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LLL Vesterreichische Eisenbahnen. , Die Karstbahn. Mit dem Namen „Karstbahn" kann man die ganze, am 27. Juli l. I. feierlich eröffnete Eisenbahnstrecke von Laibach bis Triest bezeichnen, denn schon am Trauerberge bei Laibach, »och auffallender aber bei Franzdorf, 3 Meilen von Laibach entfernt, tritt die Karstformaziv» deutlich hervor. Eigenthüm- lich ist die Gestaltung des Karstgebirges; es besteht aus parallel streichenden Hochflächen und Terrassen ohne regelmäßige Thalrinnen. Die Thalbccken find häustg ganz von Gebirgshöhcu umschlossen; die Folge davon ist, daß znm Theil ganz stattliche Flüsse aus Hohlen hervorbrcchen, das Thalbecke» durchfließen und wieder in Höhlen verschwinden. Das Loitschcr Keffelthal wird durch den südlich gelegenen Gcbirgsstock vo» dem Kesselthal bei Planina getrennt, welches beinahe in gleicher Höhe mit der Hochebene bei Loitsch gelegen und durch einen Bergrücken von dem kleinen, ungefähr 160!) Fuß über der Seehöhe bei Triest gelegenen Kessel von Mannitz getrennt ist. Die Kcsselthälcr Loilsch, Planina und Mannitz werden nach Maßgabe ihrer Höhenlage von dem Zirknitzer See und »ach anhaltendem Negen von Zeit zu Zeit aus unterirdisch kommuni- zircnden Röhren oder verbmideneu Höhlungen überschwemmt, und »amentlich im Planinakeffel, wo der Abfluß sehr langsam vor sich gehen kann, ist diese Ucber- schwcmmnng ost von wochenlanger Dauer. Der Plaiiinakeffel nimmt überdies noch die Gewässer der Poik auf, welche durch die Adelsbergcr Grotte strömen, und bei Planina, bei der sogenannten „Näuberruinc", an den Tag treten, wo sie den kontinnirlicicnZnfluß dcö in der Sohle des Kessels laufenden TagwasserS, de» llnzfluß, bilden. Unmittelbar bei Adelsbcrg beginnt ein ziemlich großes Kesselthal, welches sich in zwei Thcilc, in südlicher Richtung in das Pvikthal bis Sagurie, iu südwestlicher Richtung iu das Nanosthal Iheilt. Von dem Keffelthal des Poikfluffes tritt man bei St. Peter in das Keffelthal des Nekafluffes. Die Schienenstraßc von Wien bis Triest war bereits in das, am 19. De zember 1841 beschlossene Eisenbahnnetz ausgenommen worden. Damals bestand nur eine Eisenbahnverbindung von Wien nach Gloggnitz (10 Meilen). Am 24. Oktober 1844 wurde die Strecke von Mürzzuschlag bis Graz (12'/? Meilen), am 1. Juli 1846 von Graz bis Cilli (17'/» Meilen), am 26. September 1849 von Cilli bis Laibach (11'/- Meilen), endlich am 17. Jnli 1854 von Gloggnitz über den Semmering nach Mürzzuschlag (7'/, Meilen) dem Verkehr übergeben. Um die Bahn bis Triest zu verlängern, mnßte die Wasserscheide zwischen der Save und dem Adriatischcn Meere überstiegen und auf der steilen südliche» Ab dachung des Karges der Raum zur Anlage des Schienenweges aufgefnuden werden. Diese Aufgabe war eine äußerst schwierige uud fast allgemein zweifelte man an deren glücklichen Lösung. Vo» 1842 bis 1849 beschäftigten sich die österreichischen Ingenieure damit, alle geeigneten auch nur möglichen Linien zn erforschen, und alle Umstände zu erheben, welche günstig oder hemmend ans die Ausführung und den Betrieb der Bahn cinwirken konnten. Anfangs gab man der Linie durch das Jdria- und Jsonzothal den Vorzug, bis im Jahre 1845 unter der Leitung des gegenwärtigen Ministcrialralhes Ritter v. Ghega genauere Studien der Karstlinie begonnen wurden. Das Ergebniß der Untersuchung entschied für die Wahl der Karstlinic. Das Marimnm der berechneten Steigungen war auf beiden Linien dasselbe, nämlich 4 : 60 (bei der Ausführung der Karstbahn liest sich dieses Marimnm auf 1 : 80 ermäßigen); ebenso stimmte der kleinste Krümmungshalbmesser (100 Klafter) bei beiden Linien überein. Auf der JfonzoUuie Ivar die zu ersteigence Höhe um 33 Klafter niedriger als auf der Karstlinie, dagegen ergab sich bei letzterer eine Ersparniß von ungefähr 6 Meilen in der Länge, welcher Umstand in kvmüier- zjeller Beziehung schwer ins Gewicht fallen mußte. Auch die übrigen Verhält nisse zeigten sich bei der Karstlinie günstiger, wie die folgende, dem bei der Er öffnungsfeier der Karsibahn vcrtheilten Festalbum entnommene Zusammenstel lung zeigt: Karsilmie Jsonzolinie Anzahl der Krümmungeii 212 . 361 Gesammtlänge der Viadukte 1942" . 2832" Gesammtlänge der Tunnels 991" . 4174" Hievon in krummer Linie — . 2144" Längster Tnnnel 260" . 1235" Diesen Berechnungen zufolge mußte man annehmen, daß die Jsonzolinie einen weit höheren Kosten- und Zeitaufwand erfordert hätte. Die Vollendung des 1235° langen Tunnels durch den Rücken der julischen Alpen hätte allein schon einen Zeitraum von 5 bis 6 Jahren in Anspruch genommen. Die Karstlinie bot allerdings für den Fährbetrieb zwei Nachthcile, die nicht unbeachtet bleiben konnten; den Mangel an Wassergnellen namentlich auf dem Hochlande Von Adelsberg und auf der Strecke von Scstana Lis Triest, — dann die unter dem Namen „Bora" bekannten heftige» Nvrdostwinde. Genaue Erhebungen stellten aber außer Zweifel, daß man — freilich nicht ohne erhöhten Kostenaufwand — dem Wassermangel einzelner Bahnstrecken durch Anlage von Wasserleitungen, der Gefahr der Nordoststürme aber durch Herstellung Von Schntzwehrcn steuern könne. Sonach ward der Van der Karstbahn durch Aller höchste Entschließung im Dezember 1849 angeordnct, und schon im Frühjahre 1850 mit den Dammanschüttuugen im Laibacher Moore begonnen. Die Strecke Von Laibach bis Adelsberg (8'/, Meilen) wurde bereits im vorigen Jahre vollendet und am 20. November 1856 von Ihren k. k. Majestäten gelegenheitlich der Reise nach dem lombardisch-venezianischen Königreiche befahren. Die Vollen dung der Strecke Von NdelSberg bis Triest (10°/, Meilen) erfolgte in, Juni l. I. Ein würdiges Seitenstück zur Semmeringbahn, erregt die Schienenstraßc über den Karst die Bewunderung aller Reisenden. Der überraschende Wechsel im Charakter der Gegenden, welche sie durchzieht, uud die Großartigkeit ihrer Kunst bauten machen sic zn einer der interessantesten Bahnen. Die Länge der Eisenbahnstrecke von Laibach bis Triest beträgt 18'/, Meilen. Von dem StazionSplatze in Laibach ausgehend, dnrchschneidct die Bahn nach einer kurzen Wendung den Stern der nächst der Stadt gelegenen Lattermanns- Allee, übersetzt unweit davon die Laibach-Triester Straße uud geht in laugen sanften Krümmungen zwischen üppigen Feldern und Wiesen cm den Ortschaften Waitsch, Skander und Jnucr-Gorcia vorbei. Nach einer Wendung den Moor grund auf einem 1246 Klafter langen Damme überschreitend, erreicht sic ans den jcnfcit gelegenen Abhängen des KrimbcrgcS wieder feste» Kalkstcinbode», »nd jenseit des großen über, das Franzdorfer Thal gespannten Viaduktes die Stazion Franzdorf, von wo sich eine herrliche Aussicht über das Laibachthal, den Moorgrund und auf das Hochgebirge von Oberkratn und Kärnten von den Steiner Alpen bis Trialan darbietet. Der Damm über den Moorgrund fällt zwar nicht sehr ans, da er nur um 12 Fuß die Sumpfebcuc überragt ; er ge hört aber jedenfalls zn den schwierigsten Bauobjekte» der ganzen Strecke. Der Moor besteht nämlich ans einer mit Gras bewachsenen, etwa 6 Fuß mächtigen Torfschichic, unter welcher mehr oder weniger aufgeweichtcS, zum Theile halb- flüssigeS Thonmatcrial auf 2 bjA 8" Tiefe liegt, worauf Sand, mit sehr erhär teten, znm Theile ganz festen Thonschichtcn abwechselnd, folgt, der auf Felsen aufruht. Letztere steigen bei Jnner-Gorcia und am Trauerbcrg zu Tag, uud begrenzen gleichsam das Becken des Moorgriindes. Der Anlage des Dammes über den Moor ging noch im November 1850 die Erweiterung und Vertiefung zweier Hauptabzugsgräbe» voraus. Sie wurden 4 bis 5" breit und 9' tief in einer Länge von 800 Klaftern angelegt und trugen sehr viel zur Entwässe rung des Moores bei. Die Dammanschüttnng begann im Frühjahre 1851, und zwar von Jnner-Gorcia ans, wo der Moor eine geringere Tiefe hat. Zn beiden Seite» des hcrznstellendeu Dammes wurden Steinwürfe in eigens aus- gchobenen Gräben, 3 Klafter vom Dammfuße entfernt, angelegt, nm ein mög lichst regelmäßiges Einsenken des Dammaterials zn erzielen. Zn diesen Stein würfen hat man nahezn 20,000 Knbikklaftcr Bruchsteine verwendet, die theils am Trauerbcrge gewonnen, theils ans den Steinbrnchcn von Potpcc nnd Moos thal herbeigeschafft wurden. Die große Schwierigkeit, welche das Ausheben der .Gräben auf volle 2" Tiefe verursachte, so wie die fortwährende Nothwcndigkcit, das versunkene Material durch neues zn ersetzen, verzögerten die Herstellung der Stcinwürfe bis zum Jahre 1854. Dem Fortschreite» der Steinwürfe folgte die Dammauschüttttng. Im Juni 1853 geschahen die ersten großen Cinscn- kungen, welche nur durch massenhafte, bis znm Jahre 1856 mit großer Energie fortgesetzte Anschüttungen nach und nach überwunden werden konnten, bis die Danrnrsohle allmälig die festen Sand- und Thonschichtcn in der Tiefe erreichte. Der gesaminte Dammkörper erforderte etwa 100,000 Kubikklafter Steinmaterial, durch welches die Torfschichte nebst dem aufgelösten Thon verdrängt nnd z» beiden Seiten der Dammlinie emporgctriebc» wurde. Mit der Uebcrbauung des Moorgrundes mußten zugleich zwei größere Brücken, eine mit 30" lichter Oeffnmig über de» Laibachfluß, die andere mit 22" lichter Oeffnnng über das alte Laibachbett, dann zwei kleinere Brücken, jede mit 6" lichter Oeffnung für den Moosthaler und Traucrberger Graben unter mehrfachen, die Ausführung sehr erschwerenden Einflüssen hergcstellt werden. Der Franzdorfer Viadukt, welcher sich als das bedeutendste Bauobjekt auf der ganzen Strecke darstellt, hat zwei Etagen; er ist bei 300 Klafter lang uud nahezu 120 Fuß hoch. Tic Spannweite jedes der 22 Bogen der erste» Etage ist 8", jene der 25 Bogen der zweiten Etage 8" 5'. Die Pfeiler, 24 an der Zahl, sind ganz aus Stein ausgeführt uud mit Kalksteinquadcrn sorgfältig ver kleidet. Die Gewölbe wurden ans Backsteinen ansgeführt, die Parapelte, Ge simse, Tragsteine, Kordons nnd Gewölbsanlänfe ans Quadern erbaut. Das Material, welches zn diesem prächtigen Bauwerke verwendet wurde, beträgt nahe an 1 Mill. Knbikfnß Quadern, 5 Mill- Backsteine und 1 Million Kubikfuß Bruchsteine. Vom Franzdorfer Staziousplatze weiter durchläuft die Bahn in steter Stei gung die Waldungen der ehemaligen Herrschaft Freudenthal. Sie übersetzt das Hirschthal auf einem 89' hohen und 121" langen Viadukte von 11 Bogen, welchem bei Dulle ein zweiter von 27" Länge nnd 72' Höhe folgt. Nachdem die Bahn tie Wien-Triester N-ichestraßc auf einem Viadukte von 54" Länge und 14" Höhe überschritten, erreicht sie die beinahe 600' über dem Laibachcr Moore gelegene Loitscher Hochebene nnd den Slazionsplatz Loitsch, durchzieht darauf, in einiger Entfernung von den Ortschaften Laase, Eibcuschuß und Manniz, die Waldungen dies- und jenseit der Stazion Nakek, durch viele in röthliches Gestein gehauene Einschnitte bis sic vor Adelsbcrg im St. Kanzianer Walde