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ist der badische Fuß in derselben Absicht entstanden; man wollte einen Theil des Meters als Fuß und wählte einen solchen Theil, daß die erhaltene Größe dem Mittelwerth der alten Fuße möglichst nahe kam. Daher denn auch die Sympathie für den badischen Fuß, die sich verschiedentlich ausgesprochen hat. Betrachtet man aber die Sache näher, so zeigt sich bald, daß die nothwendige lxichte und bequeme Vergleichung des badischen Fußes von 0.3 Meter Länge mit dem Meter nur bei dem Längenmaß statthat, nicht aber auch bei den Quadrat- und Kubikmaßen, indem der Quadratfuß den 11'/, Theil des Quadratmeters und der Kubikfuß den 37'/„ Theil des Kubikmeters bildet. Die Annahme des Fußes von 0.3 Meter läßt überdies keinen direkten Zusammen hang mit dem jetzt in Deutschland beinahe allgemein eingeführten Pfund (7- Kilogramm) zu und gestattet keine einfache Ableitung der übrigen Maße, wie dies z. B. bei dem Großh. Hessischen Maß- und Gewichtssystem der Fall ist. Diese Mißstände waren denn auch die Ursache, daß man in anderen Staaten, z. B. in Nassau, zwar den badischen Fuß, aber nicht das ganze badische System annahm. Es unterliegt keinem Zweifel, daß das Bestreben eine Längeneinheit, die den bestehenden Fußmaßen möglichst nahe kommt, vom Meter abzuleiten, große Verwirrung in die ganze Sache gebracht hat. Wir sind der Ansicht, daß die Größe des Fußes das entscheidende Moment für den Aufbau des ganzen Maß- und Gewichtsystems nicht bildvn könne. Der Großh. hessische Fuß von 25 Centimetern Länge ist einer der kleinsten, er ist zwei hessische Zoll kürzer als der badische Fuß; hat er sich deßhalb in der Praris als unbrauchbar er wiesen ? Man sagt zwar, und dies ist der einzige Einwand der überhaupt gegen das hessische Maß- und Gewichtsystem erhoben worden ist, sein Fuß sey zu klein. Wer aber.sagt dies? Nur solche, die das hessische Maßsystem nicht praktisch erprobt haben; in Hessen selbst wohl Niemand. Die hessischen Techniker sind mit dem Fuß ebenso zufrieden, wie man im gemeinen Leben mit der zweck mäßigen Eintheilung der hessischen Hohlmaße und ihrer leichten Handhabung zufrieden ist. Mit viel größerem Recht könnte man behaupten, daß der Meter zu groß sey. Auch die Vertheidiger des Meters gehen von der Ansicht aus, daß die Längeneinheit — hier der Meter — die Maßeinheit für das ganze System seyn müsse. Der Entwurf des hannoverschen Architektenvereins huldigt gleichfalls dieser Ansicht, da das Grundmaß, woraus alle übrigen Maße abgeleitet werden, auch hier ein Längenmaß, der Meter ist. In der hannoverschen Druckschrift heißt cs, „daß das Meiste, was mehr oder weniger zutreffend als Mangel des metrischen Systems angeführt worden ist, nicht das Meter selbst, sondern fast allein das unter Zugrundlegung des Decimalsystems gebildete künstliche System trifft". Die Mängel des metrischen Systems liegen, nach dieser Ansicht, in dem zu konsequent und mathematisch durchgeführten Bau und in der Nomenklatur desselben. Der hannoversche Entwurf hat deshalb bei den Fußmaßen, wo die Decimaleintheilung zwar beibehalten wurde, einige Zwischenstufen als unnütz beseitigt; er hat für die übrigen Maße das Decimalsystem oft verlassen und hierfür solche Theile oder Vervielfachungen des Meters (Längen-, Quadrat- und Kubikmeters) angenommen, wie ihm solche am besten zu den gangbaren deutschen Maßen zu paffen schienen; endlich wurden die Bezeichnungen kurz und möglichst in deutscher Sprache gewählt. Prüft man den hannoverschen Entwurf, so zeigt sich hier, wie bei dem reinen Mctersystem, daß es schwer ist, aus einer verhältnißmäßig großen Längen einheit alle übrigen Maßgrößen des Systems einfach den Anforderungen der Praris entsprechend und systematisch abzuleiten. Wir können die Prüfung und Vergleichung des hannoverschen Vorschlags mit dem derzeit im Großherzogthum Hessen bestehenden Maß- und Gewichtsystem unseren Lesern getrost überlassen, sie wird nicht zum Nachtheil des hessischen Systems ausfallen. Der Vortheil, daß an Stelle des zeitherigen Fußmaßes der reine Meter treten soll, wodurch wir mit den Nachbarstaaten Frankreich, Belgien und Holland ein ganz gleiches technisches Maß erhalten, ist für uns nicht hoch anzuschlagen, da unser beste hender Fuß genau 7, des Meters bildet und Redukzionen von dem hessischen Fußmaß auf Metermaß und umgekehrt äußerst leicht zu bewerkstelligen sind. Es findet hier ein ähnliches Verhältniß statt wie Seim Zollpfund, welches ja auch nur einen Theil (7r) des Kilogramms beträgt, ohne daß hierin für die leichte Verständigung und Vergleichung mit dem französischen Gewicht ein Miß stand gefunden wird. Wir haben im Eingang unseres Aufsatzes die Stimmen aufgeführt, welche sich in der Neuzeit besonders für Einführung eines allgemeinen deutschen Maß systems ausgesprochen haben. Wir haben ferner bemerkt, daß hier überall zu nächst von der Annahme eines einheitlichen Fußmaßes oder des Meters die Rede war. Es ist dies natürlich, da die Vorschläge zunächst von Technikern ausgingen, welche vorzugsweise das Längen- und Körpermaß brauchen. Nach dem durch Annahme des halben Kilogramms als Pfund durch den Zollverein und die Mehrzahl der deutschen Staaten die Gewichtseinigung in Deutschland beinahe durchgängig hergestellt und das deutsche Gewicht mit dem französischen Kilogramm in ein einfaches, leicht reducirbares Verhältniß gebracht wurde, äußert sich für den Großverkehr zunächst das Bedürfniß einer ähnlichen Vereinbarung bezüglich des Längenmaßes, und dies Bedürfniß wird zunächst von dem Theil hervorgehoben, welchen es unmittelbar am meisten betrifft, den' Technikern und Eisenbahnverwaltungen. Neben den Rücksichten für den Groß verkehr sind aber auch die Verhältnisse des Kleinverkehrs, die gehei ligten Gewohnheiten und die beim Volk in Fleisch und Blut cingedrungenen Begriffe seiner täglich benutzten Maßgrößen wesentlich für das neue System zu berücksichtigen. Zollt man allen diesen Verhältnissen die gebührende Rücksicht, so müßten folgende Grundsätze bei der Ausstellung eines neuen Maß- und Ge wichtsystems beobachtet werden. 1) Die sämmtlichen Maße und Gewichte müssen auf einer gemeinschaft lichen Einheit beruhen, und es ist hierzu keineswegs erforderlich, daß dies die Längeneinheit sey. Es ist vielmehr in mancher Beziehung vor- theilhafter, hierzu umgekehrt die Gewichtseinheit zu wählen, weil man als dann die übrigen Einheiten zweckmäßiger daraus ableiten kann. 2) Die Unterabtheilung der wirklich zum Messen und Wiegen dienenden Werkzeuge müssen dem durch Herkommen und Erfahrungen geheiligten Gebrauch gemäß in Halbirungen von 2 zu 2, oder von 4 zu 4 bestehen, weil die Abstu fungen von 10 zu 10 zu weit auseinander liegen und keine praktisch brauch baren Zwischenmaße liefern. Dies ist ein Hauptfehler der französischen Hohl maße, denn zum wirklich Messen ist der Hectoliter zu groß und der Dekaliter zu klein, man muß daher Hülfsmaße einschalten, die gar nicht in dem System vorkommen. 3) Man darf keine Einheiten einführen, welche größer sind als die zum Messen dienenden Werkzeuge, welche letztere in ihrem Marimum nach den mitt leren menschlichen Kräften bestimmt werden müssen. Man darf daher z. B. für ein Fruchtmaß kein größeres Gefäß anwenden, als ein solches, welches mit Weizen gefüllt, schwerer als 50 Pfund wiegt, weil sonst -in Mann das Ope- riren mit demselben nicht lange aushalten kann. Zu klein darf man ein solches Maß aber auch nicht annehmen, weil sonst das Messen zu zeitraubend und langweilig wird. 4) Die Marima der zum Messen und Wiegen dienenden Einheiten werden dann nach Oben nach dem Decimalsystem gezählt, so wie z. B. in Holland von jeher der Kaffee auch in größeren Quantitäten nach Pfunden berechnet wird. 5) Nur die Längen-, Flächen- und Kubikmaßc, welche sich größtenteils auf technische Arbeiten beziehen, werden von ihrer kleinsten Einheit an nach dem Decimalsystem gezählt. 6) Es erscheint rathsam zu seyn, keine Größen zu wählen, welche sich weit von den gangbaren Begriffen der Maße und Gewichte entfernen, da die Ersah- rung gezeigt hat, daß es selbst in Frankreich über 50 Jahre gewährt hat, bis man sich nur einigermaßen an die neuen Maße und Gewichte gewöhnte, weil sie den gewöhnlichen Bedürfnissen nicht entsprachen. Das Pfund, der Schoppen, die halbe Quart oder halbe Kanne sind der Masse nach ziemlich gleichbedeutend und haben mit geringen, im Allgemeinen nicht in Betracht kommenden Ab weichungen, eine ziemlich gleiche Größe in Deutschland angenommen, weil sie in der Regel genügen, das Bedürfniß des Menschen zu befriedigen; sie dienen zum Maßstab der Kompostzion der niederen wie höheren Kochkunst, welche durch die Praris dem Gedächtniß eingeprägt worden ist und wovon man sich nicht weit entfernen darf, wenn man willige Aufnahme des neuen Systems in den Haushaltungen finden will. 7) Geht man von diesen Grundsätzen aus, so wird es nicht schwer fallen, ein Maß und Gewichtsystem aufzustellen, welches sowohl den Bedürfnissen der Haushaltung als des Handels und der Gewerbe entspricht, da es nicht auf bloßen gelehrten Spekulazionen beruht, sondern aus dem praktischen Leben her vorgegangen ist. Dies hindert jedoch nicht, demselben eine wissenschaftlich be stimmte Einheit zum Grunde zu legen, wozu das Zollpfund, welches dem halben Kilogramm gleich ist, am geeignetsten erscheint, da es auf wissenschaft licher Grundlage beruht und bereits in Deutschland beinahe allgemein ange nommen ist. Auf diesen Grundlagen ließe sich zwischen den deutschen Regierungen eine Vereinbarung in nachfolgender Weise treffen. Art. 1. Das bereits im Zollverein eingeführte sogenannte Zollpfund bildet die Grundlage des neuen Maß- und Gewichtsystems, dasselbe wird in 32 Loth cin- getheilt und aufwärts nach dem Decimalsystem gezählt. 100 Pfund geben den Zentner. Art. 2. Der Raum, welchen ein Pfund Wasser bei seiner größten Dichte ein nimmt, ist die gemeinschaftliche Grundlage der Hohlmaße, sowohl für flüssige als trockene Gegenstände. Vier solcher Einheiten, 2 Liter, bilden das größte Meßgefäß für Flüssig keiten, und 64 derselben (32 Liter) das größte Meßgefäß für trockene Gegen stände. Beide Arten von Meßgefäßen werden nach Unten durch Halbirungen eingetheilt, dagegen nach Oben nach dem Decimalsystem gezählt. Art. 3. Die Seite des Würfels, welcher dem Gewicht eines Loths Wasser ent spricht gibt die kleinste Längeneinheit (2.5 Zentimeter) ab und wird Zoll ge nannt. 100 Zolle bilden die Längeneinheit für das Feldmaß und 24 Zoll die