstkritik: Lernen durch Kampf war sein Lebenselement: ein in strengster Selbstzucht gehaltenes Temperament gab seinen künst lerischen Leistungen die letzte Beweiskraft. Wenn er im Freundeskreis — und dieser Glückliche hatte viel treue Freunde — musizierte: die Müllerlieder, die Winterreise, Hugo Wolfs italienisches Liederbuch oder die Maqellonenlieder, so waren das erschüt ternde Erlebnisse. Er gab eben den ganzen Menschen her. Und NoS als Lehrer. Er war uns Freund und Berater, nie Schulmeister. Nie pochte er auf seine Autorität, stets ließ er die Meinung der andern gel ten, wenn sie nur ehrlich und wohldurchdacht war. In die letzten Fragen der Psychologie und Physio logie wußte sein philosophisch geschulter Geist einzu dringen und sie den Problemen seiner Kunst dienst bar zu macken. Seine noch unvollendete Gcsanglchre, die hoffentlich nock bei Eöscken wird erscheinen können, wird dafür Zeugnis ablegen. Wir rüsteten schon den Hockzeitsschmaus, und stehen nun an einer Bahre. Die Schüler trauern um einen unersetzlichen Lehrer, die Freunde um einen wundervollen Menschen, die Kunst um einen ihrer Lieblinge. Viel, viel wäre von ihm zu erzählen — aber für jetzt kann's nicht trösten, sondern unser Weh nur immer aufs neue wecken. Noch einen Blick auf den Hügel, der den stumm gewordenen Sänger birgt — und dann heißt cs weiterarbeiten in seinem Sinne, sein Bild im Herzen. Ilans Joachim Lloser. Theater, Kunst unö rviklenlchak. * Albert Heine, der bekanntlich für das Wiener Hofburgtheater verpflichtet wurde, wird einer zwischen Frcihcrrn von Berger und den Direktoren Meinhard und Peruaner getroffenen Vereinbarung zufolge in den nächsten Jahren auch weiterhin mehrere Monate im Berliner Theater auftreten. * Zum Direktorialassistenten des Kaiser-Friedrich- Museums in B e r l i n ist als Nachfolger von Dr. Hans Posse, der zum 1. April aus dem Amte scheidet und für die Leitung der Dresdner Gemäldegalerie aus ersehen ist, Dr. M. I. Binder ernannt worden. Dr. Binder, der auf dem Gebiete der niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts besondere Kennerschaft besitzt, ist ein Schüler von Prof. Konrad Lange in Tübingen. Er wirkt setzt als Assistent an der neu gegründeten städtischen Galerie in Frankfurt a. M. und war bereits früher am Berliner Kaiser-Friedrich Museum tätig. * Das Orckester der Linkshändigen. Aus New Pork wird berichtet: Ein eigenartiges Orchester hat sich in Patchogue auf Lang Island gebildet und entzückt sein Auditorium: es ist das Orchester der Linkshändigen. Der Gründer und Dirigent Mar temus Smith, ein begabter Violinvirtuose, der nur linkshändig spielen kann, will damit den Beweis erbringen, daß linkshändige Musiker ebenso große Künstler sein können, wie andere. Das Orchester be steht jetzt aus 7 Mitgliedern: einer Gitarre, einer Mandoiine, orc> Violinen und zwei Banjos. Alle Saiteninstrumente werden umgekehrt gespannt, dort wo bei der gewöhnlichen Violine die Ö-Saite ist, haben die linkshändigen Musiker die R-Saite ausge- spannt, die Spieler führen den Bogen mit der Lin ken und halten die Geige mit der Rechten. Links bündige Hornvirtuoscn. Trommler. Violen- und Dioloncellvirtuosen werden noch gesucht.