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Fassen des Meißels V- Linie rechnet,, so sind diese Reifen schon abgedreht wor den, als sie erst eine Viertellinie verschlissen waren, und bei einer so unbedeu tenden Abnutzung war ja das Abdrehen höchst überflüssig. Bei Reisen, die eine gute Rundung beibehalten, erfolgt in der Regel das Abdrehen erst, wenn mindestens V» Zoll Verschleiß vorhanden ist. Jedes frühere Abdrehen wird be sondere Gründe haben. Die Köln-Mindener Bahn hält gewiß ihr Material in gutem Zustande und doch ist zu Nr. 35 und 38 dieser Bahn vermerkt, daß die Gußstahlreifen, ebenfalls von Krupp, Lis zum Abdrehen 11V, und 2 Linien stark hohl gelaufen waren, was nebst Abdrehe» 2 bis 2 V« Linie Verlust ergibt. Bei Nr. 9 der Westphal. Bahn wird auch für dreimaliges Abdrchcn ein Verlust von 6 Linien bemerkt, obgleich das erste Abdrehen bei Gelegenheit einer Maschinen- Reparatur sehr gering gewesen sey. Mithin ist für die beiden letzten Abdre hungen mehr als 2 Linien Verlust anzunehmen. Bei Nr. 21 wird für zwei maliges Abdrehen 5 Linien und zu Nr. 33 für jedes Abdrehen '/z-, also nahezu V» Zoll, angezeigt. Zu Nr. 24 von Krupp wird für jede Abdrehung bis V» Zoll vermerkt. Rr. 12 von demselben hat bis zur Abnutzung V« Zoll Ver schleiß und es sind nur zwei Abdrehungen vorgekommen, mithin kann für jede derselben 3 Vs Linie angerechnet werden. Wie stimmen alle diese Angaben mit dem für Gußstahl angenommenen Verluste von durchschnittlich nur V» Zoll? So wenig wir ein Abdrehen für nöthig halten, wenn nur eine-Vicrtcllinie Ab nutzung vorhanden ist, so wenig können wir auch beim Abdrehen der Gußstahl reifen einen dreifach kleineren Verlust als bei Reifen aus anderem Material einräumen, denn jede gut geregelte Eisenbahn-Verwaltung wird ein gewisses Maß als Marimum des Verschleißes gelten lassen, gleichviel aus welchem Material die Reifen bestehen. Die Größe dieses Verschleißes ist lediglich von dem gute» Verhalten des Reifens abhängig, so daß fehlerhafte Reifen also den geringsten Verschleiß ertragen können. Ein Beleg findet sich in der Bemerkung zu Nr. 10 von Krupp, wo es heißt: »Die Abnutzung der Reifen hatte ungleich mäßig stattgefunden und zeigte in der V»s Zoll tiefen Höhlung einzelne flache Stellen, welche ein Abdrehen erforderlich machten". Der Ausdruck „Höhlung" zeigt, daß die Gußstahlreifen an gleicher Stelle wie die andern verschleißen, und also die vorausgesetzte größere Sicherheit des Betriebes durch richtige Conicität und richtiges Spurmaß ganz ebenso wie bei andern Reifen nur so lange garantirt werden kann, als nicht das für alle Materialien gleichbleibende Marimum des Verschleißes, also die verloren gegangene Conicität, ein Abdrehen erforderlich macht. Die Reifen stehen in dieser Beziehung vollständig auf gleicher Stufe, denn durch eine größere Meilen zahl kann eine größere Sicherheit nicht bewiesen werden. Als Verschleiß be zeichnet man den größten Unterschied zwischen dem abgenutzte» Reife» und seiner Form nach dem letzten Abdrehen, wofür durchschnittlich 2 Linien ange nommen werden können. Rechnet man hierzu noch Vr Linie für das Fassen des Meißels, so ergibt sich der Verlust für eine Abdrehung, welche demnach im Durchschnitt für alle Reifen gleich groß ist. Im äußersten Falle könnte bei Gußstahl für das Fassen des Meißels V» Linie beanspruch! werden, wodurch dann für den ganzen Verlust von 2'/- Linien ein Nachtheil für andere Reifen von entstände. Zur Feststellung der Dauerhaftigkeit kann es sich nach allem Gesagten lediglich um die, bis zu einer Abdrehnng durchlaufenen Meilen zahl handeln und die auf irrige Annahme begründete Rechnung, daß Gußstahl- Lokomotivradrcifen eine zehnmalige Abdrehung aushalten könnten, hat keinerlei Be stätigung gefunden. Die Annahme, daß Bandagen aus anderem Material nur eine dreimalige Abdrehung aushalten können, ist gleichfalls mit den vorhan denen Thatsachen nicht in Einklang zu bringen. Bei Nr. 59 der Westphälischen Bahn wird ein fünftes Abdrehen mit 2409 und ein sechstes mit 2352 Meilen aufgeführr. Dieselben Reifen haben bis Ende des Jahres 1859 noch weitere 24L9 Meilen zurückgclegt, was zusammen schon 19,385 Meilen ergibt, wobei sie doch noch 1'/, Zoll stark geblieben Ware». Gemäß der Berechnung hätten diese zweizölligeu Reifen schon bei dem sechsten Abdrehe» 2>/. Zoll abgedrcht sehn müssen. In Wirklichkeit aber haben dieselben bei jeder Abdrehung l'/f Linie verloren und können mithin noch drei ähnliche Abdrehungen durchmachen, so daß sie bis zur Ausnutzung wahrscheinlich 26,000 Meilen zurückgelegt haben werden. Bei Nr. 58 ist für 4 Abdrehungen der jedesmalige Verlust zu Vs Zoll vermerkt, und demnächst findet sich in der Eolonne 20 noch die Zahl 5806. Von Nr. 57, welche noch besser zu sehn scheinen, wird die Meilenzahl Lis zur dritten Abdrehung im Durchschnitt zu 12,079 und im Marimum zu 16,655 Meilen bezeichnet; leider fehlt aber der Verlust an Stärke, so daß man die Meilenzahl bis zur gejammten Abnutzung nicht tariren kann. Von den 300 Stück Puddelstahlreifen der Aachen-Düsscldorf-Ruhrorter Bahn unter Nr. 56 fehlt jede Abdrehnngs- und Verschleiß-Angabe und ist nur bemerkt, daß die selben bis Ende ZUni 1859 durchschnittlich 16,956 Meilen zurücklegten und bis Ende des Jahres erst zwei Achsen ausgesetzt wurden. Demnächst wird zum Kostenvunkt übergegangen und als Grundlage zur Berechnung ein Radreifen von 32'/, Zoll innerem Durchmesser bei 5 Zoll Breite und dessen Stärke zu 2'/, Zoll neu und V« Zoll alt angenommen. Läßt man der Einfachheit wegen das größere spezifische Gewicht des Gußstahls unbe rücksichtigt, so wiegt ein unabgedrehter Reifen 450 Pfv. und ein verschlissener 180 Pfd. Unabgedrehte Gußstahlreifen kosten pro Zentner 27, Puddelstahlreifen 7 und Feinkornreifen 6'/, Thlr. Demnach ist daS Verhältniß von Gußstahl zu Feinkorn wie 4:1 ziemlich richtig, das Verhältniß zu Puddelstahl wie 4:1.5 aber unrichtig angenommen. Der Werth des verschlissenen Gußstahlreifens wird zu Vs des neuen Reifens angegeben; es ist jedoch zu bezweifeln, daß man alten Gußstahl noch mit 11.4 Thlr. pro Zentner bezahlt; da derselbe für jeden Gnß- stahlfabrikanteu nur im Marimum den Werth des Rohstahls, also beil. von nur 6 Thlr. hat, wonach sich V,, oder des Neuwerthes Herausstellen würde. Wird dennoch der Werth von V« adoptirt, so ist jedenfalls der Werth von alten Puddelstahl-, Feinkorn- und Eisen-Bandagen zu nur V,, des Neuwerthes zu nieder angesetzt, denn wenn z. B. Puddelstahl neu 7 Thlr. kostet, so wird er alt mit 1.8 Thlr. pro Zentner bezahlt werden, was ungefähr V,« statt V,- ausmacht. Ein neuer Gußstahlreifen kostet also 27 x 4.5 — 121.5 Thlr., wo von °/s oder 101.25 Thlr. als Verlust für Verschleiß und Abdrehungen verloren gehen. Ein Puddelstahlreifen dagegen kostet 7 X 4.5 -- 31.5 Thlr. und alt 1.8 X 18 --- 3.24 Thlr., was nur einen Verlust von 28.26 Thlr. ausweist, so daß die beiderseitigen Verluste sich verhalten wie 3.58: 1, oder aber man kann mit größerem Vortheile 7 Puddelstahlreifen als 2 Gußstahlreifen ver schleißen. Aehnlich stellt sich die Berechnung für Feinkorneisen und Eisen. Bezüglich der Meilenzahl bleibt, wie schon gesagt, nur die einigermaßen aus gefüllte Colonue für erste Abdrehnngen der Lokomotivräder als einziger Anhalts punkt. Werden die Zahlen der Oberschlesischen Zweigbahnen hier ebenfalls aus geschlossen mtz^gemäß der Motivirung noch die Nr. 45, so bleiben 12 Nummern für Gußstahl und 34 Nummern für Bandagen aus anderem Material. Für Erstere ergibt sich die Durchschnittszahl zu 4021 und für Letztere zu 2662 Meilen bis zur ersten Abdrehung. Dieses anscheinend ungünstige Resultat ändert sich sehr zu Gunsten des Puddclstahls, wenn di« letztere Zahl mit der, ans dem Kostenpunkte resultireuden Verhältnißzahl 3.58 vervielfacht wird, wo sich alsdann dieses combinirte Verhältniß wie 4021 : 9530 oder wie 1 : 2.37 gestaltet. Somit müßte sich die Meilenzahl der Gußstahlräder um mehr als das 2Vzfache der bisherigen Resultate verbessern, um eine Konkurrenz mit Puddel stahl aushalten zu können, eine Erwartung, die als überspannt angesehen wer den kann. Nimmt man selbst das möglichst günstigste Verhältniß, welches nach der Tabelle herausgerechnet werden kann, nämlich das Verhältniß von Wagen- bandageü, das wie 8197 :3370 angegeben wird, so reicht auch dieses nicht hin, wenn mit der Verhältnißzahl 1:3.58 multiplizirt wird, woraus sich das kom- binirte Verhältniß 8197:12085, oder beinahe wie 2:3, zum Vortheile des Puddclstahls gestaltet. Nun bliebe noch zn untersuche», ob die übrigen Vorwürfe gerechtfertigt find. Zu den Puddelstahlreifen Rr. 87 und 89 heißt es: „Diese Bandagen laufen unter Postwagen, und wurden durchschnittlich »ach 2500 Meile» nachge dreht, indem diese Wagen nach dieser Leistung zur Revision kommen. Dabei zeigte sich, daß der Puddelstahl, wenn Bremsklötze auf denselben cinwirken, nach 2500 Meilen für den Drchmeißsl schon hart wird und wenn der durchlaufene Weg 4000 Meilen überstieg, nur mit den vorzüglichsten Werkzeugen bearbeitet werde» konnte." Es geht hieraus hervor, daß die Bandagen blos der Wagen revision wegen, mithin früher als nothwendig nachgedreht wurden, und siegt hierin wieder ein Beleg für die Behauptung, daß die Mcilcnzahlen bis zu einer Abdrehung ungeeignet zu einer Berechnung sind, wenn die dabei ob waltenden Umstände linberücksichtigt bleiben. Man ersieht daraus ferner, daß ein durchschnittlicher Verlust von V« Zoll beim Abdrehen, resp. eine neunmalige Abdrehung bei Lzölligen Reifen nur dann zu Tage treten wird, wenn die Ab drehungen verfrüht sind. Was nun aber die Härtung durch Bremsklötze be trifft, so wird diese jedenfalls in größerem Maße beim Gußstahl stattfinden, wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man Gußstahl und Puddelstahl gleichmäßig erwärmt und abkühlt, wonach also Gußstahlreifen zn Bremsrädern total unbrauchbar sehn würden. ES ist aber diese Härtung als unbedeutend und nur als. eine nützlich« Eigenschaft anzuschen. — Es wird außerdem behauptet, daß das Aufziehen per Bandagen sich beim Gußstahl billiger stelle als bei anderem Material. Auch dies seh eine durchaus unbegründete Behauptung. Es bliebe nunmehr nur noch ei» Punkt der gerühmten Vorzüge der Guß stahlreifen, nämlich die Ersparniß an Referveachsen zu widerlegen. Hierbei ist daran zu erinnern, daß die Meilenzahlen bei Guß- und Puddelstahl sich unge fähr wie 3:2 verhalten und daß die Anzahl der Reserveräder nur gering ist, so daß eine Verminderung keinesfalls im Verhältnisse dieser Meilenzahle» statt finden dürste. Sollten aber die Reserveräder bei Gußstahl sogar nm die Hälfte vermindert werden können, so würden sie sich doch im Nachtheile befinden, weil ein Satz mit Gußstahl-Bandagen mehr als doppelt so theuer ist- Hierin kann also kein Vortheil gesucht, eher ein Nachtheil für Gußstahl gefunden werden. Schließlich sey noch zu bemerken, daß zur Beschaffung von Gußstahlreifen durchschnittlich ein vierfaches Anlagekapital erforderlich ist» wenn ein Mittel- Preis zwischen Puddelstahl und Feinkorn angenommen wird, snr jeden Satz 180 Thlr. mehr. Bei Anwendung von Gußstahl und 1V-fach er Leistung desselben gehen demnach jährlich, nur zu 5 Proz. gerechnet, 6 Thlr. an Zinsen verloren, was bei der großen Anzahl der Achsen einen sehr beachtenswerthen Betrag ausmacht. Wenn der technische Verein für Eisenhuttenwesen durch diese Darlegung