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S , bi©fe©r©i. lieber Luft- oder Aetzspitzen. Von H. Glafey. Verfasser bespricht in Dinglers pply.t. Journal 1891, Bd. 280, S. 293 die Herstellung der Luft- und Aetzspitzen und glaubt Referent den Lesern dieser Zeitschrift einen Dienst zu erweisen, wenn er nachstehend das Wesentlichste der Glafey’schen Ausführungen im Auszuge folgen lässt. Unter Luft- oder Aetzspitzen versteht man solche Spitzen, welche hergestellt werden, in dem man ein Gewebe, als Unterlage, mit der Nadel auf mechanischem Wege bestickt und hernach den Stoff der Unterlage zerstört, so dass nur noch das von der Nadel geschaffene Fadengebilde — die Spitze — zurückbleibt. Diese ungefähr 10 Jahre alte Erfindung, die sogenannten echten alten Handspitzen (vene- tianische, irische etc.) auf mechanischem Wege zu verfertigen, stammt aus der Schweiz und hat auch im sächsischen Erzgebirge Eingang und zwar mit überraschendem Erfolge gefunden. Die ersten zuverlässigen Angaben über diese Fabrikation giebt ein amerikanisches Patent vom Jahre 1882 der Firma Wetter fröres in St. Gallen. In dem Patent ist angegeben, dass Seide mit Baumwolle bestickt und her nach solange mit Chlorkälklösung behandelt werde, bis die Seide zerstört sei. Gegen dieses Verfahren spricht das Missverhältniss des Werthes der zerstörten zum Werth der intact bleiben sollenden Gewebsfaser; eine zweite Frage ist, ob die baumwollene Spitze schliesslich ganz unversehrt aus dem Chlorkalkbad hervorgeht. Ebenfalls im Jahre 1882 hat Jos. Halter in Rebstein (St. Gallen) ein Patent in Deutsch land genommen, welches die beiden soeben be rührten Bedenken beseitigen will, indem man Papier mit Fäden vegetabilischen oder anima lischen Ursprungs von der Maschine besticken lässt und hernach die papierene Unterlage ein fach durch Waschen in Wasser entfernt. Doch zeigte sich das Papier für viele Stickereien nicht kräftig genug und verlangte überdies einen eige nen Hülfsapparat, welcher das Papier während des Durchstichs der Nadeln festzuhalten hatte. Im Jahr 1885 nahm Jean Krüsi in St. Gallen ein amerikanisches und ein deutsches ■ Patent für zwei neue Verfahren. Nach dem i einen wird die baumwollene Grundlage vor dem i Besticken in verdünnte Schwefel- oder Salzsäure eingelegt, dann getrocknet und nach dem Be sticken mit einer animalischen Faser einer hohen Temperatur ausgesetzt, also carbonisirt. Nach dem anderen Verfahren wird der Unter- j Stoff erst nach der Stickarbeit mit Säure be handelt, während der Stickfaden (Wolle, Seide oder Metall) vor dem Sticken mit Salmiakgeist oder sonst einer alkalischen Flüssigkeit ge tränkt wird, um während der Carbonisation der Baumwolle vor der Einwirkung der Säure geschützt zu sein. Spätere Patente betreffen das sorgfältige Auswaschen der auf diese Weise carbonisirten Stickereien, sowie den Ersatz der Schwefelsäure und Salzsäure durch Chloralu minium, um auch mit seiner Hilfe durch Zer störung der Pflanzenfaser die „Aetzspitzen“ herzustellen. Wenn es auch für den Technologen in teressant zu beobachten ist, wie die Erfahrungen eines älteren Verfahrens, in diesem Falle der Carbonisation, in neueren Gebieten der Technik wieder zum Vorschein kommen, so wird doch der praktische Chemiker auch an diesen beiden Aetz- verfahren das Bedenkliche sofort herausfühlen, weshalb der nächste Gedanke, eine Unterlage zu wählen, für welche ein indifferentes Lösungs mittel zu Gebot steht, ein jedenfalls glücklicher war. Frederik Charles Junker in Paris liess sich im Jahre 1886 in Deutschland, Eng land und Amerika als Stickunterlage die Gutta percha patentiren, welche er dann in Schwefel kohlenstoff, Benzin u. drgl. auf- und von der Stickerei ablöst. Solche Lösungsmittel lassen alle Stickereifäden, namentlich auch Metall fäden oder mit Metallfäden verzwirnte Garne in Bezug auf Festigkeit, Glanz und Farbe un beschädigt. ■—■ Später schlug Junker vor, das ! Grundgewebe durch Verbrennung zu beseitigen, ; was natürlich nur für Spitzen aus reinen Metall fäden gelten kann; um den Metallfäden nach ! dem Verbrennungsprocess wieder zu ihrem Glanz zu verhelfen, sollen die Spitzen nachträglich in eine Gold-Silberlösung u. drgl. eingelegt werden. — Ebenso einseitig wäre die bis jetzt | noch nicht versuchte Anwendung von Kupfer oxydammoniak, denn sie müsste sich auf baum wollenes Grundgewebe und w’ollenes Strickgarn beschränken. Vielleicht aber eröffnet nach An sicht des Ref. die künstliche Seide der Fabri kation der Luftspitzen einen neuen und vor- theilhaften Weg, da diese merkwürdige Kunst faser auf leichte Weise mit Alcohol und Aether von der Stickerei sich ablösen lässt, ohne letztere dabei irgendwie in schädlicher Weise zu beein flussen. Glafey verbreitet sich am Schluss seiner Abhandlung auch noch über die bei Herstellung der Luftspitzen angewendeten Sticharten, da von der Wahl des Stiches das Aussehen der Spitze wesentlich abhängig ist. Er sagt hier über: Im Allgemeinen verfährt man in der Weise, dass man mit der Plattstichstickmaschine auf dem Grundstoff zunächst ein Halt und Zusammenhang gebendes Gerippe in bekann ter Weise hervorruft, dann zwischen dasselbe Spachtelstiche legt und zu den gewünschten Ziergebilden vetschlingt. Neben der Plattstich stickmaschine hat in den letzten Jahren auch die Steppstichstickmaschine bei der Anfertigung von Luftspitzen eine vielseitige Verwendung gefunden. Besonders hat man letztere da verwen det, wo es sich um die Herstellung netzartiger Luftspitzen handelte. Man verfuhr und verfährt hierbei noch heute im Allgemeinen in der Weise, dass man auf dem Grundstoff sich kreuzende Steppstiche stickt und diese wieder an den Knotenpunkten, wo sich die einzelnen Fäden überdecken, so umstickt, dass gewisse Arten von Verknotungen entstehen, welche die Steppstiche nach dem Zerstören des Grund stoffes in ihrer gegenseitigen Lage halten. Das gekennzeichnete Verfahren wird von Johannes Singer in Plauen ausgeführt und ist Gegen stand des Schweizer Patentes Nr. 241, CI. 39, veröffentlicht am 12. Februar 1889. Eventuell kann man der Stickerei, welche sich beson ders durch ihre Leichtigkeit auszeichnet, solange der Grundstoff noch ausgespannt ist, auch noch eine Musterung mit Plattstichgebilden geben, um nach Bedarf und Geschmack der Mode einen schwereren, aber auch reicheren Spitzen effect zu erreichen. Kl. Bl©i©fa,©r©i ? Färberei, Frvtolzerei ■uLnd. Appretier zugleich. chemischer Theil. Abgekürztes Bleich verfahren. Von Hürisson und Lefoet. Um das Chloren der vegetabilischen Fasern ohne darauffolgendes Säurebad und die damit verbundenen Manipulationen auszuführen, ver wenden Herisson und Lefort, wie sie im Mon. de la Teint. 1891, S. 109 mittheilen, ein neutrales Chlorbad, welches sie sich durch Zer legung einer Chlorkalklösung mittelst Glauber salz herstellen. Hierbei fällt Gyps zu Boden und unterchlorigsaures Natron bleibt in der neutral reagirenden Flüssigkeit in Lösung. Die Stammflüssigkeit wird bereitet durch Auflösen von 1 kg Chlorkalk 90grädig (also 280 g Chlor enthaltend) zu einem dünnen Brei, in welchen die kalt gesättigte Lösung von 1 kg Glaubersalz eingerührt wird. Nach dem Absetzen wird die über dem Gyps stehende Flüssigkeit abgezogen und zum Ansetzen der Weissbäder verwendet. Die Stärke des Weissbades richtet sich nach der Natur der zu bleichenden Gewebsfaser; 1 kg Baumwolle z. B. verlangt 40 g Chlor, Leinenstoff dagegen 115 g Chlor per kg. Man stellt demgemäss das Weissbad für 1 kg Baum- w’olle in der Stärke, dass die für diese Menge Bleichguts erforderlichen 50 1 Bleichflüssigkeit 40 g Chlor enthalten und lässt die Baumwolle 72 Stunden oder 3 Tage lang in derselben ruhig liegen. Dann wird in Wasser gewrnschen. Das Weissbad lässt sich zugleich zum Blauen der Waare verwenden, indem man von einer vorräthigen Berlinerblaulösung (1 g Blau, 1 g Oxalsäure, 1 1 Wasser) so viel zufügt, als der für die Waare gewünschte Blaustich verlangt. Kl. Neue Farbstoffe. I. Erzeugnisse der Actiengesellschaft für Anilinfabrikation in Berlin. Salmroth (patentirt), gehört zur Gruppe der substantiven Baumwollfarbstoffe und färbt Baumwolle, Seide, Wolle und gemischte Gewebe nach den für solche Farbstoffe üb lichen Vorschriften. Man nimmt für Baum wolle 12 g Glaubersalz und 1 g Seife auf 1 1