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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.04.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-04-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191004102
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19100410
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19100410
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-04
- Tag 1910-04-10
-
Monat
1910-04
-
Jahr
1910
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Ämtsvkatt äss Aales und des Volizeiornles der Lladt Leipzig. Äuzeignt« Preis fchk Jcherate au« Leipzig und Umgebung dch «gespaltene bk) nun breit, Petitzeile 2b dt» 74 nun breit« »eklamezeile I von air«wärt1 UV llieNamen t.20 Juferatr van Behbrden 'm amtlichen Teil dt« 74 mw breit» Prtitzeil« 40 «efchäfttanzeigen mtt Platzoorlchristen und tu der Sbodaulaad« im Preis« erhähr. Rabatt nach Tarif. Veilagegebihr ü p. lausend rxkl. Postgebühr. flestrrtrNt» «nfttLge können nicht zurück gezogen werden. Für da» Erscheinen an bestimmten lagen und Plasten wird kein« Laranti« übernommen. «neigen-Annahme; Lagustu-platz 8, hei sämtliche» Filialen u. allen Annoncen- Llpeditionen de« I«. and «Utlande«. Haupt-Filiale verliui larl Lunker. Herzog!. Bahr. Hofbuch handlung, Lützowstiahe 10. (leievhan Vl, Nr. 4MÄ). Haupt-Ftliale Dretden: Sustrahe a, t (Telephon 4S21). Nr. 98. Sonmsy, üen lo. LlprU lSlo. 104. Jahrgang. Das Wiälliglte. * In Jerusalem fand am Sonnabend in Gegenwart des Prinzen und der Prinzessin Eitel Friedrich die feierliche Einweihung der Kaiserin-Augu st «-Viktoria-Stiftung auf dem Oelberg statt. (S. d. des. Art.) * Am heutigen Sonntag finden in Berlin und in verschiedenen Großstädten Preußens Wahlrechtsprote st Versammlungen un ter freiem Himmel statt. (S. Dtschs. R.) * Der Deutsche Arbeitgeberbund für das Baugewerbe hat eine Erklärung zur Rechtfertigung seiner Haltung erlassen. (S. d. bes. Art.) * Wie verlautet, hat der Deutsche Arbeit geberbund 3 Millionen Mark zur Durch führung des Kampfes im Baugewerbe bereit gestellt. Die Arbeitnehmerorganisationen verfügen über etwa 12—15 Millionen Mark. (S. d. Les. Art.) * Die streikenden Seeleute in Mar seille baten den Präfekten, den Boden für eine Verständigung vorzubereiten, was dieser jedoch ablehnte, ehe nicht die Seeleute auf ihre Schiffe zurückgekehrt wären. (S. Ausl.) von einem toten BlockprSliüenten. Der bewährte und mit Recht so sehr beliebte gut-jesuitische Grundsatz si teoisti nega hat, dem Gesetz der Entwicklung folgend, auch eine Meta morphose erfahren. Der Grund bleibt natürlich stehen: Wenn du es getan hast, streite es ab. Aber streite es nicht nur ab, sondern behaupte das, was du getan hast, von deinem Gegner, lautet die moderne Ergänzung des Sprüchleins. Die „Kölnische Volkszeitung" hat wohl dieser Tage besonderen Reiz darin gefunden, ihre ein wandfreie Gesinnung zu bezeugen und dabei zugleich ihre Modernität zu dokumentieren. Sie bringt also einen langen Leitartikel über die Führung der Präsidialgeschäfte im Reichstage, worin sie die Berechtigung aller Klagen über den Mangel an Objektivität im Präsidium der neuen Zentrumsaera glatt bestreitet und nun ihrerseits dieselben Klagen gegen das verflossene Blockpräsidium erhebt. Dazu gehört natürlich der ganze Gleichmut einer schönen Seele, die im Weihegefühl des hohen Zentrumszweckes über die Mittel keine Skrupel empfindet. Es ist nötig, in die Details hineinzusteigen, um den Ilebermut des Zentrumsorgans, wie auch die stellenweise groteske Komik der Beweis führung zu erkennen. Die „Kölnische Volks zeitung" wagt sich sogar an den Fall Oldenburg heran, wobei sie charakteristischerweise Herrn o. Oldenburg überaus zart anfaßt. Sie erklärt: Herr v. Oldenburg habe mit seinem Diktum, drei Abgeordnete der Linken hätten in persön lichen Sachen keinen Ehrenstandpunkt, nur sagen wollen, sie ständen nicht auf dem Duellstand punkt, und das sei noch nichts die Ehre Ab schneidendes. Herr Spahn habe deshalb ganz recht gehabt, daß er zunächst keinen Ordnungs ruf erteilt habe, und erst als Herr v. Olden burg Unterlasten habe, gegen den Vorwurf zu protestieren, er habe den drei Abgeordneten die persönliche Ehre überhaupt absprechen wollen, sei der präsidierende Herr Spahn zu dem Ent schluß gekommen, Herrn v. Oldenburg zur Ordnung zu rufen. Man mutz staunen über den Auf wand an Scharfsinn und Jnterpretationskunst, der hier an eine verlorene Sache vergeudet wird. Herr Spahn hat sich einfach dem Sturm im Plenum beugen müssen und notgedrungen den Ordnungsruf nachträglich erteilt. Mit diesem Vorgang die Unterlassung einer Olden- burgschen Interpretation in kausalen Zusammen hang zu bringen, blieb dem erleuchteten Poli tiker der „Kölnischen Volkszeitung" vorbehalten. Auf die übrigen positiven Vorwürfe gegen die Geschäftsführung der Herren Dr. Spahn und Erbprinz zu Hohenlohe geht das Blatt kluger weise nicht ein. Es bestreitet einfach en dloe alles, was Herrn Spahn vorgeworfen wird, damit also auch die Auffälligkeiten der Zu sammenstellung der Rednerlisten, die eines Tages bei einer Interpellation allem Brauche zuwider zwei Zentrumsabgeordnete sprechen ließen, ehe noch alle Parteien zu Worte gekommen waren. Und über die Geschäfts führung des Erbprinzen zu Hohenlohe, der es vermied, Herrn v. Oldenburg zur Ordnung zu rufen, als dieser die schöne Geschichte von dem Leutnant und zehn Mann erzählte, geht die „Kölnische Volkszeitung" christlich milde hinweg, indem sie erklärt: „Erst war der Erbprinz zu Hohenlohe das Karnickel, jetzt geht's gegen Herrn Spahn, und bald wird auch Graf Schwerin an die Reihe kommen." Soweit also die Nutzanwendung des Leit satzes si teoisti uega Nun aber kommt die Ent wickelung dieser Ethik nach der positiven Seite. Es folgen Angriffe auf die verflossenen Präsi denten Paasche und Kaempf, denen Hilflosigkeit und andere Dinge nachgesagt werden. Alles ganz brav und tüchtig. Aber der Eifer des ultramontanen Politikers hat ihn hier verführt, noch einen Schritt weiter zu gehen, und mit diesem Schritt fängt die Komödie an. Die „Kölnische Volkszeitung" attackiert nämlich auch den verstorbenen Präsidenten Grafen v. Stol berg und merkt in ihrer Rage gar nicht, daß sie damit ihre neuen Blockfreunde aufs tiefste be leidigen muß. Sie greift den Grafen Stolberg an, weil sie ihn im Gedächtnis hat als den Präsidenten der Blockperiode, scheint aber ganz vergessen zu haben, daß dieser selbe Blockpräsi dent auch noch amtierte, als der alte Bülow- Block längst gesprengt war, als bereits der neue schwarz-blaue Block den Reichstag majorisierte. Graf Stolberg war der Sünden voll. Er hat die Glocke „bei jeder paffenden und unpassenden Gelegenheit" geschwungen, hat „die Abgeord neten angefahren," hat „schallende Heiterkeit" erweckt, was der Würde des Reichstags und des Präsidiums wenig entsprochen hat. Aber das Aergste kommt noch: „In der Blockzeit konnten zum ersten Male Klagen auftauchen, als sei die Stellung des Präsidiums nicht allen Parteien gegenüber die gleich objektive." Man klagte über Bevorzugung bei Feststellung der Redner listen (siehe oben den Fall Spahn, in dem Herr Gröber als zweiter Zentrumsredner die Liste vor der Zeit verschönte). So also urteilt die „Kölnische Volkszeitung" über den Vertrauens mann des ganzen Reichstags, den Vertrauens mann ihrer konservativen Blockfreunde im be sonderen, denen wir diese bittere Pille allerdings mit Vergnügen gönnen. Das soll uns aber nicht abhalren, aus eigener und genauer Kenntnis der Eeschäftsfühnung des verstorbenen konserva tiven Präsidenten dem wenig anmutigen Ge baren der „Kölnischen Volkszeitung" entgegen zutreten. Graf Stolberg war gewiß kein ge wandter Präsident, es ist sogar richtig, daß manche seiner kleinen Mißverständnisse Heiter keit im Hause erweckt haben. Aber im höheren Sinne war er ein ganz ausgezeichneter Geschäfts leiter, denn ihm wohnte ein unbestechlicher Gerechtigkeitssinn und eine persönliche Tapfer keit inne, die viel mehr wert waren als die zweifellos überlegene Geschicklichkeit und Kniff- lichkeit des Grafen Ballestrem. Abgesehen von einigen ungeschickten Ausfällen des Grafen Stolberg im Anfang seiner Geschäftsführung gegenüber der äußersten Linken hat dieser Präsident nie auch nur den Anschein er weckt, als siänden ihm alle Parteien des Hauses nicht gleich nahe oder gleich fern. Selbst die einzelnen Mißgriffen entsprungene Heiterkeit, der sich der Präsident meist sehr bald anschloß, ist ein Beweis für das große Vertrauen des ganzen Hauses, das diese kleinen Schönheitsfehler nie tragisch nahm, weil es eben wußte, daß dem lauteren Charakter des Präsidenten jede verletzende oder benachteili gende Absicht fernlag. Da die Konservativen in diesen Tagen ihrer Zentrumsliebe vielleicht nicht Zeit und Gelegen heit finden werden, ihren verstorbenen Präsi denten vor den Herabsetzungen und Anschwär zungen der verbündeten Ultramontanen zu schützen, halten wir es für eine Anstandspflicht der Liberalen, diese Ehrenrettung vorzunehmen. DeutMe Festtage in palMna. I. Jerusalem, Anfang April 1910. Im kommenden Oktober werden es zwölf Jahre, seit Kaiser Wilhelm und Kaiserin Auguste Viktoria durch ihre Anwesenheit in Jerusalem und Palästina dem deutschen Gefühlsleben neue Wege nach ven vom Zauber der weihevollsten Romantik umwobenen Stätten wiesen, die für alles christliche Empfinden auf immerdar das heilige Land bleiben werden. Langgehegten Hoffnungen wurden damals unter dem Schube des Kaisers und der Kaiserin die Wege zur Erfüllung eröffnet, die jetzt, nach mehr als 11 Jahren, die rastlose und unerschütterliche Tatkraft der be rufenen deutschen Kreise an ein für das ganze deutsch: Volk vor aller Welt würdiges, hochgemutes Ziel ge führt haben. In den ersten Novembertagen 1898, un mittelbar nach der Einweihung der Erlöserkirche in Jerusalem, empfingen Kaiser und Kaiserin in ihrem Zeltlager angesichts des Oelberges eine Deputation, die darum bat, für die deutschen Bewohner Palästinas ein Erholungsheim mit Eemeindesälen auf dem Oel- berge zu errichten. Der Kaiser erteilte eine zusagende Antwort, und der Auguste - Viktoria - Pfingsthaus- Stiftung in Potsdam wurden alsbald die zur Aus führung des Planes erforderlichen Arbeiten über tragen. Trotz mancherlei widriger Umstände gelang es, zum Schlüffe des Jahres 1909 die Gebäude der Kaiserin - Auguste - Viktoria - Stiftung fast vollstän dig unter Dach zu bringen, so daß sich jetzt den Fest gästen ein fertiges Bild bietet, das nur in unter geordneten Einzelheiten noch weiterer Ausführung bedarf Fast gleichzeitig wurde die katholische Kirche Mariä Heimgang auf dem Berge Zion fertiggestellt, auf jenem Grundstücke der Dormitio Sanctae Vir- ginis, von dem der Kaiser am 31. Oktober 1898 auf Grund der Schenkung des Sultans unter dem Jubel aller Katholiken deutscher Zunge Besitz ergriffen hatte, und das er damals dem deutschen Katholischen Vereine vom hejligen Lande zur freien Nutznießung im Interesse der deutschen Katholiken überwies. Alle Bemühungen der katholischen Kirche, diese durch die Ueberlieferung heilige Stätte des Heimgangs Mariä zu erwerben, waren bi« dahin vergeblich gewesen. In dem Augenblicke, wo das Deutsche Reich den Schutz er deutschen Katholiken auch im Orient, abweichend non verjährten geschichtlichen Gewohnheiten, in Anspruch nahm, bot der Deutsche Kaiser seinen katho lischen Untertanen ein Geschenk, das sie und mit ihnen ihre Glaubensgenossen außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches bisher vergeblich umwarben. Die neue katholische Kirche auf dem Berge Zion er hält ihre Weihe am Sonntag, den 10. April, während die Kaiserin - Auguste - Viktoria - Stiftung bereits am Tage vorher dem Herrenmeister des Johanniter- Ordens, Prinzen Eitel Friedrich, der zugleich als Vertreter seines kaiserlichen Vaters mit seiner Ge mahlin erscheint, übergeben wird. Beinahe zweitausend Festgäste deutscher Zunge, nicht nur aus dem Deutschen Reiche, auch aus Oester reich und der Schweiz, sind zu dieser Weihefeier, die beiden deutschen Bekenntnissen in gleichem Maße ge recht wird, herbeigeeilt. Auf Schiffen des Norddeut schen Lloyd, des Oesterreichischen Lloyd und auf einem transatlantischen Dampfer holländischer Flagge sind sie zum Teile direkt über Jaffa, zum Teile nach einem kürzeren oder längeren Aufenthalt in Aegypten hier , eingetroffen. Die Verwaltung der protestantischen Oelberg-Stiftung hat mit dem Oesterreichischen Lloyd ein Abkommen getroffen, auf Grund dessen die „Amphitrite" am 31. März von Triest vollbesetzt mit Festteilnehmern nach Jaffa auslief. Ebenso hat der Deutsche Verein vom heiligen Lande für die katho lischen Pilger vorgesorgt, denen der holländische Dampfer „Statendam", am 22. März von Rotterdam auslaufend, zur Verfügung stand. Natürlich ist über alle Unterkunft in Jerusalem, nicht nur über die jenige in den Hotels, sondern auch über die in den Hospizen, seit langem Bestimmung getroffen, und die Nachzügler müssen sich in einer Stadt, deren Einrich tungen dem jährlich wachsenden Zuzugc von Fremden in solchen Ausnahmetagen nicht mehr zu genügen vermögen, auf manche Improvisation gefaßt machen. Mit dem Prinzen und der Prinzessin Eitel Friedrich und ihrem Gefolge traf auch der Kaiserliche Bot schafter in Konstantinopel, Freiherr von Marschall, hier ein, während der Oberyofmeister der Kaiserin, Freiherr von Mirbach, schon seit einiger Zeit hier weilt, um überall noch persönlich die letzte Hand mit anzulegen und die abschließenden Arbeiten möglichst zu fördern. Neben dem Kuratorium für die Oelberg- Stiftung, dem auch Mitglieder der Ballei Branden burg des Johanniter-Ordens angehören, beteiligen sich Vertreter des protestantischen Kirchenwesens aus dem ganzen Reiche, sowohl Mitglieder der Kirchen behörden, als der Gemeinden, an den kommenden Festen, darunter nicht wenige, die im Oktober 1898 die unvergeßlichen, weit in den Orient nachwirkenden Eindrücke miterlebt hatten, die die Anwesenheit des Kaisers und der Kaiserin damals im heiligen Lande bei der ganzen Bevölkerung, ohne Unterschied des Be kenntnisses und der Abstammung, heroorrtef. Natür lich wendet sich diesmal die Aufmerksamkeit der Ein geborenen in erster Reihe dem Kaisersohne und seiner Gemahlin zu, es ist aber bereits allgemein bekannt, daß auch zwei süddeutsche Fürstlichkeiten, die Prinzen Georg und Konrad von Bayern, sich dem Pilgerzuge angeschloffen haben. Die katholischen Festteilnehmer, darunter der Bischof von Ermland, verschiedene Weihbischöfe, der Bischof von Chur (Schweiz), stehen unter der Führung des Fürsten und Altgrafen zu Salm-Reifferscheidt-Dyck. In persönlicher Hinsicht wird es aljo auch diesmal nicht an den für die Orien talen so sehr maßgebenden äußerlichen Eindrücken fehlen Wie steht es aber mit den Stätten der bevorstehen den Feierlichkeiten? Mißgünstige ausländische Stim men haben sich auch diesen Anlaß nickt entgehen lasten, um deutsches Wesen und deutsches Können und Streben anzugreifen. Und da es sich weder um Poli tik, noch auch um rein materielle Interessen handelte, jo griff man den deutschen Kuchtgeschmack an, der seine Aufgabe in Jerusalem völlig verfehlt und den t herzlichen Sympathiekundgebungen die dem mehr al» halbstündigen Wege. Dir begleitete m Auffahrt au . „ Mehrzahl der Gäste begab sich sogleich zur Himmelfahrtskirch«. Diese bildet da» Herzteil des halb eine Burg. Der erste Tag der Feierlichkeiten ist nun bereits vorüber. Von fernem Verlauf erzählt folgendes Tele gramm, besten Anfang wir bererts in einem großen Teile unserer gestrigen Abendausgabe veröffentlichen konnten. Vie Llnwelllung üer Lallerln-rluyuva- VUrmria-Sttttuny. Jerusalem, S. April. Angenehmes kühles Wetter begünstigte die heutige Einweihungsfeier. Schon von 7 Uhr früh an zogen dre Festteilnehmer aus der Stadt über sie .Kaiserstraße nach dem Oelberg. Mehr als 800 Ein. ladungen sind ergangen. Aus allen Teilen Deutsch lands sind zu der Feier Vertreter der pro- te st antischen Geistlichkeit und I o - Hanni ter eingetroffen, ebenso Vertreter der Ge meinden Palästinas und die Diakonissen von hier. Außerhalb, zwischen dem Jaffator und dem Hospiz, entwickelte sch bis gegen 9 Uhr eine lange Wagen kette. Eine dichte Volksmenge in malerischen Trachten Eindruck des Stadtbildes zerstört habe. Wer unbe fangen und durch den Augenschein die Lage prüft, wird mit lebhafter Befriedigung sich sofort über zeugen, wie unbegründet solche Behauptungen sind. Die Aufgaben, die für die Auguste-Äiktoria-Stiftung und für die Marienkirche den Architekten und Bau meistern gestellt waren, gingen sowohl in bezug auf die Bestimmung und die praktischen und künstlerischen Erfordernisse der Bauten, als auch insbesondere in bezug auf die örtlichen Voraussetzungen völlig aus einander. Die Höhe des Oelbergs, auf dem sich die Stiftungsgebäude erheben, erreicht man von der Stadt aus erst nach mehr als einer halben Stunde im flotten Trabe zurückgelegter Fahrt. Der Bauplatz er mangelte jeder Beziehung zu benachbarten Bau werken, er ist umgeben von großen Oelbaumgärten und Weingärten, mitten in dem Kalkgebirge Juda, 810 Meter über dem Meere zwischen dem Kidron- und dem Jordantale. Geschichtliche und nationale Anregungen waren unter diesen Umständen durch die Berührung mit dem gegebenen Stadtbilde so gut wie gar nicht gehemmt. Die Entwickelung des deutschen Kirchenbaües, ebenso wie diejenige der Profanbauten wies für diese besondere Aufgabe auf dre romanische Zeit der Kreuzzüge zurück, die Verbindung des neuen Werkes mit dem Zohanniterorden auf gewisse Motive des Burgenbaues, die, ohne allzu vordringlich zu werden, die Uebertragung heimatlicher Erinnerungen aus diesen geweihten Boden ermöglichten und die Kaiserpfalz rn Goslar zusammen mit dem Hildes heimer Rosenstock und dem Bamberger Dom vor Augen rufen. Dabei ist aber die morgenländische Kunst und der alt- und neutestamentliche Formen zauber durchaus nicht übersehen worden. So haben wir jetzt aus der die ganze Umgegend bis zum Toten Meere beherrschenden Höhe ein langgestrecktes, vier eckiges Kastell vor uns, das mit drei Wohnungs flügeln und einem Palas einen zweistöckigen, offenen Kreuzgang umschließt, wie sich einstmals die alten orientalischen Karawansereien um einen schattigen Säulenhof legten. Einem solchen Bau konnte als Wegweiser für die Himmelfahrtskirche, die von da nach allen vier Weltgegenden grüßt, der gewaltige Turm gar nicht verweigert werden, der jetzt manchem Eiferer fehl am Orte scheint. Je mehr man sich in das Gesamtbild vertieft, desto mehr wrrd man Plan und Ausführung des Baues, die von dem Regie rungsbaumeister a. D. Leibnitz (von der Berliner Firma Gause) Herrühren und von dem Architekten Hoffmann als Vertreter der Oberbauleitung aus das wirksamste gefördert wurden, nach jeder Richtung ver stehen und gutheißen. In ganz anderer Lage fand sich der Erbauer der Marienkirche, Architekt Renard aus Köln. Das Grundstück der Dormition liegt unmittelbar west lich vor der sogenannten Davidsburg. Es hat eine vielgestaltige Ilmrißlinie und eine infolge des vom Sultan im Jahre 1898 erzwungenen Verkaufs nach immer stark erregte Nachbarschaft, deren persönliche Gefühle tunlichst zu schonen aller Anlaß vorlag. Es mußte diesen Leuten z. B. mit Rücksicht auf ihre reli giösen Gebräuche der freie Ausblick gegen die unter gehende Sonne von ihren Dachterrassen und Mina retts gewahrt werden. Danach waren dem ganzen Bau, der ein Gotteshaus und ein Kloster umfaßte, gewisse unüberschreitbare Grenzen gezogen und eine starke Gebundenheit an die örtlichen Verhältnisse auch für den gesamten Plan gegeben. So entstand eine Kirche, an deren Hauptraum sich sechs Nebenkapellen anschließen, mit einer durch drei Treppen zugäng lichen Krypta. Die um einen kleinen Jnnenhof ge lagerte Bibliothek und der Kapitelsaal vermitteln den llebergang von der Kirche zum Kloster. Um die Gebäude an die nahegelegene Umgebung anzupaffen, ist an dem orientalischen flachen Dach möglichst fest gehalten, so daß sich Kirche und Nebengebäude ganz ungezwungen in das ganze Landschafts- und Stadt bild einfügen, obwohl auch dieser Bau, auf der Höhe des Zion gelegen, eine repräsentative Lage ersten Ranges besitzt und der Elockenturm eine Aussicht über das Gebirge gewährt, wie sie nur an wenigen Punkten Jerusalems zu finden ist. Auch dem Er bauer der katholischen Kirche wird man also herz lichen Beifall zollen dürfen. Das deutsche Volk ist in der heiligen Stadt nunmehr durch vier achtung gebietende Bauwerke vertreten. Der Erlöserkirche hat sich die neue Auauste-Viktoria-Stiftung auf dem Oelberge angereiht, dann kommt jetzt die am kom menden Sonntag einzuweihende Kirche Mariä Heim gang und das ebenfalls von dem Kölner Architekten Renard erbaute St.-Paulus-Hospiz. Keine andere Nation hat Leistungen von auch nur annäherndem architektonischen Werte aufzuweisen. Das darf man aussprechen, ohne der Selostüberkebuna zu verfallen. Wir dürfen daher den kommenden Festtagen nach jeder Richtung wahrhaftig gehobenen Sinnes ent gegensehen.
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