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Jede Woche erscheint eine Nummer. Lithographirte Beilagen und in den Tert gedruckte Holzschnitte nach Bedürfnis. — Bestellun gen nehmen alle Buch handlungen, Postäm ter und Zeirungs-Erpedi- zionen Deutschlands und des Auslandes an. — AbonnementSpreis im Eisenbahn-IeitunS. Organ -er Vereine deutscher Eisenbahn-Verwaltungen und Eisenbahn-Techniker. Buchhandel 7 Gulden rhei nisch oder 4 Thlr. preuß. Cour, für den Jahrgang. — Elnrückungsgcbührfür Ankündigungen 2 Sgr. für den Raum einer gespalte nen Petitzeile. — Adresse: «Redakzion der Eisenbahn- Zeitung" oder: I. B. Metz le r'sche Buchhand lung in Stuttgart. XV. Jahr. 2G. Februar L837. Nro. 8. Die Wohnung für Werkstättearbeiter auf dem Bahnhof zu Friedrichshafen. — Württembergische StaatSbahncn. Sluö dem Bortrag des Finanzministers an die Ständeversammlung in Betreff der Ausdehnung der württembergischen Eisenbahnc». (Schluß.) Russische Eisenbahnen. I. Ukas über die Erbauung des „erste» Eisenbahnnetzes in Rußland." — Verein für Eisenbahn kunde in Berlin. — Zeitung. Inland. Württemberg, Oesterreich, Freie Städte. — Verkehr deutscher Eisenbahnen. — Personal-Nachrichten. Ankündigungen. Die Wohnung für Wcrkhättearbeiter auf -em Dahnhof zu Friedrichshafen. IlLithographirte Beilage Nr. l.) I Das Städtchen Friedrichshafen, welches den südlichst gelegenen Ausgangs punkt der K. Württembergische» Staaiseisenbahn am Bodensee bildet, bot vor Eröffnung der Bahn seiner eiwa 1200 Seelen zählenden Bevölkerung, welche einen ziemlich regen Spedizionshandel und Schiffahrt, hauptsächlich aber Land- wirthschaft betrieb, zwar etwas beschränkte, doch noch hinreichende Räumlichkeiten zum wohnlichen Unterkommen dar. Mit Eröffuuug der Bahn, im Jahr 1847, zogen deren Bedienstete hier ein, welche nicht alle in Staatsgebäuden nntergebracht werden konnten. Die Geschäfte des K. Hauptzollamts und der K. Hafendirekzion nahmen zu, damit auch das Personal dieser Stellen, welches Wohnungen ausfüllte. Als endlich im Jahr 1849 die K. Reparaturwerkstätte auf dem hiesigen Bahnhof mit etwa 50-—KO Arbeitern eröffnet wurde, stellte sich ein großer Mangel an Wohnungen auf dem hiesigen Platze ein. In den letzten Jahren waren nur wenige, etwa 6—8, neue Häuser errichtet worden, und deren Mehrzahl in etwas großartigerem Style, so daß dieselbe, gerade für den weitaus größeren Theil der neuen An siedler, welcher auf bescheidene Miethwvhnnngeu und Miethgelder angewiesen war, den Zweck nicht erfüllte. Dazu kam noch der, dem hiesigen Sccbadeorte eigenlhümliche. Umstand, daß die sämmtlichcn Hausbesitzer auf Besetzung ihrer Zimmer nut Badgästeu den Sommer über spekuliren, und, vorübergehend größerer Einnahme halber, dem ordentlichen Miethsmann den Hauszins in einer Weise erhöhen, daß er mit den gebotenen Raumverhältniffen ganz außer Verhältniß steht. Daß hiedurch der Aufenthalt in Friedrichshafen für die ärmere Klaffe, insbesondere für die Werkstättearbeiter und Unterbediensteten der Verkehrsan stalten, ein kostspieliger und deshalb unerwünschter war, läßt sich leicht erkläre». Wirklich verlor auch ans diesem Grunde die Neparaturwerkstätte ihre besten Arbeiter nach kurzer Zeit, und hatte stets Noth, die Lücken wieder auszufüllen. Verheirathete Arbeiter, welche den Stamm jedes derartigen Geschäfts bilden, hielten sich ferne, und den Ledigen bot die Nachbarschaft von fünf Staaten Ge legenheit genug ihrer Wanderlust zu folgen. Diese Mißstände veranlaßten den verstorbenen Maschinenmeister Merz da hier, im März 1851 einen Antrag auf Errichtung eines Arbeiterwohngebäudes zu stellen, welcher von der vorgesetzten Behörde mit warmem Interesse an der Sache ergriffen wurde. Nach wenigen Wochen hatte Sc. Majestät der König Höchst Ihre Ermäch tigung zu Erbauung eines Wohngebäudes für Arbeiterfamilien in Friedrichs hafen auf Rechnung des Eisenbahnfonds mit einem Aufwand von circa 20,000 st. ertheilt, so daß zur weitern Ausführung geschritten werde» konnte. Leider verhinderten Schwierigkeiten, welche sich bei dem Ankauf der be- uöthigtc» Grundfläche darbvteu, den Beginn des Banes im Sommer 185t. Endlich war es doch möglich in der Nähe der Werkstätte Morgen 11.9 Ruthe» um den Kaufschilling von 500 st. zu erwerben. Der Bau begann mit Anfang des Jahres 1852, und wurde noch im Laufe desselben Jahres beinahe ganz vollendet, so daß ein Theil des Gebäudes schon am 15. November, ein kannte" * Dezember 1852, der Nest am 1. Februar 1853 bezogen werden — cr Entwurf des Gebäudes ist von Herrn Oberbaurath von Gaab, welcher auch die Oberaufsicht über den Bau desselben führte. Die .lrbeiterwohnung i» Friedrichshafen steht in der Nähe der Maschinen werkstätte, und ist, dem ^rtsbauplan entsprechend, nur durch eine Ortsstraße vo» derselben getrennt. Die Hauptf^»^ derselben geht nach Südost, und cs liegt ihr kein Gebäude gegenüber. Dadurch erhalten die Wohnungen den größten Theil des Tages die Sonne, auch ist vor dem Gebäude hinlänglich freier Raum um die Holzbezüge rc. der Bewohner für die ersten Tage ablagern zu könne». Hinter dem Hause ist ein gepflasterter und eingezäunter Hof, in welchem der Holzschuppen steht, dessen Spitze eine geräumige Wasch- und Backküche bildet. Ei» eigener Brunnen »nd hinlänglicher Waschtrockenplatz ist vorhanden. Die Einrichtung der Wohnung ist aus der anliegenden Zeichnung deutlich zu ersehen. Cs wurde dabei den Bedürfnissen der Bewohner in allen Theile» Rechnung getragen. Das Hans enthält 12 Familienwohnungen und im Kniestock 6 einzelne Zimmer für ledige Leute (Nr. 3 n—c und 14 »—c). Im Hauptgebäude haben 4 Familien einen gemeinschaftlichen Eingang, in den Flügeln je zwei. Die Abtritte sind für je 2 Familie», in den Flügeln je für 1 Familie bestimmt. Zu jeder Wohnung gehört ein geschlossener Keller mit gemauertem Aschenraum, 1—2 Dachkammern und 1 geschlossene Holzlege. Sechs Wohnungen, Nr. 1, 2, 6, 8, 12, 13, bestehen in 1 Wohnzimmer, I Schlafzimmer, 1 Küche, 4 Speisekammer. Vier Wohnungen, Nr. 4, 5, 10, II haben statt der Speisekammer noch ein Nebenkabinet. In zwei des erste» Stockwerks, Nr. 7 und 9, wurden die Räume welche im Parterre zum Vorplatz verwendet werden mußten, noch zu Einrichtung eines Nebenkabinets benützt, so daß dieselben aus 1 Wohnzimmer, 1 Schlafzimmer, 1 Nebenzimmer, 1 Küche und 1 Speisekammer bestehen. Die Bodenkammern, mit Holz verschlagen, sind hell und geräumig, die Keller aus gutem Mauerwerk und gewölbt. Die Vertheilung der Wohnungen geschah an die ältesten und brauchbarsten Arbeiter. Im linke» Flügel wurde dem Werkführer, im rechten dem Werk- stättebnchhalter eine Wohnung cingeräumt, auch beiden die über ihren Woh nungen befindliche» 3 Zimmer z»r Vermiethung an ledige Leute gegen ei» Pachtgeld überlassen. Hiednrch wurde der Verwaltung der umständliche Verkehr mit den letzteren erspart, der Zweck dcS Gebäudes aber durch die Bedingung gesichert, daß nur Angehörige der Werkstätte oder der Verkchrsanstalten in die selben ausgenommen werden dürfen. Die Hauspolizei hat die Bahnhof-Jnspekzion auszuübe», welche dazu die Dienste des im Hause wohnenden Hausmeisters benützt. Letzteres Amt ist dem Werkführer übertragen, welcher, vermöge seiner dienstlichen Stellung zu den Arbeitern, hiezu am besten sich eignet. Die Bestimmungen wornach die Haus polizei geübt wird, die Miethbedingungen so wie die Hausordnung, an welche sich die Hausbewohner zu binden haben, sind in der Beilage (II.) enthalten. Die selben wurden in Folge gemachter Erfahrungen, nach einjähriger Benützung des Gebäudes revidirt, seither aber in denselben keine Veränderung vorgcuvmmcn. Diese Bestimmungen erzeigen sich ganz zweckmäßig, und es kann der Verfasser dieses Aufsatzes, welcher die Hauspvlizci in der Arbeiterwohnung seit 4 Jahren zu handhaben hat, die befriedigende Versicherung geben, daß er, einige kleine Unzufriedenheiten zwischen den Bewohnerinnen abgerechnet, welche überdieß aus andern nicht mit der Wohnung in Verbindung stehenden Ursachen entsprangen, keinen Anlaß hatte eiuzuschreiten, oder die in der Hausordnung festgesetzten Kon- venzionalstrafen anzusetzcn. Die Miethgelder werden monatlich bei Auszahlung der Löhne erhoben. Sie tragen aus 10 Wohnungen: Nr. 1 —k, 8, 18—12 jährlich 50 fl. . 500 fl. aus zwei Wohnungen: Nr. 7 und 9 jährlich 55 fl 110 „ AuS den 6 Zimmern für ledige Leute Nr. 3 a.—o und 14 u—e jährlich 90 „ zusammen 700 fi. Wird nun in Anschlag genommen, daß die Baukosten für die Wohngebäude, den Holzschuppen, die Waschküche, für die Anlage des Hofes auf 19,857 ff. 33 kr. komme», daß dieser Summe 500 fl. für den Kruudankauf zuzuschlagen sind, so berechnet sich der Gesammtaufwand auf 20,357 fl. 33 kr. Diesem steht eine jährliche Einnahme von 700 fl. gegenüber, so daß sich das Anlagekapital zu 3.43 Prozent verzinst. Gewiß eine schöne Rente, ans den von der Grundstocks-Verwaltung deS