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Stoffe, Nitro- und Azokörper, die grösste Schönheit mit einfachster Anwendungsweise paarten. Während die Wolle vorher gebeizt werden musste, konnte man jetzt den Färbe- process in einem Bade unter Zusatz von etwas Säure ausführen; die erzielten Farben waren prächtig, sehr klar, und was ihre Ein führung besonders erleichterte, stets von gleicher Qualität und Stärke; das Material wurde durch das schnelle und saure Färben viel mehr geschont als beim Beizen und späteren Ausfärben mit Holzfarben, die oft genug sehr störende Verunreinigungen ent hielten. Anderseits war die Anwendung dieser Farbstoffe beschränkt auf diejenigen Fälle, wo nur mässige Echtheit verlangt wurde. Die nächste Aufgabe der Farben-Industrie war es daher, neue Produete zu finden, die bezüglich Licht-, Alkali- und Waschechtheit den •Naturfarbstoffen Concurrenz machen konnten. Diese schwierige Aufgabe wurde gelöst durch die Erfindung der Alizarinfarb- Stoffe; da sie an und für sich nur wenig Verwandtschaft zur Faser haben, musste die Wolle vorher gebeizt werden, wofür sich be sonders Chromsalze als geeignet erwiesen. Beim Kochen von Chromkali mit Weinstein oder anderen Reductionsmitteln fixirt sich, in Folge der Reduction theils durch Weinstein, theils durch die Wolle selbst, ein unlösliches Oxyd auf der Faser. Färbt man dann mit Alizarinfarben aus, so wirken diese als schwache Säuren und bilden mit dem Chrom oxyd unlösliche Verbindungen. Alkalien wir ken auf diese Lacke kaum ein, so dass die Farben sehr walkecht sind; sie sind ferner lichtecht, werden auch stets in gleicher Quali tät und Stärke geliefert, sind frei von Ver unreinigungen, welche die Nüance beein trächtigen oder den Spinnprocess erschweren und sind heute für die Wollenechtfärberei unentbehrlich. Bei dem Beizen sowohl wie bei dem Färben sind jedoch .eine grosse Menge von Vorsichtsmaassregeln innezuhalten, und die Farben sind nicht gerade billig, alles Umstände, die die Farbenindustrie zu weiteren Anstrengungen anspornten. Im Jahre 1885 publicirte Oehler eine Be obachtung, die eigentlich als die Grundlage für die weiteren Fortschritte zu betrachten ist; er zeigte, dass ein gewöhnlicher Säure farbstoff, Tuchroth, eine das Normalmaass der sauren Färbungen übersteigende Echtheit erlangte, wenn man ihn auf chromgebeizter Wolle färbte. Es zeigte sich bald, dass hier keine Lackbildung eintrat, sondern dass fast alle sauren Farbstoffe auf Metallbeize echter werden. 2 Jahre später fand Nietzki einen gelben Farbstoff, der alle Eigenschaften der Alizarine zeigte. Es war ein Salicylsäure farbstoff, der heute unter dem Namen Ali- zaringelb bekannt ist. In ganz ähnlicher Weise wie beim Alizarin stehen hier zwei Hydroxyle zu einander in Orthostellung: CO Ann Auooh A.AAoh QH Alizaringelbu. . gg Alizarin. V ■ V VW no 2 co Diese Stellung bedingt ein dem Alizarin ähnliches Verhalten. Es folgten andere Sali cylsäurefarbstoffe wie Anthracengelb, Diamin- echtroth etc. Alle diese Farbstoffe zeigten die Eigenthümlichkeit, auf der Faser mit Metall oxyden echte Lacke zu bilden. Die nächste Entdeckung in dieser Rich tung war die, dass auch die Derivate der Chromotropsäure, welche ebenfalls zwei be nachbarte Hydroxyle enthält, mit Metallsalzen Verbindungen lieferten, die ein von den sauren Färbungen abweichendes Verhalten zeigten; man dachte zuerst an Lackbildung; auffallend war, dass die Farbstoffe roth an färbten und beim nachherigen Zusatz von Metallsalzen (Thonerde-, Eisen-, Chromsalze) ganz andere Färbungen angaben, als beim Färben vorher gebeizter Wolle. Diese Theorie wurde jedoch bald auf gegeben, als die Farbwerke Höchst entdeckten, dass farblose Naphtalinsulfosäuren, die auf vorgebeiztem Material keine Färbungen er gaben, in gefärbte Verbindungen übergingen durch Behandlung mit Oxydationsmitteln; Metallsalze, die keine Oxydationswirkungen zeigen, geben auch keine Färbungen. Unter dem Namen Chromogen I brachte genannte Fabrik das Natronsalz der Chromo- tropsäurc: OH OH ' /«X SO : ,H g . 4 3 ! SO 3 H 1. 8 Dioxynaphtalin 3, 6 Disulfosäure in den Handel, das in saurem Bade farblos auf die Wolle zieht und bei Nachbehandlung mit Chromkali in ein Terracottabraun von un gewöhnlicher Echtheit übergeht. Was der auf der Faser gebildete Farbstoff ist, liess sich bisher nicht sicher feststellen; jedenfalls ist es kein einfacher Lack wie bei den Ali zarinfarben. Durch Kochen mit verdünnter Säure spalten letztere den unveränderten Alizarinfarbstoff ab; bei Chromogenfärbungen ist dies unmöglich. Vielleicht tritt Lack bildung neben Oxydation ein, aber das ist schwer festzustellen. Der weitere Ausbau dieser Reaction führte zu zahlreichen Farbstoffen, welche bei Nach behandlung mit Chromkali echtere Färbungen als in saurem Bade ergaben; ihre Nüancen blieben indess auf Blau, Braun und Schwarz beschränkt. Ein weiterer Fortschritt bestand in der Verwendung der Alizarinsulfosäuren an Stelle der gewöhnlichen Teigwaare, welche die Waare leichter durchdringen und auch besser egal färben; die Höchster Farbwerke führten diese Farbstoffgruppe für die Ein badfärberei (Entwicklung mit Chromkali) ein. Mit Zuhülfenahme dieser Farbstoffe war es möglich, fast alle dem Färber vorkommen den Nüancen nach dieser Methode zu erzielen. (Fortsetzung folgt.) * Verfahren zur Vermehrung des Glanzes von Baumwollstückwaare. Von G. Knoop. Der für Baumwollgarn jetzt so beliebte Mercerisationsprocess nach Thomas und Pre vost giebt bei der Uebertragung auf Stück- waare weniger zufriedenstellende Resultate. An seine Stelle kann nach den Ausführungen Knoop’s (Revue Gönörale 1899) der einfache und billige folgende Process treten, der zwar nicht den vollen Seidenglanz, wohl aber eine bedeutende Vermehrung des Lüsters hervor bringt. Man klotzt das Stück mit einer Natron lauge von 20 0 Be. mit oder ohne Zusatz von Türkischrothöl oder Glycerin bei einer Tem peratur von 40—50° C. Unmittelbar nach dem Klotzen kommt die Waare aut den Troekencylinder, den sie hart und brüchig verlässt; sorgfältige Behandlung ist daher an- zurathen. Sie geht dann durch eine Schwefel säurelösung von 4—5° Be., wird gut ge waschen, wieder getrocknet und event. schwach gechlort. Eine so behandelte Stückwaare läuft wenig ein, zeigt grössere Geschmeidigkeit und Dicke, ohne dass Mercerisation eingetreten ist, wie man an dem Verhalten gegen Farbstoffe beobachten kann. Betrachtet man die Waare in einiger Entfernung und in grösseren Flächen, so zeigt sie einen prächtigen seidenartigen Glanz. Viel hängt von der Qualität der Waare ab; guter Satin gibt ein vorzügliches Resultat. —ts. * Herstellung von Farbstoffen auf der Faser. Franz. Patent No. 284226 von Kalle & Co., Biebrich. Gegenstand des vorliegenden Patents ist die Herstellung von Farbstoffen auf der Faser mittelst Diazolösungen (sog. Naphtolfarben, wie Paranitranilinroth etc.). Der besondere Effect besteht darin, dass eine Mischung eines dia- zotirbaren Amins mit einer Säure oder einem Phenol aufgedruckt, getrocknet und dann durch Nitrit gezogen wird; es kann aber auch das Stück zuerst mit Nitrit imprägnirt und dann mit der Mischung bedruckt werden. Der dem angewandten Componenten ent sprechende Azofarbstoff wird somit direct auf der Faser gebildet und zugleich in un löslicher Form fixirt. Klare, sehr waschechte Nüancen erhält man nach folgenden Recepten: 1. Herstellung eines klaren gelb lichen Roths. 20 g Paranitranilinroth, 32 g Naphtol, 70 g Weinsäure werden gelöst in 200 g Essigsäure und vermischt mit 678 g Verdickung. Das Stück wird mit dieser „Farbe“ bedruckt, getrocknet und passirt dann eine neutrale Natriumnitritlösung; dann wird gewaschen und geseift. 2. Herstellung eines bläulichen Roths. Das Stück wird bedruckt mit einer Farbe, be stehend aus 30 g Xylidin, 46 g Naphtol 20 g Weinsäure, 360 g Britishgum, 485 g Essig säure und 50 g Wasser, dann getrocknet und durch ein 60 °C. warmes Nitritbad gezogen. 3. Herstellung von Dunkelbraun. Die Druckmasse besteht aus 15 g Benzidin, 34 g Naphtol, 10 g Weinsäure, 360 g Britishgum und 581 g Essigsäure (1:1). Trocknen, durch Nitrit passiren lassen. Ersetzt man in diesem Beispiele das Benzidin durch Dianisidin, so erhält man ein echtes und intensives In digoblau. 4. Herstellung von bläulichem Roth auf gelbem Grund. Eine Mischung von 5 g Naphtol, 0,5 g Weinsäure, 50 g Essigsäure und 944,5 g Verdickung wird auf ein mit 5°/ 0 Primulin gefärbtes Stück aufgedruckt. Nach dem Drucken laufen die Stücke durch eine 5°/ o ige heisse Nitritlösung. Wird an Stelle von Primulin der Farbstoff R ... Amidonaphtolsulfosäure K enzic in Amidonaphtolsulfosäure G aufgefärbt,, so erhält man beim Einhalten der sonst angegebenen Bedingungen ein Tief schwarz auf blauem Grund. E. S. *Eine vereinfachte Halbwoll färbemethode. (Für die „Leipziger Monatschrift für Textil-Indüstrie“ geschrieben von Dr. M. Kitscheit.) [Nachdruck untersagt.] Bei der seit längerer Zeit anhaltenden enor men Preissteigerung der Wolle und dem grossen