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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.09.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-09-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191009116
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19100911
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19100911
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-09
- Tag 1910-09-11
-
Monat
1910-09
-
Jahr
1910
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o Leipziger Tsgeblan. 3. SeUage. Sonnmy, 11. Sememver l9l0. «4. über 14S^ 116J66 Lank WILSa. Musik bedachte >SV 1! i: li i:'>027 10 392 4 788 Nitlergiiter in ist willkommen «der. or>. Mit- rela- Die vso). -. Wood» 2d.2Z's 8alö- ccr>«! teiuie» Z. !>!»«>»- ?«»k. 507 2VS St. (31 St. (32 190k Nichtwähler: Soz.: Bürger!.: kommen ferner bei den m. 2S1. l04. Istzrgaug. ?LlSlllLllVLtt 8LVL >os»t» r«?o 67'« S 1. Bezirk. Wahlber.: Bürger!. Wähl.: Sozialdem.: Nichtwäh!.: 4275 737 (17L>) 1130 (27-/o) 2408 (56L>) 2. Bezirk. Wahlber.: Bürger!. Wähl.: Sozialdem.: Nichtwähl.: 6330 1276 (20 A) 2023 (32 3031 (48 L,) Die Zahl der Nichtwähler, und sie dürften in der Hauptsache das liberale Bürgertum repräsentieren, war in beiden Kreisen weit höher als die Zahl der mittelständlerischen und sozialdemokratischen Stim men. Das Uebergewicht des Liberalismus in der 3. Abteilung beweist auch der Zuwachs der bürger lichen Stimmen, der im Jahre 1908 durch die Mit beteiligung der liberal gerichteten Gruppen (Fest ¬ igst 1t Ib7t 1t tb7t 1t >07t 1t lobi». ' 4460 S2.S0 4HLO 214 t Z'u 174t Z'_- 214'- Z'- 1921, 2t 241t 4 20et Zt 282 >i, Zt 2bbt 3t 1904 Nichtwähler: 10 064 Soz.: 9 747 Bürger!. 6 231 Der Sozialdemokratie Wahlen in der 3. Abteilung die schärfen Gegensätze innerhalb der bürgerlichen Parteien zugute. Es wird für immer ein vergebliches Bemühen bleiben, die einander auf politischem und wirtschaftlichem Gebiete widerstrebenden Gruppen dauernd zusammenzu spannen; eher werden sich Feuer und Wasser mit einander vertragen. Trotz aller dieser Hindernisse brachten die Wah len von 1908 seit langem einen bedeutsamen Sieg der Bürgerlichen. Mittelstandsver- St. (36 hat es die So- vereinsnschrlltzten. Im Christlichen Verein tnngrr Männer, Johrmnisvlatz 3, hält heute Sonntag, abends 8 Uhr, Herr Tr. Krebs einen Vortrag über: „Die wirtschaftliche Lage der Sachten vor der Völkerschlacht". Jedermann und der Eintritt frei. : Das rührige, aus die Pflege guter H. Bergersche Dilettanten-Orchester wünscht sich zu erweitern und nimmt neue Mitglieder auf, welche sich mit Lust und Liebe der Ausübung der Musik widmen wollen. Die Ber einigung darf auf eine erfolgreich« Tätigkeit zurückblickcn, die öffentlichen Konzerte, welche im Laufe der Jahre stattge- fundcn, legen bestes Zeugnis für das anerkennenswerte Streben ab. — Neumcldungen nimmt der verdienstvolle Leiter des Orchesters, Herr Heinrich Berger, L. Neustadt, Mariannen- stratze 7, gern entgegen. 140'» 2 108^ 2 184^ 2 .oneet ksebe- S8 A SS. sz.ro Sissi lSZWMdP MÄM.SÜ Trsuerleier für Emil Kieüderg. Leipzig, 11. September. Zn der P a u l i n c r k i r ch e wurde gestern nach mittag eine erhebende Traucrseier für den am Mitt wochabend Heimgegangenen Herrn Geheim rat Dr. jur. et theol. Emil Friedberg, ordent lichen Professor oes Kirchenrechts und des Staats rechts, in Gegenwart einer stattlichen Trauergemeinde abgehalten, der mit dem akademischen Senat der Uni versität Leipzig, soweit dessen Mitglieder zurzeit hier weilten, die Vertreter der staatlichen und städtischen Behörden, eine große Anzahl von Mitgliedern des Reichsgerichts, die Schüler des Verewigten, Kollegen und Freunde beiwohnten. Inmitten der Trauer versammlung sahen wir Kultusminister Dr. B e ck, sowie den König!. Regierungsbevollmächtigten der Universität Wirkt. Geheimrat Kreishauptmann Frei herr Dr. v. Welck, Rector magnificus Geheimer Hosrat Professor Dr. Hölder, Geheimer Hofrat Professor Dr. Str oh al, Dekan der juristischen Fa kultät, sowie Oberbürgermeister Dr. Dittrich, Bürgermeister Roth, Stadtverordnetenvorsteher Zustizrat Dr. Rothe. An dem mit Palmen und Blumen geschmückten Sarkophage hielten Mitglieder der Sängerschaft „Arion" und des Uni versitäts-Sängervereins zu St. Pauli die Ehren wacht: ringsherum aber hatten studentische Korpora tionen mit ihren Fahnen Aufstellung genommen. Nack einem Orgelvorspiel und dem Gesang der Mo tette des Thomanerchors hielt Herr Kirchenrat D. Hölscher die Gedächtnisrede: „Vor wenigen Monaten stand ich an dem Sarge Gottlieb Plancks in Göttingen, um dem schöpferischen Mitbegründer des Bürgerlichen Gesetzbuches ein segnendes Mort des Gedächtnisses nachzurufen, heute vereint uns an dieser Stätte die Traucrseier um den hochverdienten Rechtsgelehrten und Kirchenrechts lehrer Emil Friedberg, auf den das Wort Davids, daß ein Großer, ein Fürst gefallen sei, einen leben digen Widerhall in den Herzen der tiefgebeugten Witwe und der Kinder, seiner mittrauernden Kol legen, seiner dankbaren Schüler und Freunde findet. Aver wir trauern als Menschen, die wissen, daß nicht nur der Tod seine gewaltige Sprache geredet hat, vielmehr der Herr des Friedens. Daher stehen wir an dieser Stätte und legen seine Verheißung auf den Sarg aus Hiob 5 Vers 26: ,jDu wirst im-Alter zu deinem Vater kommen: wie Karben werden ein geführt zu seiner Zeit." Wir dürfen rühmen, daß sich das vollendete Leben des Heimgegangenen als eine reiche Garbe darstellt. Der Entschlafene, am 22. Dezember 1837 in Könitz geboren, verlor früh zeitig seinen Vater. Mit dem siebenjährigen Knaben zog die Mutter nach Berlin, um ihn dort bei dem Onkel, dem ausgezeichneten Juristen und Staats minister Heinrich von Friedberg erziehen und dann in die juristische Laufbahn einrücken zu lasten. Als 25jähriger habilitierte er sich, kam nach Halle und Freiburg im Breisgau, und folgte dann einem Rufe an die Universität Leipzig. Da wurde er der Unsere, wurde er ganz Leipziger Bürger. 41 Jahre hindurch ist er der Universität erhalten geblieben, der geliebte und geehrte Staats- und Kirchenrechts lehrer. Was er hier gearbeitet und geleistet hat, auf dem Gebiete der Kirchengeschichte und des öffentlichen Lebens, das wird ein berufener Mund kund tun. Wir aber kennen, was er bis zum letzten Atem, mit scharfem Verstand, mit vielseitigem Wissen und mit unermüdlichem Fleiß bewirkt hat. Das ist sein großes Verdienst, daß er das protestantische Kirchen recht zu neuen Wegen geführt, daß er durch seine Wissenschaft zu einem geachteten Mitarbeiter auf diesem Gebiete geworden. So steht er vor unserer Seele, so kennen wir ihn immerdar schaffend bis zu seinem letzten Wort: „Ich muß arbeiten; ich will ar beiten." Gewissenhaft in seinen Arbeiten, seinen Kollegen e'n geschätzter, stets bereiter Mitarbeiter, seinen Schülern ein wohlwollender Berater und väterlicher Freund, seinen Bekannten ein der Ge selligkeit sich öffnender Mann, so steht er vor uns. Was er den Seinen gewesen, der Gattin, mit der er 43 Jahre in Liebe verbunden, den Kindern als ein treu fürsorgender Vater, das bleibt unvergessen. So kennen wir ibn, und dennoch, angesichts des Todes ailt es. zum lebendigen Kott aufzuschauen und die 5>and des Lebens durch Jesnm Christum zu ergreifen, ^n die versöhnende Knade Gottes legen wir seine Seele." Nunmehr ergriff der Dekan der juristischen Fa kultät Herr Geh. Hofrat Professor Dr. Strohal das Wort: Etlvas Delikates! Gekochte frische Pflaume« und ÜHvNÜLMM-tljlellülimmm, Versuchen Sie's gleich morgen! Mondamin überall erhältlich L 60, 30 und 15 Pfa. Rezept-Büchlein gratis und franko von Brown Polson, Berlin 0. 2. »»escr lml«» vlitodv 1"» iOZI- 2°ü 1881« 3 „Schwere Trauer hat die Leipziger Juristenjakul- tät durch den Heimgang ihres verehrte» Seniors er- griffen, der durch mehr als 40 Jahre ihr angehörte, und jein bestes Wissen und seine besten wissenschaft lichen Kräfte ihr widmete. Im Jahre 1911 sollte sein goldenes Doktorjubiläum gefeiert werden, und schon rüstete sich die Fakultät, allein es sollte nicht sein. Aus weiter Ferne komme ich hierher, um an dieser Stelle dem Freund und Kollegen das letzte Ab schiedswort zuzurufen. Ein Mann von profunder lhelehrsamkeit hat Emil Friedberg zugleich eine be wundernswerte Schärfe und Klarheit entwickelt, früh gereift, selbst sicher und zielbewußt, war es ihm ver gönnt, schon früh eine führende Rolle zu führen. Er hat diese Rolle hervorragend weiter behauptet. Seine Arbeiten und Lehrbücher haben seine Ueber- legenheit immer von neuem bekräftigt und befestigt. Er war, obschon der Gelehrtenberus es mindert, doch bedacht, daß durch den Schimmer der Romantik und durch das mystische Halbdunkel die Gelehrten forstung mit allen Mitteln hindurchleuchtet. Er war nicht gebannt an die Erenzpfähle des Rechts; er reichte überall hin. Er war ein Führer der aka demischen Fakultät, Dekan und Rektor, überall haben wir seiner Stimme gefolgt. Wo er Rat erteilte, waren wir wohlbehalten. Er war ein Freund der Echtheit, Wahrheit, Klarheit, und zu einer Freude wurde es, seiner Beredsamkeit zu folgen. Sein un bestechlicher Wahrheitssinn, sein treuer Sinn für seine heißgeliebte Familie, für die Fakultät und für die Universität, nahmen sein ganzes Herz in Anspruch. So verlieren wir unendlich viel an ihm, nicht nur einen ausgezeichneten Lehrer und Gelehrten, einen bewährten Führer in akademijchen Dingen, sondern auch einen treuen, zuverlässigen Kollegen und Freund, und erfüllt von dieser treuen und oerehrungsvollen Gesinnung legen wir Len Lorbeerkranz an dem Sarge mit dem Gelöbnis nieder, daß wir des Freundes immer in Treue gedenken werden." Im Namen der theologischen Fakultät widmete Herr Geheimer Rat Professor Dr. jur. et phil. Albert Hauck dem Heimgegangenen Ehrendoktor ein war mes Gedächtnis, dabei die Beziehungen des Ge schiedenen zur theologischen Fakultät berührend, und die unbedingte Sachlichkeit seiner Auffassung und der Wiedergabe seiner Forschung rühmend. Wie er, so legte auch Herr Geh. Kommerzienrat Zweiniger einen Lorbeerkranz an der Bahre nieder. Bei der Entwickelung unseres wirtschaftlichen Lebens ist Emil Friedberg, als er das Amt eines Rektors und Prorektors an unserer Universität bekleidete, auch der Gründung der Handelshochschule nahegetrcten und hat den zweiten Vorsitz im Senat geführt. Seine hohen Eigenschaften befähigten ihn, zur Entwicklung und Ausgestaltung der Handelshochschule mitzu wirken. Der Senat der Handelshochschule beklagt in ihm einen lieben Kollegen, einen weisen Berater und Freund und die Studentenschaft einen Lehrer, dessen Tätigkeit ihr von reichem Segen gewesen. Nachdem legten Herr Professor Dr. phil. Settegast im Rainen des OoIIsxiuru boata« Äariso virxiiiis, Herr Land. med. Voehme im Namen des „Paulus" und Herr Stud. jur. Kießling im Namen des „Arion", Kränze am Sarge des Heimgegangenen nieder. Mit einem kurzen Trostwort und Gebet des Herrn Kirchenrat v. Hölscher, und dem gemein samen Oiesang der Pauliner und Arionen „Ueber allen Wipfeln ist Ruh'" schloß die Feier. Nach Beendigung der Trauerfeier formierte sich im Hofe des Augustcums der Kondukt unter Assistenz der „Pietät". Voran schritten die Chargierten der Leipziger Korporationen mit den Bannern, dann folgte der Träger des Ordenskissens, hinter diesem der mit vier Pferden bespannte Leichenwagen, dem wiederum die lange Reihe Equipagen mit den Leid tragenden und dem übrigen Traueraefolae folgten. Der Weg führte über den Augustusplatz, den Erim- maischen Steinweg, den Johannisplatz und die Hospitalstraße nach dem Johannisfriedhof. Ueberall aus dem Wege bildete eine große Menschenmenge Spalier. Auf dem Friedhof wurden die sterblichen lleberreste des großen Gelehrten auf dem Begräbnis platz der juristischen Fakultät der Universität beige setzt. Kirchenrat v. Hösscher sprach Gebet unv Segen, dann war die kurze Feier beendet. Vie Stsüwerorünetenmshlen in üer 3. Abteilung. Im Jahre 1908 zählte Leipzig 37101 Bürger. Diese Zahl hat sich indessen wesentlich erhöbt und es darf beim Abschluß der diesjährigen Wählerliste auf ca. 42 000 Wahlberechtigte gerechnet werden. Die beträchtliche Zunahme erklärt sich teils aus der Einverleibung weiterer Vororte, teils ist sie auf die lebhafte Wahlagitation -urückzuführen, die diesmal besonders früh einsetzte und zurzeit in der Werbung von Bürgern ihre zweckdienliche Aufgabe erblickt. Nicht weniger als80ProzentallerBürger sind Wähler der 3. Abteilung. Im Jahre 1908 hatten 29 617 Wähler dieser Klasse die gleiche Zahl von Abgeordneten zu wählen als 5603 Wahlberechtigte der 2. Abteilung und 1881 Wahl berechtigte der 1. Abteilung. Das Leipziger Stadt verordnetenwahlrecht besitzt einen ausgeprägt plutokratischen Charakter; gibt es doch einem Bürger in der 1. Abteilung das 16fache und einem Bürger der 2. Abteilung das reichlich öfache Stimmengewicht eines Wählers der 3. Abteilung. Dazu kommt noch, daß es ein Klassenwahlrecht ist. Von vornherein ist ein Drittel der Sitze den Höchstbesteuerten eingeräumt und ein zweites Drittel ist sicherer Besitz des städtischen Grundbesitzes, dem die Grundsteuer als Steuerlerstung angerechnct wird. Auch die Sozialdemokratie kommt auf ihre Rechnung. Bis auf wenige Sitze hat sie die 3. Ab teilung an sich gerissen, und nur der unansässige Mittelstand ist vollständig ausgesckaltet. Viel Ver bitterung hat dieses Wahlgesetz schon gezeitigt, und selbstverständlich übt es auch eine verhängnisvolle Rückwirkung auf die politischen Wahlen aus. Die Sozialdemokratie versäumt bei keiner Wahl, auf diese Entrechtung der großen Maste des Bürgertums hin- zuweiken, recht gut wissend, daß ihr diese Taktik un gezählte Mitläufer zuführt. Daher ist auch aus nationalem Interesse dringend zu wünschen, daß unser Stadtverordnetenwahlgesetz, die verschlechterte Auflage Les verflossenen Landtags wahlgesetzes und auch gleich diesem ein Produkt übertriebener Sozialistenfurcht, recht bald in der Ver senkung verschwindet. Während nun die Wähler der 1. und 2. Abteilung nur in einem Wahlkreise, der sich über das ganze Stadtgebiet erstreckt, ihre Stimmen adgeben, sind für die 3. Abteilung 4 Wahlkreise geschaffen worden, in denen je zwei Abgeordnete zu wählen sind. Aus der Mage tretenden Wahlkreisgeometrie ist unschwer zu erkennen, daß zwei Bezirke den Bürgerlichen, zwei den Sozialdemokraten zugedacht sind. Es ist ja auch ein teilweiser Sieg der bürgerlichen Wähler in der 3. Abteilung möglich, wie die Wahlen von 1908 be weisen. Ein genaueres Studium der Wahlergebnisse von 1904, 1906 und 1908 beweist übrigens, daß die Stärke der Sozialdemokratie bei den Stadtverorv- netenwahle» erheblich überschätzt wird. Noch nie hat sie es in einem Wahlkreise auf die absolute Mehrheit gebracht, und wenn heute noch das allgemeine, gleiche Wahlrecht für die Stadtoerord netenwahlen Geltung hätte, so be säße die Sozialdemokratie überhaupt keinen Vertreter im Stadtparlamcnt. Im 1. Wahlkreise erhielten die Sozialdemokraten 1904 von 4113 Wahlberecht. 1097 St. (27 L-j 1903 von 4275 Wahlberecht. 1130 St. (26 A,) 1908 von 4324 Wahlberecht. 1444 St. (33 Im 2. Wahlkreise fiele» auf die SozialLemorratie im Jahre 1904 von 5788 Wahlberecht. 1808 1906 von 6330 Wahlberecht. 2023 1908 von 6614 Wahlberecht. 2397 Selbst im 3. und 4. Wahlkreise zialdemokratie npch nie auf 50 Prozent der gesamten Wählerschaft gebracht. Die Zunahme der sozialdemo kratischen Stimme» im Jahre 1908 erklärt sich daraus, daß im letzten Wahlkampfe mit Aufbietung aller Kräfte gearbeitet wurde; zudem muß hervorgehoben werden, daß auch der Prozentsatz der bürgerlichen Parteien eine noch bedeutendere Steigerung erfuhr. Vorstehende Zahlen sind scheinbar schwer vereinbar mit de» auffälligen Erfolgen der Sozialdemokratie in der 3. Abteilung. Wer aber nur einigermaßen vertraut ist mit den Zuständen in dieser Klasse, findet oarin durchaus nichts Ueberraschendes. Viele bürger liche Wähler sind über das städtische Wahlgesetz so erbittert, daß sie sich verschworen habe», überhaupt nicht mehr an dle Wahlurne zu treten. Aus diesem Grunde ist die Zahl der Nichtwähler in der 3. Ab teilung geradezu erschreckend. Im Jahre 1904 übten von 26 042 Wahlberechtigten nur 15 978, im Jahre 1906 von 28 207 nur 15180 ihr Wahlrecht aus. Die Zahl der Nichtwähler überstieg in beiden Fällen die Zahl der sozialdemokratischen Stimmen. M.bSM.R einigung und Festbesoldete hatten sich in einer glück liche» Stunde gefunden und traten als völlig pari tätische Gruppen in den Wahlkampf ein. Die Niederlage von 1906 hatte anscheinend die Mittel standsleute entgegenkommender gestimmt. Die So zialdemokratie verlor 4 Sitze und vermochte sich nur im 3. und 4. Wahlkreise zu behaupten. Läge es denn nun nicht nahe, Las Bündnis von 1908 zu erneuern, da es doch einen so schönen Erfolg zeitigte? Diese Meinung hört man des öfteren aussprechen und besonders von Leuten, die bei diesem Kompromiß nichts zu verlieren, die im Gegenteil dabei nur zu gewinnen haben. Für die Mittelstandsoereinigung wäre diese Taktik nur loh nend, indem sie ihr eventuell unverdienterweise wieder zwei Sitze etnbrächte, auch das so ängstlich ge hütete Gleichgewicht zwischen 1. und 2. Abteilung ge wahrt würde. Die Festoejoldeten und verwandten Gruppen, die zum überwiegenden Teile liberalen Anschauungen huldigen, erhielten allerdings auch zwei Eitze, aber sie würden sich durch das wider natürliche Kompromiß einer berechtigten scharfen Kritik aussetzen. Da das Bündnis von 1908 auch ihren sonstigen Erwartungen keineswegs entsprochen hat, so wäre es doch sehr fraglich, ob die zwei Sitze im Stadtparlament ein Aequivalent bedeuten für die Einbuße an politischem Renommee, die die liberalen Wähler der 3. Abteilung erleiden würden, wenn sie sich nach den Vorgängen der letzten zwei Jahre zur Abwechselung wieder einmal mit den Mittelständlern vertrügen. Doch abgesehen vom Nühlichkeitsprinzip! Aus schlaggebend für die Erneuerung des Bündnisses muß doch in erster Linie die Frage sein, ob überhaupt Aussicht auf Erfolg vorhanden ist. Eingeweihte müssen die Möglichkeit eines solchen verneinen. Die derzeitige Lage stellt sich doch ganz anders dar als im Jahre 1908. Damals standen die Wahlen noch unter dem Eindrücke der Reichstagswahlen. Die Blockpolitik wirkte versöhnend auf konservative und liberale Elemente. Die Sozialdemokratie aber hatte an Sympathien verloren. Von Grund aus aber änderte sich die Si tuation durch die Steuergesetzgebung des Reiches. Die Sozialdemokratie wurde zum Fürsprecher der wirtschaftlich schwächeren Volksklajsen. Wohl haben auch die Liberalen gegen das Finanz- resormgesetz gestimmt und versucht, durch energisches Eintreten jür Las Erbanfallsteuergesetz Lie Lasten auf die tragfähigen Schultern zu wälzen; aber sic haben es nicht in dem Maße verstanden, sich als Hüter und Wahrer der Dolksinteressen in de» Vordergrund zu stellen, wie Lie Sozialdemokraten. Allen Kredit in Len unteren Volksschichten aber haben begreiflicher weise die Konservativen und die ihnen verwandten Kruppen verloren; was zur Genüge die Landtags wahlen bewiesen haben. Freiltch lehren die Nach wahlen zum Reichstag auch, daß die erbitterte Wählerschaft in ihrem Zuge nach links den Liberalis mus vielfach überspringt und zur Sozialdemokratie übergeht. Auch unsere Kommunalwahlen in der 3. Abteilung werden einen starken politischen Einschlag haben. Die Steuergesetzgebung und Fleischverteuerung wer den auch in diesem Wahlkampf« ins Treffen geführt werden, und die Mitielstandsvereinigung, di« es fertig brachte, sich bei den Landtagswahlen an den konservativen Wagen zu hängen, wird dieses Be ginnen nochmals zu büßen haben. Es wäre nun ge radezu Selbstmord, wenn der Liberalismus gelegent lich per Stadtverordnetenwahlen sich an die Seite der im Rufe konservativer Gesinnung stehende» Mittel ständler stellen wollte: Nicht bloß die Rückwirkung auf den Liberalismus selbst wäre in Bettacht zu ziehen, sondern es wäre auch mit Gewißheit auf einen Mißerfolg zu rechnen. Zwei Gruppen würden sich bilden, von denen die Linke ein bedeutendes Ueber gewicht erzielen würde. Höchst erfreulich ist es daher, auch im nationalen Interests, daß der geeinte Liberalismus auf dem Platze erscheint und eigene Kandidaten aufstellt. Nur ein entschiedener, mit einem fortschritt lichen und klaren Programm ausgerüsteter Liberalis mus kann der Sozialdemokratie begegne» und die Wählermasten an sich ziehen. Die Mittelstandsvereinigung dürfte in der 3. Ab teilung kaum auf einen Achtungserfolg zu rechnen haben, und doch erscheint es wünschenswert, daß sie mit einer Sonderliste hervortritt. Die Sozialdemo kratie würde bei Lieser Stellungnahme von keiner Seite Mitläufer zu gewärtigen haben und es schwer lich auf die Stimmenzahl von 1908 bringen. Jeden- falls würde ein weiteres Anwachsen der sozialdemo kratischen Stimmen ausbleiben und damit das libe rale Uebergewicht über die Sozialdemokratie ge sichert sein. Der Anhang der Mittelstandsvereinigung in der 3 Abteilung ist unbedeutend, was aus dem Wahl resultate von 1906 deutlich hervorgeht. Damals zei tigte die Wahl in der 3. Abteilung folgendes Er gebnis: c.u.'kvou 12S.'--4 1«.- IlLTS ML, - W1- i -»I MR IP ZI besoldete, Handlungsgehilfen, nationale Arbeiter usw.) herbeigeführt wurde; er belief sich im ersten Wahlkreise auf 1110 und im 2. Wahlkreise auf rund 1600 Stimmen, und er wäre noch beträchtlicher aus gefallen, wenn das Kompromiß mit dem Mittel stände für die Linksliberalen akzeptabel gewesen wäre. In jedem der beiden Wahlkreise gab es noch über 1000 Nichtwähler. Es gilt der Sozialdemokratie möglichst viel läufer abwendig zu machen, damit sie nicht die tiv höchste Stimmenzahl auf sich vereinigt. Sozialdemokratie ist erfahrungsgemäß nur dann stark, wenn sie auf Mitläufer zählen kann, und diese Er scheinung würde zutage treten, wenn der bürgerliche Mischmasch wieder zustande käme. Die Darlegungen beweisen, daß ein Sieg der liberalen Parteien in der 3. Abteilung möglich ist, daß aber auch nur ei» gesondertes Vorgehen des geeinten Liberalis mus zum Ziele führen kann.
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