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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.08.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100830011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910083001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910083001
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-08
- Tag 1910-08-30
-
Monat
1910-08
-
Jahr
1910
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wollende* Zivivruftn der «»thusiasmierten Menschen, menge »mbnnrft. Der Kö»tga»d sein« Gattin trugen goldenen Hochzeit»sch»»ck. vor der Kirche empfing sie der Metropolit, der sie in da, Innere geleitete. Dort wurde da« königliche Paar noch einmal kirchlich eingesegnet, worauf der Metropolit eine feierlich, An. sprach« dielt. Unter de« Salut von 101 Kanonen, schüssen kehrte da, Jubelpaar hierauf in da, Palais zurück, wo unmittelbar daraus die Gratulationscour ilattfand. O Leber ein« Audienz unseres Korrespon denten beim Fürsten Nikolaus erhalten wir noch folgenden Brief: L. «ettnje, 25. August. Trotzdem der Fürst Nikolaus in diesen Tagen außerordentlich stark in Anspruch genommen ist, empfing er mich heute i- früher Morgenstunde. Der Fürst fragte mich, oi> ich Celinje seit meinem letzten Be suche sehr verändert gefunden habe, eine Frage, die ich mit gutem Gewissen in für die montenegrinisch« Hauptstadt ehrenvoller Weise bejahen konnte. Der Fürst sprach hierauf seine Anerkennung über di« brutsche und österreichische Presse aus, dl« Montenegro mit Achtung behandele und die gegen wärtigen Borgänge hier im Land« mit Sympathie verfolge. Er ersuchte mich, dafür der deutschen und österreichischen Presse seinen Dank auszusprechen. Die Zeit war für den Fürsten gemessen, so daß wir uns über Politik nicht unterhalten konnten, doch hofft« der Fürst, dafür spater noch Zeit zu haben. Heute nachmittag, ehe weitere fürstliche Gäste an- langten, trat der Fürst au« dem Nalai« und mischte sich unter das Publikum. Er lies; hierbei au» dem Palai» einen goldgeschmückten Kasten holen, dem er den Ehrensäbel entnahm, den er beut« al« Iubi- läumsgcschenk von der montenegrinischen Armee er halten hatte, um ihn dem Publikum zu zeigen, was von lauten Ziviorufen begleitet wnrde. Der Säbel zeig: türkische Form, die hochfeine Damaszenerklinge, die auch die Widmung enthält, ist mit Gold einge legt, der Griff mit Edelsteinen besetzt. Der Empfang der fürstlichen Gäste trug wiederum einen herzlich familiären Tharakter. Die Regierung erhält au« Serbien viele anonyme Drohbriefe, welche die Absicht der dort befindlichen Emigranten bekunden, die Iubi- läumsfestlichkeiten zu stören. Es findet deshalb eine strenge Bewachung der Grenzen statt, und Maßregeln sind ergriffen worden, um jeden Versuch einer solchen Störung zu verhindern. Der Umstand, die Emi granten sich noch immer der Gunst der serbischen Re- oierunq erfreuen, ja sogar von ihr unterstützt werden, statt ihren Treibereien Einhalt zu tun, hat hier er neut eine tiefe Verstimmung gegen die amt lichen Belgrader Kreise hervorgerufen. Deutsches «eich. Leipzig, 30. August. * Die mangelnde Berücksichtigung der sächsischen Industrie bei der Ergänzung des Wirtschaftlichen Ausschusses zieht immer weitere Kreise. Nun hat auch die Dresdner Handelskammer an das sächsische Ministerium des Innern die Anfrage ge richtet, wie es möglich geworden sei, daß bei der Er gänzung des Wirtschaftlichen Aus schusses die sächsische Industrie völlig ühergangen werden konnte. — Auf die Antwort darf man gespannt sein. * * Da, russisch« Kaiserpaar, das dieser Tage nach Deutschland kommt, wird von der ..Nordd. Lllg. Ztg." mit folgenden Sätzen begrüßt: „Der Kaiser und die Kaiserin von Rußland kommen mit ihren Kindern nach Deutschland, um in Hessen bei ihren hohen Ver wandten einige Wochen zu verleben. Kaiserin Alexandra gedenkt mit dem Aufenthalt den Kur gebrauch der Quellen in Bad Nauheim zu verbinden. E» ist uns eine Freude, die hohen Gäste will kommen zu heißen und uns der Herzlichkeit des Empfanges anzuschließen, der ihnen im schönen Hei- matlande der russischen Kaiserin von deutscher Gast freundschaft bereitet wird. Wir begleiten das Ver weilen des befreundeten Herrscherpaares auf deutschem Boden mit den besten Wünschen für die Gesund heit der Kaiserin, wie für das Glück ihres hohen Ge mahls und ihrer blühenden Kinder. — Der Kaiser und die Kaiserin von Rußland sind kurz nach 2 Uhr auf der Fahrt nach Friedberg durch Eydt- kuhnen gefahren. In Wir ball en war offi zieller Empfang. Der Gouverneur von Eu- walki überreichte der Kaiserin einen Blumenstrauß. * Reise des japanischen Thronfolgers nach Deutsch land? Nach in London vorliegenden Meldungen be absichtigt der japanische Hof, den bevorstehenden Be. such des deutschen Kronvrinzen in Tokio durch eine Reise des japanischen Thronfolgers nach Deutschland zu erwidern. Den bisher vorliegenden, allerdings nickt endgültigen Mitteilungen ist zu entnehmen, daß Prinz Harunomiya Ende 1011 oder Anfang 1912 eine Europasahrt unternehmen wird, und zwar zu Schiff nach Hamburg, von wo aus sodann der Berliner Hof und im Anschluß daran die Höfe zu Petersburg und London besucht werden sollen. * Stellenwechsel im Nachrichtenbureau des Reichs- marineamtv. Wie man uns mittcilt, wird Korvetten kapitän W i t t m a n n, der im Nachrichtenbureau des Neichsmarineamls speziell mit Erledigung der Preß angelegenheiten betraut war, Mitte September aus seiner bisherigen Stellung scheiden und den Posten eines Navigationsoffiziers auf dem Linienschiffe „Pommern" erhalten. Zu seinem Nachfolger im Reichsmarineamt ist der Kapitänleutnant Humana ernannt worden, der zurzeit aus dem Linienschiffe „Nassau" tätig ist. * Der preußische Finanzminitte, gegen den Fremd, wörterunsug. Das preußische Finanzministerium ist besonders daraus bedacht, die bisher in ziemlich großer Fülle in den amtlichen Erlassen befindlichen Fremd wörter durch entsprechende deutsche Worte zu ersetzen. Die in diesem Jahre in Kraft aetretene „Geschäft «- anweisung für die Rentmeister der Königlichen Kreis lassen" kann hierfür als Beispiel dienen. Die vordem gültige Geschäfts anweisung sprach u. a. von extraordinären Ein nahmen, Requisitionen, Altenrepositorien, Amts utensilien, Duplikatsschlusseln, Inoentarienverzeichni», Aversionierungsvermerkcn und Rubriken. Statt dessen finden sich in dem neuen Erlaß die Worte außer gewöhnliche Einnahmen, Ersuchen, Aktenbehülter, Amtsgeräte, zweite Schlüssel, Verzeichnis, Porto- Ablösungsvermcrk und Spalten. Als weitere Ver deutschungen sind „mit Dlattnummern oher Seiten zahlen versehen" statt foliicren oder paginieren, ver fügbar statt disponibel, staatlich statt fiskalisch und abliefern statt deklarieren. Auch eine Veroesse- rungdesStils zeigt die neue Geschäftsanweisung. Der-, die-, dasselbe ist durch er, sie, es ersetzt, die falsche Umstellung nach „und" ist vermieden, und Wörter wie „diesfällig, diesseitig, letzterwähnt , sind fortgelassen. Anstatt „in letzterem" heißt es „darin" und so weiter. * Gin« Verhaftung deutscher Lrfftschiffrr in Ruß land. Ein deutsches Luftschiff, das am Sonnabend in Berlin aufgestiegen war, mußt« am Sonnabend nachmittag im Walde beim Dorfe Dlutow im Kreise Lask wegen starken Windes und Regens lan den. Es wurde stark beschädigt und die Ballonhülle von den Bäumen zerrissen. Die russische Kreis behörde aus Lask erschien an Ort und Stelle und nahm ein Protokoll auf. Don den drei Insassen gaben zwei an, daß sie deutsche Stabsoffiziere seien, der dritte ist ein Ingenieurtopograph. Da man bei ihm Aufnahmen von verschiedenen polnischen Städten sowie chiffrierte Notizen fand, wurde der ganze Ballon beschlagnahmt, die drei Herren verhaftet und mit dem verpackten Ballon nach dem Kreisamt Lask gebracht. — Wie jetzt feststcht, handelt es sich um den Ballon „Hewald", der am Sonnabend in Schmargendorf bei Berlin mit dem Ingenieur Gericke und Rechtsanwalt Tords auf gestiegen ist. Don den Herren traf am Montag ein Telegramm aus Dlutow ein, das aber sehr ver stümmelt ist, so daß nur einzelne Worte zu entziffern sind. Der Zwischenfall dürfte sich bald erledi gen, da es sich um einen Irrtum der russischen Polizei handelt. " Keine Verschmelzung? Eine Verschmelzung der Wirtschaftlichen Vereinigung des Reichstags mit der Deutschen Reformpartei, die jüngst rn der Presse angekündigt wurde, ist, wie wir hören, von keiner Seite geplant. Beide Gruppen sollen nach wie vor selbständige Fraktionen bleiben. — Vorausgesetzt, daß im nächsten Reichstag genug Ver treter beider Gruppen ericheinen. Das scheint uns aber mehr als zweifelhaft. * Die Jntervarlamentarifche Union Dienstag, in Brussel Zusammentritt, hat . . gesetzt, auf einen Ausgleich der internatio nalen Gegensätze, auf den Frieden zwischen den Völkern hinzuwirken. Ihr gehören nur aktive oder ehemalige Parlamentarier an, und im allge meinen finden aller zwei Jahre Kongresse statt, doch weicht man aus besonderen Gründen auch einmal von dieser Regel ab. Immer mebr Länder haben sich der Vereinigung angeschlossrn; im Jahre 1006 er schienen auf der Londoner Tagung zum ersten Male Mitglieder der russischen Duma, und später traten , die heute Sunltlimrt. Don Juli«, Stettenheim. (Ha«druck derbsten.) Als eine der betäubendst duftenden Blüten der Neuzeit hat sich der Dauersport entfaltet. Sie ist die Prove geworden, aus welche sich die körperliche Zähig keit selbst stellt, um »n dem günstigen Fall des Ueoer- lebens, das der Sieger bewerkstelligt, mit dem Preis gekrönt zu werden. Die deutsche Sprache hat sich oeeilt gleich nach Beginn des Daucrsports ihren Wortschatz u mdie Perlen Rekord und Champion zu bereichern. Reiter, Fahrer. Lustschiffer, Ruderer uno Radler haben auf dem Gebiet der Massenwetten das Waghalsigste geleistet, und kaum vermochte die illustrierte Presse für die Zahl der Porträts und Momentbilder den nötigen Raum zu schaffen. Man kann vertrauensvoll und ohne Furcht, aus Widerspruch zu stoßen, von unserer Zeit sagen, daß sie im Zeichen des Sport» stehe, obwohl auch dies für die Gegen- wart charakteristisch rst, daß sie mehrmals monatlich in einem anderen Zeichen steht. Gestern stand sie im Zeichen des Benzins, heut^ steht sie im Zeichen des Topfhutes, morgen wird sie vielleicht im Zeichen der Drehbühne oder de, Luftleuchtturmes stehen. Wer verständnisvoll in den öffentlichen Verkehr blickt, wird die Zeit in da, Zeichen de» Plakate«, des Serums, der Polizeihund«, der Militärmißhand lungen, der Ehampagnerinsrrate, der Mittel zur Be- Waldung kahler Schadelstätten trete» sehe*», und so wird der Dauersport fortwährend durch neue Er scheinungen vervielfältigt werden. Denn jeder Sport ,ucht sich durch die Veranstaltung solcher Dauer vorstellungen zu befestigen, zu einer lukrativen In- dustrie auszubreiten und so zu befestigen. Auch oer Hunger, der selbst in Dorfschullevrerkreisen schon jeden Reiz verloren hatte, genießt jetzt wieder durch öffentlichen Daueroerztcht auf alle» Eßbar« einen gewissen Kredit. Aber wir dürfe» doch auch unser Auge nickt vor der bedenkliche» Tatsache verschließen, daß die Dauer wetten noch immer vor der Pforte stehen bleiben oder umkehren, durch welch« wir zu unseren idealen Gütern gelangen. Wir müssen ftagen: Me kommt e«, daß nicht auch einmal ein Dauerdtchten, ein Vierund- zwanzigstundenmalen, «in Achtsagekomponieren, ein Dreitagemimen veranstaltet wird? Man wird mir nicht entgegnen können, daß folchg Rkesenstrapaze selbst dem sogenanntesten Künstler oder Dichter nicht Pyumuten sei. Denn ich Hf» gewiß nicht der einzige, der bemerkt hat, daß im Dramen- und Roman dichten, im Malen und in anderen Künsten das Un- menschlichste von Menschenhänden hergestellt worden ist, so dag man nicht wüßte, wer mehr zu bewundern sei, die Künstler oder das Publikum, dar ihre Leistungen ausgehalten hat. Man könnte nun statistisch feststellen, daß heute die Zahl der Roman-, Novellen-, Theater- und lyyrischen Dichter bedeutend größer und erschreckender al» die der Radler und Chauffeurs geworden ist. Seit sich das weibliche Geschlecht immer eifriger den Aufgaben der Frau entzogen und kopfüber in die Tinte gestürzt hat, und seit keine Feder existiert, welche nicht von einer Jungfrau, Frau, Witwe oder einem früh unreifen Backfisch ergriffen wird, gehört der Bücher- markt zu. den dichtest, ia man könnte sagen, zu den dedichletst bevölkerten Gegenden der Erde. Aehnlich ist von der Malerei zu berichten, daß sich die Maler, namentlich in der schwülen Temperatur der Sezession, so vermehrt haben, daß hie Farven-, Leinwand- und Rahmenfabriken kaum noch imstande sind, dem Schrei der künftigen Präraffaeliten nach Utensilien gerecht zu werden, wenn es gilt, die Wände der Ausstellungen mit unlösbaren Rebussen zu be decken. Auch die Komponisten vertonen einer trüben Zeit entgegen, seit es ihren Meistern endlich im Schweiß des Opernsängerangesichts gelungen ist, die Melodie als eine unmusikalische Verkehrsstörung zu beseitigen und durch Schlagen auf das Trommelfell der Hörer zu ersetzen, wodurch zugleich da» Geheul empfindlicher Marsyasse übertönt wird. So ist e» nicht zu verhindern, daß jeder Musiker, der heute nnr Halbwegs Mozart für einen Nichtskönner erklärt, sich damit beschäftigt, einen geflügelten und deshalb viel genannten klassischen Stoff in Unmusik zu versetzen und so die Unzahl sterblicher Meister zu vermehren. So sieht es auch unter den Tantiemedichtern au». Was in der Frauenbewegung der Schrei nach dem Kind, das bedeutet unter den Dramatikern der Schrei nach dem Wedekind der in den Theater- und Agentenbureau» die Lust erschüttert. Ist der Dieter sicher eindeutiger Prosa ein Fremder, so wird jein Werk sofort ergriffen, übersetzt, verboten und gegeben, aber e» kann auch dem Deutschen geschehen, daß ihm die deutsche Wiege auf seinem Gang zur Bühne nicht im Wege steht, besonder» wenn er seine Muttersprache als eine Sprache auffaßt, di« so gesprochen wird, wie keine Mutter zu sprechen wagt. Es kann bald das Ucberraschende geschehen, daß es mehr Schau spieler geben wird, al» es jetzt Zuschauer gibt, wenn di« Bühnen fortfahren, dem Publikum den Aufenthalt auch persische Volksvertreter bei. Mit der Ausdeh nung der Union ist auch die Steigerung der Wert schätzung, der sie sich erfreut, Hand in Hand aegangcn, und bekanntlich hat man auch in den leitenden d e u t- schen Kreisen begonnen, die hohe Bedeutung der von der Union verfolgten Bestrebungen zu würdigen. Nachdem die Kongreße in Brüssel, Pari», Wien, St Lour» und London abgehalten worden waren, konnte vor zwei Jahren die deutsche Reichshauptstadt die aus aller Herren Länder zur Tagung erschienenen Gäste begrüßen. An der Eröffnungssitzung nahmen auch die offiziellen Kreise teil, und Fürst Bülow hieß die Versammelten mit einer eindrucksvollen Rede willkommen, in der er darauf hinwies, daß seine eigene Erfahrunaihn gelehrt habe, wie nichts so ge eignet sei, um Mißverständnisse zu zerstreuen, als sich durch Anknüpfung persönlicher Beziehungen ken nen zu lernen. Durch die Union wird das Solidari tätsgefühl der Völker in einer Weise gepflegt, daß man hoffen darf, die Arbeit werde nickt ohne Früchte bleiben und dazu beitragen, den Vülkerftieden immer mehr zu sichern und dem Gefühl, wir Menschen seien allesamt Brüder, ob auch staatliche Grenzen uns trennen, fort und fort Verbreitung zu geben. Der Brüsseler Tagung, auf der hauptsächlich das inter - nationaleSeerecht behandelt, aber auch vieles ander« Wichtige, wie z. B. Schaffung eines ständigen Schiedsgertlbtshofs, besprochen werden soll, und von der also wieder bedeutsame Anregungen zu erwarten sind, ist der beste Erfolg zu wünschen. * verdächtige Reisend«? Nach einer Meldung au« Lydtkuhnen sind in Kibarty sechs Personen au« den Betten heraus verhaftet worden, weil sie anläßlich der Durchreise des Zarenpaares als verdächtig erschienen. * Im deutschen Werstarbeiterftreik hat nach Mit teilung von Arbeitnehmerseite die verflossene Woche eine Zunahme der Ausgesperrten um 2250 Mann gebracht. Die Gesamtzahl der ausgesperrten Arbei» ter der Werft- und verwandten Betriebe Deutschlands ist damit auf 34 820 gestiegen. * Der zweite Tag des Internationalen Sozia- listenkongresses in Kopenhagen brachte zunächst die Prüfung der Mandate. Der ganze übrige Tag war der Arbeit der 5 Kommissionen gewidmet, in denen über di« Genossenschaftsfrage, die Gewerk- fchaftsfrage, die anttmilitariftische Agitation, die Arbeitergesetzgebung, die Arbeitslosenfrage sowie Übel: die eingebrachten Resolutionen verhandelt wurde. * Neusormierung der Hochseeflotte. Nach Beendi gung der Flottenmanöver treten in der Zusammen setzung der Hochseeflotte verschiedene Veränderungen ein, die sich auf die Linienschiffe, die Panzerkreuzer, die kleinen Kreuzer und die Tender beziehen. Von den Linienschiffen scheiden „Wittelsbach" und „Zähringen", die je 11800 Tonnen groß sind, au« und werden durch die beiden neuen Linienschiffe „Rheinland" und „Posen" ersetzt. Mit diesen steigt die Zahl der deutschen Dreadnought» von ie 18000 Tonnen auf vier. Außerdem gehören noch zu den beiden Linienschiffsgeschwadern zehn Linienschiffe von 13200 und zwei Linienschiffe von 11500 Tonnen. Der Panzerkreuzer „Gnersenau", ein Schiff von 11 600 Tonnen, scheidet aus der Aufklärungsgruppe der Hochseeflotte aus, da er ausersehen ist, dem Kron» Prinzen aus seiner Ostasienfahrt zu dienen und nach Ankunft in Osiasien in das stationierte Kreuzer- aeschwader einzutreten. Als Ersatz ist der neueTur- vinen-Panzerkreuzer „von der Tann" von 19 000 Tonnen ausersehen, der zunächst aber noch Probe fahrten machen muß. Von den kleinen Kreuzern scheiden die beiden Kreuzer „Berlin" von 3250 und „Königsberg" von 3400 Tonnen aus. An ihre Stelle treten die neuen Turbinenkreuzer „Kolberg" und „Eöln", die 4350 Tonnen groß sind. Al» Tender tritt den beiden alten Kreuzern „Blitz" und „Pfeil" der 2040 Tonnen große Kreuzer „Hela" hinzu. Die Hochseeflotte wächst somit auch zu Beginn des neuen Uebunasjahres wieder an Kampfkraft. Es ist das ernste Bestreben der Martneverwaltung, allezeit das neueste und beste Schiffsmaterial in der Hochseeflotte zu vereinigen und ihre Schlagfertigkeit unter allen Umständen zu sichern. Suslanü. Delterretttz-Ungarn. * Deutsch-tschechischer Zusammenstoß. Bei der gleichzeitigen Feier eines tschechischen Sokolfestes und eines deutschen Volksfestes in Prag kam es zwischen kleinen Gruppen beider Parteien zu Zusammen stößen, bei denen zwei Deutsche durch Messer stiche ungefährlich verletzt wurden. Die Täter wurden sofort verhaftet. Gendarmerie zerstreute die Ansammlungen. Gnglsuü. * Türkisch« Schiffstaufe in England. Nach einer Meldung der Londoner „Times" sollen jetzt auch türkische Kriegsschisfkäufe in England geplant sern. Das Blatt will wissen, daß die türkifcke Regierung der englischen Vorschläge gemacht haoe vom Verkauf von zwei Kriegsschiffen, die ohnehin binnen kurzem aus der englischen Flotte ausrangiert worden wären. Es sind dies zwei im Jahre 1901 erbaute Kriegsschiffe von 14 000 Tonnen Wasser verdrängung. Frankreich- * Eine Rede Loubet«. Beim Bankett der Vereine für die gegenseitige Unterstützung des Dröme-Depar- tements hielt der frühere Präsident Loubet eine Rede, in der er mit lebhaften Worten das Gesetz über die Arbeiterpenflonskasse tadelte, und bemerkte: Schon die verwickelten Durchführungs bestimmungen zeigten, wie schwierig sich die prak tische Anwendung gestalten werde. * Wahlen. Im Departement der Unteren Alpen wurde der frühere sozialistischradikale Deputierte Henry Michel zum Senator und im Departemenr Somme der sozialistischradikale Eeneralrat Ternois zum Deputierten gewählt. Spanien. * Di« Antwort de» Vatikans. Der Minister des Aeußern hat nunmehr vom Vatikan eine Antwort aus die spanische Note vom 1. August erhalten. Der Kardinalstaatssekretär Merry del Val beschränkt sich in dieser Antwort darauf, seine Ansichten über die verschiedenen Schritte der Madrider Negierung gegen die römische Kurie während der Verhandlung über die Kongregationen zum Ausdruck zu bringen und die vom päpstlichen Stuhl eingenommene Haltung zu rechtfertigen. * Kein Generalstreik in Bilbao. In einer Dele giertenversammlung der Arbeitervereinigung, der auch Delegierte aus Madrid beiwohnten, wurde mit 17 gegen 13 Stimmen beschlossen, den Generalstreik nicht zu proklamieren. — In der Provinz wurden am Sonntag zahlreiche Katholikenoersammlungen ab gehalten, die sämtlich ohne Zwischenfall verliefen. Japan. * Di« Annexion Kvrea». Washingtoner Blätter veröffentlichen jetzt den Lnnexions-Dertrag zwischen Japan und Korea, den wir bereit» auszugsweise Wiedergaben. In einer Einleitung heißt es, daß ,,in Anbetracht der engen, zwischen ihren Ländern be stehenden Beziehungen der Kaiser von Japan und der Kaiser von Korea, beseelt von dem Wunsche, ihren Nationen dauernde Wohlfahrt angedeihen zu lassen und dem fernen Osten den dauernden Frieden zu sichern, sich entschlossen haben, einen derartigen Annexions-Vertrag adzuschließen, da durch di« Be sitzergreifung Koreas durch da» Kaiserreich Japan am ersten Wohlfahrt und Frieden gewährleistet wer den können. Die 8 Artikel des Vertrages haben dann nach dem „L.-A." folgenden Wortlaut: 1) Der Kaiser von Korea tritt alle Souveränitäts recht« über da« gesamte Reick Korea vollstän dig und für immer an den Kaiser von Japan ab. 2) Der Kaiser von Korea erklärt sich mit dieser Machtentäußerung einverstanden und gibt seine Ein willigung zur Annexion Korea» durch Japan. 3j Der Kaiser von Japan wird dem Kaiser von Korea, dessen Vorgänger, sowie dem koreanischen Kronprinzen und allen Verwandten des koreanischen Kaiserhauses ihrer Würde entsprechende Resi denzen auf japanischem Gebiete an weisen und ihnen eine entsprechende jährliche Rente zur Bestreitung ihres Hoshalte« gewähren. 4) Der Kaiser von Japan gewährt weiterhin die nötigen Mittel zum Unterhalt der Beamten der koreanischen Hofhaltung. 5) Der Kaiser von Japan wird den Koreanern, die sich durch ihren Dienst in der Ver waltung de« Reiche« einer besonderen Anerkennung würdig gezeigt haben, eine einmalige Enfi^ödiqunq sowie bauernde Privilegien zuweisen. 6) Die japa nische Regierung übernimmt oie Nemerung und Ver waltung de» gesamten Kaiserreich» Korea. Sie wird auf Grund der gegenwärtig in Kraft befindlichen Gesetze allen Koreanern und lbrem Eigentum vollen Schutz angedeihen lassen. 7f Die japanische Regie rung wird, soweit es die Umstände erlauben, die Koreaner, di« sich in loyaler Weise dem neuen Regiment anpassen, in ihren Staatsdienst über- neymen, falls sie sich hierfür geeignet zeigen. 8) Dieser Vertrag, der die Zustimmung Sr. Majestät des Kaiser» von Japan sowie Sr. Majestät des Kaisers von Korea erhalten hat, tritt mit dem Tage der Proklamierung in Kraft. — Im Augenblick im Theater zu erschweren. Nicht weil die Zuschauer da» Erröten verlernen. Wenn sie es bi» jetzt noch nicht verlernt baden, dann ist die Färbung eine echte. Aber das Publikum lobt bald den Tag lauter als je vor dem Avend, den es im Theater zubringen möchte, wenn ihm dort fortwährend die Lebensfreude ver dorben wird, die es nicht in der Garderobe abgeben kann. Denn die Bretter bedeuten heute nur die Welt, in der man sich langweilt, weil darin nur geseufzt, gejammert, geschwatzt und betrogen wird, in die keine lackende Sonne hineinscheint und in die die jungen Mädchen ihre Mütter, die doch auch mal gern erröten, nicht mitzunehmen wagen. Man sieht, wie nötig es ist, daß auch etwas Zur Hebung der Kunst und zur Unterstützung ^u geschehen hat. Die Losung muß heißen: Nicht alles nur für den Sport! Dieses Ziel ist zu erreichen, wenn: wir vom Sport lernen, ihm seine Dauerleistungen abzugucken ver mögen, die er seit einiger Zeit mit sieghaftem Eifer regelmäßig in Szene setzt- Solche Darbietungen haben mehr als gewöhnliche Werbekraft, machen das Publi kum unfehlbar mobil, Überfüllen die Sportvereins kaffen und schmücken die Sieger mit dem Lorbeer de» Daroreises, ohne daß die Zahl^ der Toten und Ver wundeten nennenswert wächst. Es würde sich sicher lohnen, einen versuch zu machen, dem Sport die Alleinherrschaft auf dem G<> biete des öffentlichen Goldmachen» zu entreißen. Schaden wird er gewiß nickt. Da, Nächstliegende wäre ein Dreitagedrchten. Ich würde vorschlagen, mit der Lyrik zu beginnen. Sie stellt lli« allergeringsten Anforderungen an Formtalent und Geschmack und hat das Publikum an die ödeste Inhaltsleere »nd an ver- blüffende, Wortgeklingel gewöhnt. Unsere modernen Lyriker glauben schon etwa» zu leisten, wenn sie von Schiller wegwerfend sprechen und in Heine einen Sprachverderber brandmarken. Etliche erfinden alte Wörter und glauben schon dadurch Goethe vom Thron zu stürzen. Die zum Dauerdickten antretenden Lyriker werde« in der Arena an Schreibtischen ver teilt, auf denen für die nötigen Schreibmaterialien oder Schreibmaschinen »nd für einige Flasche« Kognak »nd Gläser Platz ist. Dar Dichten beginnt gleichzeitig von allen und wird nur zum Frühstück, Mittag, und Abendessen auf je eine Stund« und zum achtstündigen Schlafen unterbrochen. Der Gebrauch eines Reimlexikons ist untersagt. Wird ein Dichter dabei ertappt, daß er einen von ihm ausdrücklich verachteten Klassiker bestiehlt, so wird ihm der Kognak entzogen. Es ist auch nicht gestattet, daß ihm au« dem Zuschauerraum von Mitgliedern seiner Clique verzwickte Reime und Zweideutigkeiten zur Verwen- düng -ugerufen werden. Allabendlich werden die fertiggestellten Strophen gezählt. Wer am Schluffe des Dauerdtchten» dr« meisten Strophen gedichtet hat, erhält den Preis und wird zum Welrdichter aus gerufen. Die Unternehmer des Dreitagedichtens zahlen dem Sieger zu den Kosten, die das Aufsuchen eines Verleger» verursacht. einen Zuschuß von zehn Mark für Porto und Einschreidegebühr. Verunglückt ein Lyriker derart bet der Arbeit, daß er nervös wird und sich dauernd beim Skandieren verzählt, jo wird er für Rechnung der Unternehmung mit der elektrischen Straßenbahn bis in die Näh« seiner Wohnung be fördert. Nach einem ähnlichen Programm könnte ein Füns- tagemalen ins Werk gesetzt werden. Für solches Unternehmen wäre am geeignetsten, einen Zirkus in et« Kunstatelier zu verwandeln. Ernneladen und zu zulassen sind nur die sezesfionistischen Maler, weil das Publikum für sein Geld amüsiert sein will, wie es sich bekanntlich am besten in einer Ausstellung der Sezession amüsiert. Während des Fünftagemalens wird den Zuschauern Gelegenheit gegeben, das, was der sezessionistisch« Meister malt, zu erraten und fest- zustcllen, ob es eine Seeschlacht, eine Jahrmarkt szene, ein Porträt oder ein voller Krankensaal wird, während andere Zuschauer wetten, daß es nichts von alledem wird, sondern ein Meeresstrand oder das Urteil de« Pari«. Artel die Meinungsverschieden heit in Tätlichkeiten au«, so entscheidet ein Kollegium von Kritikern, die schon viele Meister der alten Schuir heruntergerissen haben. Die Unternehmer sorgen für Leinewand, Farben und solche Modelle, die sich durch Häßlichkeit und Schmutz besonders auszrichnen. Maler, welche zeichnen können, und solche, die nicht farbenblind find, werden nicht zugelassen. Am Schluffe de« Dauermalens werden die Werke der Meistmaler in einer Talertombola verlost. Die Se- »inner müssen di« gewonnenen Bilder gleich mit nehmen, Anträge, st« den Unternehmern gegen den Preis de» Lose« zu überlassen, werden nicht berück- fichtigt. Da« Achttagekomponieren darf auf eine sehr leb haft Beteiligung de« Publikum« rechnen, wenn ihm mitgeteilt werden wirb, daß nur moderne Vertoner sich an der Arbeit beteiligen sollen. Dadurck wird festgestellt, daß nur grausame und gänsehautfördernde Texte zum Vertonen gelangen, wie sie in der Mythe und Legende dutzendweis auf der Straße liegen, und solche Texte ziehen wie öffentliche Hinrichtungen da«
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