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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.06.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-06-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100601022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910060102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910060102
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-06
- Tag 1910-06-01
-
Monat
1910-06
-
Jahr
1910
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Amtsblatt des Rates und des Ralizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Press chr Inierat« au« i.'et»vg und Umgebung di« sgeivaltene SO wm breite Penible 25 ch, dir 74 rum breite ReNamrgeiie l ^gt »Mi aniwärt« 90 Reklamen 1.20 Inserat« »an Bebbrden >m amtlichen LrU die 74 mm breite Petit,eile 40 »eschästSon,eigen mit Piahvorschristen und in der Avendau»gade im Preise erhöht. Rabatt nach Daris. Beilagegedühr b p. Tausend exkl. Postgebühr. Jrfterteilte Austräg« können nicht zurüch gezogen werden. Jür da» tirscheinen an bestlmmten Dagen und Plätzen wird lein« Garantie übernommen. Antigen-Annahme: Auguftu-platz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annonccn- LkpedUionen de» In- und Aurlande«. -aupt-Siltal« Berlin: äarl Duncker. Leriogl. Bahr. Hosbnch- handlung, Lützowstiaste 19. (Telephon Vl. -Nr. 48-Xj). Haupt-Filiale Lreöden: Seestrabe 4,1 (Telephon 4821). 104. Ishrgsng Ur. 14S Mittwoch, üen 1. Juni 19l0. pollülche Nachrichten. Zur Meißner Konferenz. Der Wortlaut der auf der Meißner Kirchen- und Pastoralkonferenz beschlossenen, gestern erwähnten Resolution ist folgender: „Die Meißner Konferenz betrachtet es als un bedingt erforderlich, daß die gesamte Schule, ins besondere aber der Religionsunterricht das kon fessionelle Gepräge klar und deutlich, wenn auch ohne alle Schärfe gegen andere Konfessionen, im Zu sammenhang mit der Kirche behalte und daß der Religionsunterricht nur von solchen Lehrern erteilt werde, die ausdrücklich erklären, ihn auf Grund ihres übernommenen konfessionellen Religions gelöbnisses erteilen zu wollen." Zum Besuch de« belgische« Königspaare». Im Anschluß an die im Morgeublatt veröffentlich ten Depeschen über die zu Ehren des belgischen Königspaares gegebene Ealatafel im Neuen Palais und über die dort gewechselten Trinksprüche geben wir noch folgende Drahtmeldungen bekannt: Neues Palais bei Potsdam, 1. Juni. (Tel.) Die letzten Worte des Toastes sprach der König von Belgien deutsch. Nach der Tafel hielten die Herr schaften im Muschelsaal Cercle. Nachmittags wurde eine Ausfahrt unternommen. Die Kaiserin fuhr mit der Königin und der König in einem zweiten Wagen mit der Prinzessin Viktoria Luise. Die Um gebungen folgten in einem weiteren Wagen. Man istegaü sich nach der Billa Liegnitz zu dem Prinzenpaar August Wilhelm und fuhr in Glienicke bei dem Prinzenpaar Friedrich Leopold vor. Daraus besuchte man das Marmorpalais, wo das Kronprinzenpaar mit ihren Kindern die hohen Gäste empfing, und be gab sich sodann über die Orangerie und Belvedere nach der Billa Jugenheim, wo bei dem Prinzenpaar Eitel Friedrich der Tee genommen wurde. Die Königin von Belgien machte dann mit dem Kron prinzenpaar und den Prinzensöhnen einen Spazierritt. Neues Palais bei Potsdam, 1. Juni. (Tel.) Der König der Belgier machte dem Kaiser in dessen Gemächern einen Besuch und verweilte über eine Stunde bis unmittelbar vor der Tafel bei ihm. Der König verlieh eine große Reihe von Ordens auszeichnungen. Aus der Strasprozeßkommission. Die Strasprozeßkommission führte die Be ratung des K iio über die Voraussetz ungen der Untersuchungshaft fort. Sämtliche Anträge des Zentrums, der Volks partei, der Sozialdemokraten und der Polen, die auf Einschränkung der Untersuchungshaft gingen, wurden abgelehnt und die Regierungsvor lage angenommen. 8 110 lautet: „Die Untersuchungshaft darf gegen den Verdäch tigen nur verhängt werden, wenn der Verdacht dringend ist und Tatsachen vorliegcn, welche die Ge fahr begründen, daß er sich dem Verfahren durch die Flucht entziehen oder durch Vernichtung von Spuren der Tat ober durch Beeinflussung von Zeugen oder Mitschuldigen die Ermittelung der Wahrheit er- schweren würde. Zur Begründung der Fluchtgefahr genügt, wenn nach den Umständen anzunehmen ist, daß wegen der Tat auf Todesstrafe, Zuchthaus oder auf Freiheitsstrafe anderer Art von mehr als einem Jahr erkannt werden wird." Ebenso wurden die von denselben Parteien gestellten Anträge zu 8 Hl abgelehnt und 8 lll nach der Regie rungsvorlage mit folgendem Wortlaut an genommen: „Bei strafbaren Handlungen, die zu drei Monaten oder Geldstrafe bis zu 3000 ^l, allein oder in Verbindung miteinander oder mit Nebenstrafen, bedroht sind, darf die Untersuchungs haft nur wegen Fluchtgefahr verhängt werden. Zur Begründung der Fluchtgefahr muß festgestellt sein, daß der Verdächtige sich dem Verfahren durch die Flucht bereits entzogen oder Anstalten dazu ge troffen hat oder daß er im Inland keinen dauernden Aufenthalt hat oder unter Polizeiaufsicht steht, oder daß kein Ausweis über seine Person zu erlangen ist. Auch bei anderen strafbaren Handlungen soll nur unter diesen Voraussetzungen die Untersuchungshaft verhängt werden, wenn nach den Umständen anzu nehmen ist, daß gegen den Verdächtigen auf keine schwerere Strafe als Gefängnis von einem Monat oder Haft oder 3000 Geldstrafe, allein oder in Verbindung miteinander oder mit Nebenstrafen, erkannt werden wird. Diese Vorschriften finden bei den nach 8 301, Nr. 3—« des Strafgesetzbuchs strafbaren Uebertretungen keine Anwendung." Färbung der Futtergorfte. Der Staatssekretär des Reichsschatzamts hat eine Konferenz von Vertretern der Deutschen Müllereiverbände im Beisein von Beamten der beteiligten Behörden herbeigeführt. Der Wunsch der deutschen Müllerei geht dahin, daß die Kenn zeichnung der deutschen Futtergerste durch Färbung soweit als möglich ausge dehnt und im entsprechenden Maße die Abfertigung auf Erlaubnisschein eingeschrieben wird. Empfang der Turiner Industriellen. Berlin, 1. Juni. (Eig. Drahtmeldung.) Im Gebäude der Handelskammer fand gestern nachmittag ein Empfang der Turiner Industriellen statt, die sich auf einer Studienreise in Deutschland be finden. Der Deutsche Handelstag, die Handels kammer Berlin, die Aeltesten der Kaufmannschaft, die Potsdamer Handelskammer und die ständige Aus stellungskommission waren durch ihre Präsidenten und zahlreiche Mitglieder vertreten. Geheimrat Herz hieß die Gäste willkommen und sprach die Hoffnung aus, daß sie reiche Anregung aus ihrem Besuch schöpfen möchten. Der Präsident der Turiner Han delskammer, Cominendatore Bocca, sprach den Dank der Turiner Herren für den Empfang und die zu ihren Ehren geplanten Besichtigungen und Fest lichkeiten aus, und überreichte dem Präsidenten der Handelskammer als Andenken an den Besuch eine künstlerisch ausgeführte Bronze. Abreise des italienischen Ministers des Aeußern. Berlin, 1. Juni. (Tel.) Der italienische Minister des Aeußern, di San Euiliano, trat heute mor gen 8 Uhr vom Anhalter Bahnhof aus die Rück reise nach Italien an. Reichskanzler Beth- mann Hollweg stattete gestern dem Minister einen längeren Besuch ab. Schwindelmanöver im rheinisch-westfälischen Jn- dustriebezirk. Dortmund, 1. Juni. (Tel.) In letzter Zeit konnte im rheinisch-westfälischen Industriegebiet eine außer ordentlich starke Abwanderung von pol nischen Bergarbeitern nach Frankreich konstatiert werden. Der polnische Fürst Czar- teryski hatte für seine im Departement Pas de Calais gelegene Kohlenmine mehrere hundert pol nische Bergarbeiter anwerben lassen. Diese An werbung benutzten nun Schwindler, um anderen polnischen Bergleuten die Adresse des Werbe bureaus für 25 .1t zu verkaufen. Hunderte von Bergleuten zogen infolgedessen mit der von den Schwindlern gekauften falschen Adresse mit ihrer Familie nach Frankreich, so daß eine große Anzahl Wohnungen im Industriegebiet in letzter Zeit leer stand. Durch die königliche Polizei wird jetzt die offizielle Warnung verbreitet, daß es sich hierbei, abgesehen von der ursprünglichen Adresse des Fürsten Czarteryski, um ein Schwindel manöver gewissenloser Betrüger han delt. Die in letzter Zeit mit ihren Familien nach Frankreich abgereisten Bergleute sind dort, da Arbeit für sie nicht vorhanden war, dem größten Elend ver fallen und kehren gänzlich mittellos nach Deutschland zurück. Einen wie großen Umfang die Schwindeleien angenommen haben, geht daraus hervor, daß den Grubenarbeitern von den Schwindlern erzählt wurde, daß in Frankreich mehrere tausend Bergleute, man sprach von 5000, gebraucht würden. In Bochum sollen gestern zwei Sonderzüge für den Trans port von Bergarbeitern aus dem Industriegebiet mit ihren Familien bereitgestanden haben. Eine Unter suchung ist eingeleitet. Die Affäre erregt hier großes Aufsehen. Eröffnung der französischen Kammer. Paris, 1. Juni. (Tel.) In der Kammer, die heute ihre Arbeiten beginnt, hielten gestern sämt liche Fraktionen der Linken Sitzungen ab, um ihre Programms aufzustellen. Zum Untergang der „Pluviöse". Paris, 1. Juni. (Tel.) Durch Spezialerlaß hat der Marineminister sämtliche Mannschaften der „Pluviöse" im Range befördert. Die Lohnbeträge der Opfer der „Pluviöse" wurden gestern den Hinterbliebenen der Opfer ausgezahlt. Die Bergungsarbeiten konnten noch nicht wieder ausgenommen werden, da das Meer noch immer sehr unruhig ist. Sollten die Witterungsver hältnisse heute besser sein und namentlich das Meer in den unteren Schichten ruhiger werden, so sollen die Taucher heute wieder versuchen, an den Rumpf des Unterseebootes zu gelangen. Bon den argentinischen Festtagen. Buenos Aires, 1. Juni. (Tel.) Der Feier der Grundsteinlegung zu dem von der Deut schen Kolonie gestifteten Monumental brunnen wohnten der Präsident Figueroa Alcorta, mehrere Minister und höhere Offiziere sowie die deutsche K olonie bei. Generaloberst v. d. Goltz beglückwünschte die Deutschen zu dem Beweise der Achtung für Argentinien und drückte namens des Deutschen Kaisers und in seinem eigenen Namen die Sympathie für die argentinischen Kame raden aus. (Lebhafter Beifall.) Die Mannschaften des deutschen Kreuzers „Bremen" und argentinische Truppen erwiesen die militärischen Ehren. Tsgeschranilr. Das erste Zeppelin-Denkmal. Aus Bützow (Mecklbg.) wird uns berichtet: Das freundliche Mecklenburg-Schwerinsche Städt chen Bützow darf den Ruhm für sich in Anspruch nehmen, dem Grafen Zeppelin noch bei seinen Leb zeiten des erste Denkmal im deutschen Lande errich- tet zu haben, als eine Ehrung für den erfolgreichen Beherrscher der Lüfte und als Wahrzeichen dafür, daß die Wiege des Grafen Zeppelin hier im alten Obotrirenlande gestanden hat. Die Grafen Zeppelin Kratze verlmer Sunllsusltellung. Die Plastiken. Auch durch die beiden großen Säle in den Aus stellungshallen am Lehrter Bahnhof, die nur Plastiken bergen, an all den andern Werten plastischer Kunst, die, abgesehen von den Haupt gruppen, mehr als reichlich in den Ausstellungs räumen vertreten sind, wird man mit ähnlichem Ein druck vorbeikommen, wie ihn die Parade der unge zählten Gemälde hervorrief: viel Materialver schwendung, selten indes das Zeugnis eines In geniums. Die künstlerischen Entgleisungen fast in der lleberzahl, zum wenigsten Werke in der Uebcr- zahl, vor denen jede Diskussion gleichgiil.ig und damit überflüsng wird. Johannes Götz „Achilleus", der draußen im Ausstellungspark noch zweifelnde Ausstellungsbesucher abzuschrecken sich bemüht, der Riesenpelide mit abenteuerlichem Bein und Speer und Helm, bedeutet hier vielleicht ein ver heißendes Symbol Doch niemand zwingt uns, vor Gleichgültigkeiten, vor den mißglückten Kunstexperimenten länger als unerläßlich zu verweilen. Im weiten Marsch durch die Massenarrangements dieser Sommerausstellung gibt es naturgemäß Oasen. Von Heinrich Günther- Gera sieht man eine sehr vornehme weibliche Büste, farbiger Gips, voll Ernstes im Gesichtsausdruck, voll liebender Sorgfalt in der Behandlung aller Einzel heiten (der Faltenwurf des Kleides, das Haar, namentlich an den Schläfen). Gegenüber der Güntherschen Gipsbüste dre Holzbüste August Waterbecks, die Mutter des Künstlers. Die ab geschlossene Harmonie in diesem Frauenantlitz darf man bewundern, Resignation und die Erfahrung von allerlei Lebenskämpfen, die schließlich sich in ein mildes und gütiges Verstehen wandte, ist in edler Reinheit über die Matrone gebreitet. Zwischen Waterbeck und Günther ist eine Beatrice-Büste von Paul Oe st en nicht ganz so glücklich, weil dem Künstler bei aller Feinheit der Detailausführung in Beatricens schmales Gesichtchen doch ein immerhin bedenkliches Stück Süßlichkeit sich einschleicht. Auch Hans Dammans Marmorbrunnen „Durst" verrar an dem Frauensymbol allzu große Konzessionen an den Publikumsgsschmack. Man darf dies um des Kunst, ler» willen um so lebhafter bedauern, als die beiden Tiersymbole zu beiden Seiten der weiblichen Figur immerhin von starker, selbstbewußter Modellier- säbigkert zeugen. In dieser Gruppe ist's schade, daß Heinrich Mitzfelvt für seine Marmorfigur „Nach dem Bad" — der Frauenkörper könnte nicht edler in den Linien sein — eine recht unglückliche Haupt pose wählte. Unwillkürlich Hot man den Eindruck, als zöge der Körper sich selbst am Haare aus dem Bade, ein grotesk-komisches Moment wider Willen, das überdies schiefwirkende Proportionen schafft. Vor Joachim Hermann Pagels Bildnisbüste in imitiertem Kalkstein wird mancher amüsiert stehen bleiben. „Als ich ein Junggeselle war. Zur Euarre gesungen von W. v. Mendelssohn." Und es ist ein Ständchen voll mokanter Sentimentalität, voll iro nischer Resignation, ein Gemisch von Selbftspott und versteckter Wehmut, die der Ausdruckssähiakeit des Künstlers alle Ehre macht. Johannes Götz, der Achilles-Schöpfer, stellt uns in den Ausstellungssälen auch einen „Läufer am Start" vor, dem man eine eilende Linie im Lauf, ein Gesammeltsein im Lauf nicht absprechen kann. Um so betrüblicher alle Einzel teile an diesem Läufer: verunglückt der Oberkörper, schlecht modelliert Arme und Beins. Sehr fein im Schwung ist Fritz Heinrichs „Speerwerfer", edel in den Gliedern, sdel vor allem durch den ruhig klingenden Rhythmus der Gesamtwirkunq. Die wert vollste Plastik steuerte unter all den jetzt genannten Künstlern freilich Willy Zügel bei. Er bringt Pariser Omniduspfcrdc in Bronze: prachtvoll in der Haltung, prachtvoll in Blick und Nüstern und Sehnckn. Und etwas »on der Abaenutztheit, von dem Ab gearbeitetsein dieser Pariser Omnibuspferde spricht unmittelbar aus drn Blicken, spricht aus ledcni Muskel. Und selbst die Behandlung des Geschirrs, der alten, vielgebrauchten Riemen und Gehänge er zählt ein wenig von dem ewigen Straßauf, Straßab der Großstadtgäule. . . . Line unter den Plastiken darf man bei dem Defils des Vielerlei keinesfalls übersehen. Alfonso Canciani hat in Gips seinen „Dante" ausgestellt. Dante auf einem Felsen, wie er die Hölle erschaut. Schon die Gestalt des Dichters ist von imponierender Größe, von imposanter, überirdisch-heroischer Wir kung. Sparsamer konnte Canciani in den äußerlichen Mitteln an der Dante-Figur nicht mehr sein. Alle Kraft im Antlitz, alle übermenschliche Ueberlegenhcit, alles Sehertum, die Wanderschaft durch Einsamkeit und Unsterblichkeit in dieser schlanken, hoheitevollen, strengen Figur, an der alles mit einheitlichem erd fernen Rhythmus klingt, unter dem unscheinbaren, schmucklosen, fließenden Mantcl. Tief unter Dante, verworren in den Felsenklüften, das Grauen und das Entsetzen, die Furcht und die Qual, die Büßerschick. sale der Hölle. Verworren die Leiber, die «in Ringen, Sichwehren und Sichzerfleischen durcheinanderballt, gräßlich, wir die Fäuste, die Zähne sich in die Augen, in die Schädel all der Verdammten untereinander pressen. Es ist das Chaos des Grauens. Wahnsinn in den Blicken, Wahnwitz in jedem Muskel dieser verlorenen, hoffnungslosen, ausgelöschten, mensch- heitleeren und im Entsetzen versteinten Gesichter. Vielleicht wird just gegen die schweigende, gigantische Ruhe des Wanderers über dem Felsen, die Gruppe des Inferno so furchtbar, und beides im Verein dann wieder als Einheitsgruppe so imposant, so auf wühlend und erschütternd, weil hier nur ein Fels sich zwischen die Menschheit als Grenze drängt: zwischen das Reinste und das Tiefste Auch an Cancianis „Inferno" wird manches ab. stoßend, manches gewalttätig und brutal sein, aber man nimmt es hin ohne Widerspruch und als Not wendigkeit: die Phantasie eines Dichterbildners will voll Kraft ein Traumbild wiedergeben, wie es der Größten einer selbst einst sah L. ft. K. O * Wiener Theater. Der letzte Premierenabend des Burgtheaters war ein sehr verspäteter Nachzügler aus der Zeit Schlenthers. Unter ihm wurde Oskar Wildes „Idealer Gatte" noch er worben, höchst überflüssigerweise, denn die Komödie ist vor ein paar Jahren im Theater in der Josefstadt über lOOmal gegeben und gründlich abgespielt worden. Mittlerweile ist auch der Wildesche Witz und Geist ein bißchen aus der Mode gekommen, und die Auf führung im Burgtheatcr ist nicht danach, den Dichter wieder in Mode zu bringen. Man nahm das para doxe leichte Spiel bitterernst und schwer, und es wurde ein steifes Gesellschaftsstück daraus, ohne jenen koketten, liebenswürdigen Reiz, den die Aufführung bei Jarno hatte. Das Publikum verhielt sich dies mal der Komödie gegenüber ausfallend kühl, und beinahe wäre dieses erfolgreiche Stück durchgefallen. Wichtiger und interessanter als dieser Novitätenabend sind andere Durgtheater-Ereignisse: Das Wieder auftreten des 82jährigcn Bernhard Baumeister und vor allem der neue Vertrag mit Kainz. Die nächsten 19 Jahre gehört er dem Burgtheater, nicht als Gast und Star, sondern als wirkliches Mitglied, hoffentlich auch als Regisseur. Es ist nicht bekannt geworden, welche materiellen Zugeständnisse dem Künstler gemacht worden sind, doch spricht man von einem Honorar von 1500—2000 per Abend. Aber auch über diese ungewöhnlich hohen Ziffern hat man sich hier nicht besonders gewundert, oenn man fühlt es. daß Kainz dem Burgtheater unentbehrlich 'st. Dieser neue Kainz Kontrakt ist der erste große Erfolg Baron Bergers. In der Hofoper geht eine dürftige Saison zur Neige. Immer um diese Zeit, wenn die Wiener Direktoren mit ihren Ladenhütern dem Publikum den Theaterbesuch vergällen, sorgen Ber liner Ensembles für künstlerische Anregung. Voriges Jahr war es Brahm mit seinem Jbsen- znklus. Heuer spielt uns Reinhardt seine Klas siker vor. „Der Kaufmann von Venedig". „Judith". „Hamlet", „Die Räuber", lauter wunderschöne und anregende Abende, auch wenn man die Auffassung nicht immer zu teilen vermochte. Merkwürdig ver lief die Wiener Premiere von Hofmannsthals Ko mödie „Christinas Heimreise". Nach den bösen Ber liner Erfahrungen hatte der Dichter bekanntlich das Stück umgearbcitet und den letzten Akt gänzlich weg gelassen. Diese Fassung, die in Pest ausgezischt wurde, machte auch in Wien keinen rechten Ein druck. Der richtige literarische Erfolg: man lang weilte sich. ft. H. Die Münchner Jahresausstellung im Elaspalast. die heute feierlich eröffnet wird, war gestern den Ver tretern der Presse zu einer Vorbesichtigung zugänglich. In der Ausstellung hat, wie uns unser Korrespondent schreibt, das Beispiel des Ealeriedirektors von Tschudi und jenes der Sezession Schule ge macht. Sie zeichnet sich durch eine viel lichtere Auf hängung der Bilder und die damit verbundene Wahl hellerer Wandbespannung aus. Dem Auge sind da durch angenehme Ruhepunkte geschaffen. Infolge dessen waltete freilich auch die Jury streng ihres Amtes und hat eine Reihe guter mittlerer Arbeiten zurückgcwiesen, von denen man wohl einen Teil wie der in der demnächst zu eröffnenden jurylosen Aus stellung begegnen wird. Die Ausstellung umfaßt rund 2000 Arbeiten, an denen die Münchner Kunst den Hauptanteil hat. Die meisten Säle hat die Münchner Künstlergenossenschaft, die Veranstalterin des Unter nehmens, in Anspruch genommen. Sie bringt u. a. Kollektionen der verstorbenen Meister Hermann Kaulbach und Anton Heß, und vereint in geson derten Serien das Schäften von Fritz August o. Kaulbach, Ludwig v. Löfstz und Philipp Röth. Die Luitpoldgruppc beansprucht sieben Säle. Der Künftlerbund Bayern, der Verein Münchner Aqua rellisten, jener für Originalradierung, und der Bund zeichnender Künstler Münchens, dann der Verein Berliner Künstler, Weimar, Düsseldorf, Baden, die Schleswig-Holsteinische Kunstgenossenschaft und die schottischen Künstler sind in größeren Gruppen ehren voll vertreten. Ein Saal ist der internationalen, einer der japanischen Kunst eingeräumt. Das sensationelle „Ausstellungsbild" ist von diesen jährlich wiederkehrenden Elaspalastreouen mehr und mehr verschwunden, dagegen fehlt es nicht an einer großen Zahl gediegener, fesselnder Arbeiten, zu denen die Träger unserer ersten Namen bcigcsteuert haben. So wird die Jahresausstellung nicht nur das Interesse der heimischen, sondern auch der nach München pil gernden fremden Kunstfreunde wecken. "kft ft. Ein neue» Stück von Hermann Lahr. Aus Dres den meldet uns unser Korrespondent: Die General direktion des königlichen Hoftheaters hat das neue Schauspiel „Die Kinder" von Hermann Babr zur Uraufführung für das Künigl. Schauspielhaus angenommen. Die Künftl«r»er«inig»ng Dresden hat den An meldungstermin für ihre am 1. September begin nende Ausstellung vielfachen Wünschen entsprechend auf den 1. August verschoben. Nach dem 1. August können Anmeldungen kaum berücksichtigt werden.
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