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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.04.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-04-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100415013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910041501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910041501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-04
- Tag 1910-04-15
-
Monat
1910-04
-
Jahr
1910
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Nr. 103. 104. Jahrgang. «rotzen Mengen zu Preisen zur Verfügung, die den 10.—20. Teil desjenigen ausmachen, was in älteren Baumwolländern gleichartiges Areal kostet. Ferner haben wir da» wirksamste Düngemittel in unserer eigenen Heimat in grotzen Quantitäten aus erster Hand. Wir haben eine starke, sich an die Arbeit verhältnismätzig leicht gewöh nende schwarze Bevölkerung, wie jene etwa 00000 schwarze in Ostafrika beweisen, die heute regelmätzig Arbeiter bei Bahnen und Plantagen sind. In bezug auf Löhne sind diese Leute nicht verwöhnt. Wir haben eine leistungsfähige und energische Schiffahrt und hinreichende Schienenwege. Wir haben zuletzt eine starke und leistungsfähige deutsche Industrie. Schliehlich aber ist der deutschen Nation das Ver- ständnis für die Wichtigkeit der hier behandelten Fragen aufgegangen und auch in den Kreisen der organisierten Arbeiterschaft finden heute die Be strebungen auf die Erzeugung billiger Rohstoffe Ver ständnis, so datz es geduldiger Arbeit gelingen wird, auch diese an der Frage am meisten interessierte und wichtige Volksschicht zur aktiven Mitarbeit heranzuziehen. Freilich, der Weg geht immer noch bergan. Jede neue Kultur erweckt neue Feinde in Tier- und Pflanzenwelt. Die Kulturmethoden unserer Ein geborenen sind noch überaus primitiv und ihre poli tischen Verhältnisse keineswegs derartig geklärt, datz wir uns rn eine große Sorglosigkeit einwregen dürfen. Das Kolonial-Wirtschaftliche Komi tee fährt fort, eine Bauinwollschule in Mpanganya zu unterhalten und eine kaufmännische Geschäftsstelle mit Pflug- und Gerätedepot in Ostafrika. Es über nimmt die fernere Einrichtung weiterer Entkernungs anstalten unter Heranziehung der deutschen Maschi nenindustrie und von Aufkaufmärkten: die Festsetzung und Gewährung von Prämien und Garantiepreisen usw., den Aufkauf und die Lieferung von Saatgut: dre Verwertung der Nebenprodukte, die Kontrolle und Begutachtung der Qualitäten in Deutschland und die allgemeine Propaganda innerhalb des deut schen Volkes über den Wert und die Wichtigkeit der Aufgabe. Dagegen wird die Kolonialverwaltung in die Hand nehmen die Errichtung landwirtschaftlicher Stationen, den meteorologischen Dienst, und eine geeignete Einwirkung auf die Eingeborenenbevölke rung, sich diesem, der deutschen Nationalwirtschaft so wichtigen Zweige zu widmen. Die landwirtschaft lichen Stationen werden eine weitere Ausbreitung erfahren und dabei auch die bei den ostafrikanischen Kommunen verfügbaren wirtschaftlichen Kräfte und Geldmittel herangezogen werden. Für diese Arbeit stehen für das Jahr 1910 insgesamt MO 000 Mark zur Verfügung. Ern großer Teil dieser Summe kommt aus der Selbstbesteuerung der deutschen Industrie. Der Staatssekretär schloß mit dem Ausdruck der Hoffnung, datz die deutsche Kaufmannschaft und In dustrie, durchdrungen von der Wichtigkeit des Gegen standes, ihrerseits nicht erlahmen werde, um mit möglichst starker Beteiligung eine Aufgabe zur Lösung zu bringen, wie sie in gleichem Umfange selten gestellt worden ist. Sie werde die Reichs regierung mit Rat und Tat an ihrer Seite finden. Deutsches Keich. Leipzig, 15. April. » Die Gesetzgebungsdeputation der Zweiten Kam mer hat durch die Abga. Horst (Kons.) und Löbncr (Natl.) ihren Bericht erstattet über den mit Dekret 17 vorgelegten Entwurf eines Gesetzes über die Landes brandversicherungskammer. Die Deputation be antragt die Annahme des Entwurfs mit zahlreichen redaktionellen und materiellen Aenderungen. * Der Berkaus des alten Ständehauses. Der Finanzminister Dr. v. Rüger beabsichtigt, wie der Geh. Rat Dr. Wahle in der Finanzdeputation ver sicherte, das alte Ständehaus an der König - Johann- Stratze zu verkaufen, wenn die Regierung einen ent sprechend hohen Preis herausschlagen kann. Der Verein für sächsische Volkskunde hatte die Regierung Leipziger TsgeMs». um Ucberlaffung geeigneter Räume für das Museum im Slcmdehause gebeten. Der Finanzminister hat sich aber leider ablehnend verhalten. Er befürchtet, dem Staate könnten mit der Ueberlassung fiskalischer Räume neue Belastungen entstehen durch die An stellung von Beamten und die schließliche Verwaltung des Museums. * Nochmals die „Denkschrift" über den „Pfui- Teufel"-Rus. Gegen den Inhalt der von uns mehr fach erwähnten, „interessanten" Denkschrift, die unter so eigentümlichen Umständen, zweifellos aus reiner konservativer „Liebenswürdigkeit" gegen über dem nationalliberalen Präsi denten, ans Licht der Oesfcntlichkeit gelangt ist, liegt von freisinniger Seite bereits eine Pro te st s ch r i f t vor, auch die N a 1 i o n a l l i b c r a l e n bereiten eine solche vor. * Bom Hansa - Bund. Am 7. April hielt die Ortsgruppe Oelsnitz i V. des Hansa-Vundes eine gut besuchte Versammlung ab, auf der Dr. März- Dresden einen Vortrag über Zweck und Ziele des Hansa-Bundes hielt. Der Redner behandelte in seinem Referat die gegenwärtigen wirtschaftlichen und politischen Zustände, die zum Zusammenschluß der erwerbstätigen Stände und Privatbeamten ge führt haben, und forderte die Anwesenden auf, die Bestrebungen des Hansa-Bundes aus Einigung des deutschen gewerbtütigen Bürgertums nach Kräften zu unterstützen. Die Anwesenden nahmen die Aus führungen des Redners mit lebhaftem Beifall auf. * * Zum Kamps im Baugewerbe. Am heutigen Freitag wird in den meisten Orten des Deutschen Reiches die Aussperrung der Bauarbeiter verwirklicht. Aus Chemnitz wird uns ge drahtet: Infolge des Beschlusses des Bauarbeitgeber verbandes werden auch die dem Chemnitzer Verband angegliederten Geschäfte mit etwa 1 Millionen Mark Iahreslohn ihre Angestellten vom 15. April, abends 6 Uhr ab aussperren. Von dieser Maßnahme wer den 1700 Maurer, 500 Zimmerer und 1300 Arbeiter betroffen. Einen gleichen Beschluß faßten die Arbeitgeberverbände von Frankenberg und Augustusburg. — Anderswo zeigt sich immer noch das Bestreben, durch Verhandlungen den Kampf zu vermeiden. So haben die ArbHtgeber im Bau gewerbe in Gießen und Umgegend beschlossen, wegen neuer Verhandlungen die Arbeitseinstellungen eventuell bis zum 23. d. M. zu vertagen. — In Köthen (Anhalt) wird es nicht zu einer Aus sperrung der Arbeiter kommen. Die dortigen Arbeit geber gehören dem Arbeitgeberverbande für das Baugewerbe nicht an und haben daher auch keine Veranlassung, der von diesem ausgegebenen Parole zu folgen. Die sehr geringe Bautätigkeit ist ein weiterer Grund, beide Teile zur Friedfertigkeit zu veranlassen. — In den oberrheinischen Städten macht sich das Bestreben der Bauunter nehmer geltend, diejenigen Bauarbeiter, die keiner Organisation angehören, nicht auszuschließen. * Die Kommission des Reichstages für das Hauv- arbeitsgesetz nahm den 8 16 an, wonach die Beauf sichtigung der Hausindustrie den Polizeibe hörden und den Eewerbeaufsichts- beamten übertragen wird. Das Zentrum be antragte, einen tz 16a einzufügen, wonach der Reichs kanzler ermächtigt werden soll, Lohnämter zu er richten, die Mindestzeit- oder -stücklöhne festsetzen können. Der Antrag wurde mit 14 gegen 13 Stimmen angenommen. * Der Reichstagsabgeordnete Graf Oriola wurde am Donnerstag, als er vor dem Reichstagsgebäude beim Ueberschreiten des Straßendammes einem Wagen der elektrischen Straßenbahn ausweichen wollte, von einem in entgegengesetzter Richtung kommenden Straßenbahnwagen erfaßt, zwischen beiden Wagen hin und her geschleudert und zu Boden geworfen. Er zog sich dabei eine Anzahl Verletzungen zu, die aber sämtlich leichterer Natur sind. Er konnte sich ohne Hilfe in sein Absteigequartier, das Palasthotel, begeben. * Kontraktslösung im Todesfälle. Die Petitions kommission des Reichstags beschäftigte sich mit einer interessanten Bittschrift. Die Firma Baum in Berlin hatte gebeten, den 8 569 BGB. zu ändern, der dem Wirte erlaube, im Falle des Todes des Mieters binnen 87 Tagen den Mietsvertrag zu lösen. Meistens werde dies bei Geschäftsleuten angewendet, um von den Hinterbliebenen höhere Mietssätze zu erlangen, die beim Fortlaufen des Kontraktes, der meist auf eine Reihe von Jahren abgeschlossen sei, nicht zu zahlen wären. Die Kommission stellte sich ans den Standpunkt, daß Regierung und Reichstag bei der Schaffung des BGB. für die geltenden Be stimmungen sich entschlossen hätten und die Petition nur als Material für eine künftige Revision des BEB. Wert habe. Im übrigen haben die Hinter bliebenen im Todesfälle des Mieters das gleiche Recht der Kündigung an den Vermieter. * Die Ccschäftsordnungskommission des preußischen Abgeordnetenhauses hat auf der Grundlage der Vor schläge ihrer Subkommission beschlossen, den 8 64 der Geschäftsordnung durch folgende Bestimmungen zu ergänzen: „Im Falle besonders gröblicher, die Würde des Hauses schädigender Verletzungen derOrdnung kann der Präsi dent den Abgeordneten für den Rest des Tages von der Sitzung ausschließen. Auch kann auf Vorschlag des Präsidenten das Haus ohne Be sprechung den Abgeordneten aus dem Sitzungsraum, einschließlich der Tribünen, ausweisen, und zwar b i s zur Dauer von sechs, im Wiederholungsfälle in derselben Tagung bis zur Dauer von zwölf Sitzungstagen. Gegen den Ordnungsruf oder die Ausschließung durch den Präsidenten kann der be treffende Abgeordnete spätestens am folgende« Tage schriftlich Einspruch erheben. Das Haus ent- scheidet frühestens in der nächsten Sitzung, ohne Be sprechung, ob der Ordnungsruf oder die Ausschließung gerechtfertigt war." — Drakonisch! * Die Arbeiterentlassungen in den Militärwerk stätten in Spandau sind hervorgerufen durch Be triebseinschränkungen, die sich besonders im Feuerwerkslaboratorium geltend machen. Insgesamt haben etwa 1000 Arbeiter ihre Kündigung erhalten. Nach Erklärungen von authentischer Seite liegen die Vetriebseinschrankungen in der Natur der Sache und lasten sich zu gewissen Zeiten nicht umgehen. * Wichtige Eisenbahnfragen in der badischen Zweiten Kammer. Die Budgetkommission der badischen Zweiten Kammer beschloß einstimmig, den sozialdemokratischen Antrag, daß Baden mit den anderen Eisenbahnverwaltungen wegen der Be seitigung der ersten Wagenklasse verhandeln solle, in der abgeünderten Form auf „nur eine ge polsterte Wagenklasse" der Regierung zu empfehlen. Der Antrag auf Wiedereinführung des Krlo- meterheftes wurde vertagt, nachdem ihn die Regierung heftig bekämpft hatte. * Anhaltischer Landtag. In der 20. Plenarsitzung des anhaltischen Landtags am Mittwoch fand die dritte Lesung des Etats und des Etatsgesetzes statt. Der Hauptfinanzetat schließt in Einnahme und Aus gabe mit 14 692000 ab. Die Einkommensteuer wurde wieder wie im Vorjahre auf 24 Einheiten bemessen. Da der vorliegende Arbeitsstoff verar beitet worden war, wurde die diesjährige Tagung im Namen des Herzogs durch Staatsminister Laue geschloffen. KuslsnS. Deverrelch-llngsrn. * Eine agrarfreundliche Rede des Ministerpräsi denten Bienerth. Auf Znem anläßlich der Konferenz der Präsidenten der Landeskulturrate und der land wirtschaftlichen Gesellschaften Oesterreichs am Mitt woch veranstalteten Bankett erklärte Ministerpräsi dent Bienerth in einer Rede, die Regierung stehe den auf Förderung der vaterländischen Landwirtschaft gerichteten Bestrebungen mit warmer Sympathie gegenüber und sei bereit, ihr möglichstes beizutragen, damit die angestrebten Ziele Irettsg, 15. Spül 1910. wirklich erreicht würden. Das eigene Land bleibe immer der beste und sicherste Markt für die Produkte des heimischen Bodens. „Ich kann", fuhr der Minister präsident fort, „mich selbst zwar nicht einen der Ihri gen nennen, ich bin vielmehr, wie «in großer Staats mann sagte, ein Mann ohne Ar und Halm, trotzdem fehlt mir aber nicht das Verständnis für die Empfin dungen und Anschauungen, die durch die Bewirtschaf tung der heimischen Scholle ausgelöst werden. Die Vaterlandsliebe und das Heimatsgefühl, die im Be sitze des eigenen Grund und Bodens wurzeln, ruhen auf einer fiteren Grundlage und machen den Land wirt zu einem staatserhaltenden Ele ment, dessen Treue die Probe stets rühmlichst be standen hat." * Oesterreichisches Abgeordnetenhaus. In der gestrigen ersten Sitzung des österreichischen Abgeord netenhauses nach den Osterferien war das Haus fast vollzählig versammelt. Alle Minister waren an wesend. Auf der Tagesordnung standen die 182-Millionen-An leihe, die Dienst- pragmatik für Staatsbeamte und weitere Vorlagen. Zu Beginn der Sitzung herrschte großer Lärm bei den Tschechischradikalen. Nach Verlesung des Einlaufes beantragte Abgeordneter Seitz (Soz.) unter lebhaftem Protest gegen die eigenmächtige Festsetzung der Tagesordnung durch den Präsidenten, der dabei den Einflüssen der Re gierung gefolgt sei, namentliche Abstimmung über eine Umstellung der Tagesordnung da hingehend, daß die Dienstpragmatik an erster, die An leihe an zweiter Stelle gesetzt werde. Der Antrag sand genügende Unterstützung. Die Abgeordneten Zhac (Tschechischrad.) und Stransky (Tscheche) tadelten gleichfalls mit scharfen Worten das Vor gehen des Präsidenten, der einen Geschäftsordnungs bruch begangen habe. Präsident Pattai erklärte sein Vorgehen bei Festsetzung der Tagesordnung als der Geschäftsordnung vollständig entsprechend. Nach längerer Debatte wurde der Antrag Seitz mit 259 gegen 219 Stimmen abgelehnt. (Großer Lärm. Die Tschechischradikalen stießen Pfuirufe aus.) Das Haus begann sodann die erste Lesung der Anleihen vorlage. /rankreich. * Ausstand der Ziegeleiarbeiter. Aus Lille wird berichtet: Die Arbeiter der Ziegeleien sind in den Ausstand getreten, weil dre von ihnen ge forderte 25proz. Lohnerhöhung nicht bewilligt wurde. Die Zicgeleibesitzer beschlossen, die Fabriken zu sperren, falls die Ziegeleiarbeiter die Arbeit morgen nicht wieder aufnehmen. * Wiederaufnahme der Arbeit in Marseille. Die Arbeit auf den Kais in Marseille ist wieder ausgenommen worden. Die Zahl der sich aui den verschiedenen Arbeitsstätten meldenden Arbeiter ist so groß, daß nicht alle Verwendung finden konn ten. Zn der Gasanstalt und den andern Fabriken wird in normaler Weise gearbeitet. Gnglsnü. * Abstimmung der Bergarbeiter in Northumber- land. Die Abstimmung der Bergarbeiter über den Streik in Northumberland hat 2732 Stimmen für und 2468 Stimmen gegen die Wiederaufnahme der Arbeit ergeben. Das Exekutivkomitee des Arbeiter verbandes erteilte den Arbeitern den Rat, die Ar beit möglichst bald wieder aufzunchmcn. Astten. * Theodore Roosevelt ist in Begleitung seines Sohnes in der Nacht zum Donnerstag in Venedig cingetroffen. Am Donnerstag vormittag wurde die Stadt besichtigt. Mittags stattete der Herzog der Abruzzen und später der Bürgermeister Roosevelt Besuche ab. Am Nachmittag wurde die Reise nach Wien fortgesetzt. Rutzlsnü. * Der Ministerpräsident über die Haltung der Re gierung. In -ihrer letzten ALendsitzung setzte die Reichsduma die Debatte über die Interpellation betreffend das Reglement vom 6. September 1909 fort, wonach der unmittelbaren Sanktion des Kaisers als des obersten Kriegsherrn alle legis- sisigsnrls Denn -er junge Wein blüht... Erstausführungdes Lustspiels von Björn st jerne Björnson im Alten Theater, 14. April. Noch im todumschatteten Ereisenalter schenkte uns Björnson so schöne Werke wie den großen Roman „Mary" und das entzückende Lustspiel „Wenn der junge Wein blüht", das gestern im Alten Theater zum ersten Male aufgeführt wurde. Eine feine, edle Komödie zieht da vorüber, die von güldener Heiter keit klingt und die alltäglichsten Dinge in einem milden Vcrklärungsglanz auflöst, der selbst über die Spitzen von Dummheiten, unbewußten kleinen Bru talitäten und ein bißchen hinterhältigen platten Egoismen hinweqblendet. Vjörnsons unverwüstlicher Optimismus hat sich aus dem Lärm des Pathos, von dem er früher dröhnte, gänzlich zurückgezogen; er hat sich im späten Alter distanziert, eine hundert fache Verfeinerung erfahren. Harmonie kam über den achtundsiebzigjährigen Norweger, als er dieses voll endete Lustspiel schrieb, stille, lächelnde Resignation, in deren leichtem Schatten die aroße Flamme der Freude über einen endgültigen Ausgleich mit dem Leben wehte. Aus dieser frohen Stimmung heraus schuf er die Bilder, wie sich das Alter an der Jugend berauscht und »och einmal mit ihr jung wird. Zwei ältere Herren treten in dieser Komodie auf, von denen sich jeder in die aufblühende Tochter des anderen verliebt. Der naive, lebensfrohe Propst Hall wird gänzlich von dem plötzlich entfesselten Strudel seiner Zünglingsgciühle hingerissen, Arvik. der eigent liche „Held", die feinste Figur der Handlung, steht dagegen über seinen Affekten. Er treibt nur ein zartes, überlegenes Liebesspiel mit der kleinen, reiz vollen Alvilde, weiß, daß die späte Glut in seinem Herr?» bald wieder zu einem Aschenhäufchen zusam- mensallen wird, daß seine Verliebtheit nur Episode, ein 1-ian ist. In seiner lächelnden Weisheit hat er schon resigniert. Er fühlt, daß ein Plätzchen für ihn nur an der Seite seiner Frau einaeräumt bleibt: daß nur dort seine Heimat ist. Freilich: die Gattenliebe hat Frau Arvik selbst abgekühlt. Sie ist die „moderne Frau", die ihren eigenen Geschäften nachgeht, ihre eigenen Interessen hat und über ihren Kindern den Gatten vollkommen vernachlässigt. All die Jahre hindurch hat Arvik, dessen Wert ne aus den Augen verloren hatte, das geduldet; still, nach sichtig, verzeihend. Aber nun. da die Liebe zu einem jugendlichen Mädchen lo ganz widersinnig in seine abgeklärte Altersreife bricht, muß einmal die große Auseinandersetzung kommen: di« Abrechnung mit der eigenen Frau, deren Egoismus ihn von ihr weg gestoßen hatte. Er gibt ihr gu erkennen, daß er wohl gewußt hatte, daß sie und die Kinder heimlich ein anderes Leben hinter seinem Rücken führten, daß nur er der Milde, der Duldende war, daß sie ihn mit ihren kleinen Heimlichkeiten und Betrügereien nicht schonten, wie sie wälKen, sondern nur wehe taten. Sie hatten ihn ja aus ihrem Kreis hinausgestoßen — in die Einsamkeit, lieber Nacht geht Arvik dann aus dem Hause. Und nun erkennen sie alle, was sie an ihm verloren haben. Ueber Frau Arvik kommt wieder die alte Jugendliebe, die sie eingesargt hatte. Und sie fängt an zu weinen. Aber die Trauer ver fliegt; Arvik ist gar nicht mit Alvilde für immer abgereist. Tiefere Erkenntnis treibt ihn zu seiner Familie zurück; und nun erst, nach den reinigenden Explosionen, wird ein neues Glück den Alternden und seine ergrauende Gattin umfangen. Daß ein paar Schwanktricks (wie das Ehebett, das am Schluffe über die Bühne getragen wird) in das literarisch hochkarätige Wesen des Stückes hineinplatzen, raubt seiner Anmut keine Nuance. Leicht und sonnig schwebt das ganze Spiel dahin. * Man möchte sagen, daß ein transzendentaler Schimmer auf den Wellen des dramatischen Ge schehens liegt. Und dieier kommt am Ende von der Sonne einer großen, beruhigenden Erkenntnis, die über der Summe der kleinen reflektorischen Mensch- lichkeiten schwebt, die dort auf der Bühne so lebendig und sprühend ineinandergreifen. In den seelischen Landschaften blitzen so viele Ahnungen auf: be deutsame Lichter, deren heitere Reihen jenen be rückende Perspekttren von sanfter Tiefe schenken. Wenn der junge Wein blüht, gärt es im alten: Jugend und Altersreife, das Feuer der Sinnlichkeit schmilzt die Kontraste zusammen. Ein Lebensgedicht blüht aus, selbstverständlich, triebhaft wie eine Blume, und das innere Zusammenspiel ist zärtliche Musik ge worden. Ja. man kann dieses reife Lustspiel mit seinem frischen, pulsenden, ironisch getönten Dialog, dessen leuchtende Atmosphäre die Banalitäten täglicher Er eignisse mit dem Hauch einer fast unmateriellen Schönheit übergoldet, nicht genug loben. Was wir heute von einem Lustspiel verlangen, hier ist es voll kommen Erfüllung geworden: die Komödie als lust volle psychologische Wirkung. Die Gestalten sind in eine leichte Problematik gespannt, aber aus den un auffällig retouchierten Hintergründen des Ernstes löst sich bald wieder das Spiel in kluger, liebenswürdiger Heiterkeit, mit seinen berückend sinnlichen, lebens freudigen Themen. . . Die Aufführung im Alten Theater war im ganzen recht gut. Nur hätte der Regisseur in der Aufspürung des Gesamttones der Komödie, der seelischen Schwin gungen in der Handlung ein wenig sensibler sein können — auch wenn man davon absieht, daß die Lektüre eines solchen Stückes immer einen idealeren Eindruck hinterläßt, als die Vorstellung. Ich selbst kann mir wenigstens noch einige Verfeinerungen in der szenischen Wiedergabe denken. Trotzdem kippte die Ausführung durchaus nicht in den Schwank charakter um. Herrn Walter scheint der Arvik nicht zu liegen. Es bleibt nur anzuerkennen, daß er sich um ein abgedämpftes Spiel bemühte. Mit der leichteren Rolle des Propstes fand sich Herr Decarli gut ab. Auch der verbissen-brutale Karl Tönning des Herrn Woerz ist zu loben. Fräulein Schippang gab die Rolle der Frau Arvik hinreichend charakteri stisch. Ebenso war die Alvilde bei Frau Monnard bestens aufgehoben. Zum Schluß seien noch die Damen Fuchs, Braungardt und Tolly er wähnt. die als Ärviks Töchter vorzüglich waren. Das Publikum amüsierte sich sichtlich und avplaudierte lebhaft. ^Vatter Lesironck. Die TSryerin -es Rokokos. Zum 200. Geburtstag der Camargo, 15. April. Die Camargo ist noch heute, nach 200 Jahren, der unvergessene Stern in der Tanzkunst des Rokokos; die leichterregte, blühende Grazie dieser Zeit, die Ele ganz einer höchsten Körperkultur und die wilde Lei denschaft einer entfesselten Phantasie finden in ihrer blendenden, hinreißenden Kunst den stärksten Aus druck. Ihre Schönheit und ihre Grazie wurden sprich wörtlich. „Nicht so herrlich ist dieser alte Zvpern- wein, als dein Nacken, große Camargo!" so ruft der Marquis eines Verlaineschen Gedichtes aus, den un endlichen Preis ihrer Reize wiederholend, der in der Dichtung ihrer Zeit überall erschallte. Aber noch mehr hat die bildende Kunst für die Unsterblichkeit der Camargo getan. Die besten Künstler der fran zösischen Rokokokunst haben sie gemalt und gezeichnet; die schönsten Bilder aber hat Lancret von ihr ge schaffen. Dem Besucher der französischen Ausstellung in Berlin wird eine dieser wundervollen Darstellun gen von Lancrets Meisterhand unvergessen bleiben. Mit einem ihrer gefeierten Menllettschritte schwebt die Tänzerin heran, auftauchend aus dem koketten Nahmen einer galanten Fest- und Landschaftsszenerie, während Musikanten und andere Tänzer im Hinter grund die Begleitung angeben; kaum den Boden be rührend mit ihren absatzlosen Schuhen, leise um haucht von der farbigen Seidenwolke des nach- ftatternden Reifrocks. Der hinter ihr erscheinende Tänzer läßt in vollem Echo den Akkord ihrer Be wegungen wciterklingen. Aus dem wogig weiten, von Blumengirlanden umrahmten hellseidigen Rock, unter dem das starke Rot des Untergcwandes vor leuchtet, blüht die enge, schlanke Korsage hervor und geht über in die vollen, reichen Fleijchtöne des run den Ausschnitts, über dem sich wie eine holde Zauber blüte das feine Köpfchen wiegt. Bunte Bänder, zarte Schleifen, kleine Sträußchen überschütten Haar und Schulter und Aermel mit blitzenden Lichtern, die wie Edelsteine aufleuchten. Die graziös gebreiteten, den Rhythmus des Tanzes zart akzentuierenden Arme sind von den Ellenbogen an frei; die kleinen vollen Hände schließen sich ganz wenig zu einer runden, eine Umarmung andeutenden Gebärde. Sie erfüllen die Forderung ihres TanHmcisters Duprö: „Es genügt nicht, nur mit den Bernen gut zu tanzen, man muß auch mit den Armen zu tanzen verstehen." Marie-Anne Cuppi de Camargo wurde als Toch ter eines Musikers am 15. April 1710 zu Brüssel ge boren. Ihr Großvater war ein französischer Edel mann gewesen, der in kaiserlichen Diensten in Flan dern gekämpft hatte und dort eine Heirat mit einem spanischen Edelfräulein aus der Familie der Camargo eingcaangen war. Ihr Onkel bekleidete noch eine hohe Stellung am spanischen Inquisitionsaericht und verbrannte Hexen und Ketzer. Von der düster lodern den Glut des Fanatismus lebte auch etwas fort in der Kunst der Tänzerin, aber diese schwüle Leiden schaft war verklärt und geläutert durch die göttliche Heiterkeit gallischer Lebenslust. So strömte der be täubende Duft ihrer Raffe, „schäumender Wein der Champagne, in einem alten Kelchglas glühend", in ihre Kunst über und beseelte sie zu einer wunder samen Schönheit der bewegten Körperform. Am 5. Mai 1726 trat sie, nachdem sie schon mit zehn Jahren am Brüsseler Hofe vor der Prinzessin von Lign« und anderen großen Damen getanzt hatte und von ihnen verhätschelt worden war, zum erstenmal an der Pariser Oper auf und errang einen „rasenden Erfolg". Ihre Lehrerin, Franeoise Pr-vost, selbst eine berühmte Tänzerin, wurde eifersüchtig auf di« vielversprechende Elevin und wollt« sie nach dem ersten über alles Erwarten geglückten Debüt möglichst in den Reihen der Tänzerinnen verstecken. Doch die Camargo wußte sich mit einem kühnen Wagnis ihren Platz an erster Stelle zu sichern. „In einem Höllen- ballett, in dem sie iraendeinen kleinen llnterteufel tanzen soll, fehlt plötzlich beim Beginn seine« Solo« /reltai latincn Fra der Land sowie betre gesetze. In n i st e r p r pellation ar Reglement Grundgesetz Monarchen oierung. T ungesetzlich Grundsatz, ' trächtig gegen die ! narr vorg« Revolution geschrieben, wohl Feh die Negier rotten. (B der letzten nahmczusto jedoch der die Rcgiw erhalten » Rußland l schritte Verhäl schweren ; wohl in Duma n sein, doch i das russisc habe, was der Regie! zu erreich« Ministern Duma die Die Regie zu schmä müßten a Recht Ru leidigen. * Die des Wali v o l l st ä derAll wisse Br rung der Am 13. A mit einer abgegang * Die Sydne Resultate einen Re Partei im neuen haben wi « Eis Lackawm digt eiw für 6500 eine Erl 1500 Wc UNI 0 B lunqen diehen, Hoffnun »hren L sofern e wurf weiter « sächsische nicht di tung ferner rung freilich zu recht Inhalt Dumou Sofort trieben Pas dc folge a und Sc Pröoos bekann verschi« hatte." Ra! reißen! Parise nichts von i! hallte wider, ein Z guten Bizari Unter! 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