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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.06.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100621018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910062101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910062101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-06
- Tag 1910-06-21
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Monat
1910-06
-
Jahr
1910
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halte«, weist er, ebenso an« religiösen, wie aus nationalen Beweggründen, die trotz aller nachträg lichen Lbschwächungsversuche und nicht befriedigenden Erklärungen verleumderisch wirkenden Beschuldigun gen, die ganz offensichtlich gegen die Reformation und di« evangelische Kirche, sowie gegen die deutschen Völker und Fürsten und das gesamte deutsche Kultur leben in jener Schmähschrift erhoben werden, aus das entschiedenste zurück." * * Der Kaiser reist, den letzten Dispositionen zu folge, am Mittwoch, den 22., im Sonderzug nach Altona, um sich an Bord der ,,Hohenzollern" zu begeben, die an den Eankt-Pauli-Landungsdrücken bereitliegt. Demnach hat er die Teilnahme an der Wettfahrt des Norddeutschen Regatta-Vereins auf der Unterelbe am Dienstag aufgegeben. * Mit der Enthüllung des Denkmals für König Ludwig II. zahlte die bayrische Hauptstadt am Sonn tag, 24 Jahre nach dem Tuge, an dem die irdische Hülle des Monarcken in der Michaeliskirchc beigejetzt wurde, eine alte Ehrenschuld. Prächtiges Wetter be giinstiate den Festakt, zu dem eine große Zahl Münchner und auswärtiger Vereine mit ihren Fahnen gekcminen waren. Das neue Denkmal er hebt sich gegenüber dem künftigen Deutschen Museum auf einem Vorbau der zur Au binübersührenden Corncliusbriü.'e, also mitten in der rauschenden Isar. Ein im Jahre 1899 gegründeter Verein, der namhafte Zuschüsse empfing, hat mit einem Kostenaufwand von IM» OVO das Denkmal geschaffen. Zn seiner Ent ffüllung erschienen sämtliche Mitglieder des bayrischen Hofes, die Minister, das diplomatische Korps, der Erzbischof, die Stuakswiirdenlrägcr, die Vertreter der Stadt, namhafte Münchner Künstler und zahlreiche ge ladene Käste In offenem vierspännigen Ealawagen fuhr unter der Ehreneskorte Schwerer Reiter um il Uhr der Prinzregcut vor und schritt, gefolgt ron den Prinzen des königlichen Hauses, die präsen tierende Ehrenkompanie des Leibregiments ab. Nach dem der bayrische Sängerbund Beethovens „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre" vorgetragen hatte, gab der erste Vorstand des Denkmalvereins Haupt mann a. D. L oe eine kurze Geschichte de: Entstehung des Denkmals und feierte den König als Schirmherr» der Kunst und nationalen Fürsten. Nachdem der Prinzregcnt mit wenigen schlichten, aber herz lichen Worten für „den neuen Beweis der altbewähr ten Bayerntrrue" gedankt hatte, fi:l unter Kanonen donner und dem Geläute aller Glocken der Stadt die Hülle von dem Denkmal, das namens der Stadt Oberbürgermeister v. Borscht übernahm. Darauf besichtigten die Ehrengäste, voran der Regent, das Denkmal. Die Münchner und die auswärtigen Ver eine, unter ihnen die Lenggrieser Schützenkompanie in ihrer historischen Tracht, zahlreiche Trachtenvereine marschierten dann mit ihren Fahnen, über 900 an der Zahl, in langem Zuge vorüber und legten vor dem Standbilde Kränze nieder, die bald zu einem Berge sich häuften. * Japanischer Besuch in Berlin. Baron Oura, der japanische Minister für Handel und Landwirtschaft, besichtigte am Montag mit seinem Sekretär Sakai, dem Sekretär im Ministerium für auswärtige Ange legenheiten. Hokri. sowie dem Berliner japanischen Konsul Gustav Jakoby die Berliner Handels kammer. Die japanischen Gäste wurden von dem Präsidenten Geheimrat Herz und Generalkonsul Franz von Mendclsohn sowie Geheimrat Kokpekkn empfan gen und durch die gesamten Räume geführt. Von der Handelskammer begaben sich die Gäste unter Führung des Geheimrats Kokvetzky nach der Han- chLlshochschule, wo Präsident Kqmpj, iftrtz.,Ee- Wmrat Helft! die Anstalt zeigten. Dann wurde die Börse besichtigt. Für den erledigten Posten des Oberpröfibenten der Rheinprovinz dürfte m erster Linie der Regie rungspräsident in Aachen Dr. v. Sands in Betracht kommen. Der Oberbürgermeister von Köln, Wallraf, hat eine Meldung, wonach auch er in Frage komme, energisch dementiert. — Für den Posten in Bres lau werden jetzt auch Fürst Lichnowski und der Reaiernngsvräsident v. Schwerin in Oppeln, der Sohn des Vorsitzenden der Generalsynode und Mit glied des Herrenhauses Grafen Zieten-Schwerin, genannt. * Unser erste» „Dreadnoughts-Geschwader. Mit dem in nächster Zeit erfolgenden Stapellauf des Linienschiffes „Ersatz Frithjoff' auf der Schichauwerft in Danzig wird das erste deutsche „Dreadnought- Geschwader vollzählig. Im Jahre 1908 liefen „Nassau", „Westfalen", „Rheinland" und „Posen" vom Stapel, im Jahre 1909 „Helgoland", „Ostfriesland" und „Thüringen". In diesem Jahre wird „Ersatz Frithjof", das gutem Vernehmen nach den Namen „Oldenburg" erhalten soll, den Abschluß bilden. Die beiden anderen im vorigen Jahre vergebenen Linien- schisssbauten gehören bereits einem neuen, noch ver besserten Typ an und werden sich von den „Nassau"- Echiffen besonders dadurch unterscheiden, datz sie Turbinen statt der Kolbenmaschinen erhalten. Don den acht Linienschiffen der neuen Art, 18 900 Tonnen Grütze, wurden fertig: „Nassau" und „Westfalen" 1909 „Rheinland" und „Posen" 1910 Die anderen vier befinden sich im Ausbau. Sie werden vollendet sein: „Helgoland" und „Ostfriesland" 1910 „Thüringen" und „Oldenburg" 1912 Da der Bau dieser Schiffsklasie im Jahre 1906 be gann und frühestens im Jahre 1912 vollendet ist, er fordert die Fertigstellung einen Zeitraum von sechs Jahren. Von dem ganzen Geschwader, besten letztes Schiff jetzt vom Stapel läuft, tun erst zwei Schiffe aktiven Dienst, „Nassau" und „Westfalen", die übrigens bis jetzt alle Hoffnungen, die auf sie gesetzt wurden, in vollem Umfange erfüllten. „Rheinland" und „Posen" machen gegenwärtig noch Probefahrten, können aber im Herbst der Hochseeflotte cingereiht werden. In jedem der beiden folgenden Jahre treten dann zwei neue Schisse hinzu, so das; noch zwei Jobren das Geschwader vollzählig sein wird Im Hinblick aus die Tatsache, das; dre neuen 18 9W-Tonnen- Scknfie den Kaiser-Wilhelm-Kanal nicht benutzen können, solange der Erweiterungsbau nicht beendet ist. vielmehr ouf die Passage um Skagen und den Grotzen Belt angewiesen sind, wurden schon die ersten „Nassau" Schiffe dem in Wilhelmshaven statio nierten I. Gesctzwader de: Hochseeflotte zugeteil^. Dasselbe wird mit den anderen Schiffen dieser Klaffe geschehen. Erst wenn das Nordsee-Geschwader voll zählig ist,kann einer Verstärkung des Ostsee-Geschwaders näher getreten werden. » Zur Reichotagsersatzwahl in Frankfurt a. O- Lebus. Die Konservativen wollen in dem durch den Tod des nationalliberolen Abgeordneten Dette erledigten Reichsragswahllreise Frankfurt a. O.-Lebus wieder einmal eine Landratskanüi- datur aufstellen, und zwar ist der Landrat des Kreises Sclow, Kleiner, ausersehen worden. Die Verhandlungen zwischen den Nationallibe ralen und Freisinnigen, die erfreulicherweise Zusammengehen wollen, sind noch nicht ab geschlossen. * Der Bund Deutscher Militiiranwärter hält seinen diesjährige!- Bundestag vom 29. bis 25. Juni nn Lehrcrvereinshaus zu Berlin ab. Die durch die Satzungen vorgeschriebeue Sitzung de: Bundes- sterbekasse findet am 22. Juni abends statt. * Die 39. Abgesrdneten-Versammluntz des Ver bandes deutscher Architekten- und Ingenieur-Verein« E. B. tagt in diesem Jahre in Frankfurt a. M. vom 2. dis 4. September. Auf der Tagesordnung stehen auch in diesem Jahre viele die Öffentlichkeit interessierende Fragen, wie neuzeitliche Bauordnun gen, Architektenkammern, Gesetz über die Reichswert zuwachssteuer und dergl. In den Technikerkreisen er wartet man mit besonderem Interesse den Bericht des sogenannten Danziger Ausschusses. Dieter hat sich nnt der „Stellung der Architekten- und Ingenieure in den öffentlichen und privaten Verwaltungen" be schäftigt. Er ist erst unlängst wieder mit einer Denk schrift über die Rechts-, Staats- und Wirtschafts wissenschaften an den Technischen Hochschulen hervor getreten. In der Denkschrift, die der Verffandsvor- stand den llnterrichtsverwaltunqen sämtlicher Bun desstaaten eingereicht hat. wird nachgewiesen, datz den Architekten und Ingenieuren neben der fachlichen Aus bildung eine entsprechende Ergänzung ihre: Bildung den Gebieten der Rechts-, Staats- und Wirtschafts wissenschaften unbedingt not tut. An die Abgeordneten versammlung schliesst Sich vom 4. bis 7. September di; 19. Wanderoer;ammlllng des Verbandes an. Nach dem Programm werden künstlerisch und technisch in teressante Besichtigungen in der Stadt Frankfurt und ihrer näheren und weiteren Umgebung, wissenschaft liche Vorträge und festliche Veranstaltungen in reicher Abwechselung einander folgen. * Die Hilfeleistung bei Unglücksfiillen an? den südwcstusrikanischen Eisenbahnen ist nunmeyr einheit lich organisiert worden. Auf den Strecken Lüderitz- bncht—Keetmanshoop sowie Seeheim—Kalkfontein sind z. A. sämtl'.che Stationen mit Verbandskasten ausgerüstet, außerdem führen sämtliche Züge in den Packwagen solche Verbandskasten mit: das gesamte Station?- und Zugpersonal ist von Aerzten in der Anlegung von Notoerbänden unterrichtet worden. Auf der Otoni—Erootfontein-Dabn führt jeder Zug einen durch Nerzte ausgerüsteten Verbandskasten mit, ferner ist das Stations- und Zugpersonal mit der ersten Hilfeleistung bei Unalückssällen vertraut ge macht worden. Ans der Otävi-Eisenbahn sind eben falls sämtliche Stationen. Bahnmeistereien und jeder Zugführer mit Verbandskasten ausgerüstet, so datz da» Personal imstande ist, die erste Hilfe bei Unglücks fällen zu leisten. Auslanü. Snglsnü. ' Einaeboreneu-Aufruhr an der indisch«« Grenze. An der indischen Nordwestgrenze ist unter den Afridis ein Aufruhr ausgebrochen. Bei einem Vorpostengefecht bei Abazai wurden auf feiten der Engländer zwei Mann getötet. * Ernennung des Thronfolgers zum Prinzen von Wales. Wie der „Daily Telegr." mitteilt, wird der König seinem ältesten Sohn, dem Herzog Cornwall, an dessen 16. Geburtstag, der auf den nächsten Donnerstag fällt, die Titel Prinz von Wales und Graf von Ehester übertragen. /rsnkrelH. » Eine neue Niederlage des Generals Andre-. Dr. Chauveau (Linker Republikaner) ist im Departe ment Töte d'Or mit 552 Stimmen gegen General Andr§ (Sozialistischer Radikaler), der 450 Stim men erhielt, zum Senator gewählt worden. — Die abermalige Wahlniederlage des ehemaligen Kriegs ministers General AndrS ruft bei all-n Konservativen natürlich Befriedigung hervor. „Figaro" schreibt: General Andr^ wird vielleicht doch einsehen, das; er bei dem französischen Volke die Erinnerung an einen Krieg zuriickgelassen hat, der die französische Armee beinahe zugrunde gerichtet hätte. So etwas vergibt man in Frankreich nicht. Die Schlappe des Generals Andr^ ist auch eine Schlappe der Eombisten, die auf eine Gelegenheit lauern, um ihr Werk von neuem be ginnen zu können. Hoffentlich wird ihnen das nicht gelingen. * Die französisch-türkische Freundschaft. Auf einem Festmahl, das die französisch-türkische Liga und die türkische Handelskammer zu Ehren der hier weilenden türkischen Studienmission veranstaltete, hielt Pichon gestern eins Rede, in der er ausführte, der Besuch der Mission sei ein neuer Beweis für die hundert jährige Freundschaft Frankreichs und der Türker. Pichon gab seinem Vertrauen in die Zukunft der Türkei Ausdruck und sagte, Frankreich werde gern an der weiteren Entwickelung der Türker Mitarbeiten. Rutzlsnü. * Attentat auf den Ministergehilfen Dumitraschko. Auf den Ministergehilfen Dumitraschko, der zur zeit die sibirischen Bahnen revidiert, wurde ein Attentat verübt. Der Täter gab zwei Schüsse gegen das Fenster des Salonwagens ab, an dem Dumitraschko stand. Dumitraschko blieb unverletzt. Der Attentäter entkani. Türkei. * Zur Krctnfrage. In Beantwortung einer An frage über die Resultate seiner Europareise er klärte der Minister des Aeutzern Rifaat Pascha, die Besprechungen in London und Paris hätten er geben, datz die vier Kretaschutzmächte ihre Gesinnun gen bezüglich Kretas nicht geändert haben, besonders was die Wahrung der otto manischen Souveränität betreffe. Wir verlangten, fuhr der Minister fort, eine definitive Lösung; die Mächte erklärten, indem ne auf politische Erwägungen hin wiesen, datz die Zeit hierfür nicht gekommen sei. Darüber sind wir mit den Mächten uneinig. Wir setzen die Erörterungen fort und bestehen auf eine definitive Lösung. Der Minister glauoe, in ganz Europa eine Verstimmung gegen die Kreter be merkt zu haben. Die Pforte nehme eine feste Hal- tung ein, Geduld sei aber nötig. — Der gegen die griechischen Waren gerichtete Boykott wird in Konstantinopel eifrig betrieben und nimmt an Ausdehnung z u. Die ottomanische Gruppe der inter- parlamentarffchen Fricdensunion hat in Anwesenheit des Ministers des Auswärtigen über die Kretafrage beraten. Blättermeldungen zufolge wurde beschlossen, bei der interparlamentarischen Union eine friedliche Lösung der Kretafrage anzuregen. — Der „Tanin" verteidigt die deutsche und die österreichische Presse gegen die englischerseits erhobenen Anschuldi gungen rochen der Kretafrage. Die englische Presse solle sich erst mit der Haltung einiger englischer Blät ter, z. B. mit der „Westminsterqazette", befassen, ehe sie an der Presse anderer Nationen Kritik übe. — Die Haltung Frankreichs wird in allen Blättern mit großer Befriedigung beurteilt. Verewigte Staaten. * Kn« al» Gouverncurkandidat. Die pennsyl- vanischen Republikaner boten dem Staatssekretär Knox die Domination für den Gouverneur posten an. Taft ersuchte jedoch Knox dringend, im Kabinett zu bleiben. * Anleihe für Liberia. Eine Gruppe amerika nischer. englischer, französischer und deutscher Finanz leute steht in Unterhandlung über eine Anleihe für Liberia im Betrage von anderthalb Millionen Dollar. * Das Dorpehen gegen die Trusts. Die Regierung hat gegen die Great Lakes Tomina Co., welche angeblich das Schleppdampfer-Geschäft auf den großen Seen beherrscht, wegen Verletzung des Antitruslgesetzes ein gerichtliches Verfahren ein geleitet. Lamprecht über üie SNWkliks-Semesuns. Leipzig, 21. Juni. Zu einer äußerst eindrucksvollen Kundgebung für den konfessionellen Frieden gestaltete sich die von einem provisorischen Ausschuß der Studentenschaft einberufene Studentenversammlung, die in der Wandelhalle der Leipziger Universität am Mon tagabend stattfand. Weir über 2000 Studenten und Studentinnen, darunter wohl auch mancher ehemalige akademische Bürger, standen dichtgedrängt und auf merksam, als nach kurzen Begrüßungsworten des Vor sitzenden des provisorischen Studentenausschusses Geh. Hofrat Pros. Dr. Lamprecht etwa folgendes ausführte: Es sei etwas Großes um die Leidenschaft in poli tischen und in religiösen Dingen. Ihr solle volles Recht werden, aber sie müsse männlich und traftvoll sein. Die Zeit des politischen Handelns beginne erst nach den Studentenjahren: deshalb solle hier nichr protestiert werden. Es sei aber an der Zeit, zu fragen, was die außerordentliche Bewe gung u m d e r E nz y k l i k a w i l l e n h e r v o r - gerufen habe. Für den Historiker sei an dieser Enzyklika nichts Besonderes, denn die Päpste hatten immer über den Protestantismus geschimpft. Dieser habe die päpstlichen Ergüsse zu den verschiedenen Zeit altern verschiedenartig ausgenommen; aber diesmal sei der Effekt ganz besonders merkwür dig. Der Papst persönlich werde sich jedenfalls bei der Enzyklika nicht so sehr viel gedacht haben, aber die Erregung im deutschen Volke sei so stark ge worden, daß die prcuische Regierung ihren Gesandten am Vatikan zu etwas wie einer prötest - artigen Anfrage instruiert habe. Die Ant wort der Kurie sei jedenfalls etwas Unerwar- tetes, was zum Teil der Persönlichkeit des Reichs kanzlers zuzuschreiben sei, den der Papst ja als ernsten Mann kennen gelernt hab«. Die Hauptsache sei nun, worauf beruhe die ganze große Bewegung de« Volke» um dieser E-rzyklika willen. Nicht die politischen Verhältnisse im Reiche, nicht die schlechte Lage der Kurie (Frankreich, Spanien), sondern die zu nehmende allgemeine religiöse Schn, sucht sei der letzte Grund der Bewegung. Wir seien nicht kulturkämpferisch. Wir konnten nur Zusammen halten im Reiche, wenn wir wahre Toleranz übten. Wir müßten uns auf konfessionellem Gebiete rertragen: wir könnten es, wenn wir die spezi fisch deutschen Elemente des Christen tums heroorbcben würden. Die Gedanken der Toleranz habe der Kaiser stets vertreten, aus diesem Jdeenkreis heraus habe jetzt ouch König Friedrich August an den Papst geschrieben. Die universalgeschichtliche Bedeutung der Wettiner liege darin, daß sie sich bis zum heutigen Tage als Freund« der Toleranz gezeigt hätten. Unsere Zeit sei infolge ihrer religiösen Sehnsucht in religiösen Dingen ernster geworden, und deshalb könnten wir heute das Schimpf«!, des Papstes nicht vertragen. Wir dürften uns von dem großen religiösen Aufschwung, den wir erlebten, nicht äbschrecken lallen durch keine Gewalt. Viel sterbe jetzt zwar ab, aber Neues wachte. „Deshalb sehen Sie vorwärts auf das Große, das sich in unserer Zett anbahnt. Glauben Sie, daß es in der Welt nichts gibt, was größer ist als schöpferisch zu sein!" Es gebe eine Kritik des wahren Zornes, aber die sei wenigen verliehen. Die Jugend müsse vor allen Dingen für die Zukunft dieKräftedesSchöpfe- Ausstellung im Suulwerei«. Charles Tooby-München gehört zu den be kanntesten Tiermalern unserer Zeit. Im allge meinen geht ja die Strömung unserer Kunst nicht dahin, Spezialisten in einem bestimmten Fach zu züchten, so wie es etwa im 17. Jahrhundert in den Niederlanden der Fall gewesen war, doch haben mir speziell einige treffliche Maler, dis ausschließlich das Studium des Tieres pflegen. Heinrich Zügel und seine Schule ist der kräftigste und bekannteste unter ihnen, an zweiter Stelle ist dann CH. Tooby zu nennen, wenn er Zügel auch an umfassendem Können bedeutend nachsteht. Während Zügel die Tiere, die sein Pinsel schildert, immer mit der Landschaft in Zusammenhang setzt und mit dem Licht und der Sonne in Beziehung bringt, sieht Tooby nur den Gegenstand als solchen, die Form als Ein zelheit und die Lokalfarbe jedes Gegenstandes. Er ist eigentlich der Meister des Tierstillebens, am besten versteht er es, ein Stück Natur, ein totes Wildbret etwa, einen geschossenen Hasen, eine Wild ente und dergl. so darzustellen, daß es beinahe wie natürlich ausstebt. Er beherrscht lose Formen ab solut, dabei wird er doch nie langweilig durch allzu detaillierte naturwissenschaftlich-korrekte Darstellung, seine Farbe ist kräftig und lebendig und reich an Nuance, wenn sie auch die impressionistische Aus lösung der Form prinzipiell vermeidet. Er liebt duntle, schwere, rotbraune, dunkelgrüne und schwarze Töne, besonders in den großen Tierbildern. — Das große Etierbildnis und der „Pferdestall" sind be zeichnend dafür — und auch seine Landschaften haben etwas Trübes und Dunkles, was sie den Malereien der Münchner Schule aus den siebziger und acht ziger Jahren nahevringt; die „Kühe auf der Weide" könnten von einem der bekannteren Weidemaler dieser Zeit gemacht sein. In «ine ganz ander« Welt führen uns die Werke zweier Schweizer Maler, die neu ausgestellt find, Giovanni Giacometti - Bergell und Kuno Amiet-Oschwand, Romanen dem Namen nach und auch in ihren Arbeiten vollkommen den Bahnen romanischer Kunst folgend. Giacometti ist unbedingt ein Nachfolger und Anhänger Segantint«, dessen charakteristische Ausdrucksweffc er vollständig nach gebildet und weiter entwickelt hat. Die ausgestellten Bilder zeigen allerdings mehr da», was der Künstler Neues dazu gegeben hat, am meisten schließt sich noch «« Eegemtint da» große Alpenbild „Abend auf der Alp" an, das im Vordergrund mit so merkwürdig großen roten Tupfen gemalt ist, und das große Bild in dein geschnitzten Rahmen „Boscajnoli" mit dem Gebirge im Hintergrund und der aus weißen Strichen gemalten Sonne — gain so, wie es Segantini ge macht hat. Ausgezeichnet in der Stimmung sind einige kleine Alpenlandschaften — vielleicht das Beste der Kollektion — vor allem der Herbstmorgen und der Regentag — mit ganz wenig Strichen ist hier der spezifische Stimmnngscharakter der Landschaft sehr gut zum Ausdruck gebracht. Giacometti hat nichts von der grotzen Form seines Meisters, von dem tiefen Pathos Seaantinis und von alledem, was seine Werte menählich so interessant macht, er stellt der Natur viel Objeltives gegenüber, im Grunde mteressiert ihn nur das malerische Problem. Seine Bilder sind äußerst farbenfreudige Skizzen nach der Natur, zu denen die Prinzipien der Farvenzerteilung angewandt sind, ohne daß eine so völlige Auflösung der Form beabsichtigt wäre, wie sie der Neoimprcssio- nismus durchgesührt hat. Einzelne dieser kleinen Bilder sind farbig außerordentlich frisch und lebendig, wie besonders „Die Kinder mit den Bilderbüchern", dann „Die spielenden Kinder im Gras" oder „Die Frau im Grünen". Daß diese Art bei größeren Auf gaben versagt, beweist das große Bild mit den Kinderakten. Kuno Amiet geht noch etwas weiter wie Eia- cometti. Er nähert sich viel mehr den Neoimpressio- nistcn von reinstem Wasser. Linie und plastische Form kennt er überhaupt nicht mehr, er gibt nur die Fläche in die er die Gegenstände der Natur — gerade noch kenntlich durch em Konglomerat von farbigen Flecken projiziert. Es wäre verkehrt, über solche Prinzipien als Verrücktheit zu lachen, oie außerordentliche Leucht kraft und dekorative Schönheit neoimvressionistischer Bilder ist eben nur auf diese Weise möglich; allein all mählich wird mit diesem bequem anzuwendenden Mittel etwas Mißbrauch getrieben. Der große Baum mit dem aus grünen und blauen Flächen zusammenge bautem Hintergrund, den Amiet bringt, hat nur sehr wenig von der Eindrucksfähigkeit eines Gemäldes von Signac, und auch die große Schneelandschaft mit den werken, hellgrauen und rosafarbenen Flächen wirkt nicht überzeugend. Am besten sind die Bilder, die relativ wenig mit Farbenzerteitung operieren, das Stilleben mit den Rosen oder eine kleine Landschaft mit sehr feinen grünen und blauen Tönen. Die kleinen Landschaften aus Griechenland von Jul. Wentfcher, die etwas an die romantische Schule eines Rottmann erinnern, sagen nicht viel Neues, die Kollektion Hans Busse-Berlin ist durch Koloniallandschaften aus dem Werke „Das deutsche Kolonialreich" erweitert, ohne daß sich dadurch das Gesamtbild geändert hat. Außerdem bringen noch zwei Leipziger Künstler eine Anzahl ziemlich di lettantischer Arbeiten, F. Zeigner ein paar Still leben undsanftmütigeSommerlandschaften.G. Höhlig einige hart und unlebcndig gemalte Winterland- schasten aus dem Erzgebirge. Irr. .lolmvnes Lebioueror. * * Der Leipziger Maler Schulze-Rose wird im Oktober 1910 in der Galerie Ed. Schulte, Berlin, eine Kollektiv-Ausstellung seiner Arbeiten ver anstalten. * „Wen» die Liebe stirbt", Schauspiel in 3 Akten von Ovo Odenberg, Pseudonym der Leipziger Schriftstellerin Schachian-Rosenfelder, deren Lustspiel „Lustige Brüder" bereits über zahlreiche Bühnen ging, wurde vom Intimen Theater zu Nürn berg zur Uraufführung erworben. * Zur Gründung einer musikalisch-rhythmischen Bildungsanftalt für Jaques-Dalcroze hat sich, wie man uns schreibt, in Dresden ein Komitee ge bildet, dem u. a. auch der Staatsminister des Innern Graf Vitzthum von Eckstädt, Oberbürgermeister Gc. Heimrat Dr. Beutler und Graf o. Seebach angehören. Dem Komitee sind bereits über 100 Personen aus den musikalischen Kreisen Dresdens beigetreten. In einer kürzlich abgehaltenen Sitzung dieses Komitees wurde zur weiteren Behandlung der Angelegenheit «in Aus schutz eingesetzt, dem angehören: Kommerzienrat Arn- hold, Geh Kommerzienrat Arnstadt, Oberbürger, meister Geh. Rat Dr. Beutler, Aabrilbejitzer Erwin Bieneri, Justizrat Dr. Felix Bondi, Dr. Wolf Dohrn, Kapellmeister Professor von Haken, Kommerzienrat Herrmann, Geh. Kommerzienrat Heuschkel, Amt». Hauptmann Dr. v. Hübel, Geh. Regieru.iasrat Dr. Koch, Konsul Charles W. Palmi«, Fabrikbesitzer Karl Schmidt (Hellerau), Generalmusikdirektor Geh. Rat v. Schuch, Graf o. Seebach, Generaldirektor der Kgl. musikalischen Kapelle und der Hoftheater. Den Vorsitz diese» Komitee» übernahm Graf v. Seebach. Das Komitee hat beschlossen, Jaques-Dalcroze zu ver. anlassen, bereit» in diesem Herbst mit der Einrichtung von Kursen in rhythmischer Gymnastik, Gehöis- übungen und Improvisation zu beginne«. * Ferienkursus für Religionswissenschaft und Reli gionsunterricht in Jena. Dei Gelegenheit der be kannten Ferienkurse, die im August jedes Jahres in Jena gehalten werden und Vorlesungen aus den Ge bieten der Naturwissenschaft, Pädagogik, Philosophie, Sprachen, Geschichte und Literatur umfassen, soll auch in diesem wie schon im vorigen Jahre em besonderer Kursus für Religionswissenschaft und Religionsunter richt gehalten werden. Er umfaßt alle Gebiete der Religionswissenschaft und wird diesmal folgende Themata behandeln. Einführung in di« Prophetie Israels. Erklärung prophetischer Stücke im Anschluß an Meltzers Lesestücke. Prof. v. H. Gunkel- Gießen. Die Entstehung des Christentums. Prof. 1). E. Krüger- Gießen. Ist Jesus eine Gestalt des Mythus? Prof. O. Wei ne l>Jena. Die Behandlung der neutestamentlichen Wunder in der Schule. Frau Ada Weinel, Dr. phil., Jena. Lehrproben zur Schulkirchengeschichte der Neuzeit. Prof. Dr. E. T h r ä n d o r j - Auerbach. ' Haupt probleme der Ncligionsphilosophie. Prof. Ü. W. Bonsset - Göttingen. Philosophische Apologie des Christentums. O. Flügel- Dölau. Christen tum und Naturwissenschaft. Superint. v. A. H. Braasch-Jena. Die religiöse Bewegung der Gegenwart. Prof. I). Wetnel-Jena. Jeder Kursus dauert sechs Stunden, die meisten werden vom 11.—17. August gehalten, nur die Vorträge von O. Flügel und v. H. Draafch vom 4—1V. August. Nähere Auskünfte erteilt das Sekretariat der Ferienkurse, Fräulein Clara Blomeyer, Jena, löartenstraße 4. * Paakeltischer Kongreß. Ende August wird 1« Brüssel ein pankeltischer Kongreß abgehalten. An meldungen dazu sind bereits von allen interessierenden Körperschaften erfolgt. * Deutsch« Beschickung der K«uftau»stell»«g No» 1»11. Bezüglich der Beschickung der Internationale» Kunstausstellung in Rom, di« vom Februar bis 31. Oktober 1911 zur Feier der üvjShrtgen Einheit Italiens stattfinden soll, wird der .Znf. mitgeteilt, daß die dem Prof. Kampfs übertragenen vor- arbeiten im besten Gange sind. Mit den verschiedenen Kunstrichtungen unter den deutschen Künstlern ist be reits Fühlung genommen worden und in der Kom- Mission, die dem Professor zur Seite steht, find die Kunststädte München, Dresden, Stuttgart, Düsseldorf und Karlsruhe vertreten. Di« An^hl der avszuftel- lenden Bilder wird etwa 300 betragen. In ihn«»
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