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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.11.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101126028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910112602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910112602
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-11
- Tag 1910-11-26
-
Monat
1910-11
-
Jahr
1910
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Bezufl-.PreiS »atz»rstell«> -bg«tzotu 7L «»natU, L.LS vxr^NLHrt. v«rch dl« P»k: (»uervaib Druo-hl-md« uvd d«r dovche» K»Iooi«» virrrrliihtt. S t. »muttl. Ut <m«I<Sl. Poftdrftellgrld. g«rner i» Brlgiin, DLn«m«1, d«n Tormuftimreu, Jial^a, vuDemdu«, -iirdrrlaid«, Nor- w«ev. Oehirreich-Uagar», St»8U»»d, kqweveu, Schwvz L. Lpamrn. I» all«» ddrrgen Staat«» aur dir«« durch dl« »ÄchLtUIi-ll« »e« «takte« «rhttMch. Da« Leidiger Laaedtakt «richeau 2 mal tätlich, Sou», u. Aeirri^« »ur morgen». Ldoiweiaeal-Annahme: Uagukutplatz 8, br» untere» Drägern, Mluile», Spediteur«» und Lunahmeftellen. sowie Postämter» u»d lvrietträgeru. Ti»>«lderraui»pret« der Mo«e>»- au«gabe lv^> der «ibendiutgabe S «t. Stedaktto» und Geschifttkell«: ßernchrrchcr! I4LVL l»«L, I4»4. Abend-Ausgabe oipMerTagMalt Handelszeitung. Amlsökatt -es Aales und -es AoNzeiamtes Ser Slaöt Leipzig. Nr. 326 Svnnsdenü, üen 26. November lSlv. Anzeigen-Preis str Anserar» aa» uev,<g an» u»^»u»q dm igetvettene SO nun breit» gcru^l- 2S ch, di» 7t mo» breit» «erlamegeile l do» »»«wärt« SU «ev,i»ea t.2ll ^g: Inserat» von «ebdrden « am^ichea Teil di» 7t ww drrit« Vetitaeüe tu Geschästtanheiqen mir P atzvorschritkr» und i» der »dendautgade <m Preu« erpäht. ptapatl »ach Laris, «eilogegedüür L p. Dauleab extt. Piftgrbähr. flefterteilte Lu> träge wnuen n,chl zurück» aezoge« werde». Mr da« itrschpine» «» beskiouaten tage» und Mäge» wir» lei», tparantie übernomme». »»zeigen. Annahme: tUlguäu«platz 8^ d«! sämtlichen Filiale» u. alle» Annoncen. Expeditionen de« An» und »utla»d««. Haupt-GUial« Verls«: Karl Duncker. Herzogt «a»r. Hofbuch. Handlung Lützowstrane 10. (Del. Phon VI. Rr. 4M8>. Haupt.Filial« Lretdem Seeltr^e 4.1 (Lelephoa 4621). 104. Zahr-ang. Der „unpolitische Novemderlürlt" Der heutige lag, an dem im Reichstage über die Kaiserinterpellation verhandelt wird, ruft Erinne rungen an die Novemberereianisse des Jahres 1908 wach. Den „Deutschen Boten" veranlaht solches Ge denken zu folgendem Aufruf: „Nur sehr ungern erinnert der Vaterlandsfreund an die kritischen Novembertage des Jahres 1908 — jene Zeit, in der Fürst zu Fürstenberg den Kaiser zu amüsieren suchte, indessen der damalige Reichskanzler sich bemühen muhte, düstere Wolken, die sich zwischen Kaiser und Dolk geschoben, zu bannen: nachdem aber dem diesjährigen Novemberbesuch des Kai sers in Donaueschingen wieder allerlei Treibereien des Zentrums gefolgt sind, ist es doch notwendig, auf die Parallelität der Ereig nisse, die in gewisser Beziehung herrscht, hinzuweisen: Im November 1908 war das Zentrum noch poli tisch kaltgestellt; nachdem aber der angeblich ganz „unpolitische" Fürst Fürstenberg den Kaiser in kri tischer Zeit mehrere Tage lang in Donaueschingen umgarnt gehalten, witterte das Zentrum plötzlich Morgenluft. Der Sturz des Fürsten Bülow galt ihm als sichere Sache; und es war in dieser Sicherheit stark genug, um auch die Konservativen von dem gleichen Empfinden beseelen zu können. Was folgte, der Blockbruch und der Kanzlersturz, ist ja noch bekannt genug! Wieder hat der Kaiser mehrere Tage in Donau eschingen geweilt — wieder fühlt sich das Zentrum außerordentlich wohl und zukunftssicher — wieder sieht sich der Reichskanzler vor ernste Sorgen gestellt, wenn auch der Dortrag des Herrn von Bethmann Hollweg in Potsdam, der diesmal auf die Donau eschingen Tage gefolgt ist, in der Öffentlichkeit nicht solches Aufsehen erregt hat, wie der Dortrag des Fürsten Bülow im November 1908. Es war der durch den Fürsten Fürsttnberg veranlaßte Besuch des Kaisers im Kloster zu Beuron und die dort gehaltene Red«, die diesmal in weiten Kreisen sehr unbehag liche Stimmungen ausgelöst, dafür aber wieder das Zentrum um so behaglicher gestimmt hat, ja, die es sogar kühn genug machte, um von den konservativen Bundesgenossen die Einwilligung in die Zulassung der Jesuiten zu fordern! Die Veröffentlichung jener Beuroner Kaiserrede, die dem Reichskanzler so viel Kopfzerbrechen gemacht hat, ist, wie sich nachträglich herausgestellt hat, vom Schlosse des Fürsten Fürstenberg aus in die Presse lanciert worden. Nachdem in so augenfälliger Weise die Erschei nung sich wiederholt hat, dah nach längeren Kaiserbesuchen in Donaueschingen das Zentrum sich in so besonders gehobener Stimmung befindet, werden in Zukunft die Versicherungen, dah Fürst zu Fürstenberg keinerlei politischen Ehrgeiz hege, wohl wenig verfangen. Er ist mit dem ganzen katholischen Hochadel verwandt und verschwägert, und diejenigen Personen stehen ihm nicht fern, die an der Herbeiführung des letzten Kanzlerwechsels den Hauptanteil hatten. Die ver antwortlichen Ratgeber des Kaisers haben offenbar reichlichen Anlaß, unverantwortliche Ncbeixeinflüsse, die sich von Donaueschingen aus geltend machen, mit nicht geringerer Sorge zu beobachten, als seinerzeit die unverantwortlichen Nebeneinflüsse, die vom Schlosse Liebenberg aus sich geltend gemacht. Wenn es wahr sein sollte, dah Herr v. De 1h- mann Hollweg nach den Tagen von Beuron ernstlich den Wunsch gehegt,dem Kaiser nahezulegen. Laß er den Fürsten Fürsten- berg zum verantwortlichen Reichskanz ler machen möge, so wäre ein solches Dorhaben des Kanzlers unter den obwaltenden Umständen nur zu verstehen und zu billigen gewesen!" Der RrichsetaL für 1911 ist dem Reichstage am Freitag zugegangen. Der Etat wird nach erfolgter Drucklegung am Montag zur Verteilung gelangen. Die Erundzüge des Etats werden wie im Vorjahre halbamtlich in der „Nord deutschen Alla. Ztg." veröffentlicht werden. Ferner ist dem Reichstage zuaeaanaen eine Uebersicht über den neuen Etat. Diele Uebersicht stellt eine Neuerung dar. die vom Reichsschatzsekretär Wermuth veranlaht worden ist. Diese Uebersicht soll die Orientieruna über den neuen Etat wesent lich erleichtern: sie enthält im wesentlichen diejenigen Daten, die im Anfang des Monats bereits von der „Nordd. Allg. Ztg." veröffentlicht und von uns an dieser Stelle bereits wiedergegeben worden sind. Die Leichsverstchrrungskommifston begann am Freitag die Beratung des vierten Leuhss. Invaliden- und Hinterbliebenen»«!» sicherung. Nach dem Beschluß erster Lesung wer den Diplomingenieure und andere Personen mit technischer Hochschulbildung aus ihren Antrag von do, Lersicharungapflicht befreit. Di, Kommission iahte diele Bestimmung jetzt weiter und änderte den Paragraphen dahin ao, daß überhaupt versicherungspflichtig« mit Hochschulbildung auf ihren Antrag von der Derficherungspflicht zu be freien sind. In der ersten Lesung hat die Kommission die Bestimmung des 8 1228. wonach die Berechtigten die Selbstverficherung beim Ausscheiden aus dem Verhältnis, das die Berechtigung begründet hat, fortsetzen können, dahin erweitert, daß sie sie auch e r - neuern können. Die Regierung ersuchte um Be seitigung dieser Erweiterung und der sächsische Bundesrntsbevollmächtigte erklärte die Fassung für annehmbar. Die Bestimmung wird der „Zahlen kommission", die die ziffernmäßigen Ergebnisse der Belastung feststellen soll, überwiesen, ebenso die Para graphen 1269 und 1282—1284, die auch die Selbstver- sicherung behandeln. Weiterberatung Dienstag vor mittag. politilche Nachrichten. Ein Spionageprozeß au» Lothringen wird am 2. Dezember vor dem vereinigten 2. und 3. Strafsenate des Reichsgerichts zu Leipzig zur Verhandlung kommen. Die Anklage ist erhoben aus SS 1 und 6 des Spionagegesetzes gegen die Brüder Arbeiter Nikolaus genannt Artur Geier aus Sül zen, Kreis Zorbach, und August Geier aus Mörchin- gen, Kreis Forbach. Die Verteidigung haben die Rechtsanwälte Iustizrat Lehmann und Süpfle über nommen. — Die Oeffentlichkeit der Verhand lung wird voraussichtlich sofort ausgeschlossen werden. Reichstagskandidaturen. Im 23. sächsischen Wahlkreis Plauen- Oe lsnitz werden die Nationalliberalen bei den künftigen Wahlen die Kandidatur des bis herigen fortschrittlichen Abgeordneten Oskar Günther unterstützen. Die Konservativen werden einen eigenen Kandidaten aufstellen. — Im 22. Wahlkreis« Mylau-Netzschkau werden die Nationalliberalen von der fortschrittlichen Dolkspartei unterstützt werden. Der Kaiser in Neudeck. Neudeck, 26. November. (Tel.) Gestern nachmit tag nach Beendigung der Jagd, nahm der Kaiser im Schloh den Tee. Ilm 7 Uhr sand die Strecken legung statt. Gestern nachmittag wurde der Kaiser am jenseitigen Ufer der Br rnitze unweit der Grenze von dem dort stehenden russischen Grenzkordon, einem Kapitän und etwa 30 Mann, begrüht. Aus der Reichswertzuwachsfteuerkommisston. Die 17. Kommission der Reichswertzuwachssteuer trat am Freitag noch der Ferienpause unter dem Vor sitze Les Zentrumsabg. Dr. Jäger zusammen und nahm einen ausführlichen Bericht Les Staatssekretärs des Reichsschatzamtes Wermuth entgegen, über den wir bereits in der heutigen Morgennummer berichte ten. Die Rede des Staatssekretärs wird dem Reichs tag gedruckt zugänglich gemacht werden. Aus der Mitte der Kommission heraus wurden Bedenken gegen die Auffassung des Staatssekretärs geltend gemacht, die dahin gehe, dah wahrscheinlich die seinerzeit ein geführten Grundwechselabgaben von Prozent nun voll aufrechterhalten und neben der Reichswert zuwachssteuer erhalten werden sollen. Der Staats sekretär konnte in dieser Beziehung definitiv beruhi gende Erklärungen nicht abgeben. Es wurde auf An regung von nationalliberaler Seite beschlos sen, auf diese Frage nicht näher einzugehen und zu nächst die rechn r > che Ausgestaltung der Gr» setzes vorzunehmsn. die budaetrechtliche Seite aber nach Beendigung der technischen Beratungen zu er örtern. Nächste Sitzung Donnerstag, den 1. Dezember. Aus den übrigen Kommissionen. Die 18. Kommission des Reichstages zur Vor bereitung des Gesetzes betr. die Beseitigung von Tierkadavern hat sich am Freitag konsti tuiert. Die Kommission zur Vorbereitung des Ent wurfs über Hausarbeit wird ihre Beratungen am 29. November aufnebmen. Zur brasilianischen Marinerevolte. Wie schon aus den Meldungen unserer heutigen Morgennummer heroorgeht, war zu erwarten, dah dem Regierungsbeschluh, den Meuterern Amnestie zu gewähren, in der Kammer mit Recht nicht ohne wei teres zugestimmt werden würde. Der nachstehende Bericht über die stürmisch verlaufene Kammersitzung bestätigt diese Vermutung: Rio de Janeiro, 26. November. (Tel.) Die Debatte über di« A m n e st i e f r a g e in der gestri gen Kammer, die mittags ausgenommen wurde, ver lief sehr stürmisch. Es kam sogar zwischen ein zelnen Abgeordneten zu Tätlichkeiten. Die meuternden Schiffe, die eine Zeitlang an der Barre auf das Signal zum Einlaufen im Falle der Annahme des Amnestieantrages gewartet hatten, gin gen unterdessen in 8 ee. Rio de Janeiro, 26. November. (Tel.) Die Annahme der Amnestievorlage für die Meuterer ist um 8^ Uhr abends mit 114 gegen 23 Stimmen erfolgt. Gleich darauf wurde sie auch durch den Präsidenten genehmigt, der Carvalho zu der „Sao Paulo" entsandte, um mit den Meuterern zu unterhandeln. Sus Leipzig und llmgegenü. Leipzig, 26. November. Wetterbericht der Kgl. Sachs. Landeswetterwart« zu Dresden. Voraussage für den 27. November 1910. Ostwind, aufheiternd, sehr kalt, vorwiegend trocken. Pöhl berg: Starke Schneedecke, fester guter Weg bis Annabera, Bäume stark mit Rauhfrost behangen, glänzender Sonnenunter- und -aufgang, Himmels- särbung gelb. Fichtelberg: Gute Schlittenbahn bis in die Täler hinab, starker anhaltender Reif, glänzender Sonnenuntergang, Abendrot. * Bom Reichsgericht. Dem seit zehn Jahren beim Reichsgericht tätigen Oberjekretär Friedrich Schmitt aus Köln a. Rh. ist durch Kaiserliches Patent der Charakter als Rechnungsrat ver liehen worden. - «eihnachtsverkehr in Leipzig. In der Zeit vom 19. bis einschl. 24. Dezember tritt die Schlupzeir für die abgehenden Päckereiversande bei den Postämtern in Leipzig und den Vororten eine Stunde früher ein als gewöhnlich. Hierauf ist bei Auflieferung der Pakete Rücksicht zu nehmen. Am 18. Dezember wird der Schalterdienst wie an Sonntagen wahlgenommen, mit der Aenderung, oah die Schalter mittag- von 11 bis 1 (statt von 11 bis 12) offen gehalten werden. Am 25. Dezember werden außer zu den gewöhnlichen Schalterdienstjtunden von 8 bis 9 und von 11 bi» 12 Uhr vormittag, bei den Postämtern 1 (Augustusplatzs uno IS (Hospilalsttahc, sowie bei Len Bsrorttpo,!. ämtern Pakete jeder Art auch von 12 bis 1 Uhr nach« mittags an Abholer ausgegeben. * Professor Tombo über amerikanische» Unioer. fitiitswesen. Hatte Professor Tombo in seinem ersten Dortroge am Mittwoch mehr die äußeren Linien des akademischen Lebens in Amerika gezeichnet, so ver breitete er sich am Freitagabend speziell über das in terne studentische Leben. Er führte etwa folgendes aus: Während das Studium an den Colleges durch schnittlich etwas frei behandelt wird, erwartet Len jungen Studenten, wenn er die Universität bezieht, ernste Arbeit. Die Ausbildung wird außer durch die meist obligatorischen Dorleiunaen noch durch Sommer- und Abendkurse erweitert. Auch Las Stu dium in den Seminaren und Instituten findet immer mehr Beachtung. Dazu kommt der Umstand, dah sich sehr viele amerikanische Studenten das Geld zum Studium nebenbei verdienen müssen, olle möglichen Berufsarten sind vertreten, vom Stiefelputzer bis zum literarischen Mitorbeiter von Zeitungen und Zeit schriften, die die Studenten selbst herausgeben. Jede freie Minute benutzt dann der amerikanifche Student zur Ausübung des Sports. Dah es dabei an den echt 3m LpStstmuner üer Liede. 4) Roman von B. Corony. (Nachdruck verboten.) Ein hinter blühenden Oleandcrbaumchen oer» Lcrgenes Orchester spielte in dem großen Nebensaal elektrisierende Weisen. Der Ball begann. Rühling engagierte zuerst die Gastgeberin. Sie tanzte mit feuriger, wilder Grazie. Man umdrängte die Vielgefeierte jo sehr, dah sie während keines ein zigen Tanzes pausieren konnte. Ader ihre Energie und Ausdauer schienen unerschöpflich. Etelka glich einer nimmer ermüdenden Bacchantin. Bei der Quadrille tanzten ihr und dem Ritt meister von Hummel gegenüber Mary Randolf und Theo. Licht und leicht wie eine Elfe glitt das Mädchen dahin in seiner zarten jungfräulichen Anmut, den entschiedenen Gegensatz zu der leidenschaftlichen, heiß blütigen, reifen Frau bildend. Biele der Anwesenden betracksteten bewundernd das jugendlich-schön« Paar. Nur Rolf, der Mary nicht aus den Augen lieh, blickte finster, denn er liebte die Deutsch-Amerikanerin, soweit es ihm möglich war, irgend jemand auf der Welt zu ueben. Das heißt: er verlangte glühend nach dem Mädchen und gönnte dessen Besitz Theo, dem schon so viel Glück: blühende Gesundheit, körperliche Vorzüge, Talente, di« Gunst der Frauen gegeben war, nicht. „Um keinen Preis darf sie sein werden, und wenn ich einen Gewaltstreich ausführen muh, um es zu hindern", zischte er zwischen den aufeinandergebisse nen Zähnen hervor, Hennigs Arm mit den mageren Fingern umkrallend. „Er darf sie nicht erringen, Viktor!" „Wenn e« irgend etwas gibt, was ich in dieser Sache tun kann, so verfüge über mich. Ich stehe dir in jeder Hinsicht zu Diensten." „Du, der du in allen Kreisen wo Lebemänner oer- kehren, bekannt bist, kannst vielleicht erfahren, ob Rohling noch «inen so ausschweifenden Lebenswandel führt." „Daß er zahlreiche Liaison» hatte und noch hat, da« weih ich ietzt schon. Kennt man ihn doch genügend als Mädchenjäger und Verschwender. Aber apropos! Deine Stiefmutter scheint doch ein kolossales Kapital geerbt zu haben. Sie überbietet ja an Luxus die reichsten Personen." Rolfs Blick irrte mit boshaftem, schadenfrohem Funkeln zu ihr hinüber. „Sie richtet sich einfach zugrunde oder hat es bereits getan" sagte er, eiskalt lächelnd. „Aber weshalb schreitest du dann als Chef der Firma und jetziges Oberhaupt der Familie nicht gegen solche Torheit ein?" „Weshalb sollte ich? Mag sie mit ihrem Erbe an, fangen, was sie will und es mit beiden Händen in den Wind streuen, bis kein Pfennig davon übrigbleibt. Ich habe herausbezahlt, was ihr testamentarisch zu kam. Das Weitere kümmert mich ebensowenig wie alle anderen Torheiten, di« sie begeht." „Weiht du übrigens, daß man viel von ihr und Theo von Rohling spricht?" „Das wuhte ich längst, ehe du es mir sagtest." „Und trittst solchen Gerüchten nicht entgegen?" „Wie soll ich denn, wenn sie auf Wahrheit be- ruhen? Mir war's nicht entgangen, daß Etelka von einer Leidenschaft, wie sie im reifen Alter stehende Frauen zuweilen mit unheimlicher Macht befällt und zu den ärgsten Tollheiten treibt, für Theo von Rüh ling ergriffen wurde." ,,Da muhtest du sie mit deiner ganzen Autorität hindern, derartige Tollheiten zu begehen." „Tritt doch solchem Teufelsweib« in den Weg! Da richtest du nichts aus. Auch war es mir anfänglich höchst gleichgültig. Der Vater ist ja tot, dachte ich, und für meine Stiefmutter, dr« mich aus seinem Herzen verdrängte, bedeutet diese alberne Liebe zu dem viel jüngeren Mann, der beinahe ihr Sohn sein könnte, nur Leid und Elend. Ich ha« keinen Grund, sie zu warnen. Sie ist ja noch schon, aber wie lange wird » dauern — und wie bald der Flatterhafte ihrer überdrüssig werden?" Sein hähliches Gesicht nahm den Ausdruck eines Mephisto an. „Du haßt sie?" fragt« Hennig. „Ich tat s von dem Augenblick an, wo sie im vollen Iugendreiz ihrer siebzehn Jahr« al» Herrin über die Schwelle des festlich geschmückten Hause, trat und sich unfreundlich von dem häßlichen, verwachsenen Jungen abwandte, zu dem sein Vater sagte: „Hier bringe ich dir dein« neu« Mutter!" „Daran denkst du immer noch?" „Ja, für dergleichen habe ich ein besonder, treff, liches Gedächtnis. Ich vergesse nicht, was man mir übles antut, und zahle, wenn möglich, mit hundert fachen Zinsen zurück. Niemals kann und werde ich ihr verzeihen, dah sie mir damals kein herzliches Wort der Begrüßung, keine Liebkosung spendete, sondern nur mit kühlem Dank den Blumenstrauß nahm, ohne die darreichende Hand zu berühren, kurz, ganz offen zeigte, das Kind, dessen zweite Mutter sie sein sollte, flöße ihr Widerwillen ein. Ja, ich hasse sie, hasse sie — hasse sie! — Was siehst du mich so seltsam an?" ,Zch denke nur, dah ich dich um keinen Preis zum Feind haben möchte und daß du unter Umständen fürchterlich zu werden vermagst." /Je nun — ich tue eben, was ich kann" erwiderte Rolf/ höhnisch lachend und mit geheuchelter Be scheidenheit. Die Abneigung zwischen Stiefmutter und Stief sohn war tatsächlich von Tag zu Tag gewachsen. Kommerzienrat von Kronau, ganz bezauoert von seiner liebreizenden jungen Frau, stano stets auf ihrer Seite und zürnte, wenn der Sohn oft in recht ge hässiger Weise von ihr sprach. Rolf aber fühlte sich durch die mächtigere Gegnerin dem Herzen des Vaters entfremdet und wäre gern trennend zwischen sie und diesen getreten. Und so wurde er, endlich heran gewachsen, nur immer erbitterter wider di« schöne Frau und belauerte jeden ihrer Schritte mit Argus blicken, konnte jedoch damals nichts entdecken, was ihn berechtigt hätte, Anklage zu erheben. Etelka, obschon sehr kokett und mitunter von einer gewissen Freiheit des Benehmens, gab sich dennoch eigentlich nie eine Blühe und wuhte ganz genau, wie weit sie gehen dürfe, ohne sich in den Augen ihres Gatten und der Welt zu schaden. Nach dem Tode Kronaus sen. fand sich der einzige Sohn als Unioerjalerbe keineswegs geschädigt, denn daß der Verstorbene reichlich für die Witwe sorgen würde, war ja oorauszusehen gewesen. Nebst beträchtlichem Vermögen hatte er ihr das Haus testamentarisch hinterlassen, in dessen Par. terreräumen sich das alte Bankgeschäft und in dessen Souterrain sich die Stahlkammern befanden, die lag und Nach! bewacht wurden. Die Witwe bewohnte die erste Etage, ein Teil der zweiten war zu Fremdenzimmern eingerichtet, auch schliefen die mit allen Toilettenkünsten vertrauten Kammerjungfer oben und das Stubenmädchen. Rolf verzichtet« nach des Vater» Tod« darauf, wohnen zu bleiben und bezog ein elegantes, ge räumiges Gar^onlogis. Nach außenhin schien es ja, als herrsche zwischen der Witwe und ihrem Stiefsohn ein ganz gutes Einvernehmen. Sie schickte ihm, weil sie den ihr als boshaft und rachsüchtig Bekannten nicht reizen wollte, stets Einladungen und er versäumte nicht, bei den Festen zu erscheinen. Beide täuschten sich jedoch keineswegs über ihre gegenseitigen Gefühle für einander. In der Tanzpause wurden abermals Erfrischungen serviert. Rolf bemerkte, daß Theo in den Garren hinabging und sucht« sofort argwöhnischen Blickes nach Mary. Er sah die junge Dame nicht und flüsterte daher Hennig zu: „Ich glaube, Rohling und Fräulein Randolf haben sich ein Stelldichein im Garten gegeben. Tue mir den Gefallen und suche es zu erfahren, Viktor!" ,Ich bringe dir sogleich Nachricht/' „Dort, nach rechts, in der Richtung des Pavillons ging er hin." „Schon gut, ich werde es erfahren. Du zitterst ja förmlich!" „Es zuckt mir in den Fingerspitzen, wenn ich denke, dah die beiden im Halodunkel an einem lauschigen Plätzchen allein sind. So eile doch! Du siehst ja mein« Aufregung." „Ja, Ha, ich bin schon fort." Hennig kam rasch wieder zurück und berichtete: „Er ist im Gartenpaoillon." „Allein?" „Nein, mit einer Dame." „Ah — mit Mary Randolf?" „Nicht doch. Eben schlüpfte deine schöne Stief. mama zu ihm hinein." „So, so? — du irrtest doch nicht?" „Aber ich bitte dich! Ist's wohl möglich, einen Raben mit blauschwarzem Gefieder und ein schnee- weißes Täubchen zu verwechseln?" „Also schön! Eine gute Nachricht! Darauf wollen wir anstoßen." Er winkte einen Diener heran. Unterdessen standen sich Frau von Kronau und Rühling in dem kleinen, nur durch das matte Licht der chinesischen Ampel erhellten Pavillon gegenüber. Ihre Augen, unter denen jetzt dunkle Schatten lagen, blickten starr und durchbohrend. Ein irre, Lächeln, ein Lächeln, wie es nur di« ärgste Seelenqual abringt, verzog ihr« Lippen, die jetzt trocken und zer- sprangen schienen.
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