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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.09.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-09-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191009116
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19100911
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19100911
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-09
- Tag 1910-09-11
-
Monat
1910-09
-
Jahr
1910
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Nr. 251. 104. Islirysny. ee!p;!yer Tageblatt. das zu seiner Erklärung anthropologischer Ursachen und Gesetzmässigkeiten bedarf. Freilich entlieht in jeder Ticrherdc bereits ein Kampf um die Führerschaft. Der Stärkere und Klügere geht als Sieger hervor. Der Führer hat Vorrechte auf Nahrung, Geschlechtsaenuss und Würde, dafür aber auch die Pflicht, die Herde richtig zu leiten und in Gefahr zu beschützen. Indessen beim Menschen der Urzeit schon wird aus diesem Kamps um die Führerschaft ein Kampf um Freiheit, Macht und Recht. Dabei braucht das Recht des Stärkeren nicht immer das Recht des Vollkommeneren zu sein. Eben sowenig bedeutet jede Anpassung immer eine Vervoll kommnung, weder in der organischen noch in der poli tischen Welt. Das ursprüngliche Recht stellte eine „Politik der Gewalt" dar. Einer war Herr, die anderen Sklaven. Damit war die erste Arbeitsteilung vollzogen. Eine Sonderung der Berufe war die wet tere Folge, eine Teilung nach Kasten, Ständen und Klassen schloss sich an. Als der Stärkste sich zum erstenmal zum Herrn über seine Horde, Mann nnd Weib und Kind machte, vereinigte dieser Vorgang in sich zwei politische und kulturgeschichtliche Ereignisse von der höchsten Be deutung: es vollzog sich gleichzeitig die Scheidung des ersten Standes vom zweiten, dritten und vierten nnd die Entstehung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dah diese Arbeitsteilung hygienisch von sehr zweifel haftem Werte ist, sei nebenbei bemerkt. Jedenfalls aber ist die Gliederung der Gesellschaft etwas durch aus Natürliches, auf den von Anheginn bestehenden Unterschieden in Geschlecht, Alter, Rasse, Konstitution Beruhendes. Friedlich hat sich, wie wir sehen, diese soziale Ent. Wicklung allerdings nicht vollzogen. Der Kampf war auch hier der Vater der Dinge. Dass der Mensch sich freiwillig zur Arbeit, d. h. zu einer regelmässigen, unangenehmen und anstrengenden Beschäftigung entschlossen hätte, das ist, wie uns der der Wissenschaft leider zu früh entrissene Dr. Welt mann belehrt^ in der sozialen Naturgeschichte etwas Unerhörtes. Immer ist ein Druck, ein harter und oft grausamer Zwang notwendig gewesen, um den Ar beitstrieb durch eine lange Reche von Generationen allmählich hcranzuzüchten und schliesslich aus dem Trieb ein natürliches Bedürfnis zu machen. Auch bei der Negerbcvölkerung unserer afrikanischen Kolonien beobachten wir wieder die angeborene Arbeitsscheu. Höhere Löhne bilden unter diesen Umständen keinen Ansporn. Erst Knechtung durch Generationen hin durch erzielt den Grundstock einer Arbeiterbevölkerung. Alle Politik, äussere wie innere, ist eine Entwick lungsform des Daseinskampfes, der beim Menschen mehr und mehr einen intellektuellen Inhalt erlangt hat. Nicht mehr ausschliesslich nach aussen gegen fremde Nationen richtet sich der Kampf. Konkurrenz besteht auch zwischen einzelnen Menschengruppen; um geistige Eurer, nm den Ideengehalt des eigenen Ich wird zwischen führenden Persönlichkeiten gerungen. Oefsentliche Meinungsverschiedenheiten führen zur Parteibildung. Es bildet sich eine politische Ideologie, die in Programmerklärungen der einzelnen Parteien niedergelegt wird. Konservatives und sozialdemo kratisches Parteiprogramm stehen sich gegenüber wie Feuer und Wasser. Das konservative Parteiprogramm betont die Autorität des Herrschers, die Berechtigung der historisch herausgebildeteten Verhältnisse in Staat und Kirche. Die Sozialdemokratie will das leit Ur zeiten bestehende Verhältnis zwischen Herrscher und Untergebenen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, revo lutionieren. Sie schwärmt gern von der absoluten Gleichheit alles dessen, was Menschenantlitz trägt, und versetzt damit unserem anthropologischen Wissen einen Schlag ins Gesicht. Nie wird herrschen das Volk, noch herrscht es; Denn lenkt es am Seil der Despot nicht, lenkt . es ein Schreier des Markts. Die Entwicklung der liberalen Parteien entsprang aus dem Kampf des dritten Standes gegen den Adel, das Zunftwesen und den absoluten Staat. Auf eine kurze Formel gebracht, lautet der Hauptprogammpunkt des Liberalismus: luisser tairs, isissc« oller! Der Staat soll in die freie Konkurrenz aller volkswirt schaftlichen Kräfte sich nicht einmischen, sondern diese Konkurrenz erleichtern. Indessen hat'sich der inter nationale friedliche Wettkampf der Völker viel zu kompliziert gestaltet, als dass er sich nach einer ein fachen Formel regeln liesse. Das Dogma von der alleinseligmachenden Wirkung des Freihandels ist durch die historische Entwicklung widerlegt. Das beweist natürlich nichts gegen den Grundsatz, dass das freie Spiel der Kräfte möglichst wenig durch hemmende Bestimmungen einzuschränken ist. Jegliche anthropologische Treibhauskultur ist vom Uebel. Dre am prächtigsten emporgediehenen Kulturblüten pflegen, arm an Samen, sich in ihrem eigenen Feuer zu verzehren. Am besten ist es, wenn das Aufsteigen aus den einfachen und gesunden Verhältnissen des Bauernstandes in die hohen Schichten der Auserlese nen der Nation sich nur langsam vollzieht. Ein un versiegbarer Quell der Regeneration liegt in einem Bauern- und Arbeiterstanoe, der in unmittelbarer Berührung mit der Natur seine geistigen Kräfte schont. Gesteigerte Echirntätigkeit ist der Fortpflanzung nicht günstig. Die Fruchtbarkeit eines Volkes aber ist von bedeutendem Einfluss auf seine politische und kulturelle Macht. Alle aufsteigenden Rassen zeichnen sich durch starke Vermehrung aus. Deutsches Kelch. Leipzig, 11. September. v. L. X. Die diesjährige Generalversammlung de» Evangelischen Bundes wird vom 25. bis 28. September gute Ausnahme in Chemnitz finden. Der Fest ausschuss, der sich aus den leitenden Persönlichkeiten aller Gesellschaftskreise von Chemnitz zusammensetzt, hielt am 7. September eine Sitzung, der Beratungen der Arbeitsausschüsse vorangingen und nachfolgten. Als Vertreter des Präsidiums des Bundes wohnte der geschäftssührcnde Vorsitzende Reichstags abgeordneter Everling den Verhandlungen und Versammlungen bei. — Im Festausschuss wurde mit lebhafter Befriedigung die innere Ausgestaltung der Bundestagung begrützt und namentlich hervorge hoben. dass getreu dem Bundesprogramm die ver schiedenen politischen und kirchlichen Richtungen des deutschen Protestantismus in hervorragenden Per sönlichkeiten zu Worte kommen. Das Interesse für die Veranstaltung ist so rege geworden, dass man be fürchten muss, die Säle des umfangreichen Kauf männischen Vereinshausts werden nicht in der Lage sein, die Scharen zu fassen. — Für Mittwoch, den 28. September, wird eine besondere Beteiligung er wartet, da abends bei gutem Wetter eine Feier in dem Schlossteichgarten geplant ist, die einen wirk samen Abschluss der Veranstaltungen verspricht. — Bei dem Wohnungsausschuh, z. H. des Herrn Stadt rat Wagner in Chemnitz, laufen täglich Anmel dungen ein, die eine bedeutende Teilnahme gerade in diesem Jahre in Aussicht stellen. * * Erlass des Kaisers an die Provinz Westpreussen. Der Kaiser richtete an den Oberpräsidenten der Provinz We st preussen, vonZagow, folgende Kabinettsorder: „In meinem Trink spruch auf die Provinz Westpreutzen beim Festmahl in Marienburg habe ich bereits ausgesprochen, wie wohltuend mich und die Kaiserin und Königin, meine Gemahlin, bei unserm Aufenthalt in Westpreuhen während der diesjährigen grossen Parade des 17. Ar meekorps der so warmherzige Empfang der Bevölkerung aus Stadt und Land berührt hat. Mit inniger Freude habe ich dabei unserm tief empfundenen, herzlichen Dank Ausdruck verliehen. Heute bei der Beendigung der vor mir abgehaltenen Manöver beauftrage ich Sie, von diesem Dank den Bewohnern der Provinz allgemein Kenntnis zu geben und den Teil der Bevölkerung noch meiner besonderen Anerkennung zu ver sichern, der trotz der recht erheblichen Ein quartierungslast die Leistungen der Truppen während der Manöver durch gute Aufnahme hat wirksam unterstützen helfen. Hier bei betone ich-gern, dass mir meine Provinz West preussen, zu der ich als Besitzer von Cadinen in so nahen Beziehungen stehe, auch fürderhin be sonders wert bleiben wird. Schlobitten, 10. Sep tember 1910. Kez. Wilhelm. I. X." * Ueber das Programm für die Reise des Kron prinzen nach Ostasien wurde nach den bisherigen An ordnungen, vorbehaltlich näherer Regelung der Ein zelheiten, folgendes »estgesetzt: Der Kronprinz wird nach der mit einem Aufenthalt auf Ceylon ver bundenen Seefahrt am 14. Dezember "1910 in Bombay eintrefsen. Es folgt ein Bs siech Indiens, wofür.eur Zeitraum von einigen Wochen, zur Verfügung steht. Wie sich der Besuch in Indien im einzelnen gestalten wird, bedarf noch näherer Be stimmung. Spätestens mit dem 14. Februar wird der Kronprinz von Kalkutta aus die Weiterreise nach Bangkok antreten. Unterwegs ist ein Aufenthalt in Singapore vorgesehen. Von Siam aus kommt ein Ausflug nach Java in Frage. In diesem Falle würde der Kron prinz von Java aus MitteMärzin Hongkong eintreffen und von dort aus noch nach Kanton und nachher nach Schanghai fahren. Daran würde ein mehrtägiger Be such Kiautschaus sich anschliessen. Die An kunft des Kronprinzen rn Peking ist für den 10. April, diejenige in Tokio um den 25. April gchrlant. Anfang Mai könnte dann die Rückreise über Sibirien angetreten werden. * Kaisermanöver. Bei Nogehnen fand Freitag abend noch ein schweres Nachtgefecht statt. Die blaue 36. Division nahm das Dors zeitweise in Besitz. Die rote 73. Brigade mit ihren bereitqestellten Re serven umzingelte Rogehnen von allen Seiten wieder und warf Blau hinaus. Sonnabendmorgen wollte Blau den südlichen Flügel von Rot bei Krünhagen eindrücken. Der Angriff wurde durchgeführt, verlies aber unglücklich. Die blaue 41. Division stiess auf die sehr starke Stellung der 2. roten Brigade und kam nicht vorwärts. Das Eintreffen der blauen 35. Division wurde verhindert, indem die rote 73. Brigade und Teile der roten 1. Brigade energisch gegen den linken Flügel der 35. Brigade einsetztcn. Blau musste zurück. Rot würde es wahrscheinlich bei weiterer Fortsetzung des Kampfes gelungen sein, von Norden das ganze 17. Korps aufzurollen, zumal oben die 36. blaue Division durch das Herumgreifen der 2. roten Division vollständig umfasst und zerdrückt wurde. Dagegen lam die blaue Kaoalleriedioision in den Rücken des Feindes, wo sie einige Vorteile gewann, wo aber ihre Absicht, das rote Hauptquartier in Ouittainen aufzu heben, nicht gelang. * Nationalliberaler Vcrtreiertag in Kassel. Wie es angesichts der innerpolitischen Verhältnisse nicht anders zu erwarten war, wird der national liberale Vertretertag in Kassel ausser ordentlich stark besucht sein und einen Zuspruch auf- zuweijen haben, der die vorangehenden Vertretertaae übertreffen dürste. Es ist das im Interesse der Partei nur zu begrüssen, denn es spricht sich in dieser, aus allen Teilen des Reiches zu erwartenden Anteilnahme das lebhafte Verlangen aus, über die politischen Verhältnisse und die Stellung der nationallibcralcn Partei zu ihnen upd anderen Parteien, sich gründlich auszusprechen. Je aus giebiger sich diese Aussprache vollzieht, um so nütz licher wird sie wirke». Da bei dem starken Besuch dir Unterkunft in Kassel am besten durch die Vermittelung des Herrn Parteisekretärs Fischer, Königstor 72, sich vollzieht, so sind alle diejenigen Herren, welche diese Vermittelung in Anspruch nehmen, gebeten, bei ihrer Bestellung die näheren Angaben (Preis, Zimmer mit einem oder zwei Betten, Höhenlage des Zimmers) nicht zu vergessen. O. Zur Fleischteuerung find dem Vernehmen nach in dem preussischen Landwirtschafts ministerium noch keinerlei Massnahmen gegen die Lebensmittelteuerung getroffen wor den. Der Landwirtschaftsminister befindet sich noch auf Urlaub. Ob die Regierung nach dessen Rückkehr Stellung zur Flcischteucrungsfrage nehmen wird, steht noch nicht fest. Unterdessen nimmt die Be wegung gegen die Teuerung einen leb haften Fortgang. Für Kurhessen will die dortige Landwirtschaftskammer einen kleinen Abhilseversuch machen. Dazu wird aus Kassel gemeldet: Um durch das Ausschalten der Kosten des Zwischenhandels die Fleischpreise etwas zu verbilligen, wird die Land wirtschaftskammer in Kassel nnd der Provinz in den nächsten Tagen eine besondere Niehverkaufsstelle auf dem Frankfurter Viehmarkt einrichten, und zwar zum direkten Verkauf von seiten der Produzenten. * Eine Erweiterung der Zündwarensteuer. Auf Drängen der Zündwarensyndikate beabsichtigt das Reichsschatzamt, Anzünder aller Art dem Zündwarensteuergesetz zu unter stellen. In Frage kämen die bekannten Taschen feuerzeuge, Herdanzünder, Pillenanzünder und andere Sorten. Von seiten der Hauptzoll- ümter werden bereits bei der beteiligten Industrie diesbezügliche Informationen ein geholt. Wie hierzu die „Rundschau für die Installations-, Beleuchtungsglas- und Blechindustrie" berichtet, hat eine gestern in Berlin tagende Versammlung der Feuerzeug-Industriellen nach einem Referate des Redakteurs Goldberg beschlossen, einmütig Protest gegen die geplante Besteuerung der Anzünder beim Reichsschatzamte zu erheben, da diese Steuer einer verhältnismässig jungen Industrie ihre Existenzmöglichkeiten rauoen würde. Der Hans abund, der in der Versamm lung vertreten war, sicherte den Beteiligten seine Unterstützung in dem Kampfe gegen die Steuer zu. O. Ein Protest der Presse. Gegen die in jüngster Zeit votgenömmeiiey'h e t a b s ey e st den A eusse- rungen staatlicher und kirchlicher Würdenträger gegenüber der deutschen Presse protestiert der Berliner Journalisten- und Schrift st elle^r verein (Urheberschutz) in einer Erklärung, in der es heisst: Diese Acusse- rungen verraten eine bedauerliche Verken nung der ernsten, weitreichenden Aufgaben der deutschen Presse; sie verraten aber auch einen bedauerlichen Tiefstand der kulturel len Anschauungen jener Kreise, aus denen die gedachten verletzenden Angriffe auf die deutsche Presse hervorgegangen sind. * Preussen und die Feuerbestattung. Die Nach richt, dass der preussische Landtag sich im Winter mit einem Gesetzentwurf über die Zulassung der fakulta tiven Feuerbestattung werde zu beschäftigen haben, beunruhigt die konservative Presse. Die „Kreuzztg." wendet gegen ein derartiges Vorhaben der Regierung ein: cs seien keine neuen Mo mente hervorgetreten, die einen Wechsel der bis herigen amtlichen Auffassung rechtfertigen würden. Die „Kreuzztg." vergisst hierbei den Wechsel im Ministerium des Innern, dessen neuer Chef als an- haltischer Staatsminister die Feuerbestattung im Herzogtum Anhalt ermöglicht hat. Der Amtsantritt des Herrn v. Dallwitz sollte auch der „Kreuzztg." als ein „neues Moment'^ gelten. Oder dürfen Minister wechsel nur dann unter die „neuen Momente" ge rechnet werden, wenn ihre Wirkungen sich auf die Finanzresorm beziehen? Sonntag, n. September 1910. * Der verband mittlerer Reichspost, und Tele- graphenbramten hält vom 12. bis 14. September im „Lehrervereinshaus" zu Berlin seinen 20. ordent- ichen Verbandstag ab. Der vorliegende Ee- chäftsbericht für das Kalenderjahr 1909 lässt er- ennen, dass dieser kür die Organisationsbewegung der Beamtenschaft bahnbrechend gewesene und aus dem Gebiete der sozialen Selbsthilfe vorbildlich tätige Verband sich auch im Berichtsjahre günstig weiter entwickelt hat. Der Mitgliederbestand ist um 2511 gestiegen und betrug Ende 1909 über 38 000. Dem entsprechend haben sich auch die Vermögensverhält, nisse vorteilhaft entwickelt; das Eesamtvermögen des Verbandes betrug am Schlüsse des Berichtsjahres über 1,6 Millionen Mark. Hiervon entfielen u. a. aus d.'n Verbandsreservefonds 72 047 -st, auf den Für- sorgcfonds für Lungen- und Nervenkranke 59 000 .K, auf die Fursorgekasse 218 384 und auf die Sterbe kasse 120 l 461 -st. Der Berbandstag wird sich mit einer gcosie» Reihe von Anträgen zu befassen haben, die Organisation und Bundesfragen betreffen, lieber die Verhandlungen werden wir eingehend be richten. * Kein Anspruch der Beamten auf Dienstzeugnisse. Der „Inf." wird ans Beamtenkreisen geschrieben: Die vielfach als strittig angesehene Frage, ob ein Beamter Anspruch aus ein Dienstzeugnis hat, ist kürzlich gerichtlich entschieden worden. Danach sind Klagen der Beamten, sowohl der Reichsbeamten als der mittelbaren und unmittelbaren Staatsbeamten gegen die vorgesetzte Dienstbehörde auf Erteilung ooer Berichtigung eines Dienstzeugnisses im Rechts wege unzulässig. Beamte haben überhaupt keinerlei Anspruch aus ein Dienstzeugnis zu erheben, und dementsprechend können sie auch keinerlei Entschädigungsansprüche wegen unrichtiger, ver späteter oder unterlassener Zeugniserteilung geltend machen. Der 8 630 des B.-G.-B. hat für Beamte keine Geltung, und lediglich für Klagen auf Aus zahlung der Dienstbezüge, die durch ihre Anstellung begründet sind steht ihnen der Rechts weg zu. * Die Strasprozehkommission tritt am 20. d. M. wieder zusammen zur Fortsetzung der Beratungen des Entwurfes der Strafprozessordnung in erster Lesung. Es wird gehofft, schreibt die „Neue politische Correspondenz", das; diese Beratungen in erster Lesung bis zum Wiederzusammentritt des Reichstages am 8. November beendet sein werden. Ueber die weitere geschäftliche Behandlung wird erst je nach dem Fort schreiten der Kommissionsberatungen im Reichstage befunden werden können. Auslanü. Oelterrellh-Unsarn. * Scharfe Angriffe gegen Iswolski. Ein Artikel der „Zeit", den man vielfach für inspiriert hält, macht in Wiener diplomatischen und politischen Kreisen grosses Aufsehen. Die .Leit" wirft Is wolski vor, dass er die Zusammenkunft Kaiser Wilhelms mit dem Zaren in einem deutschen Orte jetzt ebenso zu Hintertreiben suche, wie er im vergangenen Jahre den Zaren be wogen habe, auf seiner Reise nach Italien Oesterreich- Ungarn zu meiden. Allerdings fei der jetzige „unge heuerliche diplomatische Scherz des Herrn Iswolski" bis zum Augenblick noch nicht geglückt, deshalb suche Herr Iswolski für jeden Fall durch einen anderen Zcherz zu entschädigen. Zu diesem Zwecke habe er sich die beiden Wiener Botschafter Englands und Frankreichs nach München kommen lassest. Die beiden Diplomaten seien auch prompt aus Wien gekommen, im Münchener Hotel des Herrn Iswolski äbgestiegen, und haben, vom Augenblick ihrer Ankunft angefangen, den ganzen Nachmittag und Abend in Unterredungen mit dem russischen Minister verbracht, um am nächsten Tage wieder nach Oesterreich abzu dampfen. Weshalb? Natürlich nur wegen der österreichischen Balkanpolitik. Das aber ist eine Neuheit in der Diplomatie. Die in einem Lande beglaubigten Diplomaten gehören sozusagen in die Atmosphäre des Ministers dieses Landes. Sie sind nicht dazu da, mit dem Minister eines anderen Landes zu verkehren, denn dazu stehen ja diesem wieder die in seinem Lande beglaubigten Botschafter zur Verfügung. Iswolski wollte damit aber den Schein erwecken, als konspiriere er mit den Wiener Botschaften' Englands und Frankreichs gegen die österreichische Balkanpolitik. Gnglanü. * Drohende Aussperrung in der englischen Baum» Wollindustrie. Aus Manchester wird telegraphiert: Der Ausschuss des Derbanoes der Baumwoll spinnereibesitzer hatte beschlossen, die all gemeine Aussperrung in der gesamten In dustrie oorzuschlagen, falls die Angestellten den Schiedsspruch in dem lokalen Streit in Oldham ab lehnen sollten. Der Ausschuss des Verbandes der Baumwollspinnereiarbeiter, der am Freitagabend über diesen Beschluss des llnternehmerverbandes be- vierzehn Tage del Tolstoi. Der in Paris lebende russische Bildhauer Fürst Paul Trubetzkoi erzählt im „Gil Blas" man cherlei Interessantes über seinen Sommeraufenthalt in Iasnaja Poljana. „In jüngster Zeit", schreibt er, „weilte ich mit meiner Frau zwei Wochen bei Leo Tolstoi. Dieser Aufenthalt in Iasnaja Poljana hat auf mich einen grossen und tiefen Eindruck gemacht. Wir machten jeden Tag einen kleinen Spazierritt, der zwei Stunden dauerte. Während dieser Prome naden zu Pferde plauderte ich mit Tolstor. Es war wirklich interessant, ihn reiten zu sehen, wie ein junger Mann reitet. Wir kamen an Stellen, an wel chen ich fast zögerte, ihm zu folgen, obwohl ich ein geschickter und geschulter Reiter bin. Er schien ab sichtlich die gefährlichsten Stellen zu wählen. Ich konnte nicht glauben, dass dieser Mann 82 Jahre alt ist. Fortwährend gab er seine Freude über die Reize der wildromantischen Natur kund. Einmal fragte ich ihn, ob er Verse geschrieben habe. Er antwortete mir, dass er es für töricht halte, das Wort in ein solches Prokrustesbett zu pressen. Er habe sich aber doch einmal im Versemachen ver sucht. Als ich in Iasnaia Poljana eintraf, hatte ich nicht die Absicht, etwas nach Tolstoi zu model lieren. Als ich den alten Mann aber jeden Tag sah, kam mir der Gedanke, die Statuette, die ich vor zehn Jahren modellierte, noch einmal zu machen und Tolstoi wieder auf einem Pferde darzustellen; ich wollte diesmal aber die Person^ des berühmten Schriftstellers mehr hervortreten lassen, d. h. das Ross nur als eine Art Piedestal benutzen. So oft wir aus- ritten und wieder zurückkehrten, musste der Greis mir Mnige Minuten „sitzen". Während eines unserer Spazierritte fragte ich ihn, ob er nicht auch der An sicht wäre, dah der Mensch durch das, was man Zivilisation nennt, viel von seinen guten Eigenschaften verloren habe, und dass das Tier, das sich gewisse instinktive natürliche Gaben bewahrt habe, in gewisser Beziehung höher stehe al» der Mensch. Tolstoi fand diesen Gedanken nicht schlecht, meinte aber doch, dass der Mensch Vorzüge habe, die ihn hoch über das Trer stellten. Er habe z. B. das Gefühl des Mitleids und der Barmherzig keit; er müsste allerdings auch das der Keusch heit haben. Hierin war ich nicht seiner Ansicht, da ich der Ueberzeugung war, dass die Natur Gesetze habe, die alles, was der Mensch ersinnen könne, weit überträfen, und dass diese Gesetze der Natur mehr wert seren als die Gesetze, die der Mensch sich ge schaffen habe. Dann berührte die Unterhaltung andere Gegenstände; am Abend vor dem Essen kam Tolstoi mir entgegen und gab mir als Antwort auf unsere Unterhaltung ein Manuskript, das folgender, massen lautete: „Der Mensch ist, gleich allen lebenden Wesen, dem Gesetz des Kampfer ums Dasein unterworfen. Er ist auch, gleich dem Tiere, dem Gesetz der geschlechtlichen Reproduktion unterworfen; aber der Mensch findet in sich ein anderes Gesetz, das dem Kampfe ent gegengesetzt ist: das Gesetz der Liebe, und auch ein Gesetz, das der geschlechtlichen Verbindung zum Zwecke der Reproduktion entgegengesetzt ist: das Gesetz der Keuschheit. Gezeichnet: Tolstoi." Man staunt darüber, dass ein Mann in diesem Alter sich so jung erhalten hat. Er steht jeden Morgen um 7 Uhr auf, geht zwei Stunden lang spa zieren und kommt dann nach Hause; bis 1 Uhr schreibt er; nun folgt das Frühstück; bald darauf reitet er zwei Stunden lang spazieren; nachher schreibt er wieder bis zum Abend; dann plaudert er mit seinen Gästen bi« Mitternacht; manchmal spielt er auch Schach. Oft kommt «in Professor vom Moskauer Konservatorium zu Besuch: dann wird Musik gemacht. Wir sprachen einigemal über Musik und waren bezüglich der Oper einer An- sicht: dass nämlich die Oper nicht den Gipfel der Musik bedeutet, da sie den Komponisten nicht volle Freiheit lässt; die Musik ist ja ein Ausdrucksmittel, das sich selbst genügen muss und der Hilfe des Worte« nicht bedarf Tolstoi ist Vegetarier wie ich. Er meint, dah es grausam sei, einem Tier das Leben zu rauben, um dem Menschen einen Gaumenkitzel zu verschaffen. Hier sei das Tier wirklich dem Menschen überlegen, denn das Tier, das zu den Fleischfressern gehöre, töte ein anderes Wesen nur, um seinen Hunger zu stillen. Der Mensch dagegen lasse das Tier durch die Zucht gekoren werden, nur um es dann zum Tode verur teilen und seine Esslust befriedigen zu können. Er gelange dabei manchmal zu Grausamkeiten, die selbst das wildeste Tier nicht kenne. Der Mensch, der von Natur nicht Fleifchcsser sei, sei grausamer geworden als das fleischfressende Tier. Er sei nicht bloss gegen die Tiere grausam geworden, sondern auch gegen seinesgleichen. Bei dieser Gelegenheit erzählte ich Tolstor eine Geschichte. Ich hatte in meinem Hause in Petersburg Bären, und man riet mir, ihnen kein Fleisch zu geben, da sie sonst wild werden würden. Ich hielt das für durchaus richtig und fragte, ob man nicht auch annehmen könnte, dass der Mensch besser werden würde, wenn er kein Fleisch ässe. Die Gräfin Tolstoi teilte übrigens diese unsere Ideen nicht. Zu Tolstoi kommen fortwährend Bettler. Wenn ich am frühen Morgen das Haus verliess, sah ich an zwanzig Personen, die auf den Hausherrn warteten. Wenn dieser sich dann zeigte, sprach er mit jedem und gab jedem Geld. Was Tolstoi fort während quält, ist, dass er nicht so leben kann, wie er möchte. Er wünschte sich, ganz einfach und ohne alle Dienerschaft zu leben. Er findet es widersinnig, dass ein Mensch den andern bedienen soll. Eines Tages sagte er: „Ist es nicht traurig, dass ein Familienvater das kleine Söhnlein seines Herrn de« dienen mutz?" Während unseres Aufenthaltes hatte man der Gräfin zwei Pferde gestohlen. Die Gräfin wollte den Pferdedieb gerichtlich verfolgen lassen, während Tolstoi den Diebstahl ganz in der Ordnung fano: wenn man ihm alles gestohlen haben würde, sagte er, würde er gezwungenermassen so leben müssen, wie er es sich wünsche. Wenn er sich zu einem solchen Leben nicht freiwillig entschliesst, so tut er es nur seiner Frau wegen nicht; er gestand sogar, dass er schon^an eine friedliche Trennung gedacht habe, um ganz noch seiner Weise leben zu können. Es muss aber bemerkt werden, dass die Gräfin ihrem Manne treu ergeben ist, und dass sie ihn sehr verehrt. Während unseres Aufenthaltes erhielt Tolstoi aus Stockholm Briefe vom Präsidenten des Frie denskongresses, der ihn dringend bat, nach Schweden zu kommen. Tolstoi wäre der Einladung gern gefolgt, aber die Gräfin fürchtete, dass bei seinem hohen Alter die Anstrengungen der Reise für rhn zu gross sein würden. Aus diesem Grunde nur verzichtete er auf die Fahrt. * * Bom Leipziger Stadttheater. «Don Juans letztes Abenteuer". Drama in drei Akten von Otto Anthes, das als erste Novität der Spielzeit für Donnerstag den 15. September vorbereitet wird, ist der dramatische Erstling des in Lübeck lebenden Dichters. Das die letzte Phase der Don-Iuan-Sagc behandelnde Stück spielt in der Renaissancezeit. Der Erste, der die Sage dramatisch behandelte, war Tirso de Molina mit seinem 1620 geschriebenen „Spötter von Sevilla". Von Spanien wanderte der Stoff sehr bald nach Italien, von dort nach Frank reich. 1658 spielte man Dorimons „Festin de Pierre" in Lyon und 1665 erschien Molteres „Don Juan". Mozart führte den Stoff in die Oper ein und Grabbe verquickte ihn mit der Faust-Sage. Otto Anthes hat den Stoff in seinem Drama, ohne irgend ein übernatürliches Motiv zu Hilfe zu nehmen, durchaus auf die Basis des realen Lebens gestellt und die Sage in einer ganz eigenen, persönlichen Weise symbolisiert. * Auszeichnung. Auf der gelegentlich der 39. Wanderversammluny des deutschen Photo- graphcnvereins zu Elberfeld veranstalteten Ausstellung von photographischen Arbeiten wurden die von dem bekannten Luftschiffer Hauptmann Härtel-Leipzig vorgelegten Ausnahmen au» dem Lenk- und Freiballon als beste Ballonphoto« SM riet, ent reckt z Sachen * F, rincmin pesche t mehrere besondei Poinlär grossen Mitt, Deut bloss dc Franzos machen, bestritt, eine L, noch ui Wenn genäht Freund nung, Wasser Deut punkte seine ss mehr zu be zum < Gibral land r deshal schiffe Küsten Angri wäre löves die R Wenn Germ, bei sei und d der ei weder auf gc * Der ! beiter Staat schrift nar lebl schuss hat e Entlc bew würd hinnc darisi * gann Gefec ande esse. Flu diese Der gleit Flug dem kam des bei dunx Höh und techi tret Im Der vor Aus lun nisc l i, Bu Ko den s Un nis ma erö Au Pll au. eir da sei rn K D er di le m Ze K, E- de wi sch n sl s. T 6 r d
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