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Besonders hervorzuheben ist das Echt- neublau 3 R in Krystallen; es ist ein einheit- ] liches, ausserordentlich farbkräftiges Product, j das sich spielend in Wasser löst und ein tiefes röthliches Blau beim Färben auf Tannin- Brechweinstein-Beize liefert. Es hat die be- merkenswerthe Eigenschaft, das Weiss des geätzten Tannin-Brechweinstein-Mordants ab solut nicht einzufärben. Ausserdem ist es auch von besonderem Werth für den Woll druck. Es giebt in hellen und mittleren Farben ein schönes Blau und liefert schon mit 40 g Farbstoff im Liter Druckfarbe ein sattes Blauschwarz, das z. B. mit Azo gelb beliebig nüancirt werden kann. Ueber F. Erban und L. Specht’s Verfahren zum Färben und Drucken mit alkalischen Lösungen des Alizarins und ähnlicher Farb stoffe. (Siehe No. 5 und No. 6 der Muster-Beilage.) Während man in den verschiedenen Zweigen der mechanischen Textil-Industrie stets bestrebt war, die vorkommenden Pro- cesse auf die einfachste Form zu bringen, um möglichst rasch und ökonomisch arbeiten zu können, und die Maschinen derartig ein richtete, dass sie zu ihrer Bedienung keiner be sonders geschulten Arbeiter bedürfen, gelang es auf dem Gebiete der chemischen Textil industrie sehr schwer, diesen Principien Ein gang zu verschaffen. Dies gilt besonders von der Alizarinfärberei, deren hervorragendsten Zweig die Türkischrothfärberei bildet. Der langwierige Proeess der Alt-Türkischroth- I färberei wurde erst durch die Einführung j des Türkischrothöles an Stelle des früher be nützten Tournantöles vereinfacht und ver kürzt, dauert aber immer noch 4—5 Tage und ist für Einführung eines rationellen Con- tinü-Betriebes nicht besonders geeignet. Ein weiterer Fortschritt war das Con- tinü-Türkischroth-Verfahren von Schlieper und Baum, welches aber auch mindestens 6 Tage erfordert. Die mit Natriumaluminat getränkte und getrocknete Waare bleibt nach der Oxydation 1—2 Tage liegen, wird 1 1 / 2 Stun den im Kreidebade (also auf Färbekufen in Strangform) fixirt, bleibt 24 Stunden liegen, wird abermals mit Kreide behandelt und nach weiteren 24 Stunden gewaschen. Das Färben erfolgt in 3—4 Minuten, indem die Waare bei 90—95° C. breit durch einen Rollenständer geht, der mit einem Brei von Calcium-Alizarat gefüllt ist. Für dunkles Roth ist zweimalige Passage erforderlich. Hierauf wird getrocknet, geölt, gedämpft (1 Stunde), gewaschen und geseift. Während hier also das Färben kürzere Zeit dauert, hat man das langwierige Beizen und Fixiren der Beize. Für helles Glattrosa sind alle diese Pro- cesse schlecht anwendbar, weil jedes beim Färben anfallende Alizarin-Theilchen einen dunkleren, rothen Punkt giebt, wodurch die Waare dann „sprinkelig“ erscheint. Ausserdem haben alle diese Färbungen einen principiellen Fehler: Da das Alizarin unlöslich ist, kann sich der Farblack nur an der Oberfläche der Garne und Gewebe bilden. Wenn nicht mit grossem Ueberschusse gefärbt wurde, sieht man bei Geweben an den Stellen, wo Kette und Schuss sich decken, weisse Flecken; bei genauer Betrachtung eines Fadens findet man, dass der Farblack hauptsächlich in dem Flaum an der Oberfläche sitzt, wäh rend der eigentliche Faden lichter, bei Rosa garnen oft sogar ungefärbt ist und, wenn man ihn aufdreht, innen stets weiss erscheint. Dies erklärt sich eben dadurch, dass die Alizarinthellchen an dem Flaum hängen bleiben und sich dort mit der Beize ver binden, ehe sie zum Faden selbst kommen. In Folge dieses Verhaltens war es auch unmöglich, Bobinen, Kreuzspulen u. s. w. auf mechanischen Apparaten mit Alizarin zu fär ben, da sie wie ein Filter dasselbe aussen zurückhalten, so dass zu den inneren Schichten kein Farbstoff gelangen kann. Um unge sponnene Baumwolle mit Alizarin zu färben, müsste man sie ganz lose vertheilt in einer sehr grossen Wassermasse in steter Bewegung erhalten, indem sie sonst ebenfalls als Filter wirkt und schlecht oder gar nicht durch gefärbt wird. Diese Uebelstände würden sich durch Anwendung des Alizarins in Form einer Lösung beseitigen lassen. Dasselbe löst sich zwar in Alkalien (Lauge, Ammoniak etc.), aber diese Substanzen wirken wieder lösend auf die bereits fixirte Beize (Thonerde und Oel) und ziehen sie theilweise von der Waare ab, wodurch die Zusammensetzung des Färbe bades sehr veränderlich und die Nüance un gleich und mager wird. Bei dem neuen, F. Erban und L. Specht patentirten Verfahren (D.R.-P. 54,057) sind nun auf die einfachste und billigste Weise diese Hindernisse, welche der Anwendung alkali scher Alizarinlösungen früher im Wege standen, dadurch beseitigt worden, dass die Reihenfolge der Operationen umgekehrt wurde. Während man sonst zuerst beizt und dann färbt, wird hier sozusagen zuerst gefärbt und dann gebeizt. Für Stückwaare ergiebt sich dabei ein sehr einfacher und rascher Gang der Fabri kation. Die Waare passirt den Trog einer Klotzmaschine, welcher als erstes Bad die nach Bedarf verdünnte, ammoniakalische Ali- zarinlösung enthält; ausserdem kann man Türkischrothöl, Seife, zinnsaures Natron u. dgl. zusetzen. In der Hot-Flue wird durch das Trocknen die lösliche Verbindung des Alizarins mit dem Ammoniak zerlegt, letz teres entweicht, während das Alizarin unlös lich in und auf der Faser fixirt ist. In gleicher Weise geht die Waare durch das zweite Bad, welches die erforderlichen Beizen (essigsaure Salze von Thonerde, Kalk, Chrom, Eisen u. s. w.) enthält, und wird abermals ge trocknet. Da die Bäder ihre Concentration nicht ändern, so braucht man sie nur immer durch Nachfüllen auf ihrem Niveau zu halten. Bei gleicher Alizarin-Präparation kann man durch verschiedene Beizen auch verschiedene Nü- ancen erzielen, z. B. Rosa mit Thonerde, Lilla mit Eisen. Da die Bäder auch haltbar sind, lassen sie sich bei Unterbrechungen in der Herstellung der betreffenden Artikel beliebig auf bewahren, so dass weder vom Farbstoff, noch von der Beize etwas verloren geht. Soll die Waare nun als Glattfärbung in den Handel kommen, so wird sie nur ge dämpft, wobei eine Stunde stets genügt; meist ist schon ein gutes Continüdämpfen zur Ent wicklung des Farblackes ausreichend. Helle Nüancen können dann sofort zur Appretur gehen; bei dunkleren ist es vortheilhaft, schwach zu seifen, um ihnen einen weichen, geschmeidigen Griff zu geben. Auf einer Foulardmaschine mit Hot-Flue kann man pro Tag leicht 10,000 Meter im- prägniren oder 5000 Meter auf zwei Bädern färben. Durch Einführung dieses Verfahrens lässt sich die ganze Anlage einer Färberei vereinfachen; man erspart Hängen, Aussiede ¬ ständer und Färbekufen und somit auch An- ■ triebskraft; es genügen zwei Foulardmaschinen mit Hot-Flue, Dämpfapparat, Waschmaschine und einige Seifenkufen oder besser eine Breit wasch- und Seifmaschine. Da man die Bäder kalt anwendet, erspart man Dampf. (Trocknen und Dämpfen musste man früher auch.) Die Produktion ist wesentlich beschleunigt; der ganze Färbeprocess dauert nicht länger als früher das Beizen allein. Es genügen weni ger Arbeitskräfte; da dieselben keiner be- | sonderen Schulung bedürfen, stellt sich auch der Arbeitslohn billiger. Sollen die gefärbten Gewebe bedruckt | werden, so geschieht dies vortheilhaft vor j dem Dämpfen; wenn man dann dämpft, wer den gleichzeitig Grund und Muster entwickelt. Da vor dem Dämpfen das Alizarin mit den Beizen gar nicht oder nur sehr lose verbunden I ist, kann man durch Aufdruck verdickter organischer Säuren stellenweise die Bildung des Farblackes hindern und somit Weiss ätzen. Durch Zusatz von solchen Säuren zu ent sprechenden Dampffarben, deren Entwicklung dadurch nicht gehindert wird, z. B. Alizarin- blau-Chromoxyd oder Anilinfarben mit Tannin, gelingt es auch färbig zu ätzen. Es lassen ! sich auf diese Weise sehr billige Artikel her stellen, die man früher auf dem Rouleau I vordrucken und auch darauf pflatschen musste, ohne dass es dabei möglich gewesen wäre, die Rückseite so egal zu erhalten als nach der Methode des Aetzdruckes. Beim Färben von Garn bleibt die Be handlung im Wesentlichen dieselbe. Man im- prägnirt es durch Einlegen und Abwinden von Hand oder mittelst Maschine mit der Alizarin- lösung, trocknet, nimmt auf dieselbe Weise durch das zweite Bad, worauf man, ohne zu ; trocknen, dämpfen kann. Man kann dabei die hellsten und zartesten Nüancen erzielen und stets ist das Garn bis in den Kern gleichmässig gefärbt und die Fasern an der Oberfläche erscheinen nicht dunkler als der Faden. Lose Baumwolle lässt sich ebenso leicht färben, wobei die Anwendung mechanischer Färbeapparate (Obermaier) vortheilhaft ist, obwohl man auch in Kufen imprägniren und | centrifugiren kann. Nach dem zweiten Bade wird feucht gedämpft. Das beschriebene Verfahren ist somit als ein grosser Fortschritt auf dem Gebiete i des Alizarinfärbens zu betrachten; die prak tischen Vortheile desselben berechtigen zu der Annahme, dass es dem Alizarin, dessen Verwendung im letzten Jahrzehnt in manchen Gebieten der Färberei zu Gunsten der sub stantiven Farbstoffe sich vermindert hatte, gelingen wird, seine wohlberechtigte Position als echtester. Farbstoff wieder zu erlangen. Die Farbwerke vorm. Meister, Lucius und Brüning, Höchst a./M., unter deren Fabrikaten die Alizarinfarbstoffe einen her vorragenden Rang einnehmen und sich in der Praxis längst grosser Beliebtheit erfreuen, haben die Einführung des neuen Verfahrens übernommen. Die beigefügten zwei Muster von Rosagarn sind nach dem beschriebenen Verfahren mit Alizarin No. Ib. (MLB) gefärbt worden. —b. Indaminküpenblau von Wilhelm Nötzel & Co., Farbwerk Griesheim a.M. (Siehe No. 7 und 8 der Muster-Beilage.) Einen billigen Ersatz für den Indigo der Blaufärberei zu finden, ist eine Aufgabe,