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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.06.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100621018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910062101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910062101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-06
- Tag 1910-06-21
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Monat
1910-06
-
Jahr
1910
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Dienstag. LI. Joni 1910. Sache gesprochen, keine gemeinsame Sache mit ihm gemacht und auch nicht gewußt, daß Schmidt Anzeige erstattet hab«. Der Angeklagte Schmidt bestätigte diese Aussage des Mitangeklagten Trebs. Auf der Polizei ist Trebs Engst gegenübergeftellt worden, und Trebs hat bekundet, Engst habe am Abend de, 23. März in dem Schmidtschen Lokale einen Flieder strauß auf das Billard gelegt, sei gegen Mitternacht mit dem Strauße fortgegangen und habe dabei noch seinen, des Trebs, Hut aufgesetzt. Am andern Mor gen gegen 7 Uhr sei Engst beschmutzt wiedergekommen und habe sich an der Wasserleitung in der Küche die Hände gereinigt. Daraufhin ist Engst am k. April in das Untersuchungsgefängnis gebracht worden, und zwar unter dem Verdacht«, der Raubmörder zu sein oder mit dem Raubmordversuche in irgendeiner Ver bindung zu stehen. Am I«. April ist Trebs wegen wissentlich falscher Anschuldigung und Freiheits beraubung verhaftet worden, und am 18. April wurde der Haftbefehl gegen Engst wegen des Mordverdachts aufgehoben; er wurde wegen der Diebstähle und des Erpressungsversuches aber weiter in Unter suchungshaft behalten. Nach der Behauptung des Angeklagten hat Engst in dem Schmidtschen Lokale auch einen Brief geschrieben, den Fliederstrauß hatte er in Zeitungspapier eingeschlagen. Engst sei viel im Lokale hin und her gegangen und habe sich auch am Spiele beteiligt. Bis zum andern Morgen gegen 9 Uhr ist Trebs mit einer Unterbrechung von -1 bis 5 Uhr im Restaurant geblieben. Früh gegen 7 Uhr sei Engst wiedergekommen, sei zu Schmidt an» Büfett gegangen und habe gefragt, ob er sich die Hände waschen könne. Schmidt habe die Erlaubnis erteilt, und Engst sei in die Küche gegangen. Weitere Beob achtungen will Trebs nicht gemacht haben. Zuerst wird Fräulein Clara Wetzig, Blumen- Linderin, al» Zeugin vernommen, die in der Blumenhandlung Otto Eichstädt, Kurprinzstraße 10, in Stellung ist. Sie bekundet, daß der Fliederstrauß bestimmt in ihrem Laden gekauft worden sei; an be sonderen Kennzeichen hat sie den Strauß wieder erkannt. Der Strauß wurde am 23. März, abends gegen 7 Uhr, gekauft von einem mittelgroßen Manne mit schwarzem Schnurrbart, der sehr schmutzige Schuhe anhatte. Engst wird der Zeugin gegenüber gestellt. Sie erklärt, daß Engst der Käufer aus keinen Fall gewesen sei. — Fräulein Eichstädt hckl den Fliedcrstrauß auch wiedererkannt. Der Käufer war ein Mann von 26—28 Jahren, der eine Mappe unter dem Arm trug. Auch diese Zeugin sagt, daß Engst der Käufer nicht gewesen sei. Aus der Aussage der Mutter des Engst ist zu entnehmen, daß ihr Sohn Alfred in der letzten Zeit etwa» leichtsinnig gewesen und öfters recht spat nach Hause gekommen sei. Am Gründonnerstag, am 24. März, früh, sei ihr Sohn in seinem Bette gewesen; sie sei gegen 6 Uhr in seine Kammer gegangen, damit er ihr Kostgeld aushändige. Er habe aber gesagt, er habe kein Geld. Er versprach, ihr am Mittag Geld mitzubringen, und blieb im Bett liegen. Um Ä7 Uhr ist Frau Engst auf Arbeit ge gangen; ihr Sohn war da noch zu Hause. Wenn er die Wohnung verlassen hat, kann die Zeugin nicht an geben. Die Zeugin hält es für unmöglich, daß ihr Sohn an dem Morgen um 7 Uhr in der Livrastraße ge wesen sein soll. Frau Engst bestreitet, daß sie der Frau Seyfferth erzählt babe, ihr Alfred sei mehrere Tage hintereinander nicht nach Hause gekommen, sie habe nur gesagt, als sie bei der Frau Seyfferth eine Wohnung mietete, wenn der Alfred nicht ordentlich werde, dann wolle sie ihn nicht mitnehmen. Dieses öftere Ausbleiben über Nacht und ihre Unterhaltung mit Frau Seyfferth habe aber vor dem 23. März ftatt- ärlMtzcn,HiL. Verkäuferin Fräulein Krelßig bestätigt, daß Frau Engst am Mittag des 24. März auf der Straße vergeblich auf ihren Sohn gewartet habe. Frau Engst sei ordentlich und glaubwürdig. — Die Zeugin Pietzschke hat die Aufwartung im dem Schmidtschen Restaurant gehabt. Dis Zeugrn rst wie fast reden Tag so auch an: Gründonnerstag früh in dem Schmidtschen Lokale gewesen. S.e hat e'nmal einen Mann in der Küche gesehen, der sich die Hände gewaschen hat. Da der Mann ihr den Rücken zukehrte, so hat sie nicht erkennen können, wer der Mann war, sie kann auch nicht genau angeben, wann es gewesen ist; sic leide an Gedächtnis,chwäche, seitdem ,ce von eincm Radfahrer überfahren worden sei. — Frau Schmidt, die Ehefrau des Angeklagten Schmidt, weiß, daß sich einmal einer in ihrer Küche gewaschen hat; das sei Engst gewesen. Es könne vor Ostern ge. wesen lein, den Namen de» Mannes habe sie damals nicht gekannt. — Der Kellner Becker ist häufiger Gast bei Schmidt. Er hat sich dort auch am Spiel be teiligt, die Einsätze seien nicht hoch gewesen. Becker ist am 23. März abends gegen ^11 Uhr in Schmidt» Restaurant gekommen, Engst war auch dort; ob Engst weggegangen und wiedergekommen ist, weiß Becker nicht; von eincm Fliederstrauße hat er nichts gesehen. Gegen 1 Uhr morgens ist Engst mit dem Zeugen und dsn andern Gästen fortgegangem ein Paket hat Becker nicht bei ihm gesehen. Um 7 Uhr ist Becker mit Trebs wieder zu Schmidt gegangen, sie sind dort bis zwischen 10 und 11 Uhr geblieben, Becker ist eingeschlafen, und nachher hat Trebs ihm erzählt, Engst sei auch da- qewessn; sonst hat Trebs nichts erwähnt, auch nichts non einem Fliederstrauße gesagt. — Staatsanwalt Dr. Kunze hält diesem Zeugen vor, daß er früher bei seinen Vernehmungen nichts davon gesagt habe, daß Engst nochmals am Morgen im Schmidtschen Lokale gewesen sei; damit sei er jetzt erst in der Ver handlung gekommen. — Der Kellner Postel hat keinen Fliederstrauß bei Engst gesehen. Don einem Gespräche über diesen Strauß habe er auch nichts ge hört. Wenn eia Gast einen Fliederstraub gehabt hätte, dann wäre das in dem Lokale unbedingt aus gefallen. Engst wurde von anderen Gästen zum Kartenspiel eingeladen, er hatte aber kein Geld und konnte nicht mitspielen. Als man ihn hänselte, ließ er sich einen Briefbogen und ein Kuvert geben und schrieb einen Brief. Es solle gar nicht lange dauern, und er werde mindestens 75 in der Tasche haben. Mit den, Briefe ist Engst fortgegangen, aber nach einiger Zeit wiedergekommen. De, Zeuge Engst sagt aus, daß er mit der Mordafsäre nicht das geringste zu tun habe. Er kenne weder den Täter, noch habe er mit ihm in Verbindung gestanden. Engst gibt zu, daß er ost in den Morgenstunden erst, bin und wieder auch gar nicht nach Hause gegangen sei. Er sei dann aus der Kneipe gleich zur Arbeit ge gangen. Bei Schmidt hab« er sich häufig an Glücks spielen beteiligt, e» sei aber nicht um hohe Einsätze gespielt worden. Am 23. März sei er gegen 8 Uhr abends in da, Schmidtsch« Restaurant gekommen, er habe weder ein Paket noch einen Fliedcrstrauß bei sich gehabt und sei auch in keinem Blumengeschäfte gewesen. Dem Wirte habe er 50 Pf. zum Aufheben gegeben, damit er, fall» er seine Barschaft verliere, noch etwa» zum verzehren hab«. Da sich kein« Spiel- gesellschast fand, ist Engst in den „Brüsseler Hof ge gangen. wo er in kurzer Zeit den Rest seiner Bar schast, 2,75 ^t, verspielt habe. Nm 'chlO Uhr ist Engst wieder zu Schmidt gekommen, er hat jetzt gar nicht» mehr bet sich gehabt, er ließ sich seinen „Fünfziger" wiedergeben, dazu Schreibmaterial und schrieb den Erpresserbrief an den Gastwirt Reutter, den er durch seinen Freund Sievert an den Adressaten besorgen ließ, während er selbst zum „Brüsseler Hof" zurück kehrte und dort seinen „Fünfziger" und noch Vie Hälfte einer Mark verspielte, die er sich von Sievert geborgt hatte. Reutter hatte Engst durch Sievert sagen lassen, er solle selbst kommen. Sievert hat sich LelpN-rr Tageblatt. Nr. iss. 104. Jatzroaan. dann auf den Heimweg gemacht, Engst hat seine Schritte wieder zu Schmidt gelenkt wo er bis in die 4. Morgenstunde hinein geblieben ist und gespielt hat. Dann ist Engst nach Hause gegangen and hat sich schlafen gelegt. Die weiteren Vorgänge schildert Engst dann so, wie seine Mutter sie schon dargestellt hat. Da er kein Geld hatte, mußte er in da» Geschäft laufen. Er hat den direktesten Weg eingeschlagen und ist gar nicht in die Nahe der Liviastraße gekommen Erst gegen Mittag hat er in die Christianstraße zu einem Kund.-n eine Lieferung Wein gebracht. Es sei ausgeschlossen, daß er am frühen Moroen bei Schmidt gewesen sei und sich die Hände gewaschen habe; er er innere sich nicht, daß er sich überhaupt einmal in der Schmidtschen Küche gesäubert habe. Da» Landgericht verurteilte den Angeklagten Schmidt wegen Duldung verbotenen Glückspiels zu 40 Mark Geldstrafe. Der Anklagepunkt wegen Freiheitsberaubung mußte abgetrennt wer- den, weil sich das Gericht für unzuständig erklärte und die Sache dem Schwurgericht überwies. Die OlSzlerstrsgöüle von llUensteln. (Fortsetzung.) sst. Nllenstein, 20. Juni. Die Angeklagte Frau v. Schönebeck Weber ist, wie bereits gemeldet, heute vormittag in ihrer Wohnung im „Hotel Kronprinz" in der Zeppelinstrnhe von einem heftigen Schreikrampf befallen worden. Es wurde sofort der im Hotel wohnende Ge richtsarzt Dr. Strauch (Berlin) hinzugezogen. Justizrat Sello telephonierte alsdann nach dem zu ständigen Kreisarzt Medizinalrat Dr. Eberhard (Allenstein). Auch Medizinalrat Prof. Dr. Puppe wurde gerufen. Die Angeklagte wurde von den drei Aerzten untersucht; die Untersuchung endete mit der Feststellung, daß Frau v. Schönebeck-Weber nicht verhandlunasfähia sei. Als um 10A Uhr die Sitzung eröffnet werden sollte, fehlte die An geklagte. Vors. Landaerichtsdirektor Geh. Justizrat Broese: Ich kann die Sitzung nicht eröffnen, denn es fehlt dis Angeklagte. Es wird mir soeben mit geteilt. daß sie heute morgen einen Anfall erlitten hat, und zwar einen schwereren, als sie bisher gehabt hat. Wie mir der Herr Medizinalrat Eberhard, der zuständige Kreisarzt, mitteilt, hält er es für aus geschlossen, daß die Angeklagte vor Ablauf von drei Stunden verhandlungsfähig sein könne. Herr Pro fessor Puppe und Herr Dr. Strauch sind ja bei dem Anfall auch dabei gewesen. — Medizinalrat Pupp e. Herr Justizrat Sello hat mich benachrichtigt, daß die Angeklagte einen Anfall erlitten hat. Ich bin bei ihr gewesen und bin auch der Ansicht, daß ein recht schwerer Krampfanfall vorliegt, weil sich die Frau Weber dabei auch verletzt hat. — Gerichtsarzt Dr. Strauch: Ich glaube, es bandelt sich um einen epileptisch-hysterischen Anfall. Eine Simulation liegt nicht vor. — Mevizinalrat Dr. Puppe meint, man könne vielleicht versuchen, die Verhandlung um 1 Ubr beginnen zu lassen, besser sei es aber, man setzt die Cache für heute ganz aus. — Verteidiger Rechtsanw. Bahn: Ich war eben be' Frau Weber. Sic ist noch außerordentlich matt, wünscht aber, daß unter allen Umständen heute verhandelt werde. Sie will die Sache zu Ende haben. — Medizinalrat Pupp «: Wir können ja den Versuch machen und eventuell, wenn es nicht geht die Verhandlung abbrcchen. — Bert. N.-A. Bahn: Die Angeklagte war sehr aufgeregt, als ich ihr sagte, es könne wohl heute nicht verhandelt werden. Ich bitte den Versuch zu machen. — Bors.: Dge können wir tun.. Jch hemerke noch, es ist geradezu schrecklich, wie man in diesem Prozeß belästigt wird. Die Leute beschäftigten sich mit allem möglichen, be schimpfen einen, ja man spielt sogar beschimpfende Karten in die Hände meiner Fra«. Das ist geradezu entsetzlich. — R.-A. Bahn: Auch uns Verteidigern geht es so. — Justizrat Sello: Ich werfe jede anonyme Karte und jeden anonymen Brief, ohne ihn gelesen zu haben, fort. — Vorst: Mir ist es ja gleichgültig, was die Leute schreiben, daß man aber auch noch andere Personen mit hineinzieht, ist bedauerlich. — Der Vorsitzende be raumt darauf die nächste Sitzung auf heute mittag 1 Uhr an. Um '/^ Uhr eröffnet der Vorsitzende mit dem Aufruf der Zeugen die Verhandlung. R.-A. Bahn bittet den Apotheker Deus zu laden, der Vorsitzende ist damit einverstanden. Als nächster Leumunds zeuge über Herrn v. Eoeben erscheint Hauptmann v. Ehlern (Hannover). Vorst: Herr Hauptmann, Sie kannten Herrn v. Goeben seit langem. Zeuge: Ja, er war mein bester Freund. Wir lernten uns kennen bei unserem gemeinsamen Aufenthalt auf der Kriegsschule in Neiße vor 20 Jahren. Die Freude am Wafsensport hatte uns als junge Fähn riche zusammengeführt. Goeben stand damals bei den 3. Jagern. Er erzählte mir, daß eine Schwäche in der linken Seite ihn zwinge, sich eine andere Waffe zu wählen. Ich sagte ibm, er solle sich bei meinem Regiment melden. So sind wir zusammen nach bestandenem Offiziersexamen nach Hannover gekommen, wo wir die Leutnantszeit durchgemncht haben. Wir haben alle die Dummheiten gemacht, die man als Leutnant zu machen pflegt. — Bors.: Hat er auch alle Dumm heiten mitgemacht? — Zeuge: Nein, besonders in einem Punkte war er nicht zu haben, in dem was Weib heißt. Er hörte sich wohl an. was wir darüber sprachen und amüsierte sich darüber, war aber für seine Person durchaus zurückhaltend. — Vors.: Er soll mehr dem Waffen- und Reitsport zugetan ge wesen sein, er soll gehungert haben, um sich Pferde halten zu können? Zeuge: Ja, das ist richtig. — Vorst: Wie stand er mit dem Regiment? Zeuge: Gut. — Vors.: Wie stand er sich mit den Kameraden? — Jeuge: Man hielt ihn für außerordentlich ritter lich. Vor allem imponierte uns da? Gefühl der absoluten Todesverachtung und sein Bestreben, für Menschen einzutreten, die irgendwie Hilfe nötig hatten. — Vors.: Er soll vielen mit Rat und Tat geholfen haben? — Zeuge: Ja. Seine dienstlichen und menschlichen Lharattereigensckaften waren ganz vorzüglich. Nur in Sachen, die ihm nickt paßten, konnte er sich nicht hineinstnden. — Vorst: Und wie stand er mit den Leuten. — Zeuge: Gut. — Vorst: Auch mit den alten Mannschaften und Unteroffizieren? — Zeuge: Za. — Vors.: Wüßten Sie bestimmte Fälle, wo er Kameraden aushalf? — Zeuge: Er hat vor 15 oder 16 Jahren ein Duell für einen Kameraden ausgefochten oder etwas ähnliches. — Vors.: Haben Sie mit Herrn v. Eoeben darüber gesprochen? — Zeuge: Ja, ich war in jener Zeit in Wolfenbüttel, aber Gerüchte drangen auch bis zu un». Ich erinnere mich dunkel als ob Herr v. Eoeben gesagt hätte, es sei zu einem Duell gekommen und beim ersten Schuß habe fick Herr v. B. Überschlagen wie ein Hase. Herr v. Gäben war aber zurückhaltend in den Einzel heiten und es war nicht meine Art, in ihm zu dringen. — Vors.: Herr v. Gaben sagte aber bei seiner Ver nehmung, von einem Duell könne keine Red« sein, er habe damals kein Duell gehabt, nur eine Auseinandersetzung. — Justizrat Sello: Was uns interessiert, ist nur, daß Herr v. Eoeben seine intimsten Freunde belogen hat. — Zeuge: Der Ansicht bin ich nicht. Die Ver mutung. daß er damals ein solches Duell gehabt hat, halte ich aufrecht. — Justizrat Sello: Dann hat er bei der Vernehmung gelogen —Der Zeug« bekundet weiter, daß «r neun Jahre mit Serro n. Goeben zu ¬ sammen war. — Vors.: Wann ist Herr v. Goeben nach Afrika gegangen? — Zeuae: Ich glaube im Februar 1899. Er hatte zwar seinen Atqchied noch nickt, er ging aber vorher. — Bors.: Wie war Herr v. Goeben. als er wieder zurückkam? — Zeuae: Körperlich war er sehr herunter, aber er hatte seine alte Tatkraft wieder. Kurz vor seiner Wiedereinstellung in di« Armee hielt er im Regiment einen Vortrag, der dann später im Militärwochenblatt gedruckt und an den Deneralstab geschickt wurde. Deshalb ist er wohlauchindenGeneral stab gekommen. Nachher sahen wir uns nur wenig.— Erster Staatsanwalt: Hat Herr v. Goeben mit Herrn v. Lohberg zusammen gefochten? — Zeuge: Ja. ich glaube kurze Zeit. — Erster Staatsan walt: Wie haben die beiden mit einander ge standen? — Zeuge: Herr v. Goeben sprach manch mal mit Sarkasmus Uber Herrn v. Lohberg, ich glaube, sehr gut haben sie nicht gestanden. — Justiz rat Sello: Wann war der Vorfall in Hannover zwischen Ihnen beiden? — Zeuge: 97 oder 98. — Justizrat Sello: Er sagte: Wir müssen die Sache mit der Waffe unter uns zum Austrag bringen? — Zeuge: Ja. — J.-R. Sello: Was haben Sie sich dabei gedacht? — Zeuge: Daß das Duell Zwischen uns im Zimmer sofort ausgesuchten werden sollte. Als ich von dem Mord hörte, hatte ich sofort die Em pfindung: Natürlich handelt es sich wieder um die unglückselige Idee des Duells ohne Zeugen. In dieser Ansicht wurde ich bestärkt, als ich von unserem gemeinschaftlichen Freunde Ebhardt hörte, daß sich Gäben von ihm habe eine Pistole schicken lassen. Für mich war die Sache absolut klar. Ich habe ihm gleich telegraphiert, dah ich mich ihm zur Verfügung itelle, eventuell als militärischer Verteidiger, weil ich das Gefühl hatte, er hat zweifellos ein Duell ohne Zeugen gewollt. In dieser Aifficht bin ich weiter bestärkt worden durch einen Brief Goebens vom 19. Januar 1908, worin er schrieb, daß er sich in keiner Weise von der schweren Schuld freimachen wolle, aber immer wieder betont, wir möchten eines nicht denken: Einen Meuchelmord zu begehen, sei nicht seine Absicht gewesen. — Vorst: Wenn ein solches zeugenloses Duell bekannt wurde, wäre da nicht der Ehrenrat eingeschritten? — Zeuae: Selbstverständlich. Ein Duell muh doch angemeldet sein, auch wenn es ohne Zeugen vor sich geht, sonst werden die Betreffenden stets mit Verabschiedung bestraft. — Vorst: Wie stellt sich das Offizierkorps zu einem zeuaenlosen Duell? — Zeuge: Daß es überhaupt kein Duell ist.— Vors.: Haben Sie überhaupt schon von einem zeuaenlosen Duell gehört? — Zeuge: Nein. — Vors.: Wie kam Herr v. Goeben zu der verrückten Idee? — Zeuge: Das weiß ich nicht. Ich erkläre es mir so, er legte auf sein Leben nur wenig Wert, und da glaubte er wohl, auch bei anderen spiele das Leben nur eine geringe Rolle. Er haßte jedes Formenwesen und jeden Formelkram. (Forts, folgt.) * Dresden, 20. Juni. (Telegramm.) Der Prozeß gegen den Verwalter der Platen- ftiftung, den Techniker Karl Alfred Krumbiegel, der sich wegen Untreue und Unterschlagung vor der dritten Strafkammer des hiesigen Landgerichts zu verantworten hatte, endete heute mit der Verurteilung des Angeklagten, des vormaligen Heizungsinspektors des Königlichen Hoftheaters Krumbiegel, wegen Un treue in zwölf Fällen und Unterschlagung in zwei Fällen zu drei Jahren Gefängnis und fünf Jahren Ehrenrechtsverlust. Es werden sechs Monate auf die Untersuchungshaft angerechnet. 17. Delegierten-Versammlung ües verlisnües Deutscher Journalisten- unü SchrMsteUervereine. (:) Würzburg, 19. Juni. Seit gestern tagen die Vertreter des Verbandes der deutschen Journalitten- und Schriftstelleroereine in der (chönen Mainstadt Würzburg, die aus diesem Anlasse herrlichen Fahnen schmuck angelegt hat. Gegen 120 Männer und Frauen der Feder sind hier eingetroffen, um die Interessen ihres Standes zu vertreten. Das Festlokal befindet sich im Hotel „Russischer Hof", in dem auch die Hauptversammlung der Pensions anstalt deutscher Journalisten und Schriftsteller stattfand. Vertreten waren 18 Ortsoerbände, darun- ter aus Sachsen Dresden, Leipzig und Chemnitz. Den Vorsitz führte Direktor Wentzel, Berlin. Re dakteur Prager- München gab Erläuterungen zum Geschäftsbericht und streifte hierbei besonders die bevorstehende staatliche Pensionsversicherung der Privatangestellten. Die Pensionsanstalt zählt gegen wärtig rund 900 Mitglieder und besitzt ein Vermögen von rund 1 800 000 Dem Gesamtvorstand und dem Aufsichtsrate wurde Entlastung erteilt und dem Ob mann Prager-München und Bureaudirektor Schaum- burq-München, der besondere Dank der Versammlung zum Ausdruck gebracht. Das Verwaltunasbudget für 1911 wurde genehmigt und der Zuschuß auf 80 festgesetzt. Die Hauptversammlung trug ein feier liches Gepräge durch die Anwesenheit der Vertreter der Behörden. Nach einem einleitenden Gesänge eines Männerquartetts eröffnete Prager- München den Delegicrtentag im Auftrage des Vorortes Mün chen. Im Auftrage des Regierungspräsidenten Dr. v. Müller begrüßte Negierungsdrrektor Körte - WUrzbura die Versammlung. Er hob hervor, daß die bayrische Staatsregierung den Bestrebungen des Verbandes infolge der Bedeutung der Journalistik und des Schrifttums das regste Interesse entgegen bringe. Die Journalisten und Schriftsteller seien be rufen zur Wahrung der idealsten Güter des Volkes und die Moral und Ethik eines Volkes spiegeln sich am deutlichsten in seinem Schrifttum. Das deutsche Schrifttum habe aber bis jetzt noch niemals versagt, wenn es galt, für die höchsten Güter unseres Volkes einzutreten. Dann begrüßte Oberbürgermeister Hof rat v. Michel-Würzburg die Versammlung im Namen der Stadt, worauf Professor Dr. Jolly die Grüße der Würzburger Universität überbrachte. Auf ihr seien schon hervorragende Kräfte für die Presse ausgebildet worden. Dann referierte Thefredakteur Marx-Berltn über den Bericht der Zehner-Kom- Mission für die Reorganisation de« «er- Landes. Zu diesem Punkte und dem hierzu vor- liegenden Satzunasentwurfe eines „Verbandes der deutschen periodischen Presse" entspann sich eine leb hafte, teilweise erregte Debatte. Die Verband- lungen wurden in den Nackmittagsstunden auf Mon tag vormittag vertagt. Abends fand ein Festmahl im „Russischen Hof" statt. Spart. Pferdesport. Rennen zu Berlin-Strausberg am 20. Juni. (Privatt.) Bogelsdorfer Flachrennen. Garantierte Preise 2000 Lehrlingsreiten. Dist. 1600 w. Hrn. C Behrends br. St. .^Salve" (unverkfl.), 3j..53'/,kg (Erdmann), 1., Hrn. A. Wagner« br. St. „Wiederum" (unverkfl.), 3j SS'/, Ke (Jentsch), L, Hrn. I. Beut- ler» br. St. „Freude" (1500 ^4), 3j„ 48ff, ke (Teich. 1 Schwerer Unfall auf der Rennbahn. Leutnant Treviranus vom 26. Artillerieregiment kam am Montag bet den Rennen in Strausberg mit „Anchovis" zu Fall und zog sich eine Knieverletzung zu. Trotzdem bestritt er mit „Muse" das Johannis- Jagdrennen, wobei er abermals zu Fall kam und besinnungslos in das Strausberger Sanatorium geschafft werden mußte, wo eine schwere Gehirn erschütterung und innere Verletzungen fest gestellt worden sind. 2 Die Kaiserin in Hamburg-Horn. Mit glänzen dem äußerem Gepräge wurde am Sonntag das Derbymeeting auf dem Horner Moor eingeleitet, wenn auch das Fehlen des Kaisers lebhaft bedauert wurde. Sportlich brachte der Tag .^Orient" eine Rehabilitierung von seinem Versagen im Wiener Derby, da der Graditzer den Großen Hansa-Preis sehr leicht gegen „Fervor", „Star" und vier wettere Gegner gewann. Eine Glanzleistung vollbrachte Lt. Braune, der trotz eines vor acht Tagen erlittenen Schlüsselbetnbruches „Peru" im Kaiserin - Auguste- Viktoria-Jagdrennen zum Stege steuerte. — Üeber den Verlauf de« Tage« wird noch folgendes berichtet: Bei schönem, warmem, nur etwa« windigem Wetter gingen die Rennen am Sonntag vor sich. Der Besuch war großartig. Nach dem Eröffnung«rennen traf der Kronprinz ein und beaab sich in die festlich ge schmückte Kaiferloae. vor oem Großen Hansa-Preis erfolgt« die Auffahrt der Kaiserin, die mit der Prin zessin Viktoria Luise vom Publikum lebhaft begrüßt da» Geläuf entlang kam und vor den Tribünen vorfuhr, wo sie von Mitgliedern des Senats und de» Vorstandes de« Hamburger Renn klub« mit ihren Damen empfangen wuroe. Dann nahm das Rennen um den Großen Hansa-Preis seinen Anfang. Di« Graditzerin „Lockung führte zunächst vor „Osser". 2m Tribünenbogen ging „Orient" auf den zweiten Platz hinter die mit etwa 6 Längen führende „Lockung". Dritter war »Osser" vor „Blaustrumpf", „Herrenmelfter", „Fervor" und „Star". Gegenüber den Tribünen nahm „Star" den drittletzten Platz ein vor^Fervor" und .Lerrenmeifter'. In der vorletzten Seite waren „Blaustrumpf" und „Osser" geschlagen, dagegen näherte sich .^Orient", gefolgt von ,.«tar" und „Fervor", der führenden „Lockung'. In der Geraden ging Orient" an die Spitze und gewann verhalten mit fünfviertel Längen gegen „Fervor", der vergeblich« An- , strengungen machte, an „Orient" heranzukommen. mann), 3. Tot.: Stea 81: IC Platz 14 14, 16:10. Ferner liefen: „Faule Grete", „Assalide , „Schlei , „Naufikaa", „WiiLrose". 2unipr«i«. Garantiert 2000 Jagdrennen. Dist. 3000 m. ^rn. M. Fel«' F^-H. , Gregorin," (2000 ^l), 6j., 75 kg (Sandmann), 1., Hrn. A. Briese« F.-W. „Tscamillo" (1000 ^), 5j 69'/, Lu (v. Rosack), 2., Major v. Wuthenaus schwbr. W. „Tealeaze" (2000. r). 4j., 69 kg (Winkler), 3. Tot.: Sieg 20 : 10, Platz 14, 17, 35:10. Ferner liefen: „Irmina", „Tattenbach", „Mary", „Bonafide", „Elfred", „Symphony", „Dorn- röschen. Preis von Wilkendorf. Ehrenpreis dem siegenden Reiter und garantiert 1/00 Jagd rennen. Herrenreiten. Hist. 4000 m. Rittm. v. Zitze- witz' br. St. ^Sally Gamp", 5i., 75 kg: (v. Zitze witz), 1., Hrn. W. Dodels F.-W. „Regain'^ 6j„ 80 kg; (v. Westernhagen), L, Lt. Giebelers br. St. harm los", 4j» 75 kg (Lt. Grs. Groeben), 3. Tot. : Stea 81:10, Platz 27, 13:10. Ferner liefen: „Vorwärt« 11 , „Anchovy", „Cousin Bob. Preis vom Pilz. Ehrenprei« dem Besitzer de« Siegers und garantiert 2500 .« Jagdrennen. Handi kap. Dist. -MOO m. Gestüt Brandwerders F.-St. „X. P", 4j., 57 kg (L. Printen), 1„ Lt. Frhrn. Marschalls schwbr. St. „Foward II", a., 61'/, kg (Märtens), 2., Dr. Voigts br. St. „Galicia", 5j., 60 kg (Th. Bastian). 3. Tot.: Sieg 65:10. Platz 19, 39, 51:10. Ferner liefen: „Eccinaton", „Blitzmädel", „Sagesse", „Lady Whisper", „Fetlar's Fortune", „Hubert", ,Mac Garvy", „Homanton", „Rothtraut", „Imker", „Beaulieu". Johanni-Jagdrennen. Ehrenpreis dem siegen den Reiter und garantiert 2000 Herrenreiten. Dist. 3500 m. Hrn. W. v. Kalckreuths F.-W. „Alpha" (2500 .«). 4j„ 67 kg (v. Westernhagen), 1., Aptm. Kurths F.-W. „Boabdil" (2500 .«), 4j., 67 kg (Lt. Graf Schmertow), 2., Gestüt Brandwerders F.-W. „Stern" (500 ^l), a., 70 kg (Dr. Riese), 3. Tot.: Sieg 36:10, Platz 13, 14, 14:10. Ferner liefen: „Tvostone", „Crispette H", „Muse", .Lutz". Waldschlößchen-Hürdenrennen. Garantierte Preise 2000 X Lehrlingsreiten. Dist. 2600 m. Hrn. W. Derhams dbr. H. „Grousebox" 4j., 66 kg (Wurst), 1., Hrn. W. Linoenstaedts br. M. „Suhogo", 6j.. 70'/, kg (Jentsch), 2., Hrn. 2. H. Scheffer« F.-W. „Redleap", 6j., 68 kg (Leih), 3. Tot.: Sieg 25:10, Platz 15, 26:10. Ferner liefen: „Ritterschlag", „Wiesentheid", „Chic". Rennen zu Saint-Cloud am 2V. Juni. (Privattel.) Prix de Ruisseau 2000 Fr. Verkaufsrennen. Dist. 2500 m. Comte de Trotzters „North Pole", a., 60 kg (Mac Jntyre) 1., Mons. O. Smet» „Mikra", 3j., 49'/, k» (Sharpe) 2., Lord Buchans „Souletin II", 4j.. 58 kg (T. Halsen) 8. Tot.: Sieg 179:10, Platz 75, 21:10. Ferner liefen: „VolontS III.", „Stromtid , „Docteur Daniel", Antonio Hl." Prix de Glochette« 4000 Fr. Für Dreijährige. Dist. 2000 m. Mons. 2. de Bremonds .^Valmont", 59 kg (Milton Henry) 1., Mons. T. Ballis „Rire aux Lärmes", 58 kg (Th. Child«) 2., Mons. W. K. Danderbilts „Clattrrfoot", 56'/, kg (O'Neil) 3. Tot.: Sieg 35:10, Platz 12, 12, 14: IC Ferner liefen: „Safran III", „Exigence", .Ltala", „Notable", ,L)rsanco". Prix des Vaux-d'Or 10000 Fr., 500 Fr. dem Züchter. Dist. 2000 w. Mons. M. K. Danderbilts „Ramefseum", 3j., 47 Kg (Bona) 1„ Mons. I. de Bremont» „Sablonnet", 3j.» 51 kg (Jennings) 2., Mons. G. Pin^ons „Grelot II", 6j., 54 kg (G. Bar tholomew) 3. Tot.: Sieg 19:10, Platz: 12, 13:10. Ferner liefen: „Roselet", „Alexis", „Tani Tomba". Prix des Frene« 2000 Fr. Verkaufs-Rennen. Dist. 900 m. Morrs. W. Hursts ,L an n es", 3j., 50 kg (G. Tlout), 1., Mons. A. Coblentz' „Flying Deoil, 3j., 53 kg (O'Neil), 2., Mons. W. Flatmans „Mos- kown", 3j.» 48'/, kg (Curry). 3. Tot.: Sieg 127 :10, Platz 26, 16,17:10. Ferner liefen: „Agamemnon", „Cappa" (stehengebl.), ,La Porte II", „Ozor Hapi", „Green Lodge", „Fondant", „Darguintiarra", „Pa tz owa". Prix de l'Observatoire 6000 Fr. Handikap. Dist. 1600m. Mons. 2. Lieux' „Vincent", a., 58kg (OMeil), 1., Mons. H. de Mumms „King Henry", 4j., 48'/, kg (Lassus), 2., Mons. F. Charrons „Arna- lkcite", a., 57'/, k« (M.Barat), 3. Tot.: Sieg 50:10, Platz 29, 62, 21:10. Ferner liefen: „E«potr VI", „Tonsolatton", „Pandor« , „2acy",-LaThananSenne", „Harpiste", „Lemon Squash", „Cerba, „Hunter", „Canttne". Prix des Geraniums 5000 Fr. Dist. 1500 m. Monf. F. Charrons ,/lalo Btriotl" 4j., 58 Kg (M. Barat), 1., Mons. A. Salomons „Kurwenal", 5j., 54 kg (Mac Jntyre), 2., Mons. M. Calmanns „Thüste", 3j., 51 kg (Curry), 3. Tot.: Steg 46: 10, Platz 16, 21, 20:10. Ferner liefen: „D^gourdie", „Danceny", „Astre Royal", „Valmore", „EhadamLs", „Le Hela", „Loliurn".
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