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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.09.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190909058
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19090905
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19090905
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-09
- Tag 1909-09-05
-
Monat
1909-09
-
Jahr
1909
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Nebersctzung bringt, ist es ihm gelungen, von dem wirklichen Zustande der Armee und ihrer Führer ein klares, anschauliches Bild zu geben. Mit einer erschreckenden Deutlichkeit tritt der unheilvolle Einfluß zutage, den die Kaiserin Eugcnie und der phantastisch veranlagte Kriegsminister Palikao fern vom Schauplatz der Operationen auf den Marschall Mac Mabon ausgeübt baden, ebenso auch Mac Mahons wankelmütiges, durch höfische und dynastische Rücksichten veranlaßtes Verhalten, das planlose, ermüdende Hin. und Herzüge seiner Truppen zur Holge batte. Ueber- dics legte dem Marschall auch die Anwesenheit des kranken Kaisers Napoleon, der selbst nach Paris zurückzukehren wünschte, aber die Armee auf Veranlassung, ia man kann lagen auf Befehl der Kaiserin nicht ver lassen durfte und später auch nicht mehr verlassen wollte, manche Fesseln an. Wohl hatten manche Vorkommnisse in der französischen Armee wäh- rend des bisherigen Feldzuges den Führern Veranlassung gegeben, Be stimmungen zu erlassen, die die ausgetretenen Schäden heben sollten, aber die Gesamtheit des HecreS vermochte davon keinen Nutzen zu ziehen, weil, Ivie das französische Generalstabswerk sehr richtig sagt, im Kriege nur den Erfolg verspricht, was im Frieden geübt worden ist. Man dürfe daher nicht überrascht sein, so führt es weiter aus, wenn man in der Armee von Ebalons dieselben Erscheinungen wiedcrfinde, die die Nieder lagen im Elsaß, an der Saar und bei Metz herbeigeführt hätten, nämlich Minderwertigkeit des Oberkommandos, Unsicherheit in der Kriegsfüh rung und der Durchführung gefaßter Entschlüsse, schlechte Besehlsertei- lung, zu weitgehenden Einfluß des Geländes aus die strategischen und tak tischen Maßregeln, fehlerhafte Marsch- und Gefechtsformationen, mangel hafte Verwendung der Kavallerie, Unterlegenheit der Artillerie, Unkennt nis in der Verwendung der verbundenen Waffen, schlechte Organisation des Trains, sowie Unordnung und Unregelmäßigkeiten im Verpflegungs wesen. Noch drastischer schildert der General L'Hsviller diese Zustände. Er schreibt: „Niemals wußten die Tivisionsgcneräle, was man vorhatte, wohin man marschierte, wo der Feind stand und wie stark er war, und wohin der Rückzug gehen sollte, wenn man zu einem solchen gezwungen war. Die Offiziere des Gcneralstabes, die in ihre Hohe Stellung völlig vernarrt waren, zeigten sich unnahbar. Verlangte man Auskunft, so hüllte sich ein jeder in geheimnisvolles Schweigen, als ob Verrat zu be fürchten sei. Alle Marschbefehle enthielten fast nur dasselbe und be schränkten sich meistenteils einfach darauf, die Äufbruchszeit anzugeben, sowie die Marschordnung, das übrige überließ man dem Zufall. Auch das französische Generalstabswerk gibt zu, daß die Anwesenheit des Kaisers bei der Armee nur ihre Schwäche vermehrte, anstatt ihr Halt und Kraft zu geben. Napoleon hatte am 17. August den Oberbefehl niedergclcgt und dem Marschall Mac Mahon erklärt, er werde künftig nicht mehr in die kriegerischen Operationen eingreifen, Mac Mahon habe vielmehr einzig und allein sich mit Bazaine und dem Kriegsminister ins Einvernehmen zu setzen und von ihnen die Befehle zu empfangen. Tat sächlich hat Napoleon auch, wie Mac Mahon in seinen ungedruckten Er innerungen sagt, während des ganzen weiteren Feldzuges seine Meinung über die auszuführenden Operationen nicht mehr zum Ausdruck gebracht. Gleichwohl ließ sich aber Mac Mahon von seinem tief eingewurzelten Gefühl der Ergebenheit verleiten, vielleicht auch zum Teil von dem Wunsche, der Verantwortlichkeit überhobcn zu sein, allen gelegentlich ge äußerten Wünschen und Gedanken des Kaisers Rechnung zu tragen. Aus dieser Zwitterstellnng entsprangen dann Unsicherheit, Zögern im Fassen der Entschlüsse, und das war dann wieder der Grund für die Langsam keit der Operationen, auf welche zudem die schon erwähnten Eingriffe der Kaiserin Eugenie sowie des Kriegsministers Palikao einen höchst unheilvollen Einfluß ausübten. Hochinteressant sind weiter die ans den tatsächlichen Verhältnissen fußenden Ausführungen sS. 134 ff.s, nach denen sich die bisherigen, viel fach vorhandenen Anschauungen, als hätte der rechte Flügel des deutschen Heeres durch die Armee von Ebalons zertrümmert werden können, als irrig erweisen. Schon die Darlegung dieser bisher unbekannten Ver hältnisse und Tatsachen verleiht dem interessanten, glänzend geschriebenen Buche einen großen Wert und wird auch über den Kreis der Berufs soldaten reges Interesse erwecken. Auch die Schilderung des Gefechtes bei Nouart. an dem das sächsische sXtl.s Armeekorps unter dem damali gen Prinzen, späteren Könia Georg hervorragenben Anteil hatte, und vor allem der Schlacht bei Beaumont, in der Kronprinz Albert die Sachsen zum Siege führte, bringt, unterstützt durch gute Pläne, viel Neues. Auch die Schilderung de? Sieges der sächsischen M.s Reiterbrigade bei Buzancv über die französische Kavallcriedivisivn Ärahaut wird mit Interesse gelesen werden. So kann man denn das Buch nicht nur militärischen Kreisen zum Studium bestens empfehlen, sondern allen denen, die sich in jene Zeit vertiefen wollen, als das neue Deutsche Reich geboren wurde. Deutsches Reich. Leipzig, 5. September. * Neber den Termin der bevorstehenden LandtagSwahlcn sind in den letzten Tagen mehrfach widersprechende Mitteilungen durch die Presse gegangen. Wie die „Dresdner Korrespondenz" an maßgebender Stelle erfährt, finden die Wahlen bestimmt zwischen dem 20. und 2 6. Oktober d. I. statt. Diese Mitteilung dürste besonders wegen der nunmehr immer kräftiger einsetzenden Wahlagitation von besonderer Wichtigkeit sein. Der Termin der Wahlen ist vom Ministerium deS Innern deshalb etwas hinausgeschoben worden, um der Wahlagitation genügenden Spielraum zu lassen und um die schöne Jahreszeit noch abzuwarten, während der belanntlich Wahlversammlungen immer nur schwach besucht sind. Es ist dies nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem platten Lande der Fall, wo eS jetzt zur Zeit der Ernte viel zu tun gibt. Ganz irrig ist selbstverständlich die Mitteilung eines anderen Leipziger Blattes, wonach der Wahltermin deshalb noch nicht festgesetzt worden sein sollte, weil der betreffende vortragende Rat, Herr Geh. RegierungSrat Heink, von dem die Landtagsangelegenheiten be arbeitet werden, gegenwärtig noch auf Urlaub sei. Der oben angegebene Termin für die diesjährigen Landtagswahlen ist vielmehr schon seit längerer Zeit in Aussicht genommen worden, da die Festsetzung des Termins einer so wichtigen Staatsaktion selbstverständlich nicht von dem Urlaube des betreffenden Referenten abhängen kann. * Ter arme 8 11. Zu den vielen Leuten, die von dem mit Reckt so sehr beliebten 8 11 des Preßgefetzes etwas gehört haben, ohne in die Geheimnisse der Anwendung dieses Bericktigungsparagraphen ein gedrungen zu sein, gehört auch Herr Max Montag in Borsdorf. Dieser Herr war in einem, von den Vertrauensmännern des Bundes der Landwirte und dem Vorstand des Gemeinnützigen Vereins zu Bors dors an die Gemeindeoorstände deS 22. ländlichen Wahlkreises ver schickten und von uns wörtlich abgedrucklen Zirkular genannt worden. Daraus und aus den Bestimmungen deS § 11 deS PreßgeletzeS möchte Herr Montag das Reckt ableiten, uns zu einer „Berichtigung" zu zwingen. Unv zwar sollten, entiprechend einem Schreiben des Herrn Montag vom 4. September, wir uns selbst „berichtigen". Wir werden das nicht tun. Wer sich auf gesetzliche Bestimmungen beruft, mag auch lernen, sie aazuwcnden. AuS dem Inhalt dieser verunglückten Berich tigung sei aber doch mitgeteilt, das von uns abgedruckte Rundschreiben sei „ausdrücklich als „vertraulich" au die betr. Adressaten gelangt." Unv wir sollten erklären, eS sei von uns unterlassen worden, diesen vertrau lichen Charakter bei der Ausnahme „zu berücksichtigen". Wir stellen demgegenüber fest, daß das uns vorliegende Rundschreiben keinen Ver merk „vertraulich" enthält, unv daß uns überhaupt von einem vertrau lichen Charakter des RunvschreibenS nichts bekannt gewesen ist. Da gegen begreifen wir vollkommen, daß den Herren Absender» die Publi kation ihres Rundschreibens überaus peinlich ist. Wenn die Herren vom B. d. L. und vom Gemeinnützigen Verein zu BorSdorf übrigens der Meinung sein sollten, die politisch-ethische Beantwortung ihrer Zumutung an die Gemeindeoorstände werde durch Betonung der Vertraulichkeit ihres Rundschreibens zu ihren Gunsten irgendwie geändert, so wissen sie wohl gar nicht, wie komisch diese Ansicht ist. 8. Herr Ltzty »ter Den neue» Lanttag. Ueber die Aufgaben de- nächsten Landtages hat der Vizepräsident der Zweiten sächsischen Stände kammer Geh. Hofrat Opitz sich ia bemerkenswerter Weise vor seinen Wählern im 25. ländlichen Wahlkreis ausgesprochen. Darnach würden etwa 10 bis 15 Vertreter der breiten Masse, die nach dem bis jetzt geltenden Wahlrecht von einer Vertretung so gut wie ausgeschlossen war, wieder in den Landtag einziehen. Hinsichtlich der Aufgaben de- neuen Landtages herrsche noch ein gewisses Dunkel, so viel stehe aber beute schon fest, daß sie auch nicht im entferntesten an die der verflossenen Tagung heranreichen werden. Außer dem Etat sieben soaut wre gar keine Gesetzesvorlagen in Aussicht. Hinsichtlich desselben stehe zu er warten, daß eS dem Finanzminister auch diesmal trotz der erhöhten Anforderungen an den Staatssäckel und ker zu erwartenden vermin derten Einnahmen gelingen werde, ohne eine Erhöhung der direkten Staatssteuer auszukommen. Die vom letzten Landtage geforderte Neuregelung der Gemeindesteuern unv eine Reform des Schulwesens werde in der kommcnoen Tagung schwerlich er folgen, da die Arbeiten der Negierung wegen ver Schwierigkeit der Materie noch nicht zum Abschluß gelangt seien. Trotzdem dürften aber hierüber lebhafte Debatten zu erwarten stehen. In bezug auf die Volksschule stehe er auf dem Standpunkte, daß keine Mittel ge'cheut werven dürsten, wenn es gelte, das Volksschulwesen weiter zu vervoll kommnen. Nur müsse bann der Staat eingrersen, denn die Gemernven seien nachgerade an der Grenze ihrer LeistungStähigkest angelangt. Auch die Wünsche der Lehrerschaft seien Gegenstand eingehendster Er wägung. Zwei Punkte dürften aber bereits jetzt als auSgesckaltet gelten. Das seien die Schaffung einer konfessionslosen Schule und die Beseitigung der geistlichen Aussicht im Religions unterricht. Diese Bestrebungen würden sowohl bei der Regierung als auch bei der überwiegenden Mehrzahl der Abgeordneten kein Entgegen kommen finden. — Die nächsten Monate werden ja zeigen, ob Herr Opitz mit seinen Prophezeiungen recht hat! * Zur Landtagewahl. Im 20. städtischen LandtagSwahlkreise (Aue —Eibenstock—Schwärzenderg) hat der sostaldemokratische Kandidat, GeichäflSiübrer Adolf Hirthe-Aue, seine Kandidatur krank heitshalber niedergelegt. Eine demnächst statifindenve geniein'chast- liche Sitzung der Ortsverireter und des KreiSoorstanves wiro Vorichläge zu einem neuen Kandidaten machen. — Die vorläufig abgeschlossene Wählerliste für die Lanvtagswahl enthält für Frohburg 687 Wähler mit 1221 Stimmen, und zwar 350 mit 1 Stimme, 2l5 mit 2, 47 mit 3 und 75 mit 4 Stimmen. — In den LandtagSwabllisten für Lausigk sind 685 Wähler aufgeführt, unv zwar 279 mit je 1 Stimme, 240 mst 2, 64 mit 3 und 102 mit 4 Stimmen. — In Bautzen sinv insgesamt 4495 Wähler mit zusammen 9909 St Minen in die Wählerliste ein getragen. Davon haben 1177 Wähler je 4, 413 je 3, 1057 je 2 Stim men und 1848 je 1 Stimme. — In Aue haben 3301 Wähler, die in 6 einzelnen Wahlbezirken wohnen, 6119 Stimmen, und zwar 1800 je 1 Summe, 718 je 2, 249 ze 3 und 534 je 4 Stimmen. — Die für die Landtagswahl ausgestellte Wählerliste ergibt tür Zwönitz (Stadt) bei 798 Summberechligten 1400 Stimmen. Nieverzwönitz hak der 675 Stimmberechtigten 1157 Stimmen. O * Prinz Heinrich zum Grotzadmiral ernannt. Aus Arcona wird uns telegraphiert: Der Kauer beförderte heute nachmittag nach de- envetem Flottenmanöver den Chef der Hochseeflotte, Prinzen Heinrich von Preußen, zum Großadmiral unv ließ seine Großarmirals- flagge rurch die gejammte Flotte salutieren. * Der Fehlbetrag im Rcichshaushalt für 1908 mit 122 Millionen ist auffallend hoch, denn seit der Reichsgründung hat der Fehl betrag bisher nie 31 Millionen überschritten. Und doch würde das Defizit des Finalabschlusses 1908 leider noch größer sein, wenn die Summen, die nach der Verfassung als Matrikularbeiträge den Einzelstaaten zufallen, tatsächlich von diesen auch gezahlt werden müßten. Wie eine Berliner Korrespondenz berechnet, beläuft sich das Soll der Matrikularbeiträge für 1908 auf nicht weniger als 346 Mil lionen Mark. Ihnen stehen an Uebcrweisungssteuer 197,4 Millionen Mark gegenüber, so daß sich also ein weiterer Fehlbetrag im Reichsbudget von 148,6 Millionen Mark ergibt. Das gesamte Reichsdefizit beläuft sich demgemäß auf nicht weniger als über 270 Milionen Mark. Zieht man auch die 24 Millionen für die nicht zur Ausführung gebrachte Schuldentilgung ab, so bleibt für 1908 immer noch ein Gesamtfehlbetrag im Reiche von 246 Millionen Mark. Die Einzelstaaten werden ja diesmal nicht die Differenz zwischen Matrikularbeiträgen und Ueberweisungssteuern zu zahlen brauchen, da nach dem nsucsten Finauzgesetz ein sehr erheb licher Teil der Matrikularbeiträge gestundet und durch den Etat für 1910 auf Anleihe übernommen wird. Aber wie auch immer nach den neuesten Anordnungen sich das finanzielle Verhältnis des Reiches zu den Einzelstaaten für 1908 regelt, fest steht, daß der Gesamt sehlbetrag des Reiches für 1908 nicht 122 Millionen Mark, sondern mindestens das Doppelte ausmacht. * Nachsteuer für Streichhölzer und andere Zündwaren. Die „Nordbeustche Allgemeine Zeitung" schreibt: Nach dem Zündwaren steuergesetz unterliegen die Zündwaren, die sich am 1. Oktober im Be sitze von den Herstellern außerhalb der Räume ihres Fabrikbetriebes oder im Besitze von Händlern, Wirten, Konsumvereinen, Ka sinos, Logen usw. befinden, der Nachsteuer. Als Händler im Sinne der genannten Vorschrift sind alle Personen anzusehen, die Zündwaren in größeren Mengen angekauft baden, um sie nach dem 1. Oktober wieder zu verkaufen. Der Nach steuer unterliegen auch die Zündwaren in Automaten usw., die sich in den Privaträumen der Händler, Wirte usw. be finden. Von Zündkerzchen, die sich am 1. Oktober im Besitze von Straßenhändlern, Hausierern unv ähnlichen Kleinhändlern ohne festen Verkaufsstand befinden, bleibt der Vorrat bis 200 Stück in zum Einzel- verkaufe bestimmten Schachteln von der Nachsteuer befreit. Die zur Nachversteuerung verpflichteten Personen müssen die Vorräte spätestens bis zum 5. Oktober a. c. bei der Steuerhebestelle ihres Bezirkes schriftlich unter Angabe der Art der Zünrwaren, der Einzelpackungen und der in jeder Einzelpackung durchschnittlich enthaltenen Stückzahl, sowie deS Aufbewahrungsraumes anmelden. Vordrucke für Anmel dungen werden von den Hebcstellen unentgeltlich geliefert. Hinter ziehungen der Nachsteuer werden nach den Strafvorschriften deS Zünd- warensteuergesetzeS geahnvet. R. Polizeipräsident von Stubenranch s. Wie uns ein Privat telegramm melvet, ist am Sonnabendmorgen um 2 Uhr in Schierke im Harz der Berliner Polizeipräsicent von Stubenrauch, der ver dienstvolle frühere Landrat deS größten KceiseS der preußischen Monarchie, Teltow, nach längerer Krankheit gestorben. — Herr v. Stubenrauch ist nur 57 Jahre alt geworven. Erst im Vorjahre trat er von seinem Amt als Lanvrat zurück, um Polizeipräsident von Berlin zu werden. Da kam seine Krankheit und es wurde ihm unmöglich, die berechtigten Hoffnungen, die man an seine neue Tätigkeit knüpfte, zu erfüllen. Stubenrauch war ein weitblickenver Mann von umfassender Tatkraft und zielbewußter Energie. Er verstand es, immer seinen Willen durchzuletzen, war aber ein guter Sachverwalter der Interessen seines Kreises. Seine Politik ging darauf aus, bei der Entwicklung des Krei>eS Teltow vom Land- zum Großstavtkreise für daS Hinterland den besten Teil von der großstädtischen Entwicklung des Vordcrlandes zu sichern. So ließ er in seinem Kreise großartige Chausseen, weit über das momentane Bedürfnis hinaus, anlegen, errich tete Krankenhäuser und beteiligte den Kreis an der Gründung nützlicher Kleinbahnen. Sein Hauptwerk ist aber unstreitig der Teltowtanal, der mit vielen Hasenanlagen, Treivelverkehr und mustergültigen Schleusen über 40 Millwneu Mark gekostet hak. Tie Aussicht, daß immer mehr große Vororte aus dem Kreise ausscheiden werven, war für ihn be stimmend, den Bau deS TeltowkanalS zu beschleunigen, solange die Vororte auch zu den Kosten herangezogen werden können. Begreiflich sind die Vororte Rixvorf, Schöneberg, Wilmersdorf und Steglitz dem Lanvrat für viese Art einseitiger Fürsorge nicht eben dankbar gewesen. — Stubenrauch begann seine Karriere 1878, als er dem LandratSamte Potsdam als RegierungSasseffor zugeteilt wurve. Er erfreute sich der besonderen Gunst deS damaligen Prinzen Wilhelm, unsere» zetzigen Kaisers, der zu dieser Zeit BerwaltuugSstuvien in PotSvam trieb und bis zu seinem letzten Tage ist er ein ProiegS unsere- Kaiser« geblieben. Schon 1885 erfolgte seine Ernennung zum Landrat. Herr von Stuben rauch wurde auch ständig al« Ministerkandidat genannt und man er wartete immer seinen Eintritt ia die »große Karriere". Doch scheint e«, als sei ihm kein Wirkungskreis zu lieb gewesen, um ihn mit der rweiselbaften Ministerwürde zu vertauschen. Auch der Kaiser hat Siubenrauch, der den Kreis Teltow zu hoher Blüte brachte, wohl am liebsten vort gesehen. Er ehrte ihn vielfach, verlieh ihm 1900 den erb licken Adel und pflegte mit ihm freundschaftlichen Verkehr. Jeden falls ist mit Stubenrauch eine Persönlichkeit au« dem Leben ge schieden, deren segensreicher Tätigkeit besonder« der Krei« Teltow unend lich viel verdankt. * Die Deutsche Mittelstaudsvereinigung und Hansa-Bund. Der Vor st and der Deutschen Mittel st andsvereinigung hat olgenoe Erklärung beschlossen: „Der Vorstand der Deutschen Mittel- tandsvereiniaung hält die Ausführungen in dem Aufruf an die mittel- ländischen Organisationen in Nr. 32 der „Deutschen Mittelstands zeitungs aufrecht, sofern er die Organisation aller mittelständischen Kreise innerhalb der Deutschen Miltelstandsoereinigung un bedingt für not wendig erklärt und sofern er das Vorhandensein einer feind seligen Gesinnung gegen den Hansa-Bund inner halb der Reihen der Deutschen Mittel ft andsvereini gung verneint. Der Vorstand ist aber nach eingehender Prüfung der Verhältnisse der Ueberzeugung, daß die Deutsche Mittelstandsoereini- aung vom Hansa-Bunde nicht abrücken soll, da sie die gemein samen Interessen des erwerbstätigen Bürgertums sehr gut Schulter an Schulter mit dem Hansa-Bund vertreten kann." — Dieser Erklärung ist eine Begründung beigefügt, der wir nachstehendes entnehmen: „Der Hansa-Bund will ausschließlich die gemeinsamen Interessen von Gewerbe, Handel und Industrie ver treten und sie gegen alle Angriffe und Schädigungen schützen. Er will dem erwerbstätigen deutschen Bürgertum eine seiner wirtschaftlichen Be deutung entsprechende Stellung in der Gesetzgebung, Verwaltung und Leitung des Staates verschaffen. Mit diesen Aufgaben können wir uns einverstanden erklären, da ihre Durchführung auch unseren Zielen entspricht. Der Vorstand sieht in dem Umstand, daß eine Reihe von an gesehenen Männern des Mittelstandes in der Verwaltung des Bunde- ihren Platz gefunden haben, eine Gewähr dafür, daß das Programm des Bundes in der satzungsgemäß festgelegten Richtung durchgeführt wird; er erhofft von der Annäherung der Vertreter verschiedener Er werbszweige für die Zukunft eine Milderung bestehender Gegensätze zum Wohle der Gesamtheit. Würden die mittelständischen Kreise darauf ver zichten, innerhalb des Bundes vertreten zu sein, so läge die Gefahr nahe, daß bei den Aktionen des Bundes die Interessen dieser Kreise nicht ge nügende Berücksichtigung finden würden. Wir sind gewiß, daß diese Erwägungen, welche uns zu unserem Beschlüsse veranlaßten, von unseren Freunden im Reiche verstanden und ge würdigt werden." — Auch in Sachsen macht die Organisation des Hansa-Bundes immer weitere Fortschritte. Die drittesachsische Ortsgruppe des Hansa-Bundes wurde am Sedantage in Fran kenberg nach einem Vortrage des Herrn Syndikus Dr. Märtz- Dresden und empfehlenden Darlegungen des Herrn Kommerzienrats Schi eck unter Leitung des Herrn Fabrikdirektor Steiner gegründet. Weit über 100 Herren aus allen Kreisen haben sich der Ortsgruppe be reits angeschlossen. si. Fürst Bülow und das Enteignungsgesetz. Fürst Bülow sandte an den Chefredakteur des „Posener Tageblatts" folgendes Tele gramm: „Ich habe öffentlich und privatim eine verständige und vor sichtige Anwendung des Enteignungsgesetzes in Aussicht gestellt, aber selbstverständlich seine Nichtanwendung niemals versprochen. * Ostasien. Die hochoffiziöse „Südd. R e i ch s k o r r e s p." schreibt: „Der japanische Botichaster in Wien, Baron Uchida, hat sich im „Pestcr Lloyd" mit Entschiedenheit gegen die Ausstreuungen ge wendet, die der gegenwärtigen japanisch-chinesischen Verständigungs politik über die Beilegung einzelner Streitfragen hinaus eine Spitze gegen die weißen Mächte im fernen Osten zuschreiben wollen. Der Botschafter verweist namentlich die aus Petersburger Quelle geflossenen Meldungen von einer Militärkonvention zwi schen Japan und China oder von einem japanischen Protektorat über das Himmlische Reich ins Gebiet der politischen Märchen. Mit diesen Erklärungen des Baron Uchida stimmt das Urteil gewissenhafter Beobachter in Ostasien überein, die in dem berechtigten Streben Japans, und Chinas nach Klärung ihrer Beziehungen noch keineswegs einen aggressiven Zusammenschluß beider Reiche, gegen dhe Mächte der abendländischen Kultur er blicken. Es ist nicht überflüssig dies auszusprechen, da die japanisch chinesische Annäherung auch vereinzelt in der deutschen Presse recht schwer genommen wird. Solche Betrachtungen mögen noch so sachlich gehalten sein, es liegen immer Leute auf der Lauer, um die Artikel zu Kabel meldungen zu verdichten, die in der ostasiatischen Presse der von den Regierungen gewünschten und geförderten Pflege freundlicher Be- Ziehungen zwischen dem Deutschen Reich einerseits und Japan oder Ch.iM.anderseits entgegenwirken, und — wofür kein Anlaß vorliegt — gerade Deutschland zum Vorkämpfer Europas gegen die ost asiatischen Mächte stempeln sollen." — Schön. Wie wäre es nun, wenn die „S. R.-K." sich einmal über die Nützlichkeit des bekannten Kaiserlick- Knackfußschen Bildes „Völker Europas, wahrt Eure heiligsten Güter!" äußern wollte? * Folgen der Bicrsteucr. Der Verband der rheinisch-westfälischen Brauereien wird, wie wir hören, schon im Laufe der nächsten Woche, falls bis Montag mit den Gewerkschaften in der Angelegenheit deS Bierboykotts keine Einigung erzielt worden ist, zu einer all gemeinen Entlassung von Brauereiarbeitern schreiten. Von dieser Aussperrung sollen etwa 60 000 Arbeiter Rheinlands uud Westfalens betroffen werden. Ausland. Oesterreich-Nngarn. G Nene antitschechische Demonstrationen in Wien. Unterm 4. Sep- tember wird aus Wien gemeldet: Nach einer in der Mariahilfer Straße abgehaltenen Versammlung, die sich gegendietschechifchen Vorstöße in den letzten Tagen richtete, kam es gestern abend zu lärmende» Kundgebungen, denen jedoch durch berittene Wache bald ein Ende bereitet wurde. Ein Revierinspektor wurde dabei durch Stock hiebe mißhandelt, zehn Personen sind verhaftet. C) Eine Hochverratsaffäre? Aus Innsbruck wird telegraphiert: Großes Aufsehen erregt in politischen Kreisen der Einbruch in der Trienter Bank. Durch die vorgenommenen Haussuchungen wurden viele angesehene Personen als g-heime Irre dentisten kompromittiert. Es scheint, als ob die ganze Angelegenheit auf eine Hochverratsasfäre hinausläuft. Mehrere Generalstabsoffiziere aus Innsbruck sind zur Untersuchung herangezogen werden. Spanien« Q Die Kämpfe im Riff. Der „Matin" meldet aus Madrid: Der Minister des Auswärtigen erklärt, er glaube nicht, daß es bei Melilla Aufsehen erregende Kämpfe geben werde. Wir werden, ohne Verstärkungen nötig zu baden, die in dem Plan des Generals Marima angegebenen Stellungen besetzen. Die Operation werde vielleicht etwas langwierig werden, aber man muß berücksichtigen, daß es sich um einen Kolonialkrieg handelt. Den Riffionisten beginnt die Munition auszugehen, und sie werden schwerlich neue finden und daher nicht lange Widerstand leisten könne». s?s England. Angst vor deatschen Kellnern! Die Furcht vor der deutschen In vasion ist noch immer nicht vom Jnselreich verschwunden. Sie zeitrgt vielmehr immer wieder die lächerlichsten Phantasieblüten, was neuer lich aus folgendem Bericht hervorgeht: London, 4. September. sTel.s England ist abermals von einer „deutschen Kellnerpanik" befallen. Der „Daily Graphic" und „Daily Chronicle" machen sich über einen an die Mo natsschrift „Nation" in Arms eingesandten Artikel lustig. Die Zeit schrift ist das Organ der „National Service 'League", deren Präsident Lord Roberts, der Oberkommandierende der englischen Armee, ist. Ein Mitglied dieser Liga erzählt, ein Freund, der gut Deutsch versteht, habe in einem Londoner Restaurant gehört, wie ein am Nebentische sitzender Deutscher de» Kellner fragte: „Wo mobilisiert ihr?" Der Kellner antwortete „Sheerneß". Derselbe Freund be- schloß, am darauffolgenden Tage denselben Versuch zu machen. Er stellte in einem andern Restaurant dieselbe Frage. Der Kellner ant wortete: „Chatham". Die Zeitschrift fügt redaktionell hinzu, sie habe diese Zuschrift von durchaus zuverlässiger Seite erhalten.
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