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Verfasser darum, die erforderlich grosse Zahl der Elektromagnete einer diesbezüglichen Jacquardmaschine zu reduciren; d. h. auf einen oder einige wenige zu bringen, also statt der feststehenden, platinenzahlgleichen Elektromagnete einen einzigen beweglichen Magneten zu verwenden, um so die Anlage ent sprechend bedeutend zu verbilligen und durch die Nutzbarmachung nur eines einfachen Strom kreises auch sicherer wegen der ungetheilten Stromstärke zu machen. Der Elektromagnet sollte an sämmtlichen Platinen der Reihe nach vorüber bewegt werden und während der Bewegung nach Erforderniss die Platinen vom Messer ab werfen. Die gewöhnliche Anordnung der Platinen in der Jacquardmaschine bedingt jedoch eine für den Elektromagneten zu complicirte Be wegung. Es wird demnach die Levirvorrichtung mit den in einer Richtung stehenden Schnüren zu einer Art Jacquardmaschine umgearbeitet. Hier sollte der Magnet von links nach rechts laufen und auf seinem Wege von einem anderen Apparat beeinflusst, durch die elektro magnetische Kraft, die Schnüre in Fach stellen, welches genau dem Handleviren entspräche. Auch die weitere Verwendung der Sempel wäre nicht abgeändert, d. h. die Karten selbst würden so wie ehedem durch Anziehen der Schnüre mit den Händen Schuss um Schuss hergestellt. Um nun dieser Anforderung gerecht zu werden, ist eine Hülfskarte erforderlich. Der Verfasser hat die mechanische Arbeit des Telegraphirens zum Vorbild genommen, so dass die auf diesem Wege erzeugte Hülfs karte in einem Papiertelegraphenstreifen be ruht. Erstens sind die Kosten dieser Papier streifen minimal; zweitens können sie, nach dem man mit nur zwei Tastern überhaupt arbeitet, und die Augen einzig und allein auf die Patrone gerichtet sind, absolut genau und mit der Patrone übereinstimmend hergestellt werden; drittens erfolgt die Verwendung der selben überaus rasch. Die Herstellung der Papierstreifen karten. Der Papierstreifen besteht wie bei der gewöhnlichen Telegraphie in Rollen beliebiger Länge. In diesem Streifen wird die Patrone durch mechanische Herstellung von Schlitzen, welche den genommenen Binde-Punkten der Patrone entsprechen, für die weitere Verwendung mittelst eines Tasters und Schlitzloehers direct geschlagen. Der hierzu erforderliche Apparat (Fig. 1 — 3) ist nur 24 cm lang, 8 cm breit 24 cm hoch. Er besteht aus dem Papier rollenhalter S zur Aufnahme des Papier streifens. Der Streifen wird an der Stelle des Pfeiles eingeführt und von der Gummi rolle r ± an den Umfang einer Schlitzscheibe B angedrückt, worauf er s / 4 des Umfanges be legt, bei r„ wieder von einer Gummirolle zu r 3 und um letztere aufgewickelt wird. Durch den von den Federn erzeugten Pressdruck der Gummirollen erhält sich der Papierstreifen vollkommen gespannt am Umfange der Schlitz scheibe. Die Entfernung der Schlitze von einander kann z. B. 5 mm betragen. Auf die Zahl kommt es dabei nicht an. Mit dieser Scheibe, welche als Matrize dient, ist ein übereinstimmendes Sperrrad G verbunden, das die ruckweise Drehung und Schaltung des Umfanges um 5 mm besorgt. Zwei Schalt klinken k und k 1 greifen in dasselbe ein, von denen immer eine von beiden schaltet, während die andere unterdessen das Rad an der Rück wärtsdrehung hemmt. Rad B mit G ist um die Achse A des einfachen Gestelles G dreh bar. Zur Erzeugung der, der Bindung ent sprechend genommenen Stellen des Schusses, erforderlichen Schlitze dient das Schlitz messer M im Querbalken D, welcher mit den Zugstängelchen Z 1 und Z 2 von dem Voll taster T 2 parallel nach abwärts > bewegt wird, sofern man auf T„ mit dem Finger drückt. Der Taster ist um o drehbar und wird durch die Feder f stets nach aufwärtsgedrückt. Auch der zweite sogenannte Leertaster T v ist um o drehbar und wird von einer gleichen zweiten Feder f auch nach aufwärts gedrückt. Die Stellschrauben & und n begrenzen den Hub der Taster. Beim Niederdrücken des Volltasters T 2 sticht das Messerchen m in den Papierstreifen und schlitzt denselben, beim Loslassen dieses Tasters rückt k das Rad um einen Zahn weiter. Drückt man den Leer taster C v so wird kein Schlitz entstehen, son dern lediglich beim Rückgang oder Loslassen des Tasters von k eine Schaltung um 5 mm besorgt. Auch ist am Hubende nach oben hin durch einen Anschlag^begrenzt. Es kann auch der Volltaster über den Leertaster greifen, derart, dass die Schaltklinke k allein die Fortrückung besorgt, während eine zweite federnde Klinke zum Arretiren des Rades dient. In diesem Falle wird auch der Leertaster jedesmal vom Volltaster mitbewegt, um eben die Schaltung bei jedem Drucke auf einen oder den an deren Taster auszuführen. Der geschlitzte Papierstreifen wickelt sich durch Reibung um r 3 wieder zur Papierrolle. Der Vorgang des Schlitzens bezw. Lochens. Der Arbeiter, welcher den Papierstreifen als Hülfspatrone oder Hülfskarte erzeugt, braucht durchaus nicht geschult zu sein. Die Patrone hängt vor ihm. Die rechte Hand bewegt mit zwei Fingern die beiden Taster nach Erforderniss der Patrone, welches mit den Augen Punkt für Punkt, Schuss um Schuss, von der Patrone continuirlich abge lesen wird. Jeder rothe Punkt wird durch einen Druck auf den Volltaster markirt, jeder gelassene Bindepunkt auf dem Leertaster. Die Vereinfachung der Levirung zeigt sich demnach schon hier, während nach dem bis herigen Verfahren alle Sempelschnüre durch gegriffen und abgezählt werden, wobei die Aufmerksamkeit getheilt ist und stets auf an dere Stellen der Levirvorrichtung gerichtet werden muss, ist hier das Augenmerk haupt sächlich auf die Patrone concentrirt, und Ir rungen in Folge falschen Greifens, d. h. Tastens, sind wegen des Vorhandenseins von nur zwei Tastern soviel wie ausgeschlossen. Die Raschheit des Tastens hängt von der möglichsten Uebung ab. Ein cm Tastenhub genügt vollkommen. Der Hülfsarbeiter sitzt bei dem beschriebenen Levirapparate wie der Telegraphenbeamte vor seinem Apparate. Während der Letztere jedoch vielerlei Zeichen zu tasten hat, beschränken sich die Zeichen des Ersteren nur auf zwei, und es ist leicht zu errathen, welcher von beiden rascher zu arbeiten in der Lage ist. Die einzige Unter brechung dieser Arbeit bildet die Auswechs lung der Papierrollen. Diese^ Arbeit ist so einfach, dass man be haupten könnte, sie liesse sich mechanisch durchführen, wie später 1 noch angegeben wer den wird. Man erhält so die Hülfskarte in Rollen geformt, von geringen Dimensionen. Der Apparat kostet nicht viel und kann in allen einschlägigen Fabriken als unentbehrliches Werkzeug vorhanden sein. Dies bringt einen Vortheil. Die eigentliche Patrone kommt nicht heraus und werden die Hülfskarten- streifen auf Vorrath gearbeitet, um bei Be darf zur Saison in die Kartenschlägerei ge sandt, sozusagen über Nacht die eigentliche Jacquardkarte retour zu erhalten. Selbstverständlich müssten dieSchlägereien mit weiteren entsprechenden Apparaten ver sehen sein, welche die Ausnützung dieses Kartenbandes ermöglichen. Diese Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, und wir werden sehen, dass die Manipulation bei Verfolgung dieser Sache sogar ziemlich einfach werden wird. (Fortsetzung folgt.) Kann uns die Weberei der Naturvölker noch etwas lehren? Eine zeitgemässe Betrachtung. Für die „Leipziger Monatschrift für Textil-Industrie“ geschrieben von Gustav Strahl. [Nachdruck verboten.] Die moderne Webtechnik hat uns im Laufe der Zeit eine so grosse Menge verschiedener Systeme von Webstühlen gebracht, dass es nur wenigen Fachleuten gelingen dürfte, alle in Betracht kommenden, häufig geringfügigen Unterschiede mit Sicherheit angeben zu können; es eignen sich für gewisse Gewebe immer nur bestimmte Stuhlspecies, und da es heute nicht so leicht mehr ist, von einem Fabrikations artikel auf einen anderen überzugehen, so haben die meisten gar keine Gelegenheit, nach dieser Seite hin ihre Erfahrungen zu be reichern; erfordert doch jedes System für sich, wenn man es voll und ganz beherrschen will, schon eine mehrjährige praktische Be schäftigung mit demselben. Ein Buckskinstuhl ist etwas ganz anderes, als ein Honeggerstuhl oder als ein Sammetstuhl; die auf jedem ein zelnen verarbeiteten Materialien bedingen wesentlich andere Kräfteverhältnisse der wir kenden Theile, ja sogar häufig starke Ab weichungen in den Zeitpunkten der ineinan der greifenden Mechanismen, und daraus müssen dann neben den constructiven Ab weichungen auch in der Behandlung Unter schiede resultiren, die nicht äusser Acht ge lassen werden dürfen. Wenn man auch dem Grundsätze nicht direet widersprechen kann, dass die höchste Vollkommenheit, in unserem Falle der Web stühle, nur die Quintessenz dessen ist, was die gesammte Menschheit bisher geschaffen hat, alle Errungenschaften nur die logische Folge des bis dahin Bekannten sind, so dass also das Studium der höchsten Stufe gleich zeitig das Wissen alles Vorangegangenen ein schliessen würde, so ist dieser Schluss doch nicht ganz einwandfrei, es spielen hier häufig Nebenumstände eine ausschlaggebende Rolle. Je nach der individuellen Veranlagung und dem Gesichtskreise der auf den einzelnen Gebieten als bahnbrechend anerkannten Er finder sind die Errungenschaften der zurück liegenden Zeit in einer bestimmten Richtung, man möchte sagen einseitig verarbeitet. Einer gegebenen Thatsache werden von den ver schiedenen Menschen durchaus von einander abweichende Folgerungen abgewonnen; der eine sieht mehr die praktische Seite, der an-