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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.06.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-06-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100611023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910061102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910061102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-06
- Tag 1910-06-11
-
Monat
1910-06
-
Jahr
1910
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910. tlttarlon-ert ilt im Park mtt seine» Di« Ver- Stadt aus ugustuSPIatz le. ids 8 Uhr, nel^anger. ein voller 08 »0S2«t ;L8 »vk- lTL. rer. »ll». IVUll. in). semann. -tzaaedorn. «onien. ihoma«. Zrohaska. auve. iserrand. chtsf. rvtllon auf hr. i Direktor« «eilt. sind den. hrt). Nr. 18 iftlndcr kmstr. Mül! n donner. e statt! »essb »denken > unsrer L. von iinlv oz«zz rHaus cherei. immer 1. - »««7 aiann- itzer. »affe mlung abend» , «ra» bericht, Ichlutz, ander, bigkelt zweite ^age». eichem l de- itzungl ««»«> an» » BezugS-Preit ttir Ueiv-la und Vororr» durch uuier, trtaer und Spedtieur« 2m »I tLalich in« Hau« gedrachl - SV H monatt., 2.70 »iertelithri Lei unsern Filialen u. Bit» »ahmeftellen ao«'doll^ 7S mouatl., I.TS mertelithrl. Lurch di» Loft: > >m er duld Deuilchtaad. und der brutichen Kolonien »tertelitdrl it.<» moimtl. t^k« uullchl. Polidestcllnkld. ferner in Belgien, Dänemark, den Donaullaatrn, Italien. Luremdurg, >Vtrd«rIande, Nor wegen, veslerrrich - Ungarn. Buhland, Schweden, Schwer» u. Spanten I» allen übrigen Staaten nur direkt »urch die «elchtitllirüe »«» Blatte» -rhtlUich. Da« ve>p,ige> tagedlatt «nLe,»» 2 mal täglich Sonn- » ger^ri«« nur morgen«. Bdonne »nr-Bnnaoi»« BuguituBplatz 8, dei unirren trägen «irlraleu Spediteuren und Bnnadmellellen wwre Paltämleru und Briefträger» lingOluerrautrpret« »er Morgen» »illgad» 10 »er tlbendautgad« S -iedaktion an» Getchäfttttell« Jodannl«gaile tt grrntvrecher, 14SSL lsSLi. 14SS4 Abend-Ausgabe. "eipMer TagMM Handelszeitung. Amtsblatt des Aales und des Nolizeiamtes Ser Ltadt Leipzig. Anzeige«-Preis ttir Inserate au» ieip,i, und Umgedun, dm «gespaltene hl) min breit» Petit,eil» 25 H, di« 74 mm breite Reklame,eil« l von -utwärt« ll> 0s, Reklamen l.2l) Inserat« von Behörden 'm amtlichen Dell di« 74 mm breit« Petit^il, «0 »rschLtizan^,q«n mit P atzvorschriften und t» der Abendau»aabe >m Preise erhöht. Rabatt nach Luns. Beilagegebübr h p. Daulend exkl. Postgebühr. Hestert eilte Auirräge können mchl »urück- -e»ogen werden. Iür da- tirscheinen an bestimmten Dagen und Plätzen wird kein» Garantie übernommen. «neigen-Annahme: Bugustuöplatz 8, dei sämtlichen Filialen u. allen Bnnoncen- »rped,tionen de» gn- und Bu-Iande«. Haupt-Filtale «erttn: <«rl Duncker. Serzogl. Bahr. Hosbuch- handlung, Lützowftiahe >0. (Lelephon VI, Rr. 4M3). Haupt-Siltale Lresdea: Seeftraße 4, k (Delephoa 4S2I). Nr. lSS. Sannaden», »en >l. llunl lSlv. 104. IsttirgSNg. plliltMe Nachrichten. Zur Kandidatenfrage in Zschopau-Marienbrrg. wird uns von nationalliberaler Seite geschrieben: „Da die nationalliberale Partei ihre Verhand lungen mit den in Frage kommenden Persönlichkeiten noch nicht abgeschlossen hat, beginnt in der Presse das immer noch beliebte Rätselraten. Alle bisher gebrachten Nachrichten und Andeutungen sind aber entweder irrig oder nur Vermutungen. Wenn ins besondere von dem evangelisch-nationalen Sekreta riat für das Erzgebirge Pastor Richter als ge meinsamer bürgerlicher Kandidat empfohlen wird, der allein imstande sei, die Wahl eines Sozialdemo kraten zu verhindern, so kennzeichnet sich für jeden Kundigen dieses Loblied als eine Selbstanpreisunq des Königswalder Pastors, der, nachdem er vergeblich bei Konservativen, Reformern und Nationalliberalen angeklopft hat, nun seine Hoffnung auf Erreichung seiner ehrgeizigen Pläne auf die vaterländischen Ver eine stützt, die am Sonntag in Marienberg tagen sollen. Aber auch diese überlebten Reste der verhäng nisvollen Kartellzeit und der seligen Blockträume werden Herrn Pastor Richter eine Enttäuschung bereiten, weil eine solche Kompromiß-Kandidatur sich mit der gegenwärtigen politischen Situation durchaus nicht in Einklang bringen läßt. Daß Kon servative und Nationalliberale den Reformern einen gemeinsamen Kandidaten gegenüberstellen, ist völlig ausgeschlossen. Dagegen darf erwartet werden, daß die Nationalliberalen und die Fort schrittliche Volkspartei sich auf einen Kandidaten einigen. Die Kandidatur Rich ter ist jedenfalls für beide Parteien indisku tabel." Eine Adresse des Bundes der Jndnstriellen an Dernburg. Berlin, 11. Juni. (Prio.-Tel.) Der Vorstand des Bundes der Industriellen beschloß in seiner heutigen Sitzung an den Staatssekretär a. D. Dern. bürg eine Adresse zu richten, der sich auch die Vertreter der Verbände sächsischer, ibüringi- scher, schlesischer und würtemberqischer Industrieller sowie großer Fachvcrbände der deutschen Industrie anschlosscn. Die Adresse lautet: „Der Rücktritt Eurer Exzellenz vom Amte als Staatssekretär des Reichskolonialamts wird vom Bunde der Industriellen tief bedauert. Als Cw. Exzellenz vor fast 4 Jahren aus einer großen kaufmännischen Wirksamkeit zur Leitung eines Neichsamtcs berufen wurden, ist diese Berufung aus unseren Kreisen mit großen Hoffnungen begrüßt wor den. Heute gedenken wir Ihrer erfolgreichen Tätig, leit mit besonderem Danke. Durch die tat kräftige Einleitung umfassender und planvoller Eisenbahnbauten, durch die Heranziehung deutschen Kapitals und deutschen Unternehmungsgeistes haben Sie begonnen uns weitere Kolonialgebiete für die heimische Volkswirtschaft fruchtbar zu machen. Für die künftige Ver sorgung der deutschen Industrie mit kolonialen Roh stoffen, eine unserer ernstesten Aufgaben, wurden durch die amtliche Wirksamkeit Ew. Exzellenz bahnbrechenoe Schritte getan. Dafür wird Ihnen die deutsche In dustrie allezeit dankbar sein. Wir sprechen die Hoffnung aus, daß die Tatkraft und Erfahrung Ew. Exzellenz auch nach Ihrem jetzigen Ausscheiden aus dein Reichsdienste großen vaterländischen Ausgaben dienstbar bleibt." Weitere Protestkundgebungen gegen di« Enzyklika. Zahlreich besuchte evangelische Volksversammlun gen protestierten in Dresden und Augsburg gegen die Enzyklika. Zn Dresden wurde nach An sprachen von Pfarrer Dr. Költzsch, Pastor Roche und Reichstagsabg. Dr. Stresemann eine scharfe Resolu tion angenommen. Jn'Tetschen beschlossen die evangelische und die altkatholische Gemeinde, gegen die Enzyklika eine Massenprotestkundgebung, die erstere in Oesterreich, abzuhalten. Der Magistrat von Trebnitz in Schlesien sagte infolge der allge meinen Entrüstung seine Teilnahme an dem nächsten Sonntag stattfindenden Fahnenweihfest des Katholi schen Arbeitervereins ab. Die englischen Flottenmanöver. London, 11. Juni. (Telegr.) Die großen eng lischen Flottenmanöver beginnen am 4. Juli. Es werden fünf volle Geschwader und die Hälfte des sechsten Geschwaders, also ca. 300 Schrrfe, daran teilnehmen. Die Manöver sollen 25 Tage dauern. Die Zarenfamilie auf Reisen. Petersburg, 11. Juni. (Telegr.) Die Zaren familie reist, wie nunmehr feststeht, am 15. d. M. N7ch Kronstadt, wo der Zar die Befestiguugswerke eingehend besichtigen wird. Am 17. d. M. tritt die Zarenfamilie eine Seereise längs der Lftfeeküste an und wird der Einweihung de» Peter-Denkmals in Riga beiwohnen und dann Libau besichtigen. Am 19. d. M. trifft sie wieder in Peterhof ein. Der Bulgarenkönig unterwegs. Wien, 11. Juni. (Tel.) König Ferdinand von Bulgarien wird am 23. d. M. dem Präsidenten Falliöres einen Besuch abstatten und Mitte Juli dem König Viktor Emanuel von Italien. Für später ist dann ein Zubiläumsbesuch in Cetinje in Aussicht genommen, worauf im Herbst Besuche in Wien und Berlin erfolgen. Die Hebung des Pluviöse. Calais, 11. Juni. (Tel.) Die Hebungsarbeiten am Tauchboot „Pluviöse" wurden in letzter Nacht wieder energisch ausgenommen, obwohl einige Unfälle, die sich in den Abendstunden ereignet hatten, die endgültige Bergung des Bootes für heute aussichtslos erscheinen ließen. Trotzdem ist es um I'/L> Uhr nachts gelungen, unter Beobachtung großer Vorsichtsmaßnahmen, das Boot so weit zu heben, daß es in den Hafen einqeschleppt werden konnte. Um 1,40 Uhr morgens war der „Pluviöse" an der Einfahrt zum Hafen angelangt. Ein Zufall wollte es, daß in diesem Augenblick der Passagier- dampfcr „Pas de Calais", der vor 14 Tagen den „Pluviöse" in den Grund rannte, von Dover kom mend in der Hafeneinfahrt erschien. Ein Tor pedoboot wurde ihm entgegengesandt, um ein neues Unglück zu verhüten. Um 2 Uhr 45 Min. war der „Pluviöse" in der Nähe der Lan dungsbrücke angekommen. Die Flut hatte ihre volle Höhe erreicht und man wartete auf das Kom men der Ebbe. Der „Bouoinin" beleuchtete mit seinem Scheinwerfer taghell den ganzen Hafen. Die letzte um 3.10 Uhr morgens aufgegcbene Depesche be sagt, daß das Wrack des „Pluviöse" an der Landungsbrücke befestigt werden konnte. Gendarmen erwiesen dem „Pluviöse" militärische Ehren. Calais, 11. Juni. (Telegramm.) Die Bergung des „Pluviöse" machte im Laufe des Abends und in der Nacht wesentliche Fortschritte. Das Unterseeboot wurde von zwei mächtigen Schleppdampfern bis in den Vorhafen geschleppt, wo es auf den Strand gesetzt wurde. Zur Ebbezeit wird der „Pluviöse" 3 Meter aus dem Wasser herausragen. Man wird heute versuchen, den Rumpf des „Plu- oiöse" auszupumpen und das Leck zu verstopfen. Sodann wird das Wrack desinfiziert. Mehrere Lazarettbedienstete werden unter Führung eines Marinearztes die Leichen aus dem Unter seeboot bringen. Hier herrscht allgemeine Spannung. Zur Ermordung des Chefredakteurs Achmed Samin. Konstantinopel, 11. Juni. (Tel.) Die Er mordung des Chefredakteurs Achmed Sami» wird allgemein als politischer Mord ange sehen. Die Verwandten verlangten, da» Leichen begängnis solle morgen stattfinden. Die Polizei ord nete jedoch aus Furcht vor Demonstrationen die so fortige Beisetzung an. Sämtliche zu dem Hause des Ermordeten führenden Straßen sind durch einen starken Polizsikordon abgesperrt. Die von den Ver wandten zugcsperrte Haustür wurde erbrochen und der Leichnam ohne religiöse Zeremonien weggetragen und bestattet. Ties hat bei den Moham medanern einen peinlichen Eindruck gemacht. Von andrer Seite wird über diese eigentümlichen Vorgänge noch folgendes telegraphisch gemeldet: Konstantinopel, 11. Juni. (Tel.) Auf Befehl des Polizeidirektors wurde gestern der Leichnam des ermordeten Achmed Samin beschlagnahmt und beerdigt, obgleich die liberalen Deputierten die Polizeidirektion gebeten hatten, das Begräbnis aufzuschieben, da die Eltern des Ermordeten daran teilnehmen möchten. Als die Freunde die Leiche nicht ausliefcrn wollten, begab sich die Polizei in die Druckerei des Blattes „Hilal", wohin man den toten Chefredakteur geschafft hatte. Die Leiche wurde ge waltsam herausgeschleppt und durch einige Packträger nach dem Mausoleum gebracht, wo der Sarg von Polizisten, Gendarmen und einem Bataillon Infanterie umgeben wurde. Die Polizei duldete nicht, daß irgend jemand dem Sarge folgte. Die Polizei sucht nach dem Täter. An 35 Personen wurden bereits verhört und ein Teil von ihnen in Haft genommen. Mehrere Abgeordnete werden in der Kammer einen Protest gegen das Vorgehen der Polizei einbringen. Unruhen in Smyrna. Konstantinopel, 11. Juni. (Tel) Die Konsuln telegraphierten gestern aus Smyrna: Einige Läden hellenischer Untertanen wurden ausge plündert, auch griffen die Mohammedaner euro päische Geschäftshäuser an. Die Konsuln bitten die hiesigen Botschaften um Entsendung von Kriegsschiffen, da blutige Vorgänge befürchtet werden. Tsgeschrunitr. Gewitter. Berlin, 11. Juni. (Telegramm.) Der gestrige Tag scheint besonders reich an Unwettern gewesen zu sein. Aus allen Teilen des Reiches und aus dem Auslande treffen Meldungen über ver heerende Gewitter und Hagelstürme ein. Wiederum sind auch viele Menschen durch Blitzschlag getötet worden. Aus Düsseldorf wird berichtet, daß aus dem ganzen Rheinland Meldungen über Ge witter und Blitzschläge einlaufen. In Bielefeld wurden zwei Landwirte vom Blitz erschlagen. Im Ruhrtal ging ein Wolkenbruch nieder. Das Un- weiter richtete großen Schaden an. Auch im Wupper- tal wütete ein Gewitter mit schwerem Hagelschlag, das die gesamte Ernte vernichtete. In Detmold rich tete nachmittag» «in Gewitter ebenfalls schweren Schaden an. In mehreren Orten zündete der Blitz. Die Hagelschauer verwüsteten die Felder. Jy Elber feld und Umgegend wurden mehrere Personen vom Blitz getötet. Hannover, 11. Juni. (Telegramm.f Bei dem gestrigen schweren Unwetter schlug der Blitz in das Wohnhaus des Gärtners Fischer zu Langenhagen. Das Wohnhaus brannt vollständig nieder. Ein Knecht wurde vom Blitz erschlagen. Hannover, 10. Juni. (Telegr.) Ein überaus schwe res Gewitter mit wolkenbruchartigem Regen und zeit weisem Hagel entlud sich abends über der Stadt und der Umgebung. Da die Abflüsse die Regenmassen nicht aufnehmen konnten, wurden Straßen und Höse überschwemmt. Das Wasser drang vielfach in die Keller der Wohnhäuser. Paris, 11. Juni. (Telegramm.) Infolge hefti gen Gewitterregens ist die Eisenbahnlinie bet Vallon-en-Sully unterwaschen. Ein Zug ent gleiste. Drei Personen wurden getötet, mehrere andere verletzt. — Im Departement Pas-de- Calais wurden durch Blitzstrahl fünf Personen getötet. Theater und Kunltgemerde. Don Dr. Heinrich Pudor. Wenn man sich das Repertoire unserer großstädti schen Theater ansieht, wird man bald zu der Ueber- zeugung kommen, daß das Theater seine Mission als moralische Anstalt verloren habe und heute in der Hauptsache der Zerstreuung und Unterhaltung, dem Vergnügen und Amüsement diene. Nicht weniger zweifellos rst es freilich, daß wir es hier nur mtt erner vorübergehenden Erscheinung zu tun haben und daß ebenso wie das Theater grund sätzlich moralisieren muß, weil es einen moralischen Einfluß — entweder im positiven oder im negativen Sinne — tatsächlich ausübt, auch die moralischen Ten denzen im Bühnenspiel wieder zur Herrschaft kommen werden. Aber auch nach der Richtung der künstlerischen Er ziehung — unter Kunst letzt die bildenden Künste verstanden — übt das Theater heute einen bildenden Einfluß nur in sehr beschränktem Maße aus. Fritz Erker sprach dies kürzlich in den „Münchener Neuesten Nachrichten" so schroff aus, daß das Theater, wie er sagte, einen verderblichen Einfluß, was malerische und plastische Anschauungen betreffe, auf die naive Masse der Zuschauer ausübe. Und ich glaube nicht einmal, daß dies sehr stark übertrieben ist, ich glaube, daß jeder ernste Künstler ihm hierin recht geben wird. Bühnentechnisch vollendet möge beispielsweise die Bühnenausstattung der Wagnerschen Mufikdramen sein. Künstlerisch kann sie kaum ernst genommen werden. Und unseren modernen künstlerischen An schauungen haben sich die Künstler der Bühnenaus stattung, die entweder nur Techniker, oder nur Deko rateure, oder nur Dekorationsmaler, aber zu wenig Künstler find, noch gar nicht zugewandt. Dor allem aber fehlt, worauf wir hier den Nach druck legen möchten, auf der Buhne der Gegenwart jede ernsthafte und gewissenhafte Bezugnahme auf die kulturhistorischen Stile der Innenausstattung, der Mübelkunst, des Kunstgewerbes. Jedes Bühnenbild stellt, soweit die betreffende Szene nicht im Freien spielt, ein Interieur dar, und zwar ein Interieur einer bestimmten Zeit, entweder der Gegenwart, oder der Biedermeierzeit, oder der Renaissance und so fort. Selbstverständlich darf gefordert werden, daß dieses Bühneninterieur im ganzen wie im einzelnen die Zeit, die e« darstellen will, getreu spiegelt. Die Bühne hat also nach dieser Richtung geradezu Aus schnitte au» einem Kunstgewerbemuseum darzustellen. Ihre Ausstattung muß natürlich auf den besonderen Fall, auf das besondere Milieu Rücksicht nehmen, aber sie muß jedenfalls Stiltreue besitzen und sich der der wissenschaftlichen Kunstgeschichte Rat erholen. Ja, in kulturgeschichtlichem Sinne unvergleichlrch ist das Bühnenbild, und wenn uns das Museum nur totes Inventar und das Buch nur mittelbare Berichte von dem Stilempfinden einer Zeit gibt, so spielt uns die Bühne die Kultur selber auf, sie gibt uns das Leben selbst, sie zeigt uns die Möbel mit den dazu gehörigen Menschen, sie zeigt uns die Menschen, so wie sie lebten und wohnten, sich kleideten und sich gebärdeten. Das Theater ist also in dieser Richtung eine Kulturanstalt, es gibt das volle Leben der Kultur. Und es ist in engerem Sinne eine innen architektonische und stildekorative Anstalt, es gibt die Wohnungsstile und kunstgewerblichen Stile lebendig wieder. Es ist also auch eine kunstge werbliche Anstalt. Und freilich müssen nun auch die Regisseure der Theater und Bühnenmeister in stilistischer und stil historischer Beziehung vollkommen zu Hause sein. Sie müssen sich in die betreffenden Kulturen so eingelebt haben, die historischen Stile müssen ihnen so vertraut sein, daß sie strenger Wissenschaftlichkeit nichts nach zugeben haben. Gerade sie müssen es fühlen, daß jedes Möbel eine Seele hat, daß es nicht nur eine ganze Kultur in rrn«, sondern auch da» Fühlen und Empfinden der Menschen wiederspiegelt. Und so nicht nur jedes Möbel, sondern jedes Hausgerät, jeder Gebrauchsaegenstand, der scheinbar unbe deutendste vielleicht am meisten. Wir stellen also die Forderung auf, daß jedes Bühnenbild in stilistischer Beziehung, von dem Ge samteindruck bis zu dem scheinbar unbedeutendsten Requisit, getreu und ernsthaft die Zeit, in der das betreffende Stück spielt, widerspiegelt und gewisser maßen aus der Höhe der kunsthistorischen und kunst gewerbehistorischen Wissenschaft stehe. Und wir wiederholen, daß, wenn diese Forderung erfüllt wird, das Theater in der Lage ist, in unver gleichlicher Weise rulturpädagogisch zu wirken, — weit umfassender und harmonischer, auch weit unmittel barer und stärker als das Museum auf der einen und die Literatur auf der anderen Seite. Und wenn mancher großer Pädagoge es beklagt hat, daß die Erziehung nicht spielend ihre Zöglinge unterrichten könne, da man spielend am leichtesten lerne, so kann die Bühne diesem Mangel abhelsen. Hier wird die Kultur „spielend" gelernt. Und sie tritt uns als Ausschnitt au» dem Leben selbst vor Augen — ja, mehr noch, wie selbst verlieren uns als Zuschauer und werden eins mit dem Leben auf der Buhne und versinken in der Zeit und Kultur, die uns das Stück aufspielt: eine wirkungsvollere und durchdringendere Art und Weise der Erziehung ist gewiß nicht denkbar. Aber auch die Bühnenschriststeller dürfen diesen hier aufgestellten Forderungen mehr als bisher ent- geaenkommen. Sie brauchen nicht alles der Phan tasie der Zuschauer zu überlassen — da doch die Phan tasie auch irre gehen kann, zumal wenn ihr Träger stilhistorisch nicht genügend gebildet ist — und sie sollten nicht dieses so überaus wirkungsvolle Mittel, ein Milieu, eine Zeit, eine Kultur, eine Lebensart zu charakterisieren, zu charakterisieren durch prägnante Möbel oder Gebrauchsartikel, sich entgehen lassen. Das gilt ebenso von Stücken, die in der Gegenwart spielen. Ich möchte sogar soweit gehen, anzu- emvfeblen, daß der Regisseur, die Erfüllung der aus gestellten Forderungen vorausgesetzt, hin und wieder, namentlich am Beginn der Szene, dann bei Per sonenwechsel, aber auch als Mittel zwischen heftige Handlungskrisen Kontrast schaffende oder den Kon trast erst ermöglichende Ruhevunkte setzt, an solchen Stellen die Handlung unterbricht und die Bühne als solche sprechen und agieren läßt. Freilich muß auch im Aufbau der Bühne und des Zuschauerraumes sich manches ändern, wenn die Kunst, die bildende Kunst, wenn ernstere künstlerische und kulturelle Tendenzen mehr als bisher im Theater wirksam werden sollen. Dor allem ist es auf die Dauer unhaltbar, daß unsere Theater so aedaut find, daß der Zuschauer im dritten Rang die Scheitel und der Zuschauer des Parterres die Stiefel der Schau spieler zuerst und in erster Linie steht. Wir brauchen vielmehr einen Zuschauerraum, der sich hortzon- tal, nicht vertikal, wie bei einem Guckkasten, um die Bühne herumlegt. Diese Forderung möchten wir als dringendste mit größtem Nachdruck betonen. Der heutige Theaterraum eignet sich allenfalls für die Dramatisierung von Schauerromanen, für Sensations tragödien, für Operetten und Opern, für Possen und Schwänke, aber für jede Art ernsten Bühnenstückes ist er so ungeeignet als möglich, am ungeeignetsten für ein modernes Konversationsstück. Für ein solches ließe sich vielmehr sehr wohl ein Theaterraum denken, bet dem die Bühne im Zentrum liegt. Zu aller- mindest sollte man es den Zuschauern des ersten und zweiten Ranges nicht zumuten, daß sie die Schau spieler nur so von oben her schräg sehen, wie bei einem Pferderennen oder einem Luftschifsaufstieg Und was die Bühne betrifft, so besteht eine not kr. Schumann - Feier in Zwickau. Die Reihe der festlichen Veranstaltungen nahm Donnerstag abend mit einem großen Extra-Sinfonie-Konzert des Phil harmonischen Orchesters unter Leitung seines Diri genten Büttner-Tartier seinen Fortgang. Unter den Gästen bemerkte man auch die greise Schwägerin Robert Schumanns, Frl. Marie Wieck, Geheimrat Prof. Dr. Friedländer-Berlin und Frl. Marie Wurm. Zur Aufführung kamen ausschließlich Schumannsche Kompositionen. Als Solistin hatte man Frl. Marga Neisch (Alt) vom Stadttheater ,n Breslau gewonnen, die mit ungemein wohllautender und gut gebildeter Stimme einige Schumannsche Lieder sang und sich äußerst reichen Beifall erwarb. Das Orchester hat mit diesem Konzert in gewissem Sinne die Ehre Zwickaus als Musikstadt gewahrt. In der Marien kirche wird am kommenden Sonntag Robert Schu manns in pietätvoller Weise gedacht werden. * Gegen die Veröffentlichung »«gedruckter Brief« von Clemens und Bettina Brentano, AchimvonArnim. Savigny und dessen Gattin Kunigunde, geborene Brentano, sowie einiger anderer Angehöriger der Familie Brentano, auch gegen jede Veröffentlichung von Manuskripten der genannten Personen veröffentlichen deren Erben eine energische „Warnung". Sie erklären, daß sie gegen jede Der- öffentlichung von bisher ungedrucktcn Manuskripten und Briefen der Genannten, die ohne ihre ausdrück liche Zustimmung erfolgen würde mit allen strafrecht lichen und zivilrechtlichen Mitteln vorgehen würden. Sie machen hierauf im besonderen die Eigentümer oder Besitzer von bisher ungedruckten Manuskripten und Briefen ihrer Vorfahren sowie die Eigentümer von derartigen Abschriften aufmerksam. Unter den Unterzeichnern der „Warnung^ find Prof. Dr. Lujo Brentano, der Münchener Rationalökonom. Geh Rat Prof. Dr Georg Freiherr von Hcrtling, der Reichs rat der Krone Bayern und bekannte Zentrumsführer, und der Reichstags- und Landtagsabgeordnete Land- rat Carl von Savigny. wendige Reform darin, daß sich dieselbe je nach dem Milieu und der Handlung verkleinern und vergrößern läßt, nicht nur der Tiefe, sondern auch der Höhe und Brette nach, ähnlich wie man ein Schaufenster für Schmuckauslage gleichsam zusammenschiebt, für Möbel ausstellung aber auseinanderzieht. Im übrigen unterscheidet sich natürlich die Bühne vom Schau fenster sehr wesentlich dadurch, daß sie uns nicht nur die „Ware", sondern den Menschen selbst und zudem in Aktion zeigt.
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