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Ein illustrirtes Fachjournal für die Wollen-, Baumwollen-, Seiden-, Leinen-, Hanf- und Jute-Industrie sowie für den Textil-Maschinenbau; Spinnerei, Weberei, Wirkerei, Stickerei, Färberei, Druckerei, Bleicherei und Appretur. Adresse für Postsendungen: Redaktion u. Expedition: Leipzig, Turnerstr. 11. Leipziger Monatschrift für Textil-Industrie, Leipzig. __ Filial-Expedition: Für Telegramme: Martincompagnie Leipzig. -£161^118^6061 UHC1 vJil6ir6(l£l.K u611T « I 11 6 0 U 0 F lYI S F L I Fl. Berlin S.» Grimmstrasse 30 (Gustav Hildebrandt) Organ dess Vereins Deutscher Wollkämmer und Kammgarnsplnner. Leipzig, 15. Februar. * l -“ druct Jahrg. 1886. N°‘ 2. Zur gef. Beachtung! Die verehr!. Abonnenten der „Monatschrift“ erhalten ausserdem die 3 Gratis-Beiblätter: „Wochen berichte“, „Der Musterzeichner“ und „Mittheilungen aus und für Textil-Berufsgenossenschaften“ regelmässig zu gesandt. 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Basedow, Adelaide. = Correspondenz: Deutsch, Englisch, Fran zösisch und Italienisch, zzz Eine amerikanische Stimme über die Wirkungen des Wollzolles in den Vereinigten Staaten. Unter Bezugnahme auf die bekannte Denkschrift der „Pommerschen ökonomischen Gesellschaft“ mitgetheilt von Theodor Martin. Die vor einiger Zeit der Reichsregierung sowie dem Reichstage seitens der Pommerschen ökonomischen Gesellschaft zugegangene und in den letzten Wochen so oft genannte Denk schrift, worin bekanntlich auch die Ein führung eines Zolles auf Wolle in Deutschland gefordert wird, sagt in der Begründung zu dieser Forderung u. A.: „Ebensowenig stichhaltig ist die bisher „stets aufgestellte Behauptung, dass ein „Wollzoll unmöglich sei, weil dadurch „die Textil-Industrie beeinträchtigt resp. „vernichtet würde. — Amerika, dessen „seit dem Jahre 1867 existirenden Woll- „zoll unten beleuchtet wird, beweist das „Gegentheil.“ Nach dieser Aeusserung zu schliessen, will die Pommersche ökonomische Gesellschaft also glauben machen, dass die Wollen-Industrie in den Vereinigten Staaten — diese sind, wie die Denkschrift an anderer Stelle ergiebt, mit Amerika gemeint — im Aufschwünge begriffen sei. Es ist nun ein eigenthümliches Spiel des Zufalls, dass fast zu derselben Zeit, in der in Deutschland die Pommersche ökonomische Gesellschaft mit der vorstehenden Behauptung auftritt, in den Vereinigten Staaten einer der angesehensten Woll-Industriellen-Vereine des Landes, die „National Association of Wool Manufacturers“ sich über den Woll zoll in Amerika bitter beklagt und dabei constatirt, dass dieser Zoll die ameri kanische Wollen-Industrie arg schädige, während er die Schafzucht in den Ver einigten Staaten durchaus nicht in er wartetem Grade gehoben habe! Die Auslassungen der „National Association of Wool Manufacturers“ über die Wirkungen des Wollzolles in den Vereinigten Staaten ver dienen um so mehr Beachtung, als sie bei einer Gelegenheit gemacht wurden, wo man es nicht vermuthet hätte, nämlich bei Abfassung eines Protestes gegen die geplante Zolltarif- Revision in den Vereinigten Staaten. Dieser dem Secretair Manning zugestellte Protest spricht eine beredte Sprache, die um so be deutungsvoller ist, als sie in der That aus klassischem Munde kommt. Im Hinblick nun auf die Forderungen der Agrarier, betreffend die Einführung von Woll zöllen in Deutschland und in Anbetracht des Umstandes, dass die Pommersche ökonomische Gesellschaft die Forderung nach Zöllen auf Wolle geradezu durch die Exemplification auf Amerika zu begründen sucht, dürfte es ebenso zeit gemäss als interessant sein zu erfahren, was die „National Association of Wool Manu facturers“, der die hervorragendsten Woll- Industriellen der Union angehören, über die Wirkungen des Wollzolles in den Ver einigten Staaten sagt. Nach den Auslassungen der „National As sociation of Wool Manufacturers“ sind nun die europäischen Wollwaarenfabrikanten gegenüber den Amerikanern dadurch im Vortheil, dass sie das Rohmaterial zu ihren Fabrikaten zollfrei haben, da in Grossbritannien, Frank reich, Belgien, Deutschland, den Niederlanden gar keine Wollzölle existiren und in den anderen fabrieirenden Ländern, wenn welche, nur solche in sehr geringer Höhe. „Unsere europäischen Concurrenten“, so heisst es in dem betreffenden Schriftstück der Association, „sind von einer directen Erhöhung der Wollpreise durch den Zoll verschont und brauchen auf diese Weise weniger Capital zur Beschäftigung ihrer Fabriken, während sie andererseits keine Zinsen auf den Zoll verlieren, wenn sie ihre Lager mit Wolle und Waare füllen. Sie sind aber auch der Zölle auf Wollsurrogate enthoben, welche zur Vermischung mit Wolle in der Fabrikation bil ligerer und schwererer Tuche verwandt werden — Zölle, die uns ein gleiches Verfahren absolut verbieten. Durch den geringeren Kostenpreis ihrer Rohmaterialien sind aber auch unsere europäischen Concurrenten in den Stand ge setzt, sich ihrer Ueberproduktion dadurch zu entäussern, dass sie ihre überschüssigen Waaren mit verhältnissmässig geringen Opfern auf fremde Märkte bringen, auf denen sie durch ihre Bil ligkeit bereits eingeführt sind. Sie sind nicht wie wir gezwungen, in der Auswahl ihrer Wol len wegen der darauf ruhenden Zölle ängstlich zu unterscheiden, sondern können sich ihre Wollen in beliebiger Beschaffenheit, sei es un gewaschen, gewaschen oder scoured, mit alleiniger Rücksicht auf die wünschenswerthen Eigen schaften auslesen Bei einem Vergleich mit den europäischen Fabrikanten genügt es jedoch nicht, nur die Höhe der Zölle allein in Betracht zu ziehen, auch die bedeutenden Spesen, welche mit dem Import der Wollen von den grossen Weltwoll märkten verknüpft sind, müssen berücksichtigt werden und bilden dieselben einen weiteren Schutz der amerikanischen Wollproduktion. Der hohe Zoll ist nicht die einzige Schwierig keit, mit welcher unsere fremde Wollen ver arbeitenden Fabrikanten zu kämpfen haben.