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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.09.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100908026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910090802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910090802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-09
- Tag 1910-09-08
-
Monat
1910-09
-
Jahr
1910
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ÄczuftS-Preis Itr t!ckp»ta und P»r»rre durch umer, lrüge» und Svedtieur« -mal ttalich m» Hau» -rdr-chk: vv monatl., ».70 virrtrttädel. Bet untern Filiale» u. An» mchmettellkn adaeboli: 7S H m«n-tl., ».»2 ^tk viertrllLhrl. Lurch dt« Vok: «nnerdulb Deullcht-nd« und der deutschen liolonien »ierteliikrl. S.4V monatt. undicht. Loswestellaeld ferner in Belgien, TLneinurk, den Donuuilualen. Italien, Luxemburg, Aiedertanbe, Nur- nxkien, Oesterreich Ungarn, Rubln»», Schweden, Schwei, u. Spanien, In allen übrigen Staaken nur direkt durch di» GeichPtduelle de« Blatte« erhättlich. Da« Leipziger La«ebiatt ertcheini 2 mal ltgtich. Sonn- a. Fei riag« nur morgen«. Adonnei em<<lnnaiMe. Augutku-platz 8, bei unseren Trägern. Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern Itn,«l»erkautrp,el« »er Morgen- »utgab« Iv 2), der . den»:u«qade ich» Nedaktton und WeschäflSKellrr Jobannidgasse 8. Fernsprecher! I46SL. I46M. 14894. Kr. 248. Abend Ausgabe. MipMer Tagtblaü Handelszeitung. Amtsblatt -cs Aates und -cs Nolizeiamtcs Scr LtaSt Leipzig. 21 »zeigen-Preis Mr Inserate au« Leipzig und Umgedmeq di» «gespatten, SO wm breit» Peni^il, 22 ch dt» 74 wm breite ReNamezeN» l da» an«wän« UV ch, R»N,men t.2Ü chs, Inserate van Bebbrdrn >» amtlichen Teil di« 74 wm breit« Vetttzril« 40 »eschäit»an,e>ge» mtt P agvarschristen und t» der Abendautgab» >m Preis« erhodi. Rabatt nach Laich Beilagegebüdr L v. Tausend exkl. Postgebühr. Fester«eilt« Autträge kbnnen nicht zurück gezogen werden. Für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wir» lein» Äaranri» übernommen. Anzeigen-Annahme: Augukusplutz 8» bet sämtlichen Filialen u. allen Annoncen« ttMedttionen de« Zn- an» Autlanbe«. Haupt-Ftltale Bersin: Aart Lnncker, Herzogl. v:hr.-osbach- handlung, Lützomftiade lid (Telephon V l, Re. 4003). Haupt-Ftltal« Dreibein Seel,ratze 4, t (Telepdon 4621). 104. Jahrgang Donnerstag, üen 8. September 19l0. Die schwersten Kaliber üer „Oresanaughts." Eine der wichtigsten Fragen, die gegenwärtig die Marinesachleute aller Staaten auf das lebhafteste be schäftigt, ist die Geschütz frage, denn im modernen Schlachtschiffkampf spielt das Nieder kämpfen des Gegners auf weiteren Entfernungen durch schwere Kaliber die Haupt rolle. Dementsprechend können Wandlungen in den Ansichten der Autoritäten auch nicht überraschen, denn das Bessere verdrängt eben das Gute, das bis her das Beste war. Inkonsequent wäre nur die Ver waltung, die halsstarrig an einer überholten An schauung festhält. Sie verliehe damit das ewig gültige Prinzip, daß nur das Besteim Kriege Wert hat, daß falsche Sparsamkeit und Rückstän digkeit aber Verschwendung bedeuten. Bekanntlich führen unsere großen Panzer das 28-Zentimeter-Schnellfeuergeschlltz, das gegenüber dem größeren Kaliber des 30,3 - Zentimetergeschützcs fremder großer Marinen einen besonderen Vorzug aufwies. Einer etwas geringeren Wirkung des Einzelschusses gegenüber hatte es vor allem eine größere Feuergeschwindigkeit, eine höhere Stabilität der Geschützrohre und nicht zuletzt eine höhere Lebensdauer auszuweisen. Gerade letztere Eigenschaft muß im Ernstfälle schwer wiegen. Nach Krupps statistischen Angaben kann eine 28-Zenti- meterkanone fast 200 Schuß ertragen, ohne daß das Rohr Schaden leitet und die Treffähigkeit herabge setzt wird, während noch im Jahre 1808 festgestellt würde, daß das 30,5 Zentimetergeschütz nur 83 oder sogar nur 60 Schuß ohne wesentliche Beeinträchti gung der Schießleistung und des Zustandes abgeben konnte. Man denke sich den Ernstfall und die Folgen, die dem betreffenden Linienschiff erwachsen. Die Geschütze können unter Umständen bei längeren Artilleriekämpfen einfach zum Schweigen verdammt werden, wenn sie nicht gar durch Springen der Rohre der eigenen Besatzung gefährlich werden! Aber dieser Standpunkt der Technik scheint, wenn man den vorliegenden Meldungen Glauben schenkt, bereits überwunden zu sein. Ma» legt zudem neuer dings das Hauptgewicht auf eine besonders große Sprengwirkung der Riese ngeschosse, anscheinend eine erst in letzter Zeit gereifte Erkenntnis aus den Lehren des letzten ostasiatischen Seekrieges, aus dem zuerst andere Schlüsse gezogen wurden. Ferner suchte man natürlich eine größere Anfangs geschwindigkeit, die eine bessere Treffähigkeit zur Holge hat, sowie überhaupt eine Erhöhung der Ge schoßwirkung zu erzielen. Man verlängerte die Rohre, vergrößerte die Ladungen usw., und da alles natürlich seine Grenzen bei Beibehaltung des gleichen Kalibers hat, so ging Man eben zu einem höheren über. England als führende Seemacht experimentiert natürlich am meisten, und die letzten 30,5-Zentimeter- Geschütze weisen gegenüber den oben zum Vergleich herangezogenen ganz wesentliche Verbesserungen auf. (Die Anfangsgesckiwindigkeit wurde von 720 auf 914 Meter und die Mündungsenergie von 10 250 auf 16 900 Meter gesteigert.) Aber die Lebensdauer blieb dieselbe. Jetzt ist man nun zu der anscheinend ge lungenen Konstruktion eines 34,3-Zentimeter- Geschützes übergegangen, mit dem die neuesten „Dreadnoughts" armiert werden sollen. Etwas Näheres weiß man nicht von den Schießresultaten, Die Kan im Spiegel. Von G. W. Appleton. (Autorisierte Uebersetzung.) Er zögerte einen Moment und sah sich im Zimmer um, als suche er etwas, bis seine Augen auf dem Bücherschrank haften blieben. Dann schaute er auf die Uhr. „Ich habe", sagte er, „heute nachmittag ein Rendezvous in Brighton, daher ist es wirklich nicht nötig, daß Sie heute dableiben. Wenn Sie indes", fügte er hinzu, indem er zum Bücherschrank trat und ein Buch herausnahm, „eine oder zwei Stunden darin blättern wollen, ist es mir auch recht. Es ist ein ausführlicher Bericht über gewisse mineralreiche Ländereien in Norddakota. Ich möchte einen Aus zug daraus haben — verstehen Sie, einen konzentrier ten Extrakt. Es wird, wie ich fürchte, eine lang weilige Arbeit absetzen und Sie einige Zeit kosten. Werfen Sie bitte, für heute einen Blick hinein, wenn Sie Lust haben. Und jetzt entschuldigen Sie mich, ich darf meinen Zug nicht verfehlen. Machen Sie es sich bequem, als ob Sie zu Hause wären. Wenn Sie irgendetwas wünschen, so läuten Sie! Ich werde Sie morgen wieder aufsuchen." Als sich die Türe hinter ihm geschlossen hatte und ich mich allein befand, begann mir das Bewußtsein davon aufzudämmern, was geschehen war. Ich war ganz aufgeregt. Es schien mir unfaßlich, daß ich auf diese erstaunliche Weise ein Heim gefunden hatt- und daß ich bereits einen Scheck von über sechzig Pfund in der Tasche haben sollte. Ich zog ihn heraus und sah ihn an. Nein, es war kein« Täuschung. Da standen der Name der Bank, der „London und Westminster", der Name — N. Eoliby — und der Betrag klar verzeich net. Ich brauchte nur meinen Namen darunter zu setzen und am nächsten Morgen eine Bank aufsuchen, und — Hurra! — ein gähnendes Loch in meinen Finanzen wäre augenblicklich ausgefüllt. Das war das reinste Wunder. Ich warf einen Blick in das Schlafzimmer und entdeckt«, daß es ein kleines Wunder von Komfort und Gemütlichkeit darstellte. Sicherlich war mein Stern im Aufgehen begriffen, und für eine Weile vergaß ich ganz den „Bericht über einige mineralreiche Ländereien in Rorddakota". Schließlich dachte ich wieder daran. Ich setzte mich aber man kann wohl annehmen, daß die DurchMags- kraft der Geschosse, die Sprengwirkung und die Treff fähigkeit auf noch größere Entfernungen gegenüber den 30,5-Zentimeter-Gcjchossen eine weitere Steige rung erfahren haben. Daß man anscheinend auf die Lebensdauer so wenig Wert legt in England ist be merkenswert. Man glaubt demnach, daß die Zahl der Schüsse (60 oder 80) für eine artilleristische Betäti gung der Panzer ausreicht, und daß die Entscheidungs schlachten nicht so viel Zeit erfordern. Darüber sind die Fachmänner sich eben nicht einig. Am weitesten voraus — wenn es nach der Grüße des Kalibers geht — sind wieder die Amerikaner, die bereits 35,6-Zentimcter-Geschütze konstruiert haben. Man hat dabei die Anfangsgeschwindigkeit herabgesetzt und die Mündungsenergie auf 20 316 Meter (!) gesteigert, wenn diese Angaben sich bewahrheiten. Was die Zahl der Geschütze anbetrifst die auf den „Dreadnoughts" Aufstellung finden, so schwankt deren Zahl je nach dem Tonnengehalt und der Größe des Kalibers zwischen 8 und 12, und eine ganz besondere Nolle spielt die Anordnung der Panzertürme auf den Decks. Ideal wäre es, wenn jedes Geschütz in jeder beliebigen Richtung feuern könnte, was aber mit Rücksicht auf die einzelnen Türme nicht geschehen kann. Am günstigsten scheint gegenwärtig die An ordnung in sechs Doppeltürmen (zwölf Geschütze) zu sein, von denen je zwei auf dem Vor- und Achter- (Hinter-) Deck aufgebaut sind. Die inneren sind erhöht und die anderen Türme be finden sich schachbrettartig in der Mitte des Steuer- und Backbords. Man kann somit nach der Breitseite mit 12, und nach vorn und hinten mit je 8 Geschützen feuern. Südamerikanische Panzer sind nach diesem System armiert, und soviel man hört, sollen unsere neuesten Linienschiffe in dieser Art aus gerüstet werden. Im übrigen soll unsere Marine verwaltung die Einführung des 30,5-Zentimeter- Kalibers auf den neuesten Schlachtschiffen beschlossen haben. Wir können uns bei den unübertroffenen Leistungen Krupps versichert halten, daß man den Schritt nicht bereuen wird. Wir hinken nicht mehr nach, son dern verfolgen genau alle Fortschritte, sind orientiert und prüfen fortwährend. Es werden auch längst bei Krupp Versuche mit noch größeren Kalibern gemacht. palstilche Nachrichten. Bom Kaisermanöoer. Preußisch-Holland, 8. September. (Tel.) Bei den diesjährigen Kaisermanövern wird der Kampf um eine mit allen Mitteln der Technik befestigte Stellung zur Darstellung gebracht werden, ohne dabei die Entschlußfreiheit der Führer wesentlich zu beschränken. Aus Ersparnisrücksichten wurden nur zwei Armeekorps heranaezogen. Die Manöver werden so kriegsmäßig wie möglich durch geführt. Die Kämpfe werden auch des Nachts fortgesetzt, wie auch der Kaiser als oberster Schieds richter sich bereit erklärt hat, jederzeit Mitarbeiten zu wollen. Die allgemeine Lage ist folgende: Eine rote Armee ist vor einer blauen über die Weichsel zurückgegangen. Diese ist ihr über den Fluß gefolgt und steht in der Linie Marienburg—Riesen burg. Die rote Armee hat Verstärkungen zu er warten und will nach deren Eintreffen erneut Wider stand leisten, zu dem die Gegend des Oberländischen Kanals und oie sich an' enden Seen einladen. Die rote Armee, das 1. e.eekorps einerseits, und die blaue, das 17. anderseits, sind nur die nördlichen Flügel von nach Süden beiderseits sich anschließenden größeren Truppenmassen, die angenommen sind. — Von Neuerungen seien erwähnt: ll-ber die Ab transports ist noch keine Bestimmung getroffen worden. Die Verluste werden durch Entfernung aus der Ge fechtslinie praktisch dargestellt. Die gesamte Bagage nebst Begleitmannschaften wird nicht mehr als neutral betrachtet. Beim 1. Korps wird der „P. 2" und beim 17. der „M. 3" arbeiten. Beide Lenkballons sind mit drahtloser Telegraphie ausgestattct. Die blaue Ka- vallcriedivision hat leichte drahtlose Stationen, Licht signale und Lastkraftkolonncn. Die Infanterie verfügt über Scheinwerfer. Die Pioniere haben den neuen leichten Divisionsbrückentrain. Kein Jagdbcsuch des Reichskanzlers in Bayern. München, 8. September. Reichskanzler v. Veth- mann Hollweg, der ein großer Jagdsreund ist und wiederholt schon während der Herbstmonate im bay rischen Gebirge verweilte, um der Jagd zu huldigen, hatte auch in diesem Jahre die Absicht, eine kurze Zeit in den bayrischen Alpen zuzubringen. Wie jedoch jetzt mitgeteilt wird, hat der Kanzler diese Absicht für dieses Jahr vorerst ausgegeben. Die Montierung des „M. IV". Wie der „Inf." mitgeteilt wird, werden die ersten Probefahrten des neuen Militärluftschiffes „M. IV", das in den Werkstätten des Luftschifferbataillons der Vollendung entgegengeht, erst später als ursprünglich beabsichtigt stattfinden können. Nach dem Ma növer wird mit den Mo n t i e r u n g s a r b e i t e n an dem Luftschiff begonnen werden können, und der erste Probeaufstiea wird nicht vor Dezem ber d. I. stattfinden. Der Rauminhalt des „M. IV" beträgt 7500 Kubikmeter, und als Neuerung führt das Luftschiff zwei Gondeln mit 4 Propellern, während die andern Luftschiffe dieses Typs nur eine Gondel mit 2 Propellern aufweisen. — Hauptmann de le Roi von der Versuchsabteilung der Verkehrstruppen hat als Dritter unter den Offizieren, die auf dem Döberitzer Flugplätze von der Militärverwaltung Unterricht in der Handhabung vom Fliwreug erhalten, das Führer zeugnis erworben. Es ist zu erwarten, daß demnächst auch dem vierten Offizier, der gegenwärtig Unterricht erhält, das gleiche Zeugnis ausgestellt wird. Nach dem die zunächst ausgebildeten vier Offiziere dann ihre Ausbildung als Führer beendet haben, ist be absichtigt, weitere Offiziere in der Führung von Flugmaschinen auszubilden. Kaiser Franz Josef wieder in Wien. Wien, 8. September. (Telegramm.) Der Kaiser ist nach Beendigung seines Sommeraufenthaltes in Ischl gestern abend hier eingetroffen. Ein« österreichische Spionageafsäre. Belgrad, 8. September. (Telegramm.) Ein hier verhafteter österreichischer Spion erklärte, er sei akti ver Oberleutnant im 3. bosnischen Infanterie bataillon in Pest und heiße Rajalovits. Don dem Ehef des Wiener Generalstabes habe er Geld und In struktionen erhalten, auch sei er mit einem falschen Paß versehen worden, der auf den Namen eines Handelsagenten lautet. Als man ihn in das serbische Spionagegebiet entsandte, habe man ihm versprochen, falls er mit seiner Spionage Erfolg habe, werde er eine große Karriere machen. Er selbst war sehr niedergeschlagen und versuchte nachts auf dem Polizei- bureau Selbstmord, wurde aber noch rechtzeitig daran gehindert. Die Blätter, darunter „Dnewni", „Listz" und „Pelitica" behaupten, daß das Verbleiben des österreichischen Gesandten in Belgrad, Grafen Forgach, an das Pult, legte den schweren Band vor mich hin und suchte in seinen Inhalt einzudringen. Ich fand, daß es keine leichte Arbeit war, aber eine Stunde lang mühte ich mich ab, Herr darüber zu werden. Schließlich erregte etwas ganz Undefinierbares meine Aufmerksamkeit, etwas geheimnisvoll Lebendiges schien in der Luft zu sein, ich wußte nicht was. Da sah ich auf. Mir gegenüber hing ein Spiegel. Er schien meine Blicke anzuziehen. Als mein Auge darauf fiel, fuhr es mir wie ein Stich durch das Herz: in dem Spiegel erblickte ich ein Frauengesicht, ein geisterhaftes, aber unbeschreiblich schönes Frauen antlitz. Ich sah einen wirren Knoten kohlschwarzen Haares und ein Paar funkelnde Augen, die die meinigen anzuglühen schienen. Mein Herz schlug laut. Ich sprang auf und sah mich um. Aber ich konnte nichts erblicken. Ich wandte mich wieder um und schaute von neuem in den Spiegel. Das Gesicht war verschwunden. Zweites Kapitel. Es war wirklich eine unheimliche Geschichte. Ich befand mich im vollen Besitze meiner Geisteskräfte. Die Sonne sandte ihre Strahlen durch die Fenster in mein Zimmer. Ich war nicht das Opfer einer Sinnestäuschung. So klar ich jetzt mein eigenes Ge sicht im Spiegel sah, hatte ich auch das entsetzte, hagere, aber entzückende Frauenantlitz darin erblickt. Wohin war es entflohen? Jeder Gegenstand im Zimmer war scharf beleuchtet. Die Stille war ge radezu bedrückend. Ich hätte einen Schmetterling schweben hören, so scharf war mein Gehör, aber nicht die geringste Schwingung hatte mein Ohr erreicht. Das geheimnisvolle Leben in der Luft, das ich schon erwähnt habe, hatte eher mein Gefühl als meinen Gehörsinn erregt. Mit einiger Anstrengung gelang es mir, meine Ruhe wieder zu erlangen. Nervengeschichten, satzte ich mir, gegen besseres Wissen. Da» müssen meine Nerven sein. Es ist ausgeschlossen, daß ein mensch liches Wesen dieses Zimmer betreten und verlassen haben kann, ohne ein Geräusch zu machen, das seine Anwesenheit verraten hätte. Alles das dachte ich mit dem Bewußtsein, nicht die Wahrheit zu sagen. Ich machte die Türe auf und schloß sie wieder. Eine kreischende Angel verriet mir in diesem Mo- ment, daß kein weibliches Wesen auf diesem Wege hatte kommen und gehen können. Alle anderen Oeffnungen waren Fenster. Das Zimmer war hoch, der Teppich von einer Textur, die Zauberstreiche un möglich machte. Bei mir, dachte ich, ist etwas nicht in Ordnung. Ich habe mir wohl in der letzten Zeit zu vielen Kummer gemacht. Ein wenig frische Luft wird mir gut tun. Daraufhin stellte ich den „Bericht über einige mineralreiche Ländereien usw." wieder an seinen Platz zurück, griff nach meinem Hute, begab mich leise die Treppe hinab und versuchte, die Haustüre zu öffnen. Aber ebensogut hätte ich versuchen können, eine Gefängniszelle ohne die Beihilfe eines Wärters aufzutun, so kompliziert war das System von Riegeln und Schlössern an der Türe. Bevor ich Zeit hatte, mich über diesen Umstand zu verwundern, sprang der kleine runzelige Mann, der mich in das Haus ein gelassen hatte, scheinbar aus der Luft plötzlich auf mich zu und sagte: „Sie erlauben, diese Verschlüsse muß man schon kennen, um sie aufmachen zu können. Es ist bis weilen soviel Geld im Hause, daß Herr Eoliby große Vorsichtsmaßregeln gegen Einbrecher zu ergreifen ge zwungen ist. So!" Das Tor flog weit auf. Dann setzte der kleine Mann hinzu: „Ich glaube, es wird gut sein, wenn ich Sie bis zum Eartentore begleite und Ihnen den Kunstgriff zeige, mit dem Sie das Schloß öffnen können. Es ist sehr einfach, sobald Sie ihn einmal kennen. Das war in der Tat der Fall. Er führte meinen Zeigefinger auf eine Art Drahtstiftkopf, worauf das kleine Psörtchen sich selbsttätig öffnete. „So", sagte er, „Herr Goliby wird Ihnen, wie ich denke, morgen die Schlüssel geben." Die Türe fiel wieder geräuschlos ins Schloß, und mit einem Gefühl der Erleichterung stand ich auf der Straße. Ich sah aus die Uhr. Ein Viertel nach Drei, murmelte ich. Vor vier Uhr verläßt Richard seine Wohnung nicht. Ich werde ihn gerade noch recht zeitig antreffen. Das war auch der Fall. Ich begegnete ihm aus der Treppe. „Du bist es, mein Junge?" rief er mir zu. „Ich kann dir nur ein paar Minuten widmen. Ein wich- tiaes Rendezvous, ich bin bereits etwas spät dran. Wie steht s? Hast du deinen Mann getroffen?" „Jawohl." und des Militärattache Gelinek unmöglich ge worden sei. Gegen die Apachen in Paris. Paris, 8. September. (Telegramm.) Der I u st i z m i n i st e r Barthou bestätigte einem Be richterstatter, daß er angesichts des immer mehr um sich greifenden Apachen-Un- wesens, dec immer häufigeren Revolver- und Mcsserattentate und der hierdurch bedenklich ge fährdeten öffentlichen Sicherheit, der Staatsanwaltschaft die größte Strenge bei der strafrechtlichen Verfolgung der Apachen aufgetragen habe. Ferner habe er be schlossen. im Parlament einen Gesetzentwurf über das Tragen verbotener Waffen vorzulcgen, durch den die bestehenden Bestimmungen entsprechend verschärft werden seilen. Auch behufs Unterdrückung der gegenüber der Freiheit der Arbeit unter nommenen Anschläge, die in letzter Zeit einen immer bösartigeren Charakter angenommen haben, sei den Staatsanwälten besondere Wachsamkeit und Entschiedenheit empfohlen worden. Zur Lage im Orient. London, 8. September. (Tel.) Der Konstantino peler Korrespondent der „Times" will erfahren haben, daß im Gegensatz zu den verbreiteten Meldungen es unrichtig sei, daß die Antwort der Kreta mächte gestern im türkischen Ministerrat besprochen worden. Es sei unmöglich, eine Bestätigung zu er halten, ob die in der ganzen Presse veröffentlichte Meldung, wonach die Pforte den Mächten neue Vor- fchläge machen wolle, wahr sei oder nicht. Indessen fei es mindestens gewiß, daß die Antwort der Mächte in der Türkei keinen günstigen Eindruck hervorgerufen habe, wederbeiderRcgierung noch bei der öffentlichen Meinung. Es sei nicht zuviel gesagt, daß man den Moment für günstig erachtet, den Mächten zu verstehen zu geben, welche Gefahr darin liegt, die Kretafrage noch immer un gelöst zu lassen. Konstantinopel, 8. September. (Tel.) Die Pforte hat bei den Schutzmächten dagegen protestiert, daß auch bei der kretischen Miliz die alten Offiziere durch junge griechische Offi ziere ersetzt werden. Ms Leipzig nnü Umgeyenü. Leipzig, 8. September. Wetterbericht der Königl. Sächs. Landcswetterwarte zu Dresden. Voraussage für Freitag, den 9. Sep tember 1910. Nördliche bis nordwestliche Winde: zeitweise auf heiternd: etwas wärmer: kein erheblicher Nieder schlag. Pöhlberg: Berg ncbelfrei: Nebel in den Tälern. Fichtelberg: Ununterbrochen schwacher Nebel. * König Friedrich August in Leipzig. Wie wir erfahren, trifft König Friedrich August am 13. Se p - tember abends 9 Uhr 29 Min., von Niedersedlitz kommend, auf dem hiesigen Dresdner Bahnhof ein. Der Monarch wird im Leipziger Palais übernachten und am 14. früh vom Bayrischen Bahnhof sich mittels Sonderzuges nach Werdau oder Crimmitschau be geben, um den Manövern der 24. Division beizu „Gefällt er dir?" „Ich weiß noch nicht recht." „Engagiert?" „Gewiß. Er hat mir ein Vierteljahr im voraus bezahlt. Was sagst du dazu?" „Kommt mir etwas seltsam vor. Etwas unge wöhnlich, verstehst du." „Mir auch." Um diese Zeit querten wir den Pump Court in der Richtung nach dem Strande. „Nun, ich denke, es kam nicht ungelegen", setzte er hinzu, „aber da du es angenommen hast, bist du verpflichtet, jetzt wenigstens drei Monate bei ihm zu bleiben. Na, darüber wirst du dir ja im klaren sein. Vermutlich tust du es gern?" „Offen gestanden, ich weiß es nicht", erwiderte ich. Ich habe etwas Seltsames, um nicht zu sagen Myste riöses in dem Hause entdeckt." „Wieso? Das mußt du mir näher erklären, nur bitte ich, dich kurz zu fassen. Sobald wir die Fleet straße erreichen, muß ich in die erste freie Drcyckcke springen, der wir begegnen." Ich teilte ihm so knapp wie möglich mit, was sich ereignet hatte. Mein ernstes Gebaren belustigte ihn augenscheinlich, er lachte. „In deinem Hirnkasten ist ein Schräubchen los, und —" „Unsinn", unterbrach ich ihn, ein wenig gereizt, „du schenkst mir, scheint's, keinen Glauben." „Ich muß einem vcrtrauenswcrten Manne doch wohl Glauven schenken", entgegnete er. „selbstver ständlich. Das paus ist vielleicht verhext, cs spukt. Das mußt du dir schon gefallen lassen. Ich selbst hätte nicht viel dagegen einzuwenden, mir einen der artigen hübschen weiblichen Spuk vormimen zu lassen. Versuch's dos nächste Mal. sie zu Haschen. Sie soll eine Erklärung oder Entschuldigung abgeben. So. hier kommt eine leere Droschke gefahren. Ich muß dich nun verlassen, Teddy. T—tl Tut mir leid. Besuch mich bald wieder!" Im nächsten Augenblick entführte ihn der Wagen in der Richtung der St. Paulskirche. Zuerst war ich über sein Benehmen etwas ver stimmt. Er hatte mich nicht, wie ich cs hätte ver langen können, ernst genommen Wahrscheinlich hielt er mich für das Opfer einer Sinnestäuschung. Und doch hätte er mich besser kennen sollen. Mein Per- druß war indes vergangen, bevor ich noch in Channg Croß anlangte: und ich hatte die Ueberzeugung g«.
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