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leiter, der bei Fadenbruch durch einen elek trischen Strom das Ausrücken der Maschine bewirkt; 172320 von Hayn & Leilich einen durch einen Glockenschlag wirkenden Bruch- und Knoten-Melder; 160840 von Stoll & Co. eine Spann- und Abstoßvorrichtung für ein zeln von Spulen zulaufende Kettenfäden; 162919 (Zusatz zu 150883) von Azary eine in der Weite leicht verstellbare Vorrichtung zum Herstellen eines Maschenschlauches aus Draht; 163343 von Teufel die Andeu tung, daß zum Wirken eines regulären Gum mistrumpfes der Gummi-Schußfaden in jeder Reihe abwechselnd unter und auf eine Nadel gelegt werden und im letzteren Falle Dop pelmasche bilden soll; 165271 (nach Klasse 3 gehörig) von Meyer ein Strumpf, dessen Fuß weiß geblieben, dessen Länge aber irgend wie bunt gefärbt ist; 167019 von Bard ein Rundstrumpf, im Oberlängen mit Preß muster; 168686 von Lotter Kulierware mit eingearbeiteten Längskettenfäden (ähnlich Pat. 80515); 168829 von Clewley ein Hand tuch aus Schußkettenfilet und 169606 von Swoboda eine Franse mit Häkelmaschenstäb chen an der Verbindungsleiste. Zur Entwicklung der Zeerfarbeninöustrie. [Nachdruck verboten.] (Von Dr. Hugo Schweitzer.) Wir hatten in Heft 8 des vorigen Jahr gangs dieser Monatschrift (Seite 254) auf das Jubiläum des Engländers W. H. Perkin hin gewiesen, desjenigen Mannes, den man ge wissermaßen als den Gründer der ganzen heutigen Teerfarben-Industrie ansehen kann. In ähnlicher Weise wie in England wurde jenes Jubiläum auch in Amerika gefeiert, und bei dieser Gelegenheit hielt Dr. Hugo Schweitzer die Festrede. Perkin sagt selbst über diese Rede,daß es eine der interessantesten Kundgebungen wäre, die er aus den Ver einigten Staaten erhalten hätte, und auch wir glauben, daß die darin enthaltene allgemeine Übersicht über die Entwicklung genannter In dustrie unseren Lesern manches Interessante bieten wird. Wir geben sie daher auszugs weise nach den „Dyer and Calico Printer“ im folgenden wieder: Erst 50 Jahre sind es her, als bei einer Untersuchung über die künstliche Herstellung des Chinins der Engländer W. H. Perkin, damals mit 19 Jahren Assistent des berühmten Berliner Chemikers Hofmann, eine dunkle, schmutzige Masse erhielt, aus der er sich be mühte, gewisse farblose kristallisierende Sub stanzen auszuziehen. Eines Tages jedoch kam er auf den Gedanken, diese gefärbten Nieder schläge als solche nutzbar zu machen und Seide damit zu färben. Man macht sich heute nur schwer einen Begriff davon, welche epoche machende Idee in diesem Gedanken lag, näm lich, mit einer im Laboratorium erhaltenen Substanz, die keinerlei Beziehungen zu irgend einem bisher bekannten Farbstoff hatte, eine Färbung vorzunehmen. Es war eben einer jener in der Geschichte der Erfindungen nicht seltenen Geistesblitze, der Perkin veranlaßte, die färbenden Eigenschaften jener schmutzigen Masse nutzbar zu machen, ein Gedanke, auf dem später die unendliche Reihe von Ver suchen wissenschaftlicher Chemiker, vor allen des Altmeisters Hofmann, beruhte, auf der die heutige Teerfarben-Industrie fußt. Dieser Gedanke ist um so auffallender, als jeder andere Chemiker der damaligen Zeit, vor | allem aber Hofmann, nichts mit Körpern zu tun haben wollte, die nicht kristallisierten, und vor allem nichts mit solchen, die gefärbt waren. Eine bei der Reaktion auftretende Färbung war ja meistens das Anzeichen von einem nebenher laufenden Prozeß und man mußte vor allem darauf hinarbeiten, diese Neben reaktionen zu vermeiden und aus den ge färbten Substanzen und Reaktionsprodukten die kristallisierten farblosen herauszuarbeiten. Wie groß aber auch der Wert der Perkin- schen Entdeckung des „Mauve“ war, so muß man doch viel mehr den Mut bewundern, mit dem Perkin später die technische Herstellung dieses Produktes trotz aller Hindernisse ver folgte. Der größte Widerstand stellte sich ihm entgegen, als er versuchte, den Farb stoff den Färbern und Druckern zu verkaufen. Arbeiteten doch damals alle ausschließlich mit Rezepten, die von Eltern und Voreltern er erbt waren und die alle für den neuen Farb stoff nicht anwendbar waren. Hier mußte also Perkin neue Färbe- und Druckrezepte ausarbeiten und vor allem die ultra-konser vativen Färber dazu bringen, diese neuen Methoden anzuwenden. Es ist heute beinahe vergessen, ’ daß Perkin der erste war, der die Methode, Seide in einem Seifenbade zu färben, wie es heute allgemein üblich ist, für alle künstlichen Farbstoffe einführte, und daß er und Pull ar wiederum die ersten waren, welche auf Baumwolle die unlöslichen Tannin-Metall salze als Beize für Farbstoffe niederschlugen. Diese Einführung des Mauve als des ersten basischen Farbstoffes brachte eine vollständige Umwälzung in der Färberei und Druckerei hervor, vereinfachte die Prozesse und ersetzte die von altersher ererbten Formeln durch wissenschaftliche Vorschriften, wie es ja auch heute von Seiten der verschiedenen Farben fabriken fortwährend von neuem geschieht. Nachdem Perkin den ersten Widerstand der alten Praktiker gebrochen hatte, wurde es später immer leichter und leichter, all die zahllosen Teerfarbstoffe einzuführen. Ferner ebnete Perkin auch den Weg für die Ausarbeitung weiterer Teerfarbstoffe da durch, daß er Anilin und Benzol, Körper, die bisher nur Laboratoriums-Kuriositäten waren, der fabrikmäßigen Darstellung zugänglich machte. Unter den drei zur Herstellung von Anilin möglichen Methoden wählte er als die meistversprechende den Weg der Reduktion von Nitrobenzol, das durch Nitrieren von Teerbenzol gewonnen wird; nach der Ent deckung des Mauve wurde dann aus dem I Anilin das Fuchsin gewonnen, das eine neue I immense Aussicht für dieses Industriefeld bot. Das aus dem Benzol gewonnene Anilin ent hält nämlich als Nebenprodukt Toluidin, einen Körper, der nicht in dem aus Indigo oder direkt aus dem Kohlenteer gewonnenen Anilin enthalten ist. Am 7. Dezember 1868 äußerte sichPerkin in einemVortragdarüber folgender maßen: „Wäre das in dem Kohlen teer ent haltene Anilin oder solches, das aus Indigo gewonnen ist, zur Herstellung des Mauve ver wendet worden, an Stelle des Anilins, das man aus dem Handeisbenzol gewinnt, so wären mit aller Wahrscheinlichkeit das Fuchsin und all die Reihen der sich davon ableitenden Derivate bis auf den heutigen Tag unbekannt geblieben, denn aus reinem Anilin läßt sich kein Fuchsin herstellen, dazu ist vielmehr ein Nebenprodukt erforderlich.“ Aus dieser zufälligen Entdeckung, wir können sie kaum anders bezeichnen, entsprang nun eine Industrie, die heute über 2000 Farb stoffindividuen in der ganzen Skala des Regen bogens erzeugt, die allen Anforderungen be züglich der Mode, des Geschmackes und der Echtheit gerecht. werden. Sie übertreffen an Schönheit und Lebhaftigkeit die von der Natur gelieferten Farbstoffe und ganz im Gegensatz zu der meistens im Publikum ver breiteten Ansicht sind sehr viele dieser Indi viduen echter gegen Einfluß von Zeit, Licht und Chemikalien als die Farbstoffe, welche die Natur hervorgebracht hat. Der größte Triumph dieser Industrie war die künstliche Herstellung des Alizarins und Indigos. In der technischen Ausarbeitung des Alizarins spielt Perkin ebenfalls eine be deutende Rolle, der dieses Problem gleich zeitig mit Graebe, Liebermann und Caro löste, deren englische Patente nur einen Tag vor demjenigen von Perkin genommen wurden. Auch in der ersten Synthese des Indigos war Perkin maßgebend, da die Zimtsäure als Aus gangsmaterial aus dem Teer gewonnen wird. Teerfarbstoffe werden jedoch nicht nur zum Färben von Textilfasern, wie Wolle, Seide, Baumwolle, Leinen, Jute, Ramie etc., ver wendet, sondern auch für eine ganze Reihe anderer Materialien. Färbt sich das Haar einer Dame grau oder hat es sonst eine Farbe, die nicht gerade modern ist, so gibt es ein Hilfsmittel: Teerfarbstoffe werden die ge wünschte Nuance leicht hervorbringen. Ver zehren wir mit großem Vergnügen die be liebten Frankfurter Würstchen oder sehen wir die blutige Flüssigkeit aus dem frischen Beefsteak herausrinnen, wer weiß, ob auch da nicht die Farbenindustrie ihr Teil beige tragen hat. Die Hausfrau sucht sich einen frischen grünen Besen aus und glaubt, daß er recht lange halten wird, bis sie findet, daß nur Teerfarbstoffe den Anschein der Frische hervorgebracht haben. Die F arbe, welche