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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.06.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-06-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100630018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910063001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910063001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-06
- Tag 1910-06-30
-
Monat
1910-06
-
Jahr
1910
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Amtsölall des Aales und des Volizeiamles Ser Ltadt Leipzig. für Juierale au« Lew^g und Umgebm», di« Sgelpalten« 50 mm breit» Petttgeil« L di» 74 mm breit« NeUamqetk t »gd »o» «u4«tr« M ch, «evaiilen 1.20 J»seratr v»n vebbrdrn i» amtlichen L«tl di« 74 mm breit« Petttzeil« H) «eichLittanreigen mit Platzoorichrrften mch t» der «dendautaad» im Preis« erhöbt. öiabaN »ach Larl. Veilaaegebüh, L p. Lausend «rU. Postgebühr. ffesterteilte Suitrtge können mcht zurück, gerogea werden. Für da« Erscheine» »a bestmuutrn Tage» und Plätzen wird kein» Aaranti« übernommen. Sämigen-Annahme! Lugnstuövlatz 8, b«i lämtlichrn Filiale» u. allen Ännoncra» Elpeditronen de« Ja» and «uölaide«. Haupt >Sili«l» tzZerlin: T«rl Luncker, Herzogl. v^qr. Hofbuch» Handlung, Lützowstiade Ul. tLelephon Vl. ^r. 4I-V3). Haupt-Filiale vrrtzdrm Seeftratze < 1 (Lrlephou 4621). Nr. 178 Voimerstsg, üen so. Juni ISIS. 104. Zshrgsng. Das Wichtigste. * In der gestrigen Bundesratssitz »ng wurde dem Entwurf des Gesetzes über den Ausbau der deutschen Wasser st ratzen und Er hebung von Schiffahrtsabgaben in der von den Ausschüssen beschlossenen Fassung Füge st mmt. (S. Leitart.) * Es verlautet, datz man den Urhebern des Bombenattentats im Theater von Kolon auf der Spur ist. (S. Ausl.) * In Süddeutschland und am Mittel- und Ober rhein herrscht Lieder Ueberschwemmungs- gefahr. (S. Tageschr.) * Von fachmännischerSeite wird darauf aukmerksam gedacht, daß die Passagiersahrt der „Deutschland", die zu dem Unglück im Teutoburger Walde führte, mit Rücksicht auf die Wetterlage am Tage des Aufstieges besser unterblieben wäre. (S. d. bes. Art.) * Die Leipziger Zimmerer und Bauhilfs arbeiter beschlossen die Wiederaufnahme der Ar beit. (S. d. bes. Art.) * Nach dem Beschlüsse der gestern in Halle abge haltenen Konferenz zwischen den Führern der Zentralorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Baugewerbe wurde be schlossen, die örtlichen Verhandlungen überall sofort aufzunehmen. (S. d. bes. Art.) Gin preutzikcher Lieg. Es ist eine eigentümliche Fügung, dass just einen Tag nach der Entlassung des wärmsten Freundes der Schiffahrtsabgaben, des Freiherrn von Rheinbaben, im Bundesrat der Gesetzent wurf, der eine Belastung der schiffbaren Ströme zum Ziele hat, einstimmig angenommen worden ist. Rheinbaben hat den Triumph der preußi schen Wasserpolitik, die in ihm einen so außer ordentlich erfolgreichen Verteidiger fand, als aktiver Minister nicht mehr erleben dürfen, aber doch ist die Durchführung dieses Planes vornehmlich sein Werk, und sie sichert ihm jeden falls in Sachsen ein sehr peinvolles Andenken. Der Streit um die Schiffahrtsabgaben setzte bereits während der Verhandlungen des preußi schen Abgeordnetenhauses über das Wasser- straßengesetz ein. Agrarische Eigensucht ver stand es damals um die Jahrhundertwende meisterlich, diesem Gesetz den berüchtigten 8 19 einzufügen. Dieser Paragraph sollte die Frachtenverbilligung, die infolge der Kanal bauten zu erwarten war, im Interesse der Groß grundbesitzer durch eine finanzielle Belastung des bisher abgabefreien Verkehrs auf schiffbaren Strömen hinfällig machen. Von Anfang an erhoben Rechtsgelehrte von Ruf ihre Stimme, um das Unstatthafte dieses Paragraphen zu erweisen, denn er widersprach direkt dem Ar tikel 54 der Reichsverfassung, der Abgabenfrei heit der Ströme vorsieht. Indes dem preußi schen Staate erwuchs in Herrn Peters eine wertvolle literarische Stütze, die entgegen den Urteilen eines Laband, eines Wach und andrer die Statthaftigkeit der Einführung solcher Ab gaben nach seiner Art wissenschaftlich be gründete. Die Gegner der Abgaben waren jedoch auch nicht müßig; im Reichstage, in den Landtagen der an einem billigen Flußverkehr am meisten interessierten Einzelstaaten wurden die Regierungen wieder holt interpelliert. Man versuchte sich in kühnen Interpretationen des Artikels 54 der Reichs verfassung, weil man die Bestimmung des Artikels 78 über das Stimmenverhältnis bei Verfassungsänderungen infolge der Unsicherheit des Ausgangs in Preußen nicht angewendet sehen wollte. Aber schließlich hatte trotz aller Proteste wirtschaftlicher Verbände, trotz der ausgezeichneten Denkschriften der sächsischen und der badischen Regierung, trotz ernster Mah nungen namentlich des sächsischen Landtags die Zähigkeit Preußens den Sieg davongetragen. Im Februar d. I. war bei einer Anzahl von Bundesstaaten, die noch Schwierigkeiten gemacht hatten, der Grad von Nachgiebigkeit er reicht, der einen Erfolg Preußens erhoffen ließ. Lr wurde eine Art von Probe Abstimmung in den vereinigten Bundesrats ausschüssen für Handel und Verkehr, für Justiz wesen und für die Verfassung über den preußi schen Eesetzesvorschlag vorgenommen, und sie zeitigte das Ergebnis, daß 46 Stimmen diesen Vorschlag befürworteten, aber nur 12 ihn ab lehnten. Nunmehr besaß Preußen die Garantie, daß auch den Anforderungen des Artikels 78 der Reichsverfassung bei einer offiziellen Abstimmung Genüge geschehen würde; aber jetzt richtete es sein Augenmerk darauf, noch die Einstimmigkeit der Annahme des Entwurfes zu erzielen. Zu diesem Zwecke mußte sich zwar die Vorlage nicht unbeträchtliche Abänderungen gefallen lassen, aber schließlich vermochten gewisse Zugeständnisse die bis zuletzt dissentierenden Staaten, vor nehmlich Sachsen, Baden und Hessen, zur Preis gabe ihres Standpunktes zu bestimmen. Nachdem auf derlei Weise alles bereinigt und berichtigt war, hat am gestrigen Mittwoch der Bundesrat in seiner Plenarsitzung die Schiffahrtsabgaben vorlage einstimmig angenommen. Dieser rein formelle Akt vollzog sich mit der bei solchen Dingen üblichen Geschwindigkeit. Bundesstaat liche Minister waren im Gegensatz zur Probe abstimmung gar nicht erst nach Berlin gekommen, da die Ausschüsse schon zu einem einmütigen Votum gelangt waren. Eine Debatte erübrigte sich im wesentlichen, und so konnte Preußen Kalo seinen Sieg verkünden. Wir haben bis zuletzt auf feiten der Gegner der Schiffahrtsabgaben gestanden und verhehlen auch heute nicht unsere ernstesten Bedenken gegen die Sanktionierung dieses Entwurfs, da unserm Sachsen daraus zweifellos mehr Nachteile als Vorteile erwachsen. Der Sieg Preußens ist formell unanfechtbar, aber es fragt sich, ob der ideelle Faktor im Staats leben dabei nicht Einbuße erlitten hat. Wir wollen jedenfalls wünschen, daß der Reichs freudigkeit nicht weitere derartige Belastungs proben zugemutet werden. Das letzte Wort hat nun das Ausland, haben Holland und Oester reich-Ungarn zu sprechen. Ihre Zustimmung zu dem Entwürfe ist notwendig, wenn er Ge setzeskraft erlangen soll. Ueber den Stand der Verhandlungen liegen keine authentischen Nach richten vor und wir verzichten jedenfalls aus nationalen Gründen darauf, die Hilfe des Aus landes in dieser Angelegenheit etwa anzurufen, aber wir würden es nicht als Unglück betrachten, wenn die Vorlage doch noch am Widerstande der Donaumonarchie scheiterte. Nach üem MnMermechlel. Staatssekretär Freiherr von Schoen dürfte noch bis Anfang August die Leitung der Geschäfte behalten, um sie alsdann seinem Nach folger, Herrn von Kiderlen-Waechter zu übergeben. Seinen Posten als Botschafter in Paris wird Freiherr von Schoen voraussichtlich am 1. Oktober d. I. antreten. Kaiserliches Handschreiben an den Fürsten Radolin. Die „Nordd. Aüg. Ztg." veröffentlicht nachfolgen des Handschreiben des Kaisers an den Fürsten Radolin: Mein lieber Fürst Radolin! Es ist mir ein Bedürfnis, Ihnen anläßlich Ihres Ausscheidens aus dem Reichsdienste meinen kaiserlichen Dank auszusprechen für die aus gezeichneten Dienste, die Sie während Ihrer nunmehr 47jährigen amtlichen Tätigkeit meinen Vorfahren an der Krone, mir und dem gesamten Vaterlande leisteten. Als Botschafter in Konstanti nopel, Petersburg und Paris ist es Ihnen gelungen, sich das Wohlwollen der Monarchen und die Achtung der Regierungen, bei denen Sie beglaubigt waren, in so hohem Grade zu erwerben, daß Sie rn der Lage waren, meine Politik und die Interessen des Vaterlandes erfolgreich zu ver treten. Indem ich Ihnen, mein lieber Fürst, als Beweis meines Wohlwollens die Brillanten zum Kreuz der Großkomture des könig lichen Hausordens von Hohenzollern verleihe, dessen Insignien Ihnen demnächst zugehen, spreche ich die Hoffnung aus, daß es Gott gefalle, Ihnen nach Ihrem aroeitsoollen Leben die wohl verdiente Ruhe noch durch lange Jahre zu gewähren. Kiel, 27. Juni. Wilhelm. Preßstimmen. Die „Kreuzzeitung" widmet dem Frhrn. v. Rheinbaben einen sehr anerkennenden Nach- ruf und stellt Herrn v. Schoen, besonders wegen seiner Haltung gegenüber Frankreich, ein gutes Zeugnis aus; dann heißt es u. a.: Es erübrigt sich, besonders heroorzubeben, daß die maßvolle und doch feste Politik des scheidenden Staatssekretärs auch in den aderen politischen Fragen von weltbewegender Bedeutung, wie in der Orient und der persischen Frage dem Ansehen und der Würde des Deutschen Reiches durchaus förderlich gewesen ist. Die P o st" bescheinigt dem Herrn von Rbeinbaben seine erfolgreiche Tätigkeit, konstatiert aber einen Mangel in Elastizität im Rededuell mit Ewinner und sagt dann: . „Wenn es — wie wir furchten — nur gelingt, einen begabten und korrekten Beamten als Nach folger Freiherrn v. Rheinbabens zu gewinnen, dann wird diesem Ministerwechsel leider keine politische Bedeutung beizumessen sein. Wir würden dann sogar den Rücktritt Freiherrn v. Rheinbabens, der seine angegriffenen Nerven sehr wohl in einem längeren Urlaube hätte starken können, auf das allerlebhafteste be bau e r n." Die „Nationalzeitung" führt Rheinbabens Sturz direkt auf seinen Zusammenstoß mit Gwinner zurück. Herr von Schoen kommt begreiflicherweise sehr schlecht weg: Herrn o. Schoens sehnlichster Wunsch, an der Seine das Deutsche Reich vertreten zu können, geht in Erfüllung. Die Nachricht wird vielfach mit gemischten Gefühlen ausgenommen werden, denn es gibt nicht nur in der diplomatischen Welt unter den „Kollegen", sondern mehr noch in den ernsthaften politischen Kreisen sowie in der Welt von Handel und Industrie Leute genug, die das wichtige Pariser Amt in anderen Händen sehen möchten. Frhr. v. Schoen hat in der Zeit seiner Tätigkeit als Leiter des Auswärtigen Amtes io gut wie keine Erfolge erzielt. Wir baden keine Veranlassung, das ganze Register der Fehler und Unterlassungen aufzurollen, dessen wichtigste Daten der jüngsten Geschichte angehören und leider noch allzu frisch in der Erinnerung sind. Das „Berliner Tageblatt" findet für Schoen liebenswürdige Worte, geht aber mit Rhein baben unsanft ins Gericht: „Seine Kunst beschränkte sich auf kleinlichen Fiskalismus und auf Plusmacherei. Die Steuerschraube ist unter ihm mehrfach ange zogen worden, der Großgrundbesitz wurde in ungerechter Weise geschont und begünstigt, die Abgabenfreiheit der Wasserstraßen ist haupt sächlich durch Rheinbabens reaktionäre Be mühungen zu Fall gebracht worden; für die Be amten hat Herr v. Rheinbaben erst etwas getan, als es nickt mehr anders ging, und dann erfüllte er seine Aufgabe noch in ungenügender Weise. Und so viel höchstens läßt sich sagen, daß mit Herrn v. Rheinbaben eine der stärksten Säulen der reaktionären Politik beseitigt worden ist. Fast sieht es so aus, als ob auch noch andre demnächst stürzen werden." Der „Börsen-Cour." meint in bezug auf Nheinbaben: „Die Konservativen haben in der nach- bismarckischen Zeit auch nicht eine einzige so starke und geschickte Persönlichkeit vom Schlag des preußi schen Junkertums in der Regierung gehabt wie diesen. Deshalb ist für sie der Rücktritt Rheinbabens unter allen Umständen ein Verlust." Aehnlich äußert sich die „Berliner Volks- Zeitung": „Wo immer es im preußischen Landtage galt, eine reaktionäre Maßregel zu verteidi gen, da stand Herr v. Rheinbaben seinen Mann im Sinne des regierenden Junkertums. Daher wußten die Junker, was sie an ihm hatten." Laute Klage erhebt dagegen die „Deutsche Tageszeitung": Der Rücktritt des Freiherrn v. Rheinbaben von seinem Amt, das er länger als neun Jahre in aus gezeichneter Weise verwaltet hat, kommt allerdings nicht ganz unerwartet; aber im Augen blicke wirkt es doch wie eine Ueberraschung, und zwar eine recht bedauerliche. Freiherr o. Rheinbaben bat an seinem Teile viel dazu getan, der Landwirtschaft zu einer gleichberechtigten Stellung in unserm Wirtschaftsleben zu verhelfen. Das soll ihm in dieser Stunde gedankt werden. Sie Kieler Woche. (Eigener Vericht des Leipziger Tageblattes.) (Nachdruck verboten.) V- Kiel, 28. Juni. Selbst der größte Optimist wird nicht leugnen können, daß der Rahmen festlicher Veranstaltungen, dte die Kieler Woche zu umgeben pflegen, in diesem Jahre weniger glänzend ist, als sonst. Zwar die Form ist da, aber es fehlt der Inhalt, die reckte Stimmung, und es ist, als ob sich von der Unbe haglichkeit und dein Verdruß, die sich in dieser Zeit im politischen Leben unseres Vaterlandes nur zu reichlich zeigen, auch etwas auf diese Tage der Jacht kämpfe übertragen hätte. So verlief denn auch das gestrige große Essen des Kaiserlichen Jachtklubs, das sonst einen der Glanzpunkte der ganzen Kieler Woche darstellt, recht still. Daß der Kaiser und seine Söhne wegen der Beisetzung der Prinzessin Feodora die Teilnahme am Essen abgesagt hatten ist bereits von mir gemeldet worden. An seiner Stelle nahm Prinz Heinrich den Mittelsitz an der Ehrentafel ein, die wieder in üb- licher Weift vor dem Haupteingang zum Großen Saale der Ssebadcanstalt aufgestsllt war. Rechts und links vom Prinzen saßen ^r französische Bot schafter Tambon und der amerikanische Botschafter Hill, ihm gegenüber sein Sohn Prinz Waldemar. Außer der Ebrentasel waren noch fünf Längs- tafeln im Hauptsaale gedeckt, weitere noch in den Nebensalen und in der Veranda. Zum Schmuck der Tafeln waren 40 Preise ans den Kämpfen der Kieler Woche bergeqeben, auf der Ehrentafel sah man den am Freitag von der „Wcstward" gewonnenen Krupp- Erinnerungspreie und einen in Altfilber gehaltenen wuchtigen Cup, den Frau Konsul Biermann-Bremen für Vie Wettfahrt Travemünde—Warnemünde ge stiftet hat, dazwischen zahlreiche andere silberne und goldene Pokale, mit La France-, Kaiserin- und dunkel roten Rosen gefüllt. Auf der mittleren Tafel stand der große, 1901 vorn König Eduard VII. gestiftete Pokal, den die Kaiserin dem Jachtklub über lassen hat. Als der Braten kam, erhob sich Prinz Heinrich und brachte folgenden kurzen Trinkspruch aus: Meins Herren! Se. Majestät der Kaiser hat mich beauftragt, ihn am heutigen Abend zu entschuldigen. Ein Trauersall rn der Familie ist dre Ursache, duß Se. Majestät heute hier nicht erscheint. Se. Majestät hat mich ferner gebeten, dis einheimischen und die fremdländischen Gäste herzlichst willkommen zu heißen. Meine Herren! Wie alle bedauern es, un seren sportfreudigen ritterlichen Herrn und Kamera den am heutigen Abend nicht unter uns zu sehen. Wir freuen uns aber, daß er doch hier in Kiel hat erscheinen und an den sportlichen Veranstaltungen hat teilnek.men können in alter Frische und mit warmem Herzen. Wir bedauern seine Abwesenheit am heuti gen Abend und gedenken heute wie immer in Treue seiner. Wir gedenken des Kommodores des Kaiser lichen Jachtklubs mit dem Rufe. Se. Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen, Hurra! Hurra! Hurra! Weitere Trinksprüche wurden nicht gehalten, und schon bald danach hob Prinz Heinrich die Tafel aus Da das Wetter recht kühl war, erging man sich hinterher nicht bei Kaffee und Bier im Garten, son dern blieb in den Klubräumen. Auf der Strandpromenade vor dem Klubgebäude waren im Verhältnis zu früheren Jahren nur wenig Leute zu bemerken. Die Illumination der Kriegs schiffe war ebenfalls mit Rücksicht auf die Hoftrauer abgesagt worden, und so glänzten nur von der „Ozeana" Helle Lämpchenreihen herüber. Auch vom Achterdeck des Flottenflaggschisfes „Deutschland", wo Bordfest stattfand, und wo auch der Kaiser non 4 Uh: dis gegen A7 Uhr geweilt hatte, waren solche zu bemerken. Im übrigen zeigte die Flotte nur die ge wöhnlichen Sigaallichter, Anker- und Topplaternen. Daß die Illumination der Kriegsschiffe unter blieb, hörte man im Publikum vielfach scharf kriti sieren. Das war insofern verständlich, als viele weit non auswärts hergekommcn waren, um das präch tige Schauspiel za sehen, und auffallenderweise erst gewissermaßen im letzten Augenblicke bekanntgegeben wurde, daß die Beleuchtung unterbleiben solle. Der Tag der Beisetzung d;r Prinzessin Feodora stand aver doch schon mindestens seit Freitag fest, trotzdem wurde noch am Sonnabend, wie ich selbst beobachten konnte, auf den Kriegsschiffen eifrig an den Vor bereitungen zur Illumination gearbeitet und sogar Montagvormittag noch Beleucktungsproben vor genommen. vr. pftil. krieckr. I>urlit2. Sus der Relchsoerlicherungs- kommiMn. In der Montags- und Dienstagssitzung der Reichsversicherungskommijsion wurden die Para graphen 362—371 (Angestellte), 408—410 (Auf sicht), 411—422 (Beiträge), 423—435 (Zahlung der B»..träge) und 436 und 437 (Kassenverbände) er ledigt. Bei der Beratung über den Abschnitt Ange stellte kam es zu lebhaften Auseinan dersetzungen zwischen den Vertretern der Sozialdemokraten und den übrigen Parteien. Es wurde ein im Jahre 1906 zwischen dem sozialdemokratischen Verbände der Bureauange- stellten und dem sozialdemokratischen Verbände der Ortskrankenkassen vereinbarter Entwurf eines Anstellungsvertrages von einem Reoner zur Vertejung gebracht und kritisch beleuchtet. Nach diesem Vertrage ist das Kündigunasrecht der Krankenkassen gegenüber ihren Angestellten sehr beschränkt, derart, daß Kündigung unter Um ständen selbst bei langen Freiheitsstrafen nicht ein treten kann und insbesondere bei Bestrafung wegen religiöser und politischer Vergehen nicht erfolgen darf. Die Tendenz des Vertrages, der in einer Ent scheidung des preußischen Oberverwaltungsgerichts vom 21. März 1910 als dem Gesetz und den guten Silten widersprechend bezeichnet worden ist, geht dahin, die sozialdemokratischen Kassen- bea.aten bei etwaiger Aenderung des Krankenkassen- versickerungsgesetzes in ihren Stellungen zu sichern, und kennzeichnet die Bestrebungen der Sozialdemo kratie, die Ortskrankenkassen unter ihrer Herrschaft zu behalten. Die sozialdemokratischen Vertreter erklärten, daß dieser Vertragsentwurf ab- gefaßt worden sei infolge der großen Beunuhigung, in die die Angestellten versetzt worden seien durch einen in einem offiziellen Blatt erschienenen Aussatz eines maßgebenden Beamten über die künftige Ge staltung der Krankenversicherung. In der Aufregung sei man allerdings etwas zu weit gegangen, hab« aber das Vertragsformular im Jahre 1908 ob- geändert. Demgegenüber wurde darauf hingewresen, daß der fragliche Aufsatz bereits im Jahre 1900 er- sckienen sei, die Aufregung darüber im Jahre 1906 also etwas verspätet und der Vertragsentwurf erst abgeändert worden sei, nachdem verschiedene Auf sichtsbehörden derartige Verträge für ungültig erklärt hätten. Die Sozialdemokraten hatten zu dem Abschnitt „Angestellte" Abänderungsanträge gestellt, die dieselbe Tendenz wie der fragliche Vertrags entwurf verfolgen und Bestimmungen enthalten, durch die di« Angestellten der Krankenkassen wett günstiger gestellt werden sollen al» die Staats- und Gemeindedeamten. Diese Anträge wurden ab ge lehnt, mit Ausnahme einer einzigen, durch einen Zustitzantrog des Zentrums ergänzten Bestim mung. Ebenso wurden «in weiterer Antrag de» Zentrums, sowie ein solcher der Rational lr de» ralen angenommen. Hiernach erfolgte unser-
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