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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 31.08.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-08-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100831028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910083102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910083102
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-08
- Tag 1910-08-31
-
Monat
1910-08
-
Jahr
1910
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lMM, Sott- lden, bürg, str.33. ldorf, ldorf. rburg, »bürg, broda, Zrank ngton, rbrück, nberg, Cheine, enbach, ünchen, mburg, Lichter- Moskau, nathal, isenach. sfingen, treuen, !olaist.2 rzogen- erst.23. mthen. bürg. str.11 usen. kt2,IV. lingen, kt16,l. leuba. tr.25 darf, venstr.9 rsring3 r«str.13. rsitr.11. tenbach. Str. 2. emach, -nst.27. t a M., ispl.3. hwege, .St.44 orbis, nstr.1. :rstr.7. :.38,II. Ernst. estr.22. ausen, -dstr.3. str.6,1. dtstr.7. lrkt28. nberg, Frank- ichwald, estr.2. str.21. tstr18 lfstr.8. :kt16e. str.13. wnau, tr.18 chel- ,Erün- 111. olfstr.4 ielsir.l. isberg, nza.5,1. alst.1,11 alhotel. redwitz, rsstr.38 iarkt38 'enstr.4, tsw.14. Mr.18 Str. 3. gstr.11. seldorf. rstr.24. nstr.14. iukg.6. kalben, arkt7 tr.28. ng39. Srotz- tr.42 aute. ndler istr. 1. yof2. str.10. ingstr.6. str.17,Il .StrL7. BezugS-PreiS sür L,ip,ta und Borort« durch unirr« träger und Spediteure 2mal täglich in« Hau« gebracht: 90 monatl., L.70^k vierteiiährl. Bet untern Miaien u. Ln- nahmeslellen adgeboll: 79 monatl^ 9.9L »ierteltLdrl. Durch dt« Pak: Innerhalb Deulichlanb« und der deuttchea Kolonien »ierteljihri. 8.9t» moaatl. l.id aurichl. Postbestrllgeld. Ferner in Belgien, Dänemark, den Donaustaaten. Italien, Luxemburg, Niederlande, Nor wegen, Oesterreich Ungarn, Rußland, Schweden, Schweiz u. Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch di« GeichPitiiellc de« Blatte« erhältlich. Da« Leipziger Tageblatt ericheinl 2 mal täglich, Sonn- a. getiriag« nur morgen«. lilbonnemrnt-Annaliine. stlugustusplatz 8, bei unirren Drägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern unc Brieiträgcrn »«nziloerkauteprei« »er Morq«n. «usgube 10 der Äbendru«gade 0 ch. Skrdaktton und Setchäftskeller Johannirgasie 8. Frrnivrecher: I46L2. I46itt. I4SS4 Abend-Ausgabe. MipM er T agMM Handelszeitung. Ämtsbtatt des Rates und des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeige« Prei» Mr Inserat» au« Leipzig und Umgebung di, «,ripatten« >0 nun brrtt» Betitz«>le Sch, di« 74 nur» br«tt« BeklamezeU« l LUtwärtt stv ch, Rerlauikn l.M Jnsrrat« von Behbrben amtlichen Dell dt« 74 m» breit« P rtitzrU, 40 ch. ««schtittanzrigen m« P agvorlchrtstrn an» t» der Lbrndautaab« im Preis« erhöht, ittaball nach Daris. Beilagegebübr s al p. Lausend «xkl. Postgebühr. Festerteilt» Suiträa« ktnnen mcht zurüit- aezogen werden. FLr da« Erscheinen an bestimmten Dagen ua» Plätzen wird kein« Sarantie übernommen. Anzeigen. Annahme, «ugnstasplaH 8, bei sämtlichen Filialen a. allen Annonce». Expeditionen de« In- und Auglande«. Haupt-Filiale Berlin: T»rl Dunlker. Herzog!. Behr. Hosbach- handlung, Lützowstiaß« 10. (Delevhon VI, Nr. 4808). Haupt-Filiale Dreibein keestraße 4,1 (Delephon 4621). Nr. 240. Mittwoch, Sei« Sl. illiguli ISIS. 104. Jahrgang. Mrlt Bismarck «nü Sie Seruksgeaallenlckakten. Unsere soziale Gesetzgebung befindet sich im Sta dium der Erinnerungsfeiern. Dor kurzem haben die Berufsgenossenfchaften und ihre Sektionen in fest lichen Sitzungen und Veranstaltungen die Wiederkehr der Zeit begangen, wo der Grundstein zur Unfallver sicherung und ihrer Träger gelegt worden ist. Diese Festtage werden in würdiger Weise abgeschlossen wer den, wenn man sich auch des Mannes erinnert, dem die Berufsgenossenschaften und die ganze Unfallver sicherung ihre Entstehung verdanken; wir meinen den Fürsten Bismarck. Die deutsche Sozialversicherung nahm ihren Aus gang von der Unfallversicherung, weil dem Fürsten Bismarck ein Gesetz über die Unfallversiche rung am dringendsten erschien. Die Gesetzgebung über die Unfallversicherung ist nicht auf den ersten Anhieb gelungen. Schwere ausdauernde Kämpfe waren vielmehr erforderlich, bis der dritte Entwurf glücklich den Reichstag passieren konnte. Uns, die wir in einem sozial durchtränkten Zeitalter heran gewachsen sind, erscheint es unbegreiflich, das; um eine so natürliche Sache wie die Unfallversicherung so hart gerungen werden mutzte, wie es damals tatsächlich geschah. Drei große Reden hat Bismarck im Reichstage für die Unfallversicherung gehalten; am 2. April 1881, am 9. Februar 1882 und am 15. März 1884. Diese Reden sind nicht nur politische, sondern auch sozialpolitische Grossisten. Man staunt über die kühne Initiative und über den genialen Blick des Fürsten, der aber auch die Gebote eines praktischen Christentums in harmonischen Einklang mit der kühlen Erwägung des Staatsmannes zu bringen verstand. In taktischer Hinsicht ist Bismarck auf sozialpoli tischem Gebiete genau so vorgegangen, wie ein halbes Menschenalter vorher in der deutschen Frage. Er hat sich als e cht e r R e f o r m a t o r an dieSpitze der Reformbewegung gestellt und sich mit energischem Griffe die Argumente seiner Gegner zu eigen gemacht; beide Male mit weitgestreckten Endzielen, aber bereit, in Einzelheiten mit sich reden zu lassen. Er hatte die Welt verblüfft, als er im Kampfe um Deutsch- lanos Einheit das allgemeine Wahlrecht in die Wag schale warf; ebenso verblüffte er, als er in den sozialen Kämpfen staatsjozialistische Projekte ent wickelte. Zn den ersten Entwurf eines Unfallversiche rungsgesetzes hätte er am liebsten den Satz aus genommen, datz jeder Deutsche für Unfälle entschädigt werden müsse. Mit beredten Worten stellte er einen neuen Pflichtenkreis des Staates auf. Der Staat habe die Pflicht, zum Schutze des Schwächeren zu wirken, denn er könne auch für seine Unterlassungen verantwortlich gemacht werden. Nicht Almosen empfänger solle der verunglückte Arbeiter sein, sondern einen rechtlichen Anspruch auf seine Ent schädigung haben. Heute sind solche Worte Gemeingut des deutschen Volkes, ja der zivilisierten Welt. Damals aber waren sie, vom Regierungstische aus gesprochen, etwas Neues und Unerhörtes, und Bis marck galt der Mehrheit des Reichstages als Sozialist und Kommunist. Die alten Mächte waren noch stark, und so konnte ihnen der neue Geist nur schrittweise Terrain abgewinnen. Zwar kam Bismarck vorwärts mit seinen sozialpolitischen Gesetzentwürfen, aber er mutzte in der mühsamen Fahrt noch manches wert volle Stück über Bord werfen, bis er endlich den dritten Entwurf durchbringen konnte. Aber noch bei der Verabschiedung des dritten Entwurfes erklärte er ausdrücklich, datz er und die Regierung ihre ur sprünglichen Vorschläge nur deshalb eingeschränkt hätten, um zunächst mal einen Anfang zu machen. Ihm kam es in den andauernden Kämpfen vor allem darauf an, endlich einen Punkt der Eini gung zu finden, an dem dann kristallisierend weiter gebildet werden könnte bis zu dem grotzen Umfange, den er in der ersten Vorlage für die Unfallversiche rung erstrebt habe. Seine klassische Beredsamkeit sand immer neue Wendungen, um den widerstrebeck? den Reichstag zu überzeugen und zur Mitarbeit zu gewinnen. Wie die Grundlagen der Unfallversicherung, so ist auch die Organisation aus Bismarck zurück zuführen. Schon bei der ersten Vorlage entwickelte er in grotzen Zügen seine Pläne von der Organisa tion, mit der die Unfallversicherung durchacsührt wer den solle. Diejenigen Zweige, so führte er aus, die ihre Arbeiter versichert haben, sollen in sich korpo rative Genossenschaften bilden, die ihren wirklichen Bedarf an Entschädigungen in sich auf bringen und die zugleich die genügende Kontrolle über ihre Mitglieder dahin ausüben, datz man das Interesse der mitzahlenden Genossen zum Wächter über die Zweckmäßigkeit der Einrichtungen zur Ver hütung der Unfälle macht. Bei der zweiten Vor lage wiederholte er, daß ohne korporative Unterlagen die Sache faktisch nicht ins Leben zu führen sein werde. Ausdrücklich wehrte er sich da gegen bureau- kratische Einrichtungen. Die Interessenten mützten herangezogen werden und der schließliche Ersatz des Schadens müßte kombiniert werden mit der Aufgabe, den Schaden zu verhindern und einzuschränken. Frei heit in der Organisation, aber Zwang in der Leistung, so präzisierte er dann schließlich die dritte Vorlage. Auf dieser Grundlage sind dann die Berufs genossenschaften entstanden, deren segensreiche Wirk samkeit wir nun bereits ein Vierteljahrhundert er fahren haben. polltilcke Nachrichten. Die Reichstagsersatzwahl in Warburg-Höxter. Paderborn, 31. August. (Tel.) Nach vorläufiger Feststellung erhielt bei der Reichstagsersatzwahl im Wahlkreise Warburg-Höxter, 5. Minden, Professor Spahn jun. (Zentr.) rund 11000 und Schäfer- Meyer (Soz.) 600 Stimmen. Spahn jun. ist somit gewählt. Die Mahl bietet kaum ein Interesse, da der Wahl kreis sicherster Besitz des Zentrums ist. Der verstorbene Abgeordnete Schmidt-Warburg hatte 1907 14 878, ein konservativer Kandidat 1556 und sein Glück zerstören? Nicht, nicht um die Welt, das vermochte sie nicht. Wie hatte doch Tante Major damals gesagt, als sie der Sorge Ausdruck gegeben, daß ihre Stiefmutter den Vater nicht aus Liebe geheiratet hatte?" „Glück ist Illusion. Such' es ihm zu erhalten, selbst wenn du siehst, daß es nur in seiner Einbildung besteht." So hatte sie gesagt, und danach mußte sie jetzt handeln. Aber machte sie sich damit nicht zur Mitschuldigen ihrer Stiefmutter? Wo war ein Ausweg; wer konnte ihr raten, helfen? Tante Erotthus? Nein, nicht einmal zu ihr konnte sie davon reden, jetzt nicht, sie mußte erst den entsetzlichen Eindruck verwinden und sich klar darüber werden, was zu tun war. Nur eins war ihr gewiß: ihr Vater durfte um keinen Preis erfahren, daß er betrogen wurde. Wie schlecht, wie erbärmlich lohnte diese Frau die Güte und Liebe ihres Gatten! Ob sie ihr sagte, daß sie Zeuge ihres Verrates ge- wesen war, ob sie versuchte, sie von dem Abgrund zu rückzureißen, dem sie zustreote? Würde sie auf das flehende Bitten hören und sich bessern, dieser ver botenen Leidenschaft entsagen und sich ihrem Gatten wieder zuwenden? Versuchen mußte sie es, das war das einzige, was sie für ihren Vater tun konnte. Vielleicht gelang es ihr, ihn so vor dem Schlimmsten zu bewahren. Aber erst mußte sie sich zu fassen suchen, mutzte erst einige Tage vergehen lasten, um zur Ruhe zu kommen. — Und niemand durfte dann davon er fahren, auch Tante Major nicht. Niemand durfte ein Neckt haben, schlecht von ihres Vaters Frau zu denken. So quälte sich das arme Kind mit schmerzvollen Gedanken. Wie gebrochen an Leib und Seele erhob sie sich endlich, kühlte sich das heiße Gesicht mit Master und blieb dann stumm und in sich versunken sitzen. Bald darauf trat nach leisem Klopfen Erna zu ihr ins Zimmer, blühend, mit frischem, strahlendem Gesicht. „Du bist schon heimgekommen, Kindchen? Ich hörte es even erst. Warum kamst du nicht zu mir hinüber?" Ein leises Forschen lag in ihrem Blick. Ruth schämte sich für sie und sah nicht auf. „Verzeih', ich hab' Kopfweh. Du entschuldigst ,81 Ruth. Roman von H. Courths-Mahler. Er küßte ihr die Hand und sah ihr nach, bis sie im House verschwunden war. Sie wandte nochmals den Kopf zurück und sah ihn mit liebem Lächeln an. Drinnen reichte sie einem Diener die Schlittschuhe zum Reinigen. „Ist mein Vater zu Hause?" „Nein, gnädiges Fräulein, auch Frau Majorin ist ausgegangen." „Und Mama?" „Gnädige Frau sind daheim. Herr Baron von Soltenau macht seine Aufwartung." Sie nickte dankend und ging hinauf. Nachdem sie abgelegt hatte, begab sie sich in den kleinen Salon ihrer Stiefmutter, um Soltenau zu begrüßen, der, weil er Freds Freund war, von ihr gern gesehen Wurde. Die dicken Teppiche machten ihre Schritte lautlos. Sie wunderte sich, daß kein Laut eines Gespräches aus dem Salon herausdrang, und schlug, um eben einzutreten, die Portiere zurück. Wie zu Stein erstarrt, blieb sie stehen und blickte mit entsetzten Augen aus die Gruppe, die sich ihr zeigte. Mitten in dem lauschigen, üppig einge richteten Zimmer standen zwei Menschen in inniger Umarmung, die Lippen fest aufeinandergepreßt, und schienen alles um sich vergessen zu haben. Diese beiden Menschen waren — Soltenau und ihre Stiefmutter. Nur einen Augenblick nahm Ruth dies Bild in sich auf, ehe sie, kraftlos vor Schreck, die Portiere wieder zufallen ließ. Trotzdem prägte es sich ihr mit schmerz. Hafter Deutlichkeit ein. Als sie die Herrschaft über ihre Glieder wieder erlangte, jagte sie voll Entsetzen davon. Nachdem sie ihr Zimmer erreicht hatte, sank sie vor einem Sessel in die Knie und stöhnte in herzzerreißendem Jammer vor sich hin. „Papa, mein armer, armer Papa." Das war der einzige Gedanke, den sie fasten konnte. Zum erstenmal hatten Schuld und Sünde mit un reinem Hauch den Weg d«s jungen Mädchens ge- streift. Sie kam sich gedemütigt, erniedrigt vor. Was sollte sie tun? Mußte sie ihrem Vater nicht sagen, daß sein Weib ihn hintergtng? Sie schauderte zurück. Ihm den Todesstoß versetzen, ihm den Glauben an der Sozialdemokrat 437 Stimmen erhalten. Die Zunahme der Sozialdemokraten ist relativ gering, was indessen bei der Zusammensetzung des Kreises nicht viel besagen will. Auffällig ist dagegen höchstens der Rückgang der Zentrums st immen um nahezu 4000. Man wird die Gründe für diesen Rückgang in der häufig erwähnten verbitterten Wirkung der Neichsjinanzreform zu sehen haben, aber auch in den Kontroversen, die sich wegen der Stellung des jünger?» Spahn zu verschiedenen programma tischen Forderungen des Zentrums entspannen. Ob der Wahlkreis Warburg-Höxter Spahn jun. bei den nächsten Reichstagswahlen wieder aufstellen wird, ist eine andere Frage, die aber jetzt nicht zur Erörte rung steht. Gegen die Fleischteuerung. Wie die „Neue Vogtl. Ztg." aus Plauen be richtet, wies in der gestrigen Stadtverord net en sitz» ng der Abgeordnete Günther auf die bestehende Fleischteuerung hin. Er forderte von der Stadtverwaltung, datz sie mit tunlichster Schnel ligkeit bei der Regierung vorstellig werde wegen Oe ff nungder Grenzen und Herabsetzung der Preise für Futtermittel Die Sozialdemokraten Groß-Berlins hatten zu gestern abend 33 Volksversamm lungen mit der Tagesordnung: „Fleischnot, Lebensmittelteuerung und wie ist Abhilfe zu schaffen" einberufen. Gleichzeitig sollte auch die Königsberger Kaiserrede zum Gegenstand der Erörterung gemacht werden. Unter den Anwesenden befanden sich auch viele Frauen. Es gelangten zwei Resolu tionen zur Annahme. In der ersten, die sich mit der Abschaffung der Fleischnot beschäftigt, protestier ten die Versammelten gegen die Wucher- und Raub politik der Agrarier. Sie verlangen dieOeffnung der Grenzen und die sofortige Aufhebung der Vieh- und Eetreidezölle. Die zweite Resolution beschäftigt sich mit der Königsberger Kaiserrede. Das Zarenpaar in Friedberg. Friedberg, 31. August. (Tel.) Aus Anlaß der Anwesenheit des Zarenpaares hatten die Einwohner der Königsstraße gestern abend eine Illumi nation arrangiert. Auf den Straßen bewegte sich ein zahlreiches Publikum. Der Besuch des Zaren paares hat hier mancherlei wirtschaftliche Nachteile gezeitigt. Die Geschäftsreisen den, die vor Beginn der Wintersaison die Haupt besucher der hiesigen Hotels waren, sind ausge blieben, weil sie sich nicht ständig Veobachtungen und Untersuchungen ihrer Reisekoffer aussetzen wollen. Auch in Bad Nauheim dürfte derBesuchnicht so groß sein, wie im letzten Jahr, da viele rus sische Familien ausbleiben werden, um nicht das Gefühl zu haben, ständig unter Beobachtung zu stehen. — Das Zarenpaar empfing gestern abend den Hofmarschall Frhrn. v. Sternberg. Zur Herabsetzung des Posttarifs zwischen England und Frankreich. Paris, 31. August. (Telegr.) „Journal" meldet aus London: Gestern nachmittag hielt die fran zösische Handelskammer eine neue Sitzung ab zur Beratung der Frage der Herabsetzung des Posttarifs zwischen England und Frankreich. Die Handelskammer nahm schließlich einstimmig einen Antrag an, worin sie erklärt, daß die Ein führung des neuen Tarifs den Waren austausch zwischen beiden Ländern bedeutend fördern wird. Sie beantragt infolgedessen, daß der neue Tarif neuerdings von der Regierung ge- prüft werde. Verschärfung des griechisch-türkischen Warenboykott«. Konstantinopel, 31. August. (Telegr.) Hier und in der Provinz zeigt sich seit einigen Tagen eine Verschärfung des antigriechischen Boykotts. Das Preßbureau der Pforte bezeichnet die aus Athen stammende Nachricht, daß die Be teiligung der türkischen Behörden des Wilajets Janina an der Boykottbewegung er wiesen sei, als unrichtig. Zur Lage in Bilbao. Madrid, 31. August. (Tel.) Die Lage im Aus standsgebiet von Bilbao hat sich wieder ver schlechtert. Trotz aller amtlichen und privaten Vermittlungsversuche beharren die Grubenbesitzer und die Arbeiter auf ihrem Standpunkt. Ein Regi ment wurde nach Bilbao beordert. In Levon wurde ebenfalls der allgemeine Ausstand erklärt. Paris, 31. August. (Tel.) „Matin" berichtet ausMa- drid: Die gestern gemeldeten Unruhen in Bilbao tragen nicht den ernsten Charakter, der zuerst gemeldet wurde. Es handelte sich um eine Abord nung der Arbeiterverbände von Saragossa, die mit dem Streikkomitee konferierte zwecks Verkündigung des Generalstreikes in Saragossa zum Zeichen der Solidarität mit den Ausständigen in Viscaya. Spanische Pläne in Marokko. Paris, 31. August. (Telegr.) Mehrere Blätter melden aus Tanger, daß die spanische Regie rung die Garnison von Ceuta bedeu tend verstärkt habe. Die Besatzung betrage bereits 15 000 Mann und in den in der letzten Zeit erbauten Baracken könnten im Notfälle noch weitere 15000 Mann untergebracht werden. Auch seien bedeutende Vorräte von Schießmunition, Transportmaterial und eine große Anzahl non Genietruppen eingetroffen. Aus dem letzteren Umstande würde geschlossen, daß die spanische Regierung die Absicht habe, strategische Stra ße n zu bauen. Es sei sogar das Gerücht verbreitet, daß bei Ceuta ein spanisches Hinterland ge schaffen werden solle, das Tetuan und Umgebung um fassen würde. Zn Ceuta hätten diese Gerüchte unter den Eingeborenen große Erregung Herborgerufen. Ernste Streikunruhen in Re« York. New York, 31. August. (Telegr.) In der City fanden gestern ernste Krawalle infolge des Ausstandes der Straßenbahner statt. Die Aus ständigen feuerten zahlreiche Revolverschüsse gegen die noch verkehrenden Wagen ab. Zahlreiche arbeitswillige Mitglieder des Straßenbahn personals wurden von der Bevölkerung und den Fahrgästen durchgeprügelt. Viele von ihnen sind schwer verletzt worden. Die Ausständigen rissendieSchienen auf, um den Verkehr der Wagen zu verhindern. Einen Wagen sprengten sie mit Dynamit in die Luft. mich wohl bei Papa; ich möchte auf meinem Zimmer bleiben." Erna machte ein ärgerliches Gesicht. „Mein Gott, Ruth, du wirst mir doch nicht krank werden? Wir geben doch morgen deinetwegen einen Ball, Kind. Baron Soltenau war eben bei mir wegen des Kotillons, entzückende Touren, sag' ich dir." Ruth stand ihr, blaß bis in die Lippen, hochaufge richtet gegenüber und zog in stummer Qual die Stirn zusammen. „Es wird vorübergehen bis morgen, sei un besorgt", sagte sie tonlos, „nur laß mich jetzt allein, ich bitte dich." Erna zog sich etwas betroffen zurück. Etwas in Ruths Haltung war ihr befremdlich erschienen, es verursachte ihr einige Unruhe. Sollte die Kleine am Ende gar gelauscht haben, vorhin? Der Diener hatte gesagt, sie wäre schon vor einer Stunde heimgekehrt. — Aber dann verwarf sie den Gedanken sofort wieder. „Unsinn, dann hätte sie wohl ihrer Entrüstung Luft gemacht und der ungeliebten Stiefmutter keinen Vorwurf erspart." So dachte sie sorglos, unfähig, sich in das Empfin den eines so lauteren Charakters hineinzudenken, wie ihn Ruth besaß. Sie fühlte wohl, datz ihre Stieftochter ihr ebenso wenig Liebe entgegenbrachtc, als sie ihr erwies, und glaubte bestimmt, daß sie eine Gelegenheit, sich zu rocken für ihr Eindringen in das Haus ihres Vaters, nicht vorübergehen lasten würde. Ruths Charakter wäre ihr verständlich gewesen, wenn sie ihn recht gekannt hätte. So ging Frau Erna, leise vor sich hinsingend, durch die Zimmer zurück und warf lick vor dem Kamin in einen Sestel, mit geschlossenen Augen vor sich hinträumend. Als der Konsul nach Hause kam, empfing sie ihn mit süßem Lächeln. „Heute abend sind wir einmal ganz allein, Herbert. Ruth hat Kopfweh und will aus ihrem Zimmer bleiben. Freust du dich auf das Tete-a-tete?" Er strich sich über die Stirn. „Ruth ist doch nicht ernstlich unwohl?" „Du Bär, ist das dein einziger Gedanke, wenn ich dir von einem trauten Abend zu zweien spreche? Geh, ick bin eifersüchtig aus Ruth. Er sah sie ernst an. „Du hast keinen Grund, eifersüchtig zu sein." „Hu, so feierlich. Weißt du, Herbert, du bist jetzt gar nicht mehr so nett wie früher. Immer so ernst." „Ich habe jetzt wichtige Geschäfte zu erledigen." „Die leidigen Geschäfte. Daran sollst du jetzt nicht denken." Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und reichte ihm lächelnd den Mund. Er küßte sie mit weh mütiger Zärtlichkeit. Sein Gesicht blieb aber ernst, und als er erfuhr, datz Soltenau dagewesen war, be mächtigte sich seiner wieder jene nervöse Unruhe, die ihn in letzter Zeit peinigte und quälte. * * * Der Ball im Hause des Konsuls verlief glänzend und großartig. Erna war der gefeierte Mittelpunkt der Gesellschaft und sah hinreißend schön aus in der kostbaren Toilette aus champagnerfarbiger Seide mit duftigen, gleichfarbigen Chisfonvolants, die wie zarte Wölkchen ihre Gestalt umschwebten. Die junge Tochter des Hauses sah blaß und un vorteilhaft aus an diesem Abend. Dunkle Ringe um gaben die Augen und verliehen denselben ein fiebe risches Aussehen. Sie zog sich auch soviel als mög lich von dem lauten Treiben zurück und tanzte mit lässiger Müdigkeit, als drücke sie etwas Schweres zu Boden. Unablässig irrte ihr Blick zwischen Erna, Soltenau und ihrem Vater hin und her. Der letztere sah etwas bleich aus, erfüllte aber seine Pflichten als Gastgeber in der ihm eigenen, vornehm - liebenswürdigen Art. Sein Blick begegnete ost dem seiner Tochter. Ihr Aussehen machte ihm Sorge. War sie ernstlich unwohl? Oder hing ihr stilles Wesen gar mit Fred Erotthus zusammen? Ruth schien ihm auszuwetchen. Sollten sich die jungen Leute gezankt haben? Waldeck hatte längst erkannt, datz seine Tochter dem jungen Offizier zugetan war und datz Fred ihre Gefühle erwiderte. Er hatte nichts dagegen, wenn sick die beiden jungen Herzen in Liebe fanden, und ließ sie bisher ruhig gewähren. — Heute schien aber etwas zwischen ihnen nicht in Ordnung zu sein.. Er suchte Fred auf, der, an eine Säule gelehnt, den Tanzenden zusah. „Sie tanzen nickt, Fred?" „Ihr Fräulein Tochter wünschte diesen Tanz aus- zusctzen, dadurch bin ich ohne Engagement." „Ruth scheint nicht wohl zu sein?*' „Sie kommt mir so gedrückt und verstimmt vor."
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