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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.01.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-01-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110109024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911010902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911010902
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-01
- Tag 1911-01-09
-
Monat
1911-01
-
Jahr
1911
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NezugS »Preis rür rk«Pj>a »»» V««N« durch «nee« lräger und Lpedlieurr 2»«l »t«ltch i»» vau« gedrachl: 00 lonatl., L.7O^k »ierle!>Lhrl Vei unier» Filiale« ». Ln» uQhmesieüen adgrhoU: 7S ch «»null., S.LL vierreliLdrl. Lurch dtc Dok: lunerbalb Deuiichianv, und der deutschen Kolonien vlcnelitdru 0.44 monaii. 1.2« au«ichi. Poftdellellgcld. ferner in Belgien, Dänemark, den Donauilaaren, Ilalien. Luremdurg, Niederlande, Aor- weaen Oeslerreich Ungarn, ckudlanb, «Schweden, Schweiz u. Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch di« Geichätldiielle de« Blattes erhältlich. Da« Leipziger Tageblatt rrlcheint 2 mal täglich, Sonn. a. Akicriags nur morgen«. Avonne ent-Llnnachnc: Auguüudplatz 8. der unteren Tragern, Filialen, Spediteure» und Annahmestellen, ionne Postämtern und Briefträgern. Stngelverraotlprei« der Morgen- autgabe 10 der r bend ulgadk 4 ch. Hrdakkton und Geschäkkästeller ssohannisgasje s. oerasprecher: I460T I4iütT I4ÜV4. Abend-Ausgabe. Kipziger TagMM Handelszeitung. Nmtsvsatt des Rates und des Nolizeiamles der Ltadt Leipzig. Äazeiflea»'Preis ch» g«I«r«r» «ul Leipzig uno Umgebung die 8-eipalren, S0 oam drei«, Peritzeil- L ch, dt» 74 Mdd drrrl» »e0ame»«tl« l «an «ulwärtl Tl) «z, ätrNameo l.L- ^U; Inserate vn» Behörden i» «mit,«en Dell di« 74 wi» breit» Pettrzeil» «u «eschäftSanzeigen mu P atzvorichrtltea and « der «bendautaade >m Preise «rhäht. lliadalt nach Lar>l. Betlagegedübr L uk 0. Tauiend exkl. Postgebühr. ffeOerretlt« Auiträa« Unnen nicht zurück« aezogen werden. Für da« erscheinen «a bestimmten Tagen und Plätzen wird kein« Sarann« übernommen. Anzeigen. Anna Huie: Vugutiu-plntz «, d« sämilichen Filialen u. allen Anno»«»» itrpedlkionen de» In« und Lullaade«. chnapt-Kiltat, Verl tu: Lari Dunck«» Perzogi. Bavr. Hosbu^ Handlung PutzowNraii« IQ. <D«livbo- Vl. «r. 4«L). Haupt-^Ilial« Lretzdr«: keeur ltz« 4.1 (Telephon 4ÜTT). klr. 9. Montag, üen S. Januar l9ll. Ium Zulsmmentritt üer Parlamente. Am Dienstag nimmt der Deutsche Reichstag seine durch die Weihnachtsferien unterbrochenen sihungen wieder auf. Er hat noch eine Reihe ebenso umfangreicher wie wichtiger Aufgaben zu erledigen, und wenn er diesen gerecht werden will, mutz er seine Zeit gut ausnutzen und sich insbesondere bei der zweiten Etatslesung eine gewisse Beschrän kung auferlegen. Im übrigen kann bis zu den Oster- feiertagen, die fa diesmal ziemlich spät fallen, ein gut Teil Material aufgearbeitet werden, da hierzu 13 volle Wochen zur Verfügung stehen. Am Dienstag steht die linksliberale Interpellation wegen Aufhebung der Zündwarensteuer auf der Tagesordnung. Schon jetzt kann man sagen, datz bei der Besprechung nichts herauskommen wird und weder Regierung noch Reichstagsmehrheit willens sein werden, einen Balken aus dem Gebäude der letzten Finanzreform zu entfernen. Diese zu ergänzen, ist das Wertzuwachs st euergesetz bestimmt, dessen zweite Lesung im Plenum alsbald beginnen soll, da auf seinem Zustandekommen der ganze Reichs haushaltsetat begründet ist. Unter solchen Umständen kann an einer Verständigung über einzelne noch vor handene Difserenzpunkte nicht gezweifelt werden. Die umfangreichste Vorlage ist die Reichsversicherungs ordnung, die ebenso wie die Iustizge setze grosse Anforderungen an die Arbeitsfreudigkeit des Reichs tags stellen wird. Weiler steht bevor die Veröffent lichung des Entwurfs über die Versicherung der P r i v a t b e a m t e n, auf dessen Erledigung noch in der laufenden Session grotzer Wert gelegt wird. Hinzu treten noch eine Anzahl anderer Aufgaben, wie die Fernsprechgebührenordnung, das Schiffahrtsab gabengesetz und der Arbeitskammerentwurf, der schon jetzt als gescheitert gilt. Man sieht, Latz dem Reichstage noch kurz vor dem Ende der Legislatur periode reichlich Gelegenheit geboten wird, zu zeigen, was er zu leisten vermag. Weniger Anstrengungen werden dem preu- tzischen Landtage zugemutet, der sich am Diens tag zum Beginn einer neuen Session versammelt. Wir haben schon kürzlich die ihm vorbehaltenen Aufgaben aufgezählt, zu denen angeblich noch eine Novelle zum Disziplinargesetz und eventuell eine Vorlage über die Entlastung des Oberverwaltungsgerichts treten. Die Session könnte einen recht ruhigen Ver lauf nehmen, wenn nicht so mancher Zündstoff vor handen wäre, der ziemlich erregte Debatten verspricht. Nicht nur der Moabiter Krawallprozetz, sondern auch einzelne Prozesse, in denen Landräte eine unliebsame Rolle spielten, werben zu Zusammenstötzen zwischen Negierung und Landlagsmehrheit einerseits und der Minderheit anderseits führen, so datz die Harmonie und behagliche Ruhe im preutzischen Landtage sehr in Frage gestellt scheinen. Jedenfalls werden die Parla mentsverhandlungen in den nächsten Monaten das Interesse der Oeffentlichkeit stark in Anspruch nehmen. Veröffentlichung ües Gesetzentwurfes über Stsstssngetrörigkeit? In zahllosen Vercinsbeschlüssen der grötzten vater ländischen Verbände ist der oft versprochene Gesetz entwurf über die Neuregelung der Reichs- und Staatsangehörigkeit als außerordentlich wichtig und dringend gefordert, vom Reichskanzler ebenso oft als notwendig anerkannt, aber stets als ganz besonders schwierig und deshalb so langer Vorbereitung be dürftig bezeichnet worden. Fünf Ressorts der Reichs verwaltung, die Justiz, das Innere und das Äeutzere, die Marine und Armee, auch die Gcsandtscyaften und Konsulate sind über seinen Inhalt in Beratung ge treten. Nach der Zusicherung des Kanzlers bei der letzten Etatsdebatte soll dieser Entwurf noch vor den Neuwahlen des nächsten Jahres dem Reichstage zu gehen. Tausende im Reich und im Auslande er warten ihn. Viele darunter Haden reiche Erfahrungen über die verderblichen Wirkungen des bisher gelten den Gesetzes gemacht, nicht wenige kennen aus eigener Anschauung die fördersamcn Folgen des in anderen Staaten, bei unseren Mitbewerbern auf dem Welt markt, geltenden Rechtes. Endlich gibt es Männer, die mit dem fraglichen Rechtsstosf in allen seinen Verzweigungen genau vertraut sind. Und nun soll nach den Mitteilungen des Vereins für das Deutsch tum im Ausland eine Materie von solchem Allge- meinintcresse der Volksvertretung unterbreitet werden, ohne datz dem Sachverständnis und der Kritik Gelegenheit geboten wird, rechtzeitig Wünsche zu äutzern, Abänderungen vorzuschlagen und Er gänzungen zu beantragen? Empfiehlt es sich nicht, gerade diesen, so lange erwarteten Gesetzesvorschlag durch alsbaldige amtliche Veröffentlichung eines Vorzuges teilhaftig werden zu lassen, der wiederholt bedeutungsvollen Gesetzen durch die freiwillige Mit arbeit weiter Kreise zu wesentlicher Vervollkomm nung verhalfen hat? Die augenscheinlich nicht voll ständige Wiedergabe der angeblich beabsichtigten Be stimmungen in einer parlamentarischen Korrespon denz kann eine authentische Grundlage für die öffent liche Erörterung nicht bieten und nicht ersetzen. Staat unü Nation. Zn dem I.-Zanuar-Heft der Zeitschrift für politische Bildung „D e r S t a a t s b ü r g e r" (Verlag von W. Grünow, Leipzig und Berlin) schreibt Geh. Studienrat Dr. Otto Kämmel über „Staat und Nation" u. a. folgendes: - Was ist nun nach unseren heutigen Begriffen und auch nach der antiken Anschauung der Staat? Un zweifelhaft eine grotze rechtlich geregelte Gemeinschaft, die ein bestimmtes Landgebiet besitzt, auf unbegrenzte Dauer berechnet und souverän, d. h. von jeder anderen irdischen Gewalt unabhängig ist. Daraus folgt ohne weiteres das Recht und die Pflicht, sich nach nutzen und innen zu behaupten, also den Waffenschutz nach autzen, den Rechtsschutz nach innen zu leisten. Das sind zugleich die unerläßlichen und unveräußerlichen Auf gaden des Staates: alle anderen sind erst später mit dem Wachstum der Kultur hinzugekommen und stehen dahinter zurück, machen das Wesen des Staates, die souveräne Macht, nicht aus. Im modernen Sinne nähert sich der Staatsbegriff dem Begriff der Nation in moderner Auffassung, denn an sich setzt der Staat die Nation nicht voraus. Das Wort natio bezeichnet allerdings eine durch die Geburt, also die gemeinsame Abkunft verbundene Gemeinschaft; allein diese ursprüngliche Bedeutung erschöpft den modernen Begriff der Nation keineswegs, gebührt eher der Rasse. Ob freilich Angehörige verschiedener, als solche kenntlicher und sich ihrer Verschiedenheit bewußter Rasten jemals zusammen eine Nation bilden können, ist mehr als fraglich. Ein unentbehr liches Merkmal einer Nation ist die gemeinsame Sprache, zugleich das Verständigungsmittel und der Ausdruck des nationalen Wesens: sie darf nicht fehlen, aber sie allein macht die nationale Zugehörig keit nicht aus. Was gehört dann sonst noch dazu, eine Nation zu bilden? Offenbar das, was bei einer solchen heute überall vorhanden ist, die Gemein samkeit der Sitte und der Anschauungen, der Bedürfnisse, der geistigen Güter und der Erinne rungen, und als Resultat aus dem allem das Gefühl der o-emeinsamkeit und der Sonderung von anderen Völkern, Dinge, die nur langsam heranwachsen. Die Nation im modernen Sinne ist also weder eine natürliche noch eine künstliche, sondern eine historische Bildung. politilche Nachrichten. Aus dem Reichstagswnhlkreis Döbeln-Rohwein. Ic. Am Sonntag fand in Döbeln eine starkbe- suchte öffentliche Versammlung statt, in der der Vor- sitzende des Nationalliveralen Vereins im 10. sächsischen Neichstagswahlkreise. Landtagsab- geordnetcr Dr. N i o t h a m m e r - Waldheim, mit teilte, datz die Jahresversammlung dieses Vereins einstimmig beschlossen habe, den nationalliberalen Abgeordneten Liz. Eoerling wieder als Reichs tagskandidaten im 10. Wahlkreise (Döbeln. Leisnig, Waldheim, Rotzwein, Rosten, Hartha. Geringswalde, Mügeln) aufzustellen. Diese Mitteilung wurde mit lebhaftem Beifall ausgenommen. Abgeordneter Ever- ling habe die Kandidatur angenommen Ferner sei beschlossen worden, die konservative und die Fort schrittliche Dolkspartei hiervon in Kenntnis zu setzen und zur Unterstützung der Kandidatur aufzufordern. Damit trete man in den Wahlkampf ein, genau an demselben Tage, wie vor vier Jahren. Abgeordneter Eoerling hielt hierauf einm Vortrag über die poli tische Läge, in der er die Notwendigkeit des Kampfes gegen die Sozialdemokratie, des Zentrums und seine Verbündeten betonte. Eine Afrikareise des Kolonialstaatsfekretärs. Nach der „Deutsch. Tagesztg." beabsichtigt der Kolonialstaatssekretär v. Lindequist im Früh jahr die Kolonie S ü d w e st a f r i k a zu be reisen. Wenn auch Staatssekretär v. Lindequist von seiner früheren Tätigkeit als Gouverneur der Ko lonie Südwestafrika und seiner Afrikareise im Auf trage Dernburgs die Verhältnisse Deutsch-Südwest afrikas sehr genau kennt, so dürfte bei der schnellen Entwickelung dieser Kolonie die jetzt geplante Reise doch neue wertvolle Eindrücke für den Kolonial staatssekretär bringen. Zur Bergarbeiterbewegung im Ruhrgebiet. Berlin, 9. Januar. (Tel.) Im Ruhrrevier fan den gestern Bergarbeiter- und Beleg schaftsoersammlungen statt, die sich mit der Lohnfrage beschäftigten. In einer in den christ lichen Versammlungen angenommenen Resolu tion werden die Bergarbeiter aufgefordert, sich nicht durch Beschlüste von Belegschaftsversammlungen be einflussen zu lasten. Zn den Versammlungen der drei anderen Verbände wurde eine Resolution gutge- heitzen, die sich für die W e i t e r v e r f o l g u n g der aufgestellten Lohnforderungen durch Vermittelung der Arbeiterausschüsse ausspricht. l05. Jahrgang. Strahendemonstrationen in Metz. Metz, 9. Zanuar. (Tel.) Die bekannte Sportver einigung „Lorraine Sportive" hatte für gestern nachmittag ein Konzert im „Ternunus- Hotel" geplant, das aber von der Polizei nicht ge. nehmigt worden war. Trotzdem versuchten die Teilnehmer, das Konzert zustande zu bringen, worauf die Polizei zur Auflösung schritt. Die in zwischen angewachsene Menge zog hierauf unter dem Rufe: „Dive Lorraine" und dem (besang des „Sambre et Meuse-Marsches" und des Marsches „Lorraine" durch mehrere Straßen zum Marschall-Ney-Denkmal, wo eine mit Beifall aufgenommene Rede gehalten und Rufe „Dive la France" ausgestoßen wurden. Diese Rufe wiederholten sich mehrfach, auch wurde die Marseillaise gesungen. Als in der Ladou cette-Straße die Schutzmannschaft die auf mehr als tausend Personen angewachsene Menge zu zerstreuen suchte, nahm diese eine drohende Haltung an. Zwei Soldaten eilten zur Hauptwache, die alarmiert wurde, mit aufgepflanztem Seitengewehr anrückte und die anliegenden Straßen abjperrte. Die De» monstrationen auf der Straße dauerten bis 11 Uhr abends. Es wurden acht Personen fest genommen. Acht Personen sind verletzt. Streik der Schulkinder. Paris, 9. Zanuar. (Tel.). Zn Toulon und Umgebung beschlossen die Schulkinder wegen mangelhafter Heizung zu streiken. An dem Streik, der heute beginnen soll, werden sich 11000 Schüler und Schülerinnen beteiligen. Unruhen in Lissabon. Lissabon, 9. Januar. (Tel.) Die Geschäftsräume dreier monarchischer Zeitungen waren heute gewalttätigen Angriffen ausgesetzt, wobei Betriebsmaterial zerstört wurde. Die Ee. schäftsräume wurden deshalb unter den Schutz republikanischen Militärs gestellt. Die königliche Familie in Sybin Zittau, 8. Zanuar. Ein prächtiger windstiller Wintertag war der königlichen Familie zu ihrem heutigen Sport ausfluge nach Oybin beschieüen. Obwohl die Temperatur ziemlich mild war und nicht an Januar kälte erinnerte, prangte Loch das ganze Gebirge mir seinen Wäldern und Felsenklüften in schönstem Winterschmuckc. Der starke Schneefall am Sonnabend hatte aber nicht nur die Reize der Landschaft erhöht, sondern auch die Rodelbahn in einen vorzüglichen Fahrzustand versetzt, so datz den königlichen Gästen nach jeder Seite hin ein voller Genutz gesichert war. Kurz vor 11 Uhr vormittags lief der Sonderzug auf dem Bahnhöfe ein, vor dem sich ein nach Hunderten zählendes Publikum versammelt hatte. Stürmische Hochrufe erschallten, als der König nach kurzem Empfang auf dem Perron das Bahnhofs gebäude verließ und sich mit den Prinzen und Prin zessinnen nach dem bereitstehenden Sonderzug der Ge birgsbahn begab. In Begleitung der königlichen Familie befanden sich die Hofdame Frl. v. d. D ecke n und Major v. Könne ritz. Der König und der " Sein eigener Lohn. Roman votzi R. Ottolengui. (Nachdruck verboten.) Erstes Kapitel. Las Städtchen Lee liegt am linken, südlichen Ufer des seichten Lampreyflusses. Es bietet ein landschaft liches Bild, wie es für diesen Teil Nordamerikas geradezu charakteristisch ist. Etwas oberhalb eines Wehrs führt über den Lamprey eine eiserne Brücke, die das Städtchen mit den jenseits des Flusses ge legenen Farmen verbindet. Die Landstraße beschreibt von der Brücke aus einen weiten Bogen nach Norden und verläuft schließlich aus dem sanften Hang des rechten Ufers beinahe parallel mit dem Fluste. Mit diesem Bogen umfaßt sie den prächtigen Park der Riversidefarm, deren Gebäude etwa einen halben Kilometer vom Fluhufer entfernt sind. Es war ein ungewöhnlich milder Spätherbstnach mittag. Vor dem Sommerhause, das nicht weit vom Wohngebäude auf einem großen Rasenplatz steht, war eine große Tafel im Freien aufgeschlagen; wie die Gedecke zeigten, hatte man bereits gespeist. Jetzt saßen nur noch zwei ältere Herren am Tische. Das junge Volk durchzog zum Teil in kleinen Gesellschaften üen Park, zum Teil vergnügte es sich auf dem nahe gelegenen Lawn-Tennisplatz. Die beiden Herren rauchten behaglich ihre Zigarre und sahen den schlanken Gestalten der Tennisspieler zu. Einer der beiden, ein stattlicher Mann mit dunklem Haar und Bart, streichelt« eine große Dogge, die vor ihm stand, während sein Auge den hin und her fliegenden Bällen folgte. „Eine Freude, den beiden da zuzusehen", nahm der andere das Wort, „finden Sie nicht auch, Herr Lewis?" „Ein prächtiges Paar, Alice Marvel und Harry Lukas", bestätigte der Angeredete, „man sollte meinen, ihr Ball wolle den Boden nicht mehr berühren. Ich glaube, die beiden sind ibren Freunden Walter und Virgie im Tennis noch über. Schade, datz die beiden nicht auch mitspielen. — Das hängt vielleicht mit ihrem Temperament zusammen, Herr Richter!'^ fügte Lewis nach einer kleinen Pause hinzu. Ich glaube das auch", pflichtete ihm der Richter bei. „Sehen Sie nur, wie die kleine quecksilbrige Alice fliegt und sich biegt l Aber ich wette, Ihre Richte gäbe ihr auch in diesem Spiel nicht viel nach. Walter Marvel ist etwas zu schwerfällig im Vergleich zu Harry Lukas. Lukas ist ein Brausekopf, er hat mehr Temperament." Lewis schüttelte den Kopf. „Was heißt „mehr Temperament"?" sagte er. „Walter hat sich besser in der Gewalt als Lukas, genau wie meine Nichte ihren Gefühlen und Im pulsen eine stärkere Meisterin zeigt, als die kleine Alice. Virgie besitzt eine ganz ungewöhnliche Willensstärke. Ader glauben Sie mir, Richter Olney, unter Virgies scheinbar kühlem Aeußeren verbirgt sich ein leidenschaftliches Gemüt; und wenn Walter Marvel einmal die Herrschaft über sein Blut verlöre, so wären die Folgen viel unübersehbarer, als bei dem Hitzkopf Lukas." Der Richter paffte an seiner Zigarre und dachte über Lewis' Behauptung nach. „Das ist schon möglich", gab er zu, „auf jeden Fall sind diese zwei da, Harry Lukas unü Alice Marvel, ebenbürtige Partner. Und es scheint, daß die beiden auch Partner fürs Leben sein werden." „Ich halte es nicht für ausgeschlossen", bemerkte Lewis, „trotzdem Jugendfreundschaften selten zu wirk licher Liebe führen. Seit seinen Jugendtagen ist unser vierblättriges Kleeblatt unzertrennlich. Aber trotzdem verkehren diese beiden ganz anders mit einander als Virgie und Walter Marvel. Wo Virgie nur steckt? Jedenfalls macht sie ihren Gästen im Parke die Honneurs!" „Ich wette, sie ist nicht weit von Walter Marvel!" meinte der Richter Olney lächelnd. „Das gäbe erst ein Paar, das schönste weit und breit!" Ein fast unmerklicher Schatten zog über Lewis' Stirne. - Dann sagte er nachdenklich: „Unglaublich, wie die Jahr« verfliegen! Dor fünfzehn Jahren habe ich dieie Farm gekauft und mich hier angesiedelt, fünf Jahre später kamen die Marvels. Ich sehe sie heute noch als Kinder auf dem Rasen da spielen, und jetzt können sie bereits ans Heiraten denken!" „Ja, ja", stimmte Olney ihm b«i. „Fräulein Virgie ist bereits mündig!" Lewis schien diese Wendung des Gesprächs nicht angenehm zu sein. Er runzelte ein wenig die Stirne. Dann schaute er auf seine Uhr und bemerkte: „In einer halben Stunde beginnt das Wett schietzen unseres kleinen Schützenklubs. Wollen wir nicht noch ein wenig spazieren gehen, Herr Richter, bevor es seinen Anfang nimmt?" Die beiden Herren erhoben sich und begaben sich, gefolgt von der prächtigen Dogge des Gutsbesitzers, in den Park. Der Richter Olney hatte sich mit seiner Annahme nicht getäuscht. Die andere Hälfte des „vierblättrigen Kleeblatts", wie er die Jugendfreunde, die gleich zeitig auch die Mitglieder des Schützenklubs waren, genannt hatte, Virginia Lewis und Walter Marvel, war beisammen. Unten auf der Wiese am Flusse lustwandelten sie. Sie waren offenbar in ein sehr ernsthaftes Gespräch vertieft und schenkten weder den rötlichen Kelchen der Herbstzeitlosen, mit denen der braune Herbsttexpich bestickt war, noch den pracht vollen schwermütigen Wolken über dem Horizont einen Blick. Sie hörten nicht einmal den fröhlichen Festlärm, der gedämpft vom Parke herunterklang und sich in das leise Murmeln des Flusses mischte. Der junge Mann batte seine Hand unter den Arm des hochgewachsenen Mädchens geschoben. „Laß mich nicht länger bitten, Virgie", drängte er, „wozu das lange Warten? Laß mich heut' mit deinem Onkel reden! Du bist volljährig, heute be gehen wir festlich deine Volljährigkeit, selbst wenn er dagegen wäre, könntest du ja jetzt nach deinem Gutdünken handeln." Aber das Mädchen ließ sich nicht wankend machen, trotzdem der feste Zug um ihren Mund durch ein Lächeln gemildert wurde. „Laß bas, Walter", wehrte sie ab. „Wir haben ja noch lange Zeit vor uns. Es eilt doch nicht so sehr." „Warten, immer warten!" rief Walter Marvel in unmutigem Tone. „Immer wieder vertröstest du mich, immer wieder verschiebst du die Frist. Habt denn ihr Mädchen kein Herz im Leib? Warum denn warten und immer wieder warten?" Virginia Lewis lächelte über das Ungestüm ihres Geliebten. Ihr dunkles Auge ruhte eine Minute leuchtend auf ihm. In diesem Augenblick klangen die Schläge eines Gong« vom Park herunter. „Komm, Walter", sagte Virginia. „Hörst du? Das erste Zeichen, daß in einer Viertelstunde das Wettschießen beginnen soll! Beeilen wir uns, damit es nicht auffällt, daß wir uns von meinen Gästen ab gesondert haben." Walter hatte ihre Hand ergriffen. „Ich lasse dich nicht los", sagte er entschlossen, „hier und jetzt mutz die Sache entschieden werden. Erlaubst du mir, daß ich bei deinem Onkel, als deinem Pflegevater — du nennst ihn ja Vater —, um Leine Hand anhalte?" Ihre blitzenden Augen kreuzten sich für einen Augenblick, dann sah Virginia zu Boden. Vergebens suchte sie ihre Hand aus seiner Umklammerung los zumachen. Noch zögerte sie einen Augenblick mit ihrer Antwort. Dann sagte sie lächelnd: „Ich will dir eine Bedingung stellen, Walter. Wenn du mich heut' am Schietzstand besiegst, magst du mit Vater reden.. Aber nur unter dieser Bedingung. Und jetzt, bitte, laß mich los! Und beeilen wir uns!" „Einverstanden!" rief Walter freudig aus. „Der Preis ist höher, als unsere beiden Klubgenossen, meine Schwester und Harry Lukas, sich träumen lasten!" Er ließ den Arm des Mädchens los. und eilends entfernten sie sich in der Richtung nach der Schieß bahn, die weiter oben im Parke lag. Die Gäste, die bei ihrer Ankunft bereits versammelt waren, be grüßten sie mit lauten Zurufen. „Der Festgeberin der erste Schutz!" rief Lukas galant, und überreichte ihr ihren Revolver, der bis her in einem Kästchen am Stand geruht hatte. „Virgie", rief ihre kleine Freundin Alice, „zeig' jetzt, was du kannst! Im Tennis hab' ich dich heute morgen geschlagen, aber im Revolverschietzen bist du mir weit über!" „Nur nicht so mutlos, Schwesterchen", redete lachend Walter Marvel auf das Mädchen ein, offenbar um die Geliebte zu necken, „du darfst dich nicht von vorn herein verloren geben." „Nein, nein", setzte Lewis hinzu, der zusammen mit dem Richter Olney ebenfalls dem Eongsignal Folge geleistet hatte, „strengen Sie sich nur tüchtig an? Vielleicht ist Ihnen das Glück doch nicht so ungünstig gesinnt?" Virginia Lewis eröffnete das Wettschietzen, woran sich außer den vier Mitgliedern des kleinen Klubs noch einige andere Gäste beteiligten. Schon nachdem die Teilnehmer ihren ersten Schutz abgefeuert hatten, war es klar, datz die Mitglieder des kleinen Klubs am besten schollen. Aber nur ein Schutz saß im Schwarzen: Diese Kugel stammte ans Virginia Lewis' Revolver. Dafür wurde ihr allgemeiner Bei fall zuteil, und der Richter Olney svrach ihr seine Ve wunderunq ganz besonders aus. Nach dem zweiten Schutz wiesen Virginia und Alice die gleiche Zahl von
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