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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.06.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-06-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100609028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910060902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910060902
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-06
- Tag 1910-06-09
-
Monat
1910-06
-
Jahr
1910
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BezugS-PreiS lür Leipzig und «orottr durch u»1«r« LrLgrr und kvrdiieur« 2mal ttalich m< Hau« gebracht - vtt manatl.. >.70 oierleliibrl «et unlern Filialen u. «u- aabmebeüeit ava'bolt: 7> monatl., >.22 viernlltdrl. Durch dt« 4>«K: lanerdald Leutlchtand« und der drutichen Kolonien viertel,ühri a.S» monatl. l.2> au«Ichl. Postdeftrllgeld. ferner in Belgien, DLnemarL den Donaustaaten, Italien, Luxemburg, Niederlande, Nor wegen, Oesterreich'Ungarn, biußlaad, Schweden, Schwei» u. Spanien In allen übrigen Staaten nur direkt durch di, GejchL'l-uell« »e» Blatte« crbLltlich. Da« neivzigei DagedlaN ericheii» 2 mal täglich. Sonn- a An^ka-« nur morgen«. Ldoune »ni-2lnnud>a« kuguiiusvlatz 8, be> unteren Drägern Filialen Svediteuren und Annahmestellen tonn« Postämtern und Bnesträgeru Irn,,l»»rraul«vr,«I »er Morgen« auägab« lO H, der tlbenduuSgade L -d. lliedaktlon und Meschätt-lteller Johannisgasle bi Seruwrecherr 146SL 14683. 14694. Abend-Ausgabe. eipMrrTaMM Handelszeitnng. Ämtsblatt des Rates und des Nolizeiamtes -er Ztadt Leipzig. Anzeigen-Preis s»r Inserate au« Leimig und Umgebung dm Sgelvaltene SV mm drelte Prrit^ile 2S di« 74 mm breite Üieklamejeil« l von auewärt« uv Reklamen 1.20 Inserate von Bebdrden 'M amtlichen Teil die 74 mm breite Petttzeile 4V «eschästkanzeigen mit P atzvorlchristen und in der Bbendaurgab« im Preise erhöbt Rabatt nach Daris. BeUagegedühr S ^lk p. Tausend exkl. Postgebühr. Iesterteilt« Austräge können nicht »urück- gezogen werden. Für da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Platzen wird kein« Garantie übernommen Anzeigen-Annahme: Augustusplatz H bei sämtlichen Filialen u. alle» Annoncen- Sxpedittoaen de« In« und Au «landet. Haupt-Filiale verliu: Karl Duncker. Herzogl. Bahr. Hofbuch» Handlung, Lützowstraße Iv. sTelevhou VI, !tir. 4vv3). Haupt-Filiale Dresden: Keestrabe 4,1 (Telephon 4621). Nr. l57. vlinnerslsg, äen S. Juni ISIS. 104. Jahrgang. pllUtillhe Nachrichten. Der Streit im Baugewerbe. Aus verschiedenen deutschen Städten wird ge meldet, daß die lokalen Einigungsver handlungen im Baugewerbe zu keinem Ergebnis geführt haben. Wir berichteten bereits in der heutigen Morgennummer von dem Scheitern der Verhandlungen in Magdeburg. Auch in Essen sind die Verhandlungen für den rheinisch-westfälischen Industriebezirk, da in keinem Punkte eine Einigung erzielt wurde, als ergebnislos abgebrochen worden. Es ist nunmehr der Spruch des am 13. und 14. Juni in Dresden zusammentretenden Schieds gerichts zu erwarten, dessen Urteil beide Parteien anerkennen müssen. Ueber die heute mittag in Leipzig gepflogenen Verhandlungen der Vertreter aus den Bezirken Wurzen, Borna, Grimma, Rötha und Pegau erfahren wir: Bei den Verhandlungen, die heute vormittag im „Siebenmännerhaus" zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern der Bezirke Wurzen, Borna, Grimma, Rötha und Pegau stattfanden, wurde trotz mehr stündiger Verhandlungen keine vollständige Einigung erzielt. Speziell die Lohnfrage rief längere Aussprachen hervor. Im Bezirke Wurzen z. B., der zuerst behandelt wurde, verlangten die Ar beitnehmer (Maurer und Zimmerers eine Lohn erhöhung von 5 Pf. pro Stunde svon 53 auf 58 Pf.). Das Ergebnis der Verhandlungen wird dem Schieds gericht zur endgültigen Stellungnahme unterbreitet werden. Am heutigen Nachmittag treten die Vertreter von Leipzig zusammen. Eine Enzyklika-Interpellation im österreichischen Reichsrat. Wie«», 9. Juni. (Telegramm.) Der Abgeordnete Stransky, Edler von Greifenfcls (Deutschradikal) brachte gestern eine Interpellation über die Borromäus-Enzyklika ein, in der angefragt wird, welche Mahnahmen der Ministerpräsidenr zu treffen gedenke, um den österreichischen Protestanten gegenüber den Angriffen durch den Papst Genugtuung zu verschaffen und neue Be leidigungen zu verhüten. Das französische Regierungsprogramm. Paris, 9. Juni. (Tel.) Ueber die bevorstehende ministerielle Erklärung, deren Inhalt be reits vor einer Woche zum Teil bekannt geworden ist, verlauten heute weitere Einzelheiten. Sie wird unter anderem den Willen der Regierung zum Ausdruck bringen, das Werk der Trennung von Kirche und Staat zu verteidigen und keinen Angriff auf die Lairnschule, den Eckstein der Republik, zuzu lassen. Sie wird ferner auf die Notwendigkeit Hin weisen, ein Beamtenstatut zu erlösten und eine Steuerreform herbeizusühren, ohne daß zu einer roxatorischen oder inquisitorischen Mahnahme Zu flucht genommen wird. Die Erklärung wird ferner zum Ausdruck bringen, daß die Regierung auch weiterhin mit dem Los der landwirtschaft lichen Angestellten sich befassen und bemüht sein werde, ihnen die Erlangung von Grundbesitz zu erleichtern. Das neue marokkanische Bergrecht. Paris, 9. Juni. (Tel.) Der „Petit Parisien" meldet, dah die französisch-delutsch-eng- lisch-spanische Kommission, die seit mehreren Wochen mit der Ausarbeitung eines Berg gesetzes für Marokko beschäftigt war, ihre Arbeiten nunmehr beendet hat. Abdankung König Manuels von Portugal? Paris, 9. Juni. (Telegramm.) Journal" er hielt folgende Depesche seines Madrider Korrespon denten: „Ich melde Ihnen unter aller Reserve, dah ein Telegramm aus Lissabon hier eingetroffen ist, das grohe Sensation erregt. Nach dieser Depesche soll König Manuel mit Rücksicht auf die schlechte Finanzlage und die wiederholten Wir ren. die sich in seinem Königreich ereigneten, die Absicht haben, zugunstenseinesOnkelsDom Alfonso von Braganza abzudanken. — Die Depesche fügt noch hinzu, dah der König einem Beschluh des Ministerrats gemäh demnächst dte Cortes auflösen wird. Die türkische auswärtige Politik. Konstantinopel, 9. Juni. (Tel.) Das fung- türkische Komitee befähle stch gestern in geheimer Sitzung mit den Richtlinien der auswär tigen Politik und kam dabei zu dem Schluste, dah eine Freundschaft der Türkei mit England angesichts der sich kreuzenden Interessen kaum möglich sei, dagegen ein Einvernehmen mit Deutschland wünschenswert ist, das in der Türkei nur wirtschaftliche Interessen verfolge. Tsgeschronik. Look kontra Pearq. Berlin, 9. Juni. Der Streit, den die beiden vielgenannten Nordoolfahrer Dr. Frederik A. Look und Robert Peary bisher auf wissenschaftlichem Ge biet ausgefochten haben, hat nunmehr eine recht prosaische Gestalt angenommen. Cook hat den Augenblick benutzt, wo Peary in Berlin weilt, um eine Forderung, die er gegen ihn seit längerer Zeit geltend macht, durch Verfügung des hiesigen Land gerichts zur Eintreibung zu bringen. Eook lieh durch seinen Vertreter, einen Berliner Anwalt, den Auf trag erteilen, einen Arrest in Höhe von 40000 Mark gegen seinen Konkurrenten auszubringen. Nach der Behauptung Cooks schuldet ihm Peary diese Summe aus einer Lieferung von Eisbärfellen und andern Gegenständen aus den antarktischen Gegen den. Da Peary bisher in allen Weltteilen umher gereist ist, ohne festen Fuh zu fasten, so glaubt Cook, jetzt durch Vermittlung der deutschen Gerichte am ehesten zu seinem vermeintlichen Recht zu kommen. Der gegen Peary also vorgegangene Kläger ist ein Begleiter von Cook, der Deutsche Rudolf Franke, der der einzige weihe Begleiter des amerikanischen Doktors auf besten rätselhafter Fahrt nach dem Norden war. Franke behauptet, von Peary nm Pelze und Walrohzähne betrogen zu sein, und zwar im Betrage von 40 000 -4t. Die Zustellung der Ladung zu diesem Termin war mit einigen Schwierigkeiten verknüpft. Peary, der bei seinem letzten Aufenthalt in Berlin im Kaiserhof abgestiegen war, hatte dies mal nach seiner Ankunft aus Amsterdam sein Do mizil im Hotel Adlon aufgeschlagen, wo ihn der fin dige Gerichtsvollzieher abends gegen 7 Uhr eruierte- Dä Peary das ominöse Schriftstück nicht annehmen wollte, legte der Beamte, der in Gehrock und Zylinder erschienen war. um sich auf diese Weise den Eintritt zu erleichtern, die Ladung in Gegenwart eines Zeugen auf den Tisch des Hotelzimmers nieder und erklärte auf gut Deutsch: „Jetzt ist es zugestellt. Adieu!" Eewittermeldungen. Berlin, 9. Juni. (Telegramm.) Auch gestern sind die Nachrichten über Gewitter und Todesfälle durch Blitzschlag nicht ausgeblieben. Aus Oldenburg wird gemeldet: Bei einem starken Gewitter, das gestern abend über Oldenburg niederging, hat der Blitz in die Druckerei des „Stedinger Boten" in Berne eingeschlagen. Druckerei und Wohngebäude stehen in Flammen. Mehrere Feuerwehren sind an der Brand stelle eingetroffen, konnten jedoch bisher nicht Herr des Feuers werden. In St. Vith (Eifel) schlug der Blitz in eine Haushaltungsschule ein, wobei ein 16 jähriges Mädchen getötet, drei an dere schwer verletzt wurden. In Briesnigk in der Lausitz war eine Frau mit ihren Kindern bei einem Gewitter unter einen Pappelbaum geflüchtet, in den der Blitz einschlug. Die Frau wurde dabei getötet, ein Kind schwer verletzt. Fünf Ausbrecher. Berlin, 8. Juni. (Telegramm.) Fünf in der Strafanstalt Plötzensee internierte Verbrecher, die in den letzten Tagen längere Stücke Kabeldraht in den Schlafsaal geschleppt und zu einem Drahtseil verarbeitet hatten, liehen sich daran vergangene Nacht in den Hof hinab und ent kamen. Unter Bergiftungserscheinungen erkrankt. Bielefeld, 9. Juni. (Telegramm.) Nach dem Ee- nuh von geräuchertem Seelachs, den Fabrikarbeiter zu billigem Preise von auswärts bezogen hatten, erkrankten 80 Personen unter Bergiftungs- erschcinungen. Ein Unfall aus dem Uebungsmarsche. Innsbruck, 9. Juni. (Telegramm.) Bei einem Uebungsmarsche im südtirolischen Grenzgebiet ver sagte beim Herunterfahren von einem Abhang die Bremse eines Artilleriesahrzeuges. Der Wagen fuhr gegen eine Mauer und stürzte um. Hierbei wurde ein Soldat getötet und mehrere andere schwer verletzt. Selbstmord eines Präsidentensohnes. Paris, 9. Juni. (Tel.) Wie aus Cherbourg ge meldet wird, verübte der Sohn des Präsiden ten der Republik Guatemala, Diego Estrada Cabrera, als er in Begleitung zweier Aerztc und einer Wärterin daselbst eintraf, um an Bord eines deutschen Dampfers in seine Heimat zurückzukehren, in einem unbewachten Augenblick Selbstmord, indem er sich mittels Glasscherben tiefe Schnittwunden am Halse beibrachte. Der 29jährige Diego Estrada Cabrera. der schwindsüchtig ist, soll die Tat aus Verwciflunq darüber begangen haben, dah die Aerzte seinen Zu st and für un heilbar erklärt haben. Zum Erdbeben in Italien. Rom, 9. Juni. (Telegramm.) Die Gesamtzahl der in der vom Erdbeben getroffenen Provinz Avellino bisher ausgegrabenen Toten beträgt 50. Davon entfallen 25 auf Calitri. Dieses Städtchen und Dallata sind unbewohnbar geworden. — Das Königspaar hat seine Rundreise durch das Erdbebengebiet beendet und ist gestern nach Rom zurückgekehrt. Zum Sinken gebracht. London, 8. Juni. (Telegramm.) Wie dem „Reu- terschen Bureau" aus Malta gemeldet wird, brachte der Hamburger Dampfer „C. Ferd. Laeisz'^ 7 Mei len von der St.-Pauls-Dai eine sizilianische Barke zum Sinken; von der aus 7 Mann bestehen den Besatzung sind vier ertrunken. Blitzschlag. London, 9. Juni. (Telegramm.) Bei einem hef tigen Gewitter schlug der Blitz in die Krtegs- ballonfabrik zu Farnborough ein und richtete grohcn Schaden an. Regenferien. Bukarest, 9. Juni. (Telegramm.) Nachdem es ununterbrochen 24 Stunden geregnet hatte, wurden der Schulunterrich t, Vie Fabrik- und Werkstättenarbcit eingestellt. Der Eisen bahnverkehr ist vielfach unterbrochen. Für die Ernte werden Besorgnisse gehegt. Ein Petrolenmsee in Flammen. Tiflis, 8. Juni. (Telegramm.) Unbekannte Täter durchbohrten in der Nähe der Station Nota- nabij der transkaukasischen Eisenbahn ein Rohr der Petroleumleitung, um Petroleum zu entwenden. Das ausrinnende Petroleum bildete einen See, den die Uebeltäter anzündeten. Das Feuer nahm grohe Ausdehnung an, umfing den Eilenbahndamm und zerstörte die Bahn brücke. Der Verkehr ist eingestellt. Aus Barum wurden Arbeiter für die Löscharbeiten und zur Wiederherstellung der Brücke entsandt. Ueber üen Pc ilmMnnengsrten in Jena, der ehemals dem Professor Griesbach gehörte und in dem so mancher literarische Sommerabend mit Schil ler, Wieland, Fichte, Herder, Voh, Heinrich Meyer festlich begangen ward, spricht im Junrheft von Vel - Hagen L Klasings Monatsheften Ludwig Salomon: Nach dem Tode Griesbachs und dem Schwinden des trauten Freundeskreises verkaufte die Witwe 1819 das Grundstück an die Erbgroßherzogin Maria Panlowna zum Preise von 6000 Talern. Es sollte hauptsächlich dem Zweck dienen, ihren Kindern, den beiden Prinzessinnen Maria und Augusta und dem Prinzen Karl Alexander einen schönen, gesunden Sommcraufenthalt zu bieten. Im Frühjahr 1820 siedelten daher die beiden kleinen Prinzessinnen, von denen Maria vierzehn und Augusta elf Jahre alt war, für den ganzen Sommer nach Jena über und verlebten auch noch in den folgenden Jahren die Sommerszeit dort. Der kleine Prinz Karl Alexander, der ja 1820 erst zwei Jahre alt war, weilte nur ab und zu bei fernen Schwestern, dann aber später suchte er sehr oft und gern, auch noch als alter Herr, drese klassische Stätte auf und verbrachte dann nicht selten tziehrere Wochen hier, besonders wenn der alte Hosgärtner Bechstädt die Rosen zu schönstem Flor gebracht hatte. Die Groß herzogin Maria Paulowna vermachte denn auch in ihrem Testamente diesen schönen Prtvatbesitz ihrem Sohne mit dem Wunsche, ,,dah dieser den Garten mit Vergnügen bewohnen möge, wie er es in seiner Kindheit und Jugend getan habe". Doch wurde noch dem 1859 erfolgten Ableben der Großherzogin das Grundstück frderkommistarischer Familienbesitz des großherzoglichen Hauses. Mit den beiden kleinen Prinzessinnen zog ein neues Leben in den Garten ein, der von nun an Prinzessinnsngarten hieß. Das Wohnhaus war im Innern etwas umgeändert worden, so daß es den Ansprüchen der beiden neuen Bewohnerinnen, so be. scheiden diese auch waren, einigermaßen entsprechen konnte. In diesem damals geschaffenen Zustande befindet sich das Haus im großen und ganzen noch heute. Wenn man die fünf Stufen der kleinen Frei, treppe emporgestiegen und durch die von wildem Wein überhangenc Haustür in den Flur getreten ist, so sieht man rechts und links einfache Wohn- und Echlafräume; geht man die einfache Holztreppe zum oberen Stock hinauf, so bieten sich rechts und links ebenfalls schlicht moblrerte kleine Gesellschaftszimmer und in der Mitte ein Salon, von dem eine Tür auf den Balkon führt, der noch einen Teil der lieblichen Aussicht gewährt, die einst der ganze Garten darbot. In dem Salon befinden sich noch mehrere alte Möbel aus dem Anfang des XIX. Jahrhunderts, sowie einige Bilder, die einst der Großherzogin Maria Paulowna gehört haben mögen, Ansichten von russi schen Schlössern, und außerdem hat man pietätvoll hier auch einem Porträt des alten Griesbach, einem Kupferstich von I. C Bock nach einem Gemälde von I. Roux, einen Platz eingeräumt. Begibt man sich schließlich zur Mansarde, so wird man durch einen sehr geschickt hergestellte i Speisesaal überrascht, der quer durch das ganze Haus geht, von dem einen Mansardengiebel zum ändern. Eine große Gesell schaft vermag hier oben Platz zu finden und hat bei dem reizvollen Ausblick durch die drei Fenster hier gewiß oft genug fröhlich getafelt. Offenbar haben sich die beiden kleinen Prinzessin nen von Anfang an in Garten und Haus sehr woyl qefühlt. Sie hatten auch allen Grund dazu, denn sie konnten sich stets der angenehmsten und ausgefuch- testen Gesellschaft erfreuen. Neben liebenswürdigen Spielgefährten war kein geringerer als Goethe be müht, sie anregend zu unterhalten, während Heinrich Meyer, der ausgezeichnete Leiter der Weimarer Zeichenakademie, zum Unterschied von anderen Meyern der „Kunscht-Maycr" genannt, ein liebens würdiger. vielseitig gebildeter Mann, der sich des ganz besonderen Wohlwollens der feinsinnigen Erb- großherzogin Maria Paulowna erfreute, sie in das Gebiet der Kunst einführte und mit ihnen Spazier gänge unternahm. Goethe wohnte damals in dem jetzt nicht mehr vor handenen alten Gärtnerhause des benachbarten bota nischen Gartens, ^,wo," wie er schreibt „aller Komfort nur aus der -seele des Bewohners entspringen konnte", er aber immer dis Stimmung für seine poetischen Arbeiten fand und den zweiten Teil keiner „italienischen Reise" schrieb. Er blieb auch, seiner literarischen Arbeiten wegen, während des Winters von 1820 zu 1821 in Jena und sah daher den beiden kleinen Prinzessinnen, als sie im Herbst in breitbauchiaer großherzoglicher Reisekutschc nach Weimar zurückfuhren, nicht Hne Wehmut nach. Beim Geburtstage der Prinzessin Augusta, am 30. Septem ber, gab er mit einem kleinen Angebinde dieser Stimmung in dem Geburtstagsgedichte Ausdruck: Alle Papocln hoch in Lüften Jeder Strauch in seinen Düften Alle sehn sich nach Dir um; Berge schauen dort herunter, Leuchten schön und jauchzest munter, Doch der schöne Tanz ist stumm. Im Frühjahr 1821 kehrten die beiden Prinzessin, nen in den Garten zurück, und nun stattete die Lro. großherzogin Maria Paulowna dem Dichter ihren Dank dafür, daß er sich so hingehend um ihre Kinder bemühte, in überaus feiner Weise ab, indem sie ihm zu Ehren einen mit Goetheschen Versen geschmückten Denkstein im Garten errichten ließ, im Hintergründe des sogenannten „Pavpelsaales". Meyer hatte dazu die Zeichnung entworfen. Der Stein steht noch beute und ist auch noch leidlich gut erhalten. Er ist drei seitig. in einfachen griechischen Formen gehalten und trögt oben auf einem gußeisernem Aussatz den heili gen Bogel des Jupiter, den aufstrebenden Adler. Auf der Stirnseite des Denkmals leuchtet in goldenen Lettern der Spruch entgegen: Zierlich denken Und süß erinnern Ist das Leben Im tiessten Innern. Auf der rechten Seite zeigt sich der Spruch: Wem wohl das Glück Die schönste Palme beut'!' Der freudig tut, Sich des Getanen freut. Auf der linken Seite liest man: Irrtum verläßt uns nie, Doch zieht ein höher Bedürfnis Immer den strebenden Geist Leise zur Wahrheit hinan. Auch in den nächstfolgenden Jahren verbrachten die beiden Prinzessinnen den Sommer in dem reiz vollen Garten zu Jena und wuchsen dabei mehr und mehr zu blühenden Jungfrauen empor Wilhelm von Humboldt, der in dieser Zeit die jungen Damen öfters sah, rühmt in einem Briefe an den Jreiherrn vom Stein den schönen Wuchs, die sehr einnehmenden Eesichtszüge und die vorzügliche deutsche Bildung der Prinzessin Maria und hebt den lebendigen und durch, dringenden Geist der Prinzessin Augusta hervor. Da kam es denn auch, daß sich nach und nach aller- lei prinzlichcr Besuch bei den jungen, schönen Prin zessinnen einfand. Besonders die beiden preußischen Prinzen Wilhelm und Karl sprachen öfter vor, zum ersten Male 1826, und haben wohl stets ein fröhliches Leben in Garten und Haus gebracht. Ein beson deres Amüsement scheint das Sich-messen an den Pfosten der südlichen Tür des Salons gewesen zu sein. Eine große Menge von Bleististstrichen (heute geschützt durch eine lange Glasplatte) zeigen, wie groß zu verschiedenen Zeiten die Prinzessinnen, der Prinz Karl Alexander — und auch die preußischen Prinzen Wilhelm und Karl gewesen sind. Prinz Karl hat sich u. a. am 21. April 1827 gemessen, Prinz Wilhelm, gleichzeitig mit der Prinzessin Augusta, am 22. September 1828. Prinz Wilhelm reichte am weitesten hinauf. Bald war es offenkundig, daß die beiden preußi schen Prinzen die schönen Prinzessinnen zu gewinnen suchten. Prinz Karl warb um die Hand der Prin zessin Maria und Prinz Wilhelm um die der Prinzessin Augusta. Beide Werbungen erfolgten in den Laubgängcn des Prinzessinnengartens, die erstere im Herbst 1826, die letztere im Herbst 1828. Die Vermählung der Prinzessin Maria wurde am 26.Mai 1827 vollzogen. Als die Prinzessin Weimar verließ, stand Goethe wartend in der Allee des Webichts bei Weimar, „durch herzlichen Trieb dort hin geführt", wie er an Boisterde schrieb, um von dem „lieoen Wesen" Abschied zu nehmen. Die Ver mählung der Prinzessin Augusta fand am 11. Juni 1829 statt. Bevor die Prinzessin aus ihrer Heimat schied, machte sie dem greisen Goethe am Arme ihres Bräu tigams noch einen Abschiedsbesuch. Der Dichter empfing das Brautpaar zur Seite der Kolossalbüste der Juno Ludovisi. Er ahnte wohl nicht, daß er in dem schlichten Prinzen den dereinstigen Kaiser des neuen Deutschen Reiches begrüßte! * * Der älteste Theaterkritiker. Mit Ablauf der Saison hat sich der älteste Theaterkritiker Kölns und vielleicht auch der ganzen Welt, Prof. Hermann Kipper, Referent der „Kölnischen Volkszeitung", im Älter von 84 Jahren ins Privatleben zurück gezogen. Volle 40 Jahre hat Herr Kipper für das genannte Blatt berichtet, davon mehr als 30 Jahre über Oper und Schauspiel. Er war und ist eine lebendige Chronik der letzten zwei Menschenalter unserer Musik- und Theatergeschichte. * Ein Zigeuner als Hoftanzkamponist. Nicht lange mehr, und man wird in österreichisch-un garischen Landen Zigeuner als Hofkapellmeister sehen, sobald sie sich enthalten können, nicht gleich mit Prinzessinnen durchzubrennen. Es haben näm lich letzthin, wie eine Bekanntmachung in einem Bester Amtsblatt besagt, „Seine Kaiserliche und Königliche Apostolische Majestät allergnädigst geruht, dem Zigeunerprimas Bela Berkes den Titel eines Hoftanzkomponisten zu verleihen". * „quo vnckis" al» Oper auf Reisen. Im Oktober wird von Wien aus eine Tournee unternommen, die die größten Städte Deutschlands umfassen wird und aus welcher die französische Sensationsoper ..tjuo nach dem Roman von Siennewicz von Henri Cain ldeutsch von H. Liebstöckl). Musik von Nouguls, in der Darstellung von österreichischen Künstlern und unter der musikalischen Leitung des Hofkapellmeisters Gille zur Ausführung kommen wird
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