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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.11.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-11-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101125027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910112502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910112502
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-11
- Tag 1910-11-25
-
Monat
1910-11
-
Jahr
1910
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BezuflS-Preit lür riripj^g und voror» durch m-kr, IrL-er und kv«dil<ur« 2»al »Iiltch m» Hau« gedrachl: SV lonall., Llv^k dirrttljtbrt BN unirr» gllial«» ». An» uaymefteUen ndgehol» 7S »onatl, L.SL dikrnIiLdrl. Lurch dt« Pult: I»n«rb«Id Drulichlanb« und der druAche» Kolonien »«erlrlitdrl. <t.»0 monatl. I^i» .4- autlchu Postdestellgeld. ferner m Belgien, LLnemurk, den Tonauslaaten, Italien, vuremdurg, Niederlande, Nor- weaen. Oellerreich Ungarn, NudlanL, Schweden, Schwei, u. Spanien, Ju allen lldrigen Staaten nur direkt durch dir lörichLitsiielle de« Blatte« erhtulich. da« Leipziger Tageblatt erlchrint 2 mal Lglich, Sonn- u. Frirriag« nur morgen«, illvonne ent-Lnnaame: vugullutplatz 8, bei unleren TrLgern, Filialen, Lpedileurea und A»nadm«ltellen. iowie BoüLmtern und Bnesirtgern. liiu,el»erkaui«prei« »rr Morgen- autgab« Itt der abend u«qabe ü ch, Siedakttoa und GrlchäfttArllrr Iohanniogasle o- gernlprecher: I4t>8^ 14603, I4SV4. Abend-Ausgabe riprigtr TagtblM Handelszeitung. Amtsblatt -es Nates und -cs Volizciamtes Ser Stadt Leipzig. Nr. 325. Frettsy, üen 25. November l9l0. Anzelqen-PreiL chr Inlerare au« ri«iv,>g »na Umgebung di» «geivallene so mm breite veniieil« 2b dt« 74 mm breite llteklaniejeile l von auswärts tt) LZ, bteklameu l.20 Inserate von Bebdrden m amilichen Tell dt« 74 mm drctt« Petttzelle 4» LZ. Geschtitian^igen M,I P a»vorschr>lten und in der AdendausHLde in> prene eryabt. btavall nach Laris. BeUagegebübr 5 p. Tausend exkl. Boltgebühr. Feltertetlle Bu'träge können nichl zurlllt- gezogen werben. ,Zür oas arichemen an vepimmlen Lagen und Plätzen wird kein« Garantie übernommen Antigen-Annahme: Augu'tutzplatz 8, bei sämtlichen Ailmlen u. allen «nnonren- Ejpedilione» de« In- und Au«lande«. Haupk-Ftllale ver'ta: Carl Duncker, Herzogl, Baur. Hofbuch» hanolung Lützowstiane 10. (Tel vhon VI. Nr. 4E-. Haupt-Ztliale Lretzdea: Seeitr -g- 4,1 (Lelephoa 4621). lv4. lluhrgung. Ueber üie bralilisnilche Msrinereoalte liegt jetzt der erste ausführliche Bericht vor, dessen Inhalt sich allerdings teilweise mit Len von uns be reits gebrachten Meldungen Leckt. Es handelt sich also bestimmt nur um Meutereien aus drei brasilianischen Kriegsschiffen. Die Stadt ist tatsächlich beschossen worden, doch trägt die Bewegung keinen politischen Charakter. Der Kongreß, an der Spitze Präsident da Fonseca, ist mit den Meuterern in Unterhandlungen eingetreten: Rio de Janeiro, 25. November. (Tel.) Die Meuterei aus den Kriegsschiffen brach in dem Augen blicke aus, als der Kommandant des „Ni inas Gera e s" von einem Diner auf dem französischen Kreuzer „Dugnay Tronin" an Bord seines Schiffes zurückkehrte. Der Kommandant, zwei Offi - ziereund einige Matrosen, die Widerstand leisteten, wurden unter dem Rufe: „Hoch die /Frei heit!" ermordet, andere Offiziere schwer ver wundet. Die Revolte brach gleichzeitig auch auf den Schiffen „SaoPaulo" und „B ahia" aus. Alle Offiziere wurden an Land gesetzt. Der Matrose Joao Candido übernahm das Kom mando des Geschwaders, das reichlich mit Munition und Lebensmitteln versehen war. Die Kohlen wur den aus Privatniederlagen und aus der für die fran zösischen Postdampfer bestimmten Niederlage requi riert. Die Meuterer teilten sofort dem Präsidenten Hermes da Fonseca durch Funkspruch ihre Forderungen mit: Abschaffung der körperlichen Züchtigungen, Er höhung des Soldes, Verminderung der Arbeit, mit der die Matrosen überlastet würden, weil die Be satzungen der Schiffe unvollständig seien. Sollten diese Forderungen abgewiesen werden, würden sie die Stadt und die übrigen Schiffe be schieße n. Die Regierung antwortete hierauf nicht, und bald begann ein ziemlich mäßiges, zuweilen aussetzendes Eeschü tz feuer, das die aanze Nacht andauerte und die Bevölkerung in Schrecken versetzte. Morgens sah man Schiffe mit roten Flaggen in der Bucht liegen. Treugebliebene Torpedo- bootszerstKrer gingen in der Bucht vor Anker für den Fall, daß sie Befehl erhielten, ans die Meu terer zu schießen. Um 7 Uhr früh passierten die „M'nas Eeraes", „Sao Paulo" und „Bahia" Flo rians Barr« und gaben Feuer auf die Festung, die aber nicht antwortete. Die meuternden Schiffe ma növrierten außerhalb der Bucht in vollständiger Ord nung. wendeten dann und kehrten in die Bucht zurück. Sie nahmen gegenüber der Stadt Stellung und gaben nach verschiedenen Richtungen Geschützfeuer ab. Ein kleines Geschoß traf ein Hans in der Mitte der Stadt: eine Frau und zwei Kinder wurden getötet. Wäbr->nd des Tages wurde das Feuer be sonders auf das Marinearsenol gerichtet Um 1 Ubr vormittags begab sich der Deputierte Car- valho an Bord der „Sao Paulo", um mit den Meuterern zu verhandeln. Sobald Carvalho wieder an das Land zurückkehrte, begab er sich in die D e p u t i e r t e n k a m m e r, die zu einer Sitzung versammelt war, und erstattete Be richt über seine Verhandlungen. Die gesamte Kam mer sagte der Regierung Unterstützung zu. Im Senat gab Ruy Barbosa namens der Oppo sition ebenfalls Erklärungen zugunsten der Regierung ab. Carvalho begab sich nun wieder an Bord der Sao Paulo und überbrachte den Meuterern die Auf forderung. sich zu ergeben. Die Meuterer gaben darauf die Absicht kund, sich nicht eher zu er geben, als bis der Kongreß eine allgemeine Amnestie beschloßen habe. Die Torpedoboolszer- störer zogen sich aus dem Feuerbercich zurück. Die Meuterei steht in keiner Beziehung zur Politik. Der englische Gesandte hat gegen die Absicht, die Panzerschiffe mit Torpedos zu beschießen, Widerspruch erhoben, weil sie englische Staat s- angehörigean Bord hätten. Ein augenblick lich in Montevideo liegendes englisches Ge schwader erhielt den Befehl, sich n a ch R i o de Janeiro zu begeben. Der hier liegende portu giesische Kreuzer „Adamastor" schob seine Abreise auf Wie die Blätter melden, ist Präsident Hermes d a Fonseca geneigt, einen Amnestieerlaß zu unterzeichnen, sobald er vom Kongreß angenom men iein wird. Von der „Minas Gera's' wurde dem Präsidenten durch Funkenspruch mitgeteilt, die Meuterer erwarteten mit Vertrauen die Entscheidung der Regierung. Die Lage im Lande. Paris, 25. November. (Tel.) Nach einem dem hiesigen „Courier de Drasile" zugegangenen Tele gramm erhielten die Truppen der Armee so wie die gesamte Polizeimannschaft den Befehl, sich in den Kasernen marschbereit zu halten. Den Artilleriercgimentern wurde befohlen, mit ihren Ge schützen die die Stadt umgebenden Anhöhen auf das erste Signal hin zu besetzen. Die Bevölkerung hat kolossales Vertrauen zu der Re gierung. Matrosen des Panzerschiffes „Minas Geraes" haben die mit zahlreichen Kugeln durch bohrten Leichen ihrer Schutzkommandanten und dreier Offiziere an Land gebracht, ohne die Auf merksamkeit der Truppen auf sich zu lenken: ebenso konnten sie wieder unbehelligt an Bord zurückkehren. Der Ausgang der Revolte. New Pork, 25. November. (Del.) Nach Kabel nachrichten aus Rio de Janeiro boten die Meuterer der Regierung die Uebergabe an. — Der Senat nahm einstimmig einen A m, n e st ie v o r s ch l a g an. Die Kammer hat ihre Be ratung noch nicht beendet. Rio de Janeiro, 25. November. (Tel.) In der Deputiertenkamm? r machte sich bei noch im mer nicht beendeter Debatte gegen den Amnestie entwurf eine starke Opposition geltend. Gegen abend schien sich Las Geschwader von neuem in Be wegung setzen zu wollen. Um 7,30 Uhr beschoß die „Minas Eeraes" ein treugebliebenes Ka nonenboot. poliillüie NglhrilMen. Graf Solms-Wildenfels -f. Dresden, 25. November. (Tel.) Heute früh 7 Uhr starb in Wildenfels Friedrich Magnus Traf und Standesherr zu Solms-Wildenfels, Mit glied der Ersten Sächsischen Ständekammer, nach längerer Krankheit an einem Krebsleiden. Graf Friedrich Magnus von Solms-Wildenfels wurde am 26. Juli 1847 in Chulmitzjch geboren, hat also ein Alter von 63 Jahren erreicht. Er war seit 1874 mit der Gräfin Anne o. Bentrmk ver heiratet. Der Ehe entstammen fünf Kinder. Lange Fahre hindurch gehörte er als Besitzer der Herrschaft Wildenfels als Mitglied der Er st en Sächsischen Ständekammer an. Seit dem letzten Landtag ist er aus Gesundheitsrücksichten aus dieser Stellung ausgeschieden. Der beauftragte Vertreter ist Regierungsamtmann Graf zu Castell-Castell, ein Schwiegersohn des Grafen von Hohenthal. Die Interpellation über die Kaiserrede soll, wie „Nat. Ztg." meldet, wenn irgend möglich, noch am Freitag erledigt werden, vorausge setzt, daß die Debatte über die Fleischnot im ersten Teile der Sitzung zu Ende geführt werden kann. Für die nationalliberale Partei wird der Äbg. Bassermann das Wort ergreifen, um in einer Erklärung den Standpunkt der Partei darzulegen. Wenn auch die Ansicht vorherrscht, daß niemand dem Kaiser verwehren könne, seinem religiösen Empfinden Ausdruck zu geben und über die Auffassung zu sprechen, die er persönlich von seiner eigenen Stellung hegt, so würden es weite Kreise im Volke doch nicht ungern sehen, wenn jede Gelegen heit vermieden würde, die Person und die Hand- lungeii des Kaisers in Debatten zu ziehen, deren Nachwirkung der Monarchie nur ab abträglich sein kann. Die Reichsversicherungskommission erledigte am Freitag die Seeunfallver sicherung und zog dabei, abgesehen von redaktio nellen Aenderungen, nur Folgerungen aus den Be schlüßen der gewerblichen Unfallversicherung. Alle Beschlüsse, die finanzielle Belastungen bedeuten, wer den, wie in der ganzen zweiten Lesung der Reichs versicherungsordnung, für eine dritte Lesung zurückgestellt. — Freitag beginnt die Beratung des Buches Invalidenversicherung. Zum Berkaus des Tempclhoser Feldes. Eine Interpellation über den Verkauf des Tempelhofer Feldes wird nicht mehr eingebracht werden, da diese Angelegenheit bei der Etats beratung zur Sprache gebracht werden wird. Die Fraktionen haben für die Etatsberatung die Haupt redner bereits bestimmt. — Im übrigen häufen sich die Proteste gegen das Vorgehen des Staates. Der Berliner Zentralausschuß für die Anstede- lungsfrage nahm am Donnerstag zum Verkauf des Tempelhofer Feldes und der Frage der Bebauung des Geländes in einer Versammlung Stellung. Be sonders scharfe Kritik übte Pastor Nithak- Stahn von der Kaiser-Wilhelm-Eedächtniskirche an diesem Geschäft des Fiskus. Die deutsch-französische Erenzkonferenz in Afrika. Paris, 25. November. (Tel.) Die Arbeiten der deutsch-französischen Konferenz zur Abgrenzung von Togo und Dahomey neLmen ihren Fortgang und werden zu ihrer Erledigung wahrscheinlich noch einige Zeit beanspruchen. Die Annahme der Lansdowneschen Resolutionen. Das englische Oberhaus nahm, wie wir bereits in der heutigen Morgenausgabe meldeten, in der Sitzung am Donnerstag die Finanzbill an. Hierauf wurde die Debatte über die Lansdowneschen Resolutionen wieder ausgenommen. Die Resolutionen wurden schließlich angenommen. Ueber den Schluß der Sitzung liegt folgender Bericht vor: London, 25. November. (Tel.) In der weiteren Debatte, die sich bis in die späte Stunde hinzog, traten noch die Lords Nunburnholme und Brassey für die Regierung ein. Von der Regierung sprach als letzter Viscount Morley und gab der Vermutung Ausdruck, daß die Bereitwilligkeit, die die Lords gezeigt haben, ihre Privilegien aufzugeben, auf eine Täuschung hinauslaufe. Die Form der Re solutionen gebe dem Verdachte Raum, daß die Lords unter dem Vorwande, das Oberhaus zu re formieren, das Unterhaus schachmatt setzen wollten. Dann wurde dem Anträge Lans- downes, das Haus möge sich als Kommission kon stituieren, um die von ihm eingebrachten Resolutionen zu beraten, zugestimmt. Die Resolutionen selbst wurden darauf angenommen. — Earl of Crewe erklärte hierauf, die Regierung billige zwar die Resolutionen nicht, wolle ihnen aber nicht widersprechen, da es offenbar sei, daß das Haus wünsche, daß sie durchgehen. Das Haus beschloß ferner, daß die Resolutionen Lansdownes und Roseberys dem Unterhause mitgeteilt werden sollen. Die Kretafrage. Konstantinopel, 25. November. (Tel.) Der Minister rat beschäftigte sich gestern mit der Kretafrage und beschloß, bei den Kretaschutz mächten gegen die Eidesleistung auf den Namen des Königs der Hellenen sowie gegen den Be schluß der kretischen Kammer zu protestieren, ferner die definitive Lösung der Kretafragc zu ver langen. — In der Pforte nahestehenden Kreisen hofft man, daß die Kretaschutzmächte eine Erklärung abgeben werden, die dabin geht, daß sie den Beschluß betreffend den Anschluß an Griechenland als nichtig ansehen. Kanea, 25. November. (Tel.) Infolge der vor gestrigen Eröffnung der Kammer im Namen des Königs der Hellenen protestierten die musel manischen Deputierten abermals beim Prä' sidium der Kammer und den Konsuln. Die Lage in Mexiko. New York, 25. November. (Tel.) Nach einem Telegramm aus Ciudad von Porfirio Diaz ordnete die Regierung die Einziehung des ge samten Eigentums Maderos an, dem aus gedehnte Besitztümer im Norden Mexikos gehören. Die Regierungstruppen beschlagnahmten große Men gen Sprengstoffe, die als Minenmaterial aus den Vereinigten Staaten eingeführte sein sollen. Sus Leipzig und llmyegenü. Leipzig, 25. November. Wetterbericht der Königlich Sächsischen Landeswetter warte zu Dresden. Voraussage für Len 26. November 1910. Nördliche Winde, veränderliche Bewölkung, kalt, zeitweise Schnee. Pöhlberg: Ununterbrochen starker Nebel, starke Schneedcke, fester, guter Weg bis Annaberg, Bäume stark mit Rauhfrost behangen. Fichtelberg: Gute Schlittenbahn bis in die Täler hinab, starker, anhaltender Reif, glänzender Sonnenaufgang, Morgenrot. Zm LpStlammer üer Liebe. 3) Roman von B. Corony. (Nachdruck verboten.) „Der Oberregisseur unseres Theaters, Ludwig Giers, war zur Zeit, als der Magnat noch lebte, in Pest als Heldendarsteller engagiert und mit Almaßy, der sich für alle Zweige der Kunst interessierte, eng befreundet. Giers, der mich von allem, was ich dir erzählte, in Kenntnis setzte, verkehrt auch jetzt viel in dem gastfreien Hause und hat mich dort oorgestellt, weil bei den häufigen Festlichkeiten zuweilen kleine Aus führungen stattfinden. Unter den Geladenen sind übrigens immer viele Künstler und Künstlerinnen. Am Abend des nächsten Donnerstag ist wieder Souper und Ball bei Frau von Kronau. Kolossal viele Ein ladungen ergingen bereits. Eine ganze Reihe von Vorträgen ist in Aussicht genommen. Auch lebende Bilder werden gestellt. Diese Arrangements haben Giers und ich übernommen. Willst du — deine Augen funkeln ja vor Begierde — so nehme ich dich mit." „Aber Karl, was fällt dir ein? Ich bin ja der Dame ganz fremd." „Ach, ich habe bei solchen Gelegenheiten schon manchen Freund mitgebracht. Das wurde mir in liebenswürdigster Weise ein- für allemal erlaubt." Aber ich kann mich doch nicht als Geheimpolizist vorstellen laßen." „Nein, nein, das klingt wirklich zu gefährlich", stimmte Engelmann lachend bei. „Ist aber auch gar nicht nötig. Glaubst du, di« Gastgeberin nimmt von jedem, der ihren gesellschaftlichen Veranstaltungen beiwohnt, Notiz oder kenne ihn auch nur? Da irrst du, mein Sohn. In gewißem Sinn kommen für die schöne Etelka Don Juans Worte in Betracht: „Hier gilt kein Stand, kein Name. Hier herrscht ein freier Sinn." — Also willst du?" „Es würde mich aus mehr als einer Ursache leb haft interessieren, diele Dame, die mir jetzt flüchtig wie eine Vision entschwand, länger und in größerer Nähe sehen und beobachten zu können. Aber ich weiß doch nicht, ob es angeht/' „Brauchst gar keine Sorge zu haben! Selbst wenn ich in die höchst unwahrscheinliche Lage käme, dich oor- zustellen, würde sich die Witwe mit dem Namen Werner begnügen und nicht danach fragen ob du ein Student oder vielleicht ein Künstler bist. Junge Herren sind Etelka, namentlich bei einem Dalle, immer sehr willkommen, denn es liegt ihr daran, daß keine Dame als Mauerblümchen den Saal deko riert. — Nun ist's aber Zeit, daß ich zur Probe gehe. Weiteres erzähle ich dir demnächst. Es bleibt also dabei? Ich hole dich Donnerstag ab." „Ich werde bereit sein." Werner ging ganz in seinem Beruf auf und brachte unwillkürlich alles in Beziehung zu diesen. Es war ihm, als müße ein seltsames, der Lösung harrendes Geheimnis die schlanke Brünette umgeben. Oder beschäftigten sich seine Gedanken nur deshalb so viel mit ihr, weil man eine mittelgroße, schlanke, tiefverschleierte Dame in der Nacht vom 15. zum 16 Juli hatte die Wohnung Therese Gusenbauers verlaßen sehen? Aber was sich damals zutrug, konnte doch nicht in Zusammenhang mit der vornehmen Frau stehen. Zudem war ja nach ärztlichem Befund die Todesursache eine natürliche gewesen, und man raubte der Wucherin weder Geld noch Wertsachen. Trotzdem konnte der eifrige Kriminalist nicht an die Harmlosigkeit der Vorgänge glauben. Don wem und weshalb waren alle Schränke und Schubladen so durchwühlt und ihres Inhaltes ent leert worden? Offenbar doch nur. weil jemand ver zweifelt nach einem Gegenstand suchte, dessen Heraus gabe die Alte verweigerte. Dieses Durcheinander werfen und Herauszerren aller Sachen konnte wohl erst nach dem Tode der Gusenbauer erfolgt sein, denn sonst würde diese energische Person Lärm gemacht und sich zur Wehr gesetzt haben. Und wäre wirklich ein plötzlicher, nicht gewaltsam herbeigesührter Todes fall eingetreten — welche Frau, die nicht über wahr haft eiserne Nerven verfügte, wäre wohl imstande ge wesen, neben der Leiche weiter zu suchen? Daß aber jene Fremde, die Euste Weigelt fortgehen sah, die ganze Wohnung durchwühlt hatte, daran zweifelte Werner nicht. In seinem Gesellschaftsanzug begleitete er den Schauspieler Kurt Engelmann zu festgesetzter Stunde. Mit seinem bartlosen Gesicht iah er sehr jung aus und man konnte ihn recht wohl für einen Studenten halten. Als die Freunde kamen, waren die Festräume be reits mit Gästen gefüllt. Ein glänzendes Eewoge von reichen Toiletten und Uniformen blendete das Auge. Der Duft frislber Blumen mischte sich mit neuesten, auserlesensten Parfüms. Wie Engelmann vorher gesagt, beachtete man die beiden kaum. Die Gastgeberin wurde zu sehr um ringt, um jeden einzelnen zu begrüßen oder ihn gar mit den Anwesenden bekanntmachen zu können. Alle Steifheit war aus den prächtig dekorierten Sälen verbannt. Man gruppierte sich völlig un gezwungen, schloß sich denen an, deren Gesellschaft man bevorzugte, und das gab den geselligen Ver anstaltungen der Witwe ganz besonder» Reiz. Etelka gehörte wirklich zu den schönsten Frauen und vermochte auch, weit jüngere in den Schatten zu stellen. Ihre körperlichen Vorzüge wurden durch die pompöse, geschmackvolle Toilette noch bedeutend ge hoben. Es gelang Werner, sich der Dame in unauffälliger Weise zu nähern. Aus ihren großen, schwarzen Augen brannte die versengende Glut des Südens. Das Purpurrot des kleinen, etwas üppigen Mundes stand in reizendem Kontrast zu der matten Bläße des intereßanten Ge sichtes. Was aber vor allem Werners Aufmerksamkeit feßelte, war Etelkas Hand, eine Hand, schmal und ungewöhnlich klein, mit seinen, spitz zulaufenden Fingern und ovalen, wie Achat glänzenden Nägeln. Seltsamerweise befand sich am Goldfinger des einen Kinderhändchens ein Ring von auffallender Gröhe und Form. Der Stein, ein prachtvoller Türkis, saß in merkwürdiger antiker Fassung. Trotz der er wähnten Größe nahm dieses Schmuckstück sich keines wegs plump aus, lenkte aber die Aufmerksamkeit doppelt auf die seltene Schönheit der kleinen, zarten Frauenhand. Engelmann stellte nun doch seinen Freund der Gastgeberin vor, die sich mit Nennung des schlichten Namens begnügte. Ihr Taschentuch fiel zu Boden. Werner hob es auf, und als das Kinderhändchen danach griff, sagte er: „Ein herrlicher Stein, gnädige Frau! Ich sak noch keinen Türkis von so wunderbarer Farbe. Auch die Fassung ist äußerst originell! Gewiß ein kost bares Familienerbstück?" „Nicht eigentlich", erwiderte sie lächelnd. „Sehr alt mag der Ring wohl sein. Vielleicht gehörte er einmal einem indischen Fürsten oder schmückte irgend ein Götzenbild. Leider weiß ich darüber nichts. Mein Vater, ein passionierter Sammler, brachte ihn von seiner Reise mit, wo er das Kleinod für einen kolossalen Preis erwarb. Ich war entzückt über den Stein, dessen Farbe mich förmlich bezauberte, und be stürmte Papa so lange mit Bitten, bis er mir das Juwel schenkte. Don diesem Ring trenne ich mich niemals, obschon er gar nicht an die Hand einer Dame paßt. Aber Türkise sollen Glück bringen, und ich bin nicht frei von Aberglauben. Da es jedoch auch große, starkgeistige Männer wie Napoleon I. und Friedrich der Große nicht waren, gestehe ich diese Schwäche offen ein, ohne mich ihrer zu schämen." Drittes Kapitel. Nach diesem kurzen Gespräch wurde Frau von Kronau schon wieder umringt und widmete sich in zuoorkommenster Weise ihren Gästen. Allen gegen über von vollendeter Liebenswürdigkeit, wußte sie mit dem Wesen der vornehmen Dame so viel natür liche Grazie und herzgewinnende Freundlichkeit zu verbinden, daß auch gesellschaftlich weniger gewandte und schüchterne Personen sich bald von jeder pein lichen Befangenheit befreit fühlten. Sie scherzte und lachte viel, ab«r dennoch meinte der scharf beobachtende Werner, ihre entzückende Heiterkeit sei nicht echt und auf dem Grunde dieser Frauenseele berge sich tiefe Traurigkeit. Unter den lebenden Bildern, die mit ebenso großem Geschick als dekorativer Pracht gestellt wur den, erregte besonders eines allgemeine Bewunde rung. Sogar Werner vergaß über den fesselnden An blick alles, was ihn so lebbaft beschäftigte Da ruhte, von verschwenderischer Fülle frischer Rosen umgeben, das schönste Dornröschen, ein holdes, fast noch kindliches Mädchen. Das gelöste hellblonde Haar umwallte wie eine mattflimmernde Goldflut die zarte Gestalt. Nichts Lieblicheres vermochte man sich zu denken als das feine Gesichtchen. Rosen schmückten das Haar und rankten sich um das milch weiße Gewand der Königstochter. Ueber die Schlummernd« geneigt stand der er- lösende Märchenprinz, ein ideal scköner junger Mann, in dem Werner sofort Theo von Röhling erkannte. „Wer ist das wunderlicbliche Dornröschen?" fragte der Geheimpolizist. „Fräulein Marie Randolf, eine Deutsch-Amerika, nerin, die Millionen von ihrem Dater erbte, der de» verstorbenen Kommerzienrats Arno von Kronau bester Geschäftsfreund war", erwiderte Engelmann. „Ihre Mutter hat auf unbestimmte Zeit in dieser Stadt
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