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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.09.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-09-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190909113
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19090911
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19090911
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-09
- Tag 1909-09-11
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Monat
1909-09
-
Jahr
1909
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BezugS-Prel» Ntt Leipzt, and Borvrt« durch uusrr« IrLgrr und kvedtteure tu» Hau» gebrach» r vv monatl., L.70 ^g »ierteljtbr». Bei uuiera Filiale» u. iinnahmrslellen adaehalt! 7S monatl.. 2.25 »ttrtrlla-kl. Durch di« »oft: innerhalb Deutlchland« und der deutichen Kolonien vierieljllhrl. li.illt ^ss, monail. l^ii» an»lchl. Poftdesiellqeld. Ferner i» Belgien, Dänemark, den Donauslaaten, Italien. Luxemburg, Niederlande, Nor» weaen, Oesterreich-Ungarn, Nuhland, Schiveden, Schwel, a. Spanten. In allen übrigen Staaten nur direkt durch di« Geichäiltilelle de- Blatte« erhälUich. Da« Leipziger Lageblatt erichemt wichen»» lich 7 mal und »war morgen«. «donnemen»-«nnadme, Auguftu-platz 8, de» unteren Drägern, Filialen, Spedileuren und Annahmestellen, sowie Postämtern u»d Brieslrägern Di» einzelne Nummer koste» lv sttrdaktion und Geschäftsstelle» Johannirgasle 8. Fernlprecher: 14692, I4SS3. lägst. Kip)igtrTagMM Handelszeitung Amtsblatt des Rates und des Rotizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-PreiS lstr Inseraie -u» Levzig und Umgebung di« kgespaliene Petilzeile iiü 2Z, finanziell« Anzeigen 3V H, Reklamen t von au-wätt» A) 2Z, ReNamen 1.20 vom Au-land 50^, sinanz. Anzeigen 752^ Rcklanien Ichv ^s. Inseraten.Behörden im amUlchenTeüM^H. Beilagegedübr 5 p. lautend exkl. Post gebühr. »eschätioanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Darts Festerteilte Austtäge könne» nicht zurülk- gezngen werden. Für da» Erscheinen an bestimmten Dagen und Plätzen wird lein« Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme, Augustutzplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- ttrpiditionen de- Ja» uu» Au-Ianoe-, Hauvt-2tltale Berlin: Lützowstrahe lO. (Tclephon VI, Nr. »MH. Haupk-Siltale Dresden: Letiiratze 4,1 (Telephon 4621). Nr. 252. Sonnabend 11. September 1909. 103. Jahrgang. Das wichtigste. * Die Wahlen zur Zweiten Kammer des sächsischen Landtages sind ans Donnerstag, 21. Oktober, festgesetzt worden. (S. Dtschs. R.s * Wie verlautet, hat der stark kompromittierte Reichstagsabgeord nete Schack endlich sein Mandat niedergelegt. Nach einer Mitteilung deS Teutschnalionalen Handlungsgehilfenverbandes aus Hamburg legte Schack auch endgültig den Vorsitz des Verban des nieder. — Üluch hat der Staatsanwalt gegen Schack die öffentliche Anklage erhoben. sS. Dtschs. R.s * Kaiser Wilhelm begibt sich von G r o ß - M e s e r i t s ch aus nach Karlsruhe, das zum Empfang schon festlich geschmückt ist. sS. d. bei. Art.) - Tic „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" meldet: Der Deutsche Kaiser spendete zur Hilfeleistung für die durch UÜber schwemmung verheerte mexikanische Stadt Mon terey eine Gabe von 10t)00 .tl. * Wie uns aus London telegraphiert wird, soll der „Morning- post" zufolge die Mobilisierung des gesamten spanischen Heeres unmittelbar bevor stehen, falls keine Wendung vor Melilla eintritt. Die bisher gemeldeten spanischen Siege seien nichts als Pyrrhussiege, worüber sich die spanische Negierung vollkommen klar sei. Nur die starke Volkserregung habe bisher die Entsendung weiterer Teile des stehenden Heeres verhindert. * Wie aus Madrid gemeldet wird, ist dort der Direktor der „Correspondencia d'Espania" verhaftet worden. Er gilt als politisch verdächtig. * Der russische „Invalid" meldet: Die in der Presse ausgctauchtcn (Gerüchte, daß der russische Kriegsminister General Suchomlinow seinen Posten verlasse, entbehren jeglicher Begründung. * Wie aus Duisburg gemeldet wird, erkrankte auf einem im dortigen Hafen eingelaufenen holländischen Schiff ein Schiffs- knecht unter choleravcrdächtigen Erscheinungen. HS. Berm.f Amerikanismus. Daß fast gleichzeitig zwei Amerikaner das Banner der Streifen und Sterne am Nordpol entfalten konnten, ist wohl geeignet, dem ameri kanischen Imperialismus einen neuen kräftigen Impuls zu geben. Tas Pawkeetum schickt sich ja gerade jetzt an, seinen Industrien mit der ganzen Wucht der ihm innewohnenden wirtschaftlichen Kraft auf um strittenen auswärtigen Absatzmärkten Bahn zu brechen. Der Tastschen Politik, die sich ja bewußt ganz in den Dienst dieser zeitgemäßen Forde rung stellte, konnte also nichts gelegener kommen als eine solche von Amerikanern ausgeführte Großtat in der Geschichte der Entdeckungen. Tas Volk der Vereinigten Staaten wird in Cooks und Pearys Nordpol expeditionen neue Beweise dafür erblicken, daß es bestimmt ist, die alte Welt auf allen Gebieten zu überholen und an der Spitze der Zivili sation zu marschieren. In Europa gewahrt man nicht ohne Neid, daß das stolze Gefühl der Ueberlegenheit, womit das Amerikanertnm von jeher zu uns herüber sah, berechtigt zu werden anfängt. Dagegen die Augen verschließen oder den Kopf in den Sand stecken, hat keinen Zweck. Tie Zweifelsncht, mit der allenthalben in Europa Cooks Bericht zuerst ausgenommen wurde, nutzte nichts: es muß doch jetzt anerkannt werden, daß Amerikanern gelang, was so vielen europäischen Nordpol fahrern nach unsäglichen Mühen und Entbehrungen versagt blieb, und wenn wir nicht auf vielen andern, praktisch wichtigeren Gebieten ähn liche Uebcrraschungen erleben wollen, werden wir uns gründlicher als bisher mit dem Wesen des Amerikanismus vertraut machen müssen. Bis in die jüngste Zeit konnten die Europäer bei der Entwickelung des amerikanischen Volkes stille Zuschauer bleiben. Die Amerikaner pflügten immer neue Felder, eröffneten immer neue Minen, gründeten immer neue Städte, trieben die Indianer zurück und vernichteten die Büffel, sic umgürtetcn das Land mit Schienensträngen und durchzogen die Luft mit Telegraphendrähten; sie fügten Wissen zu Wissen und be nützten Erfindung auf Erfindung. Politische Freiheit und freier Boden verwandelten den ziemlich ehrgeizlosen europäischen Bauern in den selbstbewußten westlichen Farmer und statteten das ganze Volk mit all gemeinerer Intelligenz, tätigem Erfindungsgeist, Fähigkeit der An passung und Verschmelzung, Energie und Selbsrvertrauen aus. Die Ergebnisse sind bekannt. Nirgends nahm die Industrie riesigere Dimensionen an, nirgends wurden gröbere Vermögen erworben, nirgends konnte der Lebensstandard der breiten Massen so sehr gehoben werden wie in den Vereinigten Staaten. Nichts schien hier schließlich mehr unmöglich, und daher entstand die Vorstellung von einem Lande der unbegrenzten Möglichkeiten. Dieses Amerika übte bisher vorwiegend günstige Wirkungen auf Europa ans. Diese begannen mit dem amerikanischen Unabhängig- keitskampse, ohne den vielleicht die große französische Revolution nicht rechtzeitig und nicht mit einer ihren Erfolg verbürgenden Stärke aus gebrochen sein würde. Manche von den führenden Männern ver Revo lution waren aus Amerika zurückgekehrt, wo sie an den Freiheitskämpfen teilgenommen und sich mit demokratischen Ideen vollgesogen hatten. Lafayette gehörte zu ihnen, und dieser hatte die berühmte Doktrin von den Menschenrechten, zu der sich auf seine Veranlassung die französische Nationalversammhung bekannte, aus der neuen Welt mitgebracht. Gewiß, Zündstoff genug hatten die Lehren der französischen Philosophen des 18. Jahrhunderts in Frankreich angehäuft, aber erst das Beispiel des mit Erkolg für seine Freiheit kämpfenden amerikanischen Volkes setzte die entzündbare Masse in Brand. Buckle nimmt sogar in seiner „Geschichte der Zivilisation" an, daß der entscheidende Streich, den die Regierung Ludwigs XVI. empfing, von der Hand eines Amerikaners herrührte: denn auf Jeffersons Rat soll die Volksvertretung des ge setzgebenden Körpers sich zur Nationalversammlung erklärt und so der Kwone offen Trotz geboten haben. Es läßt sich aber auch auf andere Art beweisen, daß die Freiheit, die der moderne Europäer genießt, ein legitimes Kind der amerika nischen ist. Was wäre ans der politischen Entwickelung europäischer Völker geworden, wenn ihr Unternehmertum die Stoffe zur Nahrung für ihre Arbeiterheerc und die Rohmaterialien für ihre Warcnproduk- tivn hauptsächlich von heimischen Bodenherren hätten beziehen müssen? Unsere Industrien konnten sich von diesen unabhängig machen, weil die Massen kulturloser Landprolctarier, die der wirtschaftspolitische Druck osteuropäischer Großgüterbezirke über See trieb, drüben jungfräuliche Böden als freie Farmer der Weltwirtschaft erschließen und dadurch eine Ueberschwemmung der Alten Welt mit billigen Bodenerzeugnissen be wirken konnten. In Deutschland stieg die Einfuhr von Nahrungs und Genußmitteln allein in den Jahren von 1897 bis 1906 von 1790,7 Millionen Mark auf 2557,8 Millionen Mark, und diese Zufuhr kam überwiegend aus überseeischen Ländern. „Wes Brot ich esse, des Lied ich singe", sagt das Sprichwort. Deshalb ist das politische Lied unseres Industriearbeiters, der die Erzeugnisse seiner Hände Arbeit gegen die billigen Bodenerzeugnisse junger freier Länder, vor allem Amerikgs, austauscht, ein anderes, als das des ostelbischen Land arbeiters, der von den Junkern abhängt. Nun hat sich in Nordamerka in den letzten Jahren ein bemerkens werter Umschwung vollzogen. Tie Union, Die so lange gleichzeitig die Kornkammer der Alten Welt bildete und als Sammelbecken für die europäische Auswanderung diente, verliert in dieser zweifachen Be ziehung an Bedeutung. Die Vereinigten Staaten sind von Jahr zu Jahr besser in der Lage, den Weizen, den sie produzieren, selbst zu ver brauchen, und wenn auch Kanada und Argentinien für die Alte Welt diesen Ausfall in der Zufuhr von Nabrungsstosfen einstweilen noch wettmachen können, so muß die industrielle Entwicklung auch in diesen Ländern rasch darauf hinarbeiten, die Naturerzeugnissc in der Ausfuhr mehr und mehr durch Fabrikware zu ersetzen. Hatten sich die Amerikaner bisher damit begnügt, den europäischen industriellen Wettbewerb auf ihren eigenen Märkten durch hohe Schutz zölle mit politischen Mitteln zu bekämpfen, so gehen sie jetzt dazu über, ihren Export mit politischen Waffen auszurüsten. So erklären sich die neuesten wirtschaftspolitischen Forderungen der Amerikaner im fernen und nahen Orient. Damit hat die Neue Welt angefangen, zum An griff gegen die Alte Welt vorzugehen, die man bisher bei ihrer „Ex pansionspolitik" unbehelligt ließ, solange kein amerikanisches Gebiet in Frage kam. Die Art und Weise, wie die Regierung in Washington bei der Finanzierung der Hankau-Pukau-Bahn die Ellbogen gebrauchte, um dem amerikanischen Kapital Zugang zu verschaffen, wirkte schon geradezu verblüffend. Aber das war nur ein Anfang. Kaiser? Wilhelm in ENcihven. lieber die Teilnahme Kaiser Wilhelms an den öster reichischen Kaisern, an övern in Mähren, nach deren Beendigung sich der Monarch nach Karlsruhe begibt, berichten uns heute folgende weitere Depeschen: Vorführung von Nadio-Telegraphenstationen. Grotz-Meseritsch, 10. September. (Tel.) Beim gestrigen Gefechts tag, dessen kriegsmäßige Durchführung bis abends sortvauerte, wurden dem Deutschen Kaiser Nadio-Telegrapbenstationen vor- geführt. Zwei fahrbare Stanvneu waren in Tätigkeit. Heute wird Kaiser Wilhelm schon frühzeitig, während im Schloß eine Seelenmesse für di: Kaiserin Elisabeth gelesen wird, ins Manöver ausbrechen. Grost-Mcscritsch. 10. September. (Tel.) Die Majestäten wohnten heute früh in der Schloßkapelle einem Requiem für die Kaiserin Elisabeth bei. Auch in der Stadtpfarrlirche sand eine Trauerfeier statt, em welcher ter Kriegsminster, die Generalität und die aus ländischen Offiziere teilnahmen. Nack, der Feierlichkeit begaben sich die Majestäten, vom Publikum lebhaft begrüßt, ins Manövergelände. Das Wetter ist sehr schön. Ordensverleihungen. Grost-Mcsnitsch, 10. September. tTel.) Kaiser Wilhelm ver lieh eine Reihe von OrdenSaus^eichnungen, darunter den Kronenorden erster Klasse dem Statthalter von Mähren Frhrn. v. Heinold, den Roten Adlerorden dritter Klaise dem Bürgermeister von Jglau Jnderka und den Roten Adlerorden vierter Klasse dem Bürgermeister von Groß-Meseritich Czermak. Grost-Meseritsch, 10. September. (Tel.) Kaiser Franz Josef verlieb dem Ehef des Generalstabes v. Moltke die Brillanten zum Großkreuz, dem Hofmarschall Grafen v. Zedlitz-Trützschler die eiserne Krone erster Klasse des Leopoldsordens, dem Generaloberst v. Pleisen eine silberne Statuette des Kaisers, dem Oberstallmeister Kreiherrn v. Reischach den Leopoldsorden I. Klasse, dem Vertreter des Auswärtigen Amts v. Herrisch den Leopoldsorden 2. Klasse. Der Deutsche Kaiser verlieh ferner dem Grafen Harrach den Roten Adlerorden zweiter Klasse, dem Generaladjutanten Grafen Paar feine Bronzestatuette, dem Flügeladjutanten B r o n n die Krone zum Roten Adlerorden zweiter Klasse, dem Flügeladjutanten Grasen Hoyos eine goldene Tabatiere, dem Oberst leutnant in der Milstärkanzlei Kaltenborn den Kronenorden zweiter Klasse, dem Kriegsminister Freiherrn von Schönaich den Verdienstorden der Preußischen Krone, Landesver teidigungsminister Freiherr v. Georgi die Krone zum Noten Adle'rorden erster Klasse. DaS Abschiedsfrühstück. Mcscritsch, 10. September. (Telegr) Die Majestäten, welche den Verlauf des heutigen Manövers, bei dem die Gegner aufemanverstießen, von verschiedenen Standorten verfolgten, kehrten um 12'/- Uhr mittags uack dem Schloß zurück. Hier fand um 2»/, Uhr ein Abschieds frühstück statt. Karlsruhe in Erwartung des Kaisers. Karlsruhe, 10. September. (Telegr.) Heute mittag nach 12 Uhr traf hier Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, der Regent von Braunschweig, ein, und kurze Zeit nachher erfolgte die An kunft des Prinzen Ludwig von Bayern. Der Großherzog geleitete seine Gäste nach dem Residenzschloß, woselbst sie Wohnung nehmen. — Aus Anlaß der Kaisertage ist die Residenzstadt reich geschmückt. Die Karl-Friedrich-Straße, durch die der Kaiser einzieht, gleicht einer Via rriumphalis. Der Marktplatz und daS Rathaus find in einen Blumen garten verwandelt, auch in der Kaiserstraße sind Flaggenmasten auf gestellt. DaS Wetter ist sehr schön. Der Fremdenzuflnß wächst von Stunde zu Stunde, 9000 Soldaten sind hier einquarlieit. Die Stadt hat eine Reihe festlicher Veranstaltungen geplant. Deutsches Reich. Leipzig, 11. September. * Zur Frage der Entziehung des Landtagswahlrcchts bet Stcuer- riickstiinvcu. In einem großen Teile der sächsischen Presse werden jetzt lebhafte Klagen darüber erhoben, daß Hunderten, ja in Großstädten tausenden von sonst stimmberechtigten Einwohnern das Wahlrecht wegen rückständigen Stenern entzogen worden sein soll. So wurden für Dresden mehrere tausend, für Plauen weit über tausend, ja sogar für verhältnismäßig kleine Orte Hunderte angegeben, die aus diesem Grunde um ihr Wahlrecht gekommen lein tollen. Ob daS wirklich an dem ist, mag dakingestellt bleiben. Was di: materielle Seite der Angelegenheit betrifft, so ist maßgebend für ihre Beurteilung der 8 10k des neuen Wahlgesetzes. Die betreffende Bestimmung lautet: „Ausgeschlossen vom Wahlrecht sind Personen, die bei Abschluß der Wählerliste mit den seit länger als einem Jakre fälligen direkten Staats- oder Gemeindesteuern im Rückstände sind." Will man das anders ausdrücken, so heißt daS soviel, daß bei Abschluß der Wahllisten für Steuerrückstände des letzten Jahres das Wahlrecht nicht entzogen werden kann, wohl aber für Steuerrückstände der vorbergegan genen Jahre. Eine Frist, wie weit zurück die Steuerrückstände in Anrechnung gebracht werden, besteht nicht. Es können allo unbeglichene Rückstände von zehn Jahren oder aus noch früherer Zeit für den Verlust des Wahlrechtes in Anrechnung gebracht werden. Zu dieser Angelegenheit schreibt nun das »Dresdner Journal" offiziös folgendes: „Die von einigen Tagesblättern verbreitete Nachricht, das Ministerium des Innern habe eine die Behandlung der Steuer rückstände beim LaudtagSwahlrecht regelnde Verordnung oder eine geheim ergangene Verfügung erlassen, entbehrt jeder Begründung. Nur die in Nr. 11 l des „Dresdner Journals" bekanntgegebene An weisung vom 10. Mai 1909 für die Behörden, Wahlvorsteher und Wablkommissare zu den Landtagswahlen ist seit Inkrafttreten des Wahlgesetzes vom 5. Mai 1909 und der dazu ergangenen Aus führungsverordnung vom 7. Mai 1909 vom Ministerium des Innern erlassen worden. Bei Anfragen von Unterbehörden ist diesen die eigene Entschließung ausdrücklich überlassen worden." In vorstehendem baben wir eS zweifellos mit einer amtlichen Aus lastung zu tun. Es wird die hier derart festgestellle Sachlage sicherlich von keiner Seite als ein idealer Zustanv angeiehen werden können. Wir meinen, die Frage der Wahlberechtigung muß in einem Lande einheitlich entschieden sein. Nunmehr aber erfahren wir, daß den Unlerbchörden die eigene Entschließung über lassen wurde. WaS heißt das? Soll die eine Behörde auf drei, die andere auf fünf, eine weitere vielleicht auf zehn Jahre zurück die Steuerrückstände anrechnen dürfen? Das ist doch ein unhaltbarer Zu st and, und es wird eine der ersten unv vornehmsten Aufgaben deS neuen Landtags sein, dem 8 10k des Wahlgesetzes eine Fassung zu geben, die hinsichtlich der Wahlberechtigung, dem höchsten Rechte des Staats bürgers, die eigene Entschließung der Unlerbchörden aus schaltet. Wenn in manchen Städten, wie auch in unserem Leipzig — in Dresden soll dasselbe der Fall sein —, die Steuerrückstände nur bis zum Jabre 1905 zurück verfolgt worden sind, also die Behörden eine „humane" eigene Entschließung getroffen haben, so ändert bas daran nichts, daß ein ungleicher Zustand vorliegt. Und in der Frage deS Wahlrechts darf an keiner Stelle im Lande mit ver schiedenem Maß gemessen werden. — Ter Wallltermin ist nun mehr definitiv festgesetzt worden. Wie uns unsere Dresdener Redaktion telegraphiert, finden die Wahle» zur zweiten -tzammer am Donnerstag, 21. Oktober, statt. — Von der Agitation für die kommenden Landtagswahlen ist noch zu berichten: In einer am DonnerSragabeid im „Lindhoj" zu L.-Goh lis veran stalteten Versammlung der Freisinnigen Volkspartei sprach der im 2. Leipziger Landtagswahlkreise ausgestellte freisinnige Kandicat, Herr Lehrer Engler, über „Politische Tageösragen und unsere Stellung dazu." In der sich anschließenden Debatte zu den sehr beifällig auf genommenen Ausführungen wurde die Wahl Englers auf das wärm sle empfohlen. — Als Kandidat der Freisinnigen Volkspartei ist für den 8. städtischen Wakllreis Oschatz-W urzen der Kaufmann Gustav Haake aus Leipzig aufgestellt worden. — Im 10. ländlichen Wahlkreise DrcSden-A.-Land ist als gemeinsamer Kandidat der bürgerlichen Parteien der Kaufmann Behrens aufgestellt, der schon dem Landtag angehört hatte und vor kurzem aus der konservativen Partei ausgetreten ist, weil er ihre Haltung in der Reichsfinanzreform nicht billigen konnte. — Der Führer der Reformpartei in Sachsen, Zimmermann, der im 10. ländlichen und im 18. städtischen Wahlkreise ausgestellt war, wird nicht wieder im Landtag erscheinen. Er hat seine Kandidatur zurückgezogen, weil er als Mitglied des Reichstags eine Doppel kandidatur vermeiden möchte. * b'r. Neber den Termin der Einberufung des Reichstages verlautet, wie der „Franks. Ztg." aus Berlin gemeldet wird, noch nichts Bestimmtes. Es ist jedoch unwahrscheinlich, daß derselbe vor Ende November oder Anfang Dezember einberufen wird. Auch der prcu- ßischeLandtag wird erst, wie früher, im Ianua r cinbcrufcn. O. Herr Schack. Neber Herrn Schack ist nun doch das Schicksal hcreingebrochcn. Er ist endgültig zurückgetretcn von der Leitung des Deutschnationalen Handlungsgehilsenverbandes und soll auch das Reichstagsmandat niedergclegt haben. Er selbst begibt sich, wie au? Hamburg gemeldet wird, wegen N e r v c n z e r r ü t t u n g in eine Heilanstalt. Die Hamburger Ortsgruppe des Tcutschnationalen Handlungsgehilsenverbandes hat zu seiner Angelegenheit noch eine Entschließung gefaßt, in der es heißt: „Tief erschüttert durch die Vorgänge, die unserem Verbands vorsteher zu diesem Schritt fAmtsnicderleaungl geführt haben, können wir nach allem Guten und Edlen, was wir bisher von ihm in fahre-
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