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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.04.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-04-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100415013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910041501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910041501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-04
- Tag 1910-04-15
-
Monat
1910-04
-
Jahr
1910
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Leimiger Tageblatt s. veNayr. Freltsg, IS. llprU 1910. Nr. 103. 104. Islirysny. VeuMer Reichstag. 82. Eitzun g. Stimmungsdilü. Berlin, 14. April. (Priv.-Tel.) Der Reichstag nahm heute leine Beratungen b<- reit» um 12 Uhr auf. Die Interpellation der Nationalliberalen wegen des Mül- Heimer Eisenbahnunglücks wird der Reichskanzler, wie Unterstaatssekretär Richter er klärte, in der zweiten Hälfte der nächsten Woche beantworten. Die Beratung des Gesetzentwurfs üb-r die Zuständigkeit des Reichsgerichts wird dann fortgesetzt. Als erster Redner -richt der Landgerichtsdirektor Dr. Heinze (Natl. , der für seine Freunde den Wunsch nach baldiger Entlastung de» Reichsgerichts äußert, über deren Notwendigkeit sich alle Parteien einig seien. Den Gesetzentwurf der Regierung unterwirft er einer ebenso eingehen den, wie zutreffenden Kritik und zieht auch die von anderer Seite gemachten Vorschläge in den Kreis seiner Betrachtungen. Aus Gründen der Rechts, «inheit spricht er gegen die Vermehrung der Senate. Gegen die Einschränkung der mündlichen Verhandlung setzt sich der Redner entschieden zur Wehr. Gerade auf ihr beruhe das Vertrauen des Volkes in unserer Rechtspflege, und wenn in bestimmten Fällen an Stelle des Reichsgerichts das Oberlandesgericht der Einzelstaaten treten solle, so befürchtet er einen Zwie spalt in der Rechtsprechung der verschiedenen Landes teile. Das Reichsgericht solle aber ein Hort der Ern. heit des Reiches sein, darum können die Rationul- liberalen dem Difsormitätsprinzip in der Un bedingtheit der Vorlage nicht zustimmen. Der Redner spricht sich schließlich für eingehende Kom missionsberatung aus. Eine allgemeine Flucht der Abgeordneten entsteht, als der Sozialdemokrat Stadthagen aus die Tribüne eilt. Die Furcht ist unbegründet. Er faßt sich kurz und hält seine Kritik ganz im Rahmen des Vorredners, nur daß er den Wunsch zugibt, daß den Staatsanwälten die Anmeldung der Revision bei freisprechenden Urteilen untersagt werde. Das Dif- formitätsprinzip vermag auch vor dem Reichs« parteiler Varenhorst, dem hannoverschen Amts richter, keine Gnade zu finden, obwohl dieser sonst der Vorlage sympathisch gegenübersteht. Gegen die Ver mehrung der Senate am Reichsgericht und gegen das Disformitätsprinzip spricht auch Amtsoerichtsrar Lattmann (Wirtsch. Vgg.). Er wünscht die Schaffung von Hilfssenaten zur Aufarbeitung von Resten, hält aber die ganze Frage für noch zu un geklärt, als daß damit eine Reichstagskommisston behelligt werden könnte. Er schlägt darum vor, zu nächst eine freie Kommission aus Juristen ver schiedenster Gattung mit der Vorbereitung zu be trauen. Die Polenfrage ist der Hintergrund, aus dem sich des Posener Rechtsanwalts Seyda Rede aufbaut. Er lehnt den Entwurf a lirnins ab. Mit Entschiedenheit spricht sich Staatssekretär Dr. Lisco für Verabschiedung des Entwurfs noch vor Vertagung des Reichstages aus. Er hält eine derartige Beschleunigung der Arbeiten im Interesse des Reichsgerichts für dringend nötig. Den Bedenken gegen das Difsormitätsprinzip vermag er sich nicht änzuschließen. Den Vorschlag, Hilfssenate zu schaffen, lehnt er entschieden ab, weil dies nur eine organi- fatorische Maßnahme bedeuten würde, keineswegs aber eine wirksame Entlastung des Reichsgerichts. Im übrigen hält der Staatssekretär an dem Grund gedanken der Regierungsvorlage fest. De: sofortigen Verabschiedung des Gesetzes widerspricht der rheinische Anwalt Dahlem (Ztr.), der namens seiner kikVlärt, daß sie niemals das Dijformuä^.. prinzip akzeptieren würden. Der Rechtsanwalt am Reichsgericht Dr. Junck- Leipzig bezeichnet die Vorlage der Regierung als unannehmbar. Er macht die Regierung selbst dafür verantwortlich, wenn die Vorlage nicht mehr vor der Vertagung des Reichstages zur Verabschie dung kommt. Die Vorlage hätte dem Reichstage früher zugestellt werden können. Mit großer Sach verständigkeit, die er sich in seiner Berufstätigkeit erworben, geht Dr. Junck der Regierungsvorlage und den von anderer Seite empfohlenen Maßnahmen zu Leibe. Die Herabsetzung der Zahl der Richter an den Senaten von 7 aus 5 bezeichnet er als ein un taugliches Mittel. Das Difsormitätsprinzip sei das schlechteste Mittel, was es geben könne, um der Ueber- bürdung des Reichsgerichts entgegenzuwirken. Der Redner wünscht, daß die Regierung die Frage der Bildung von Hilfssenaten ernstlich prüft. Für die Vorlage will Dr. Junck nur den Gedanken der Rechtseinheit maßgebend sein lasten. Allezeit müsse das Reichsgericht über der Justizhoheit der Bundes staaten stehen. Das Difsormitätsprinzip würde aber dem entgegenwirken. Aus diesem Grunde lehnt der Redner die Vorlage ab. Mit dieser Rede hat sich das Interesse des Hauses an der Weiterberatung erschöpft. Noch spricht der Landgerichtsrat Dove (Vpt.) gegen die Vorlage und stellt den Antrag, die Vorlage einer Kommission von 21 Mitgliedern zu überweisen, sowie der sozialdemokratische Rechts anwalt Heine ebenfalls gegen die Vorlage und insbesondere gegen das Difsormitätsprinzip, dann geht die Vorlage an eine besondere Kommission von 21 Mitgliedern. Schließlich steht noch die erste Lesung des Deutsch - Schwedischen Handelsver trags auf der Tagesordnung. Der Vertrag soll bis zum 1. Dezember 1911 verlängert werden. Staats sekretär Dr. Delbrück empfiehlt namens der Re gierung den Entwurf. Für die Zentrumspartei er klärt Abg. Speck, daß sie trotz vieler Bedenken für die Vorlage stimmen würden. Eine abfällige Kritik an unserer Wirtschaftspolitik üben die Abgg. Göt he i n (Vpt.) und Molkenbuhr (Soz.). Graf Kanitz (Kons.) polemisiert gegen Eothein und wünscht, daß Deutschland gegenüber Schweden den starken Mann herauskehren soll, da sonst zu be fürchten sei, daß Deutschland mit Schweden nur einen Handelsvertrag erzielen würde unter Erhöhung der bestehenden Zollsätze. Einen Blick auf unsere Han delsvertragspolitik im großen wirft Abg. Paasche (Natl.). Er zeigt, daß die Deutschen immer die allzu gutmütigen gewesen seien. Sie hätten immer nur gegeben. Paasche verurteilt, daß man auch jetzt wieder mit dem Schreckgespenst des Eisenausfuhrzolls den Reichstag gefügig machen wolle. Mit einem energischen Appell an die Regierung, fernerhin nicht mehr allzu nachgiebig bei Handelsverträgen zu sein, schließt der Redner. Im gleichen Sinne sprechen sich die Abgg. Hanisch (Wirtsch. Vgg.), Erzberger (Ztr.) und Vogel (Natl.) aus, während Dahlem einen Zoll auf Pflastersteine wünjcht. Der Handels vertrag wird mit großer Mehrheit in erster und zweiter Lesung angenommen und darauf die Sitzung auf morgen vertagt. Auf der Tages ordnung der morgigen Sitzung steht die Reichswert zuwachssteuer. Sitzungsbericht. Am Bundesratstische: Unterstaatssekretär des Reichsjustizamtes Lisco. Präsident Graf v. Schwerin-Löwitz eröffnet die Sitzung nach 12(4 Uhr. — Auf der Tagesordnung steht zunächst dieJnterpellationderNatio- nilliberalen, betreffend das Mülheimer Eisenbahnunglück. Auf eine Anfrage des Präsidenten erklärt der Unterstaatssekretär im Reichsamt des Innern Richter: Der Reichskanzler ist bereit, die Interpella tion in der zweiten Hälfte der nächsten Woche zu beantworten. — Damit fällt die Ver handlung dieses Gegenstandes für heute. Das Haus setzt die Eeneraldiskussion des Gesetzentwurfs, betreffend die Zuständigkeit des Reichsgerichts, fort. Abg. Dr. Heinze (Natl.): Darüber, daß die Zivil senate überlastet sind, besteht nicht der geringste Zweifel. Die Richter dürfen nicht bis zur Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angespannt werden, sie müssen auch Zeit übrig behalten, die Erscheinungen des öffentlichen Lebens nach Möglichkeit zu verfolgen. Wie soll nun das erstrebte Ziel erreicht werden? Bei einer Vermehrung des Richterpersonals würde die Gefahr vorliegen, daß dann der oberste Zweck des Reichsgerichts, die Rechtseinheit aufrecht zu erhalten, verfehlt wird. Sieben Senate können die Rechtsein heit besser ausrechterhalten, als 9 oder 11. Es ist daher durchaus begreiflich, daß das Reichsgericht selbst vor diesem Mittel einer Vermehrung der Senate und der Plenarentscheidungen zurückschreckt. Die großen und interessantesten Fragen des bürger lichen Rechts lassen sich auch nicht nach Materien sondern. Es bleibt also für eine Entlastung des Reichsgerichts nur die Verminderung des vom Reichsgerichte zu bewältigenden Stoffes. Mit einigen vorgeschlagenen kleinen Mitteln sind wir durchaus einverstanden; nur darf das Reichsgericht in diesen Punkten nicht durch oberste Landesgerichte ersetzt werden. Unter den größeren Mitteln, die zur Abhilfe er griffen werden sollen, steht die Einführung des Difformitätsprinzips obenan. Wird dieses PtisiStp Ljngrführt, ßp, erscheint mir die Sicherung der Rechtsernheit gefährdet, und es können in den verschiedenen Landesteilen zwie spältige Entscheidungen derselben Frage eintreten. In gewißen Fällen entscheidet schon heute das Ober landesgericht Hamburg anders, als das Oberlandes gericht Dresden. Wir haben dagegen ferner Be denken, daß dann auf alle Fälle nach Präjudizien ge sucht werden wird. Aber nicht bloß die Reichs einheit kann durch dieses neue Prinzip gefährdet werden; es kann auch die Rechtseinheit innerhalb desselben Landesgebiets darunter leiden, wenn die verschiedenen Oberlandes gerichte desselben verschiedene Entscheidungen fällen. Jedenfalls muß in der Kommission ver sucht werden, wirksame Kautelen zur Ver hütung so unerwünschter Folgen des Disformitäts- prinzips zu finden. Vor der Vertagung läßt sich diese fo wichtige Vorlage nicht mehr erledigen; hoffentlich können wir sie im Herbst verabschieden. Abg. Stadthagen (Soz.): Bei den Zivilsenaten hat man das Personal des Reichsgerichts nur um einen einzigen Richter vermehrt, bei den Straf senaten ist eine Vermehrung um fast aufs Doppelte eingetreten. Sollte da nicht in erster Linie eine Verminderung der Arbeit bei den Strafsenaten ins Auge gefaßt werden? Mit dem Difsormitätsprinzip wird lediglich die Recht sprechung der Oberlandesgerichte verschlechtert, und die Rechtseinheit erheblich gefährdet. In den Reichs gerichtsentscheidungen macht sich übrigens eine zu nehmende Weltfremdheit bemerkbar, besonders in den Arbeitersachen. Wenn Sie Laien in allen Instanzen stärker heranziehen, dann werden die Revisionen ganz von selbst abnehmen. Die Reichs verwaltung täte vielleicht am besten, die Vorlage zurückzuziehen. Der richtige Weg wäre in einer anderen Vorbildung der Richter zu suchen. In die Justiz müssen Leute von Kopf hinein. Die Haupt sache ist, daß sie für die wirtschaftlichen Verhältnisse und für die soziale Struktur des Volkes Verständnis besitzen. Die Regierung saßt die ganze Sache am falschen Zipfel an und schafft so nur ein Flickwerk. Abg. Dr. Varenhorst (Rpt.): Wir sind an dieser Vorlage mitzuarbeiten gewillt und sind dafür, daß die Vorlage noch in dieser Tagung verabschiedet wird. Eine langsame Justiz ist stets eine schlechte Justiz. Zur Abhilfe dieses Uebelstandes hat die Regierung die Durchführung des sogenannten Difformitätsprin zips vorqeschlagcn, wodurch die Sachen beim Reichs gericht auf die Hälfte reduziert werden würden. Dieser Grundsatz dürfte aber in vielen Fällen ein zweischneidiges Schwert sein, weil die bei den Gerichte von ganz verschiedenen Gesichtspunkten zu demselben Resultat kommen können. Wir werden diese Frage in der Kommission eingehend.prüfen und eventuell nach einer Ergänzung dieser Bestimmung suchen müssen. Wir legen das Hauptgewicht auf eine gute Ausbildung der Richter, nicht auf eine große Zahl. (Beifall rechts.) Abg. Lattmann (Wirtsch. Vgg): Einer Ver mehrung der Zivilsenate kann ich nicht zustimmen; ich folge hier ganz der Vorlage, welche ausspricht, daß das Reichsgericht in erster Linie zur Aufrecht erhaltung der Rechtseinheit berufen ist. Für den Reichstag muß auch dieser Gesichtspunkt maßgebend sein. Dre ganze Frage erscheint mir noch nicht ganz spruchreif für die Beratung der Rcichs- tagskommission. Zunächst sollte sie durch eine freie Kommission, bestehend aus Richtern und Rechts anwälten, geprüft werden. Durchaus verwerf- l i ch erscheint das Mittel, die mündlichen Ver handlungen beim Reichsgericht zu be schränken. Nicht minder bedenklich erscheint mir die Herausschraubung der Kosten. Würde das Diffor- mitätsprinzip durchgeführt, so würde allerdings die Zahl der Revisionssachen beim Reichsgericht um 50 Proz. vermindert werden. Die bestehenden Be denken sind aber so gewichtig und bis jetzt so wenig geklärt, daß die Parteien sich hüten sollten, vorzeitig Stellung zu der Vorlage zu nehmen. Das statistische Material der Regierung genügt zur Beurteilung der Frage nicht. Ich würde vorschlagen, die Vorlage nicht der überlasteten Justizkommission, sondern einer besonderen Kommission zu überweisen. Im übrigen sind wir unsererseits gerne bereit, an diefer wichtigen, die Interessen unseres Volkes tief berühren den Frage mitzuarberten. (Beifall.) Abg. Seyda (Pole): Der Gesetzentwurf, betreffend die Zuständigkeit des Reichsgerichts, hat insofern große Bedeutung, als er anerkennt, daß der oberste Gerichtshof nicht imstande ist, seine Aufgaben ord nungsmäßig zu erfüllen. Von noch größerer Bedeu tung ist er für eine Bevölkerung, wie diepolni sch e, die alle Ursache hat, sich über eine systematische poli tische Unterdrückung zu beschweren. Dieser Teil der Bevölkerung sieht das Reichsgericht als den letzten Hort an, wo er noch Recht finden kann. Leider haben wir feststellen mästen, daß die Gerichte, auch das Reichsgericht, nicht intakt geblieben und den politischen Einflüßen nicht unzugänglich ge blieben sind. Wenn wir uns aber auch nicht mit allen seinen Entscheidungen einverstanden erklären können, so haben wir doch ein Jntereste daran, daß es imstande ist, seine Aufgabe vollkommen zu erfüllen. Die voraeschlagenen sogenannten kleinen Mittel können akzeptiert werden, weil eine Schädigung der Rechtspflege davon nicht zu befürchten ist. Dagegen sind wir entschieden gegen eine Beschränkung der mündlichen Verhandlung, weil wir diese als ein wertvolles Mittel zur erschöpfenden Er örterung der Rechtsstreitigkeiten anschen. Bezüglich des Difformitätsprinzips teilen wir alle Bedenken der Vorredner in vollem Umfange. Die gesamte Anwaltschaft im gcnuen Reich lehnt ohne Ausnahme das Difförmitäksprtnzip ab/ (Beifall bei den Polen.) Staatssekretär Lisco: Der Vorredner hob hervor, er wolle den Oberlandesgerichten keinen Vorwurf machen, aber schließlich gehen doch feine Ausfüh rungen dahin, daß die Oberlandesgerichte anders er kennen, wenn das Reichsgericht angerufen werden könnte. Die Oberlandesgerichtsräte, die ich doch auch einigermaßen kennen gelernt zu haben glaube, sind dazu viel zu pflichttreu. Auch die Bildung einer Sonderrechtsprechung ist nicht zu befürchten. Nachdem ich den ersten Redner zu dieser Vorlage ge hört hatte, bin ich mit der Hoffnung aus dem Reichs tage gegangen, daß sich die Verabschiedung der Vor lage noch vor der Vertagung ermöglichen ließe. Aber nach den heutigen Reden und sonstigen Mitteilungen scheinen einige Parteien doch nicht gewillt zu sein, in die Besprechung dieser Vorlage in der Kommission noch einzutreten. Diese Tendenz würde ich tief beklagen, namentlich im Jntereste des Reichs gerichts. In das laufende Jahr sind 3084 unerledigte Sachen aus dem vorigen Jahre mit hinüberae- »ommen, Ende März waren es 3241. Nach den bis herigen Erfahrungen werden in das Jahr 1911 3500 Sachen unerledigt mit hinübergenommen werden müsten, für die Termine sämtlich erst nach dem April 1912 anberaumt werden könnten. Ge rade diesen Gesichtspunkt möchte ich noch einmal her vorheben. Die Herabsetzung der Senatsmitglieder von 7 auf 5 kann ohne Gesetz nicht erfolgen. Ich kann nur sagen, es sind innerhalb der verbündeten Regierungen sehr viele Mittel erwogen, darunter auch eine Herabsetzung der Mitgliederzahl der Se nate. Sie ist herausgestrichen, weil man zu der lleberzeugung kam. daß sie im Grunde keine Ent lastungsmaßregel, sondern in erster Linie eine orga nisatorische Maßregel ist. Wenn wir aus den über schießenden 2 Mitgliedern jedes Senats 2 Hilfs - senate bildeten, müßten diese einen Senatspräsi denten haben; es müßten also 2 Reichsgerichtsrats stellen in Senatspräsidentenstellen um gewandelt werden, und diese Mitglieder könnten dann an den laufenden Arbeiten nicht mehr teil nehmen. Dadurch würde sich die Zahl der Erkennt nisse, die mehr geleistet werden könnten, auf die Hälfte vermindern. Im Gerichtsverfassungsgesetz haben wir die ausdrückliche Bestimmung, daß beim Reichsgericht Hilssrichter nicht beschäf tigt werden dürfen Wenn wir die Oberlandes gerichtsräte oder Landgcricht^direktoren dar» nehmen sollten, würde die Folge sein, daß bei den unteren Instanzen auch wieder Hilfskräfte einberufen werden müßten. Ich habe die feste lleberzeugung. die ver bündeten Regierungen würden auf eine Aenderung des Eerichtsverfaßungsgesetzes wegen der augen blicklichen Notlage des Reichsgerichts nicht eingehen. Es bliebe die Errichtung mehrerer Senate zur Aushilfe. Sie können versichert sein, daß die verbündeten Regierungen eine solche Errichtung nicht gutheißen würden. Wenn wir jetzt zwei Senate mehr schafften, würden wir bald darauf wieder neue Senate brauchen, und so würde es immer weitergehen. Wir können der Ueberlastung des Reichsgerichts nur so vorbeugen, daß wir den Zugang an Revisionen etwas sperren. Ich möchte dringend bitten, die Sache nichtbiszumHcrbst zu vertagen. Wir werden in wenigen Wochen zu einer Einigung kommen. Bei der Erhöhung der Revisionsfumme haben wir einen horizontalen Strich gemacht, durch das Difsormitätsprinzip wird jetzt ein vertikaler Strich gezogen. Den Vorwurf, daß die verbündeten Regierungen nicht dazu bei getragen hätten, das Ansehen des Reichsgerichts zu erhöhen, muß ich entschieden zurückweisen. Hat Herr Ablaß nicht gehört, wie auch mein Ämtsvorgänger stets um die Hebung des Ansehens des Reichsgerichts bemüht gewesen ist? Ich bitte nochmals aufs drin gendste, die Vorlage nicht bis zum Herbst zu vertagen. Abg. Dahlem (Ztr.): Die Sache muß doch gründ lich überlegt werden, und die Zwischenzeit von eini gen Monaten kann daher keine Rolle spielen. Daß mit einer Herabsetzung der Senatsmitgliederzahl von 7 auf 5 nichts gewonnen wäre, kann ich nicht emscheck. Die Vorlage erschüttert zweifellos durch das Diffor- mitätätspnnzip die Aufgabe des. Reichsgerichts, das materielle und formelle Recht zu wahren, in erheb lichem Maße. Selbst auf die Gefahr hin, daß sich llnzuträglichkeiten einstellen, müßen wir die Zahl der Richter eventuell vermehren, um die Justiz des Reichsgerichts prompter zu gestalten und seine Entscheidungen rascher erfolgen zu laßen. Eine Vorlage dieses Inhalts würde, wenn sie vom Bundesrate käme, in wenigen Tagen vom Reichs tage verabschiedet sein. Abg. Dr. Junck-Leipzig (Natl^: Im Gegensatz zu den meisten Rednern aus dem Hause kann ich dem Staatssekretär in vielen Punkten zustimmen. So hätte es gar keinen Zweck, die Mitglieder zahl der Senate von 7 auf 5 zu vermin dern. Der Staatssekretär sprach dann von der Pflichttreue der Oberlandesgerichte. Ich zweifle nicht daran; aber solche Fragen können nicht mit sitt lichem Pathos erledigt werden. Es ist rein mensch lich, daß man sich bemüht, die Sache so schnell wie möglich zum definitiven Ende zu führen. Man soll einer solchen Versuchung die Oberlandesgerichte nicht aussetzen. Das wäre aber geschehen, so gewiß es auch ist, daß man an die Absicht oder auch nur das Be wußtsein einer wissentlichen Rechtsbeugung nicht denken darf. Die absoluten Zahlen dürfen auch nicht unbedingt zugrunde gelegt werden. Nach der Dur ch- schnittsberechnung bleiben nur wenige hu ndertSachenim Jahre unerledigt. Wn einziger Senat würde hier Abhilfe schaffen können. In dieser Richtung sollte das Notgesetz vpr- gelegt werden. Der Seniorenkonvent hat sich schlüssig gemacht, die Vorlage nicht mehr vor der Vertagung zu erledigen. Dagegen hat sich der Staatssekretär ge wandt, und auch ich bin der Meinung, es wäre nicht unmöglich, sie noch zu verabschieden; aber schuld daran, daß die Sache nicht früher aus der Voß- straße hierher gelangte, ist nicht der Reichstag. Wir haben die Vorlage er st kurz vor den O st ei ferten erhalten. Treten wir erst im Herbst in die Beratung ein, so wird die Vorlage nicht vor Frühjahr 1911 fertig sein; dann werden aver dre Termine am Reichsgericht schon bis zum 1. Oktober 1912, also auf 2(^ Jahre hinaus, belegt sein. Schon heute verlangen ganz unabhängig hiervon die unhalt bar gewordenen Verhältnisse am Reichsgericht un bedingte und schleunigste Abhilfe. Für das Dif formitätsprinzip hat sich kein einziger Redner ausgesprochen; ebenso hat die Reihe an derer vorgeschlagener Abhilfemittel einstimmige Ab lehnung erfahren. So, wie sic ist, wird also die Vor lage keinesfalls angenommen werden. Es müßen Hilfssenate gebildet werden trotz der Bedenken des Staatssekretärs; der Reichskanzler muß durch ein Gesetz eine bezügliche Ermächtigung erhalten. Warum sollen nicht die Oberlandesgerichtsräte als Hilfsrichter an das Reichsgericht berufen werden können? In welcher Absicht seiner zeit das Reichsgericht geschaffen worden ist. ist für uns, die wir jetzt leben, ganz gleichgültig. Es kommt darauf an, daß es seinen Zweck erfüllt. Die Wah rung der Nechtseinheit kann doch nicht auf Kosten der Rechtsuchenden erfolgen. Die Wahrheit liegt, wie immer, in der Mitte. Von diesem Standpunrre ist es ein Fehlgriff, wenn dem Reichsgericht bei Feststellung desTatbestandesin den Arm gefallen werden soll. Gerade hierin hat stets ein Glanzpunkt in der Rechtsprechung des Reichsgerichts gelegen. Richt die Findung des formellen Rechts, sondern die Findung der Unterlage dafür ist die vornehmste Aufgabe des Kax-8eife.srlVumpk! Va8 die aus Nübnerei bereitete tzszr-Leike (veutsclies keicbspatent blo. 112 456 und 122 354) Im Oe- draucbe weit anxenekmer und kür die Haut weit nütrlicber ist, als die bibber von ltinen benutzten Zeiten, davon wird Zie der erste Versucb überreuxen. Zclion bei der ersten Wascstunx werden Zie bemerken, ds8 k«zr-8eike einen Zckaum ab^ibt, wie keine andere Zeile, einen Zckaum von Kostlicker ^eickkeit und xsnr eiZenartixer Konsistenr, welcker die blaut rein, trisck und xesckmeidiL mactit. Vies ist die V^irkun§ der in der Kay-Zeile entkaltenen xroken l^enxen von irisckem Liweiö und votier, welcke bekanntlick seit vielen lakrkunderten als das beste Ettel rur Lrrielunx einer scliönen und gesunden blaut gelten. Zäumen Zie nickt, Leite in Oebrauck ru nebmen. Zie werden von der wokltätixen V^irkun^ entrückt sein. Preis pro Ltück 50 Pi. i-sy-1-uxus-Leike vro Ztück E 1.—. Lleernter Karton ä 4 Ztück E 3.80. veberall erkaltlick.
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