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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.01.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-01-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110111019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911011101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911011101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-01
- Tag 1911-01-11
-
Monat
1911-01
-
Jahr
1911
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BezuflS-Preiö fckr e«r>t>a u»o >do»r», d«ch »M«, krä««r »nd Sv»»ti«it« S»«I »»glich m« Hau« zebrachi: IX) T.7d^U »«rttilthrl v«t untanlLUial«, ». U». oatzmetziüen »d,«d»ln 7» ch >««»s„ >.>L ,,»«»YLM. v»rch »I« *»»: «««halb L»»Nchland« an» dar daatkh« ««lanie» «eneljLhrl. it.« ,«xul. I^iS ausjchl. Posttxstcllgrld. slarner m Belg,«», Ltnemark, d«n Donaallaalni, Zlalin. Luremdura, wieder laad«. *ov> llxarv, Oeilerreich Ungarn, ckatlanL, Schwede». Schwei, ». Svanien. Ja alle» übrige» Staate» a« »,«tt »urch die .. S^chchttuelle da» «lattee «ht-uich. La« Letvpge, Laaedlari «rtzchaau 2 »al llglich. Sonn- «. gXeriaa« »« »«,,»«. »tv,nn»-.e»l»«tnnaim« > >u,»a»«»l»tz 8. b«> ualeren^^^^rn. ^ttiatea, Spediteur« ivnestttger». Siatelperkauitprei« »er Morg«. «»gab» 1V H, der <,bead>»»aab« S ch. Nedaktt»» »ad Aeichäftsüellei Iddaunikgalie »> SaschMAderr 1«ovL I4tVch l4»4. Morgen-Ausgabe. MMrTaAMM Handelszeitung. Amtsblatt des Nates und des Nolizeiamtcs -er Lkadt Leipzig. Anzeigen-Preis O» Jaierar» «a r«>vvg »no UingeSuei di, d«,p«I»«» bv «m dreu» 2eM,e,l' !L di» 7« »lw d«u» pteaa»»«it«il» i «, «sw<trr» ch) »tiNalll« l.L) I»s«ra»» »« Sebdrd« '» «milichrn Leu «, 7« au» drrit» Veru/ieU» <" Gchchait«antr,aen m» P ad»onchr«r« and i» der Svendaulgad» >m l>re,ie «rdo,i. ptadatl nach Laril. L«ilanea»büdr ü o. Samen» »xkl. -poitgevudr. g«ft«irilt» Nuitrdg» ttnnen nicht ,urüL. ge^ag« werden, zür da« ->VLrine» an bettr«»u« Lagen und PILhen wir» leiii« Garantie übernommen. «nM^»-La»ab»wi TuguNudplatz X. b« ILmtlich« Filialen u. alle» Annoncen. ^xpedmone.i Le« .Zn- und Autlanve«. Hauvr-Stttat» Verl»,: Tart Lu»<1»r Hcrvqt Vaur. Hotduö^ Handlung vunoimlran» KL lSel.oboo Vl. Lr. Haupl-SUtalr Lreddenr Seeitc i»e «, l. ^Letep»»» 4u-ti. m. 11. Mittwoch, üen l>. Januar lSll. 105. ZshrgSNg. Dss Dichügste. * Der Reichstag beschäftigte sich am Dienstag mit der fortschrittlichen Interpellation über die Z ü n d w a r e n st c ue r. (S. Reichstagsbcr.) * Im preußischen Abgeordnetcn- haus brachte am Dienstag Finanzminister Lentze den preußischen Etat für 1011 ein. sS. l» bes. Art.) * Das ungarische Abgeordnetenhaus hat den Handelsvertrag mir Serbien im allge meinen und im einzelnen angenommen. * Bei einer Pulverexplosion in Buenos Aires kamen viele Personen um. iS. Togcschr.s Sethmsnn in Preußen. Gleichzeitig mit dem Reichstag ist am Dienstag der preußische Landtag in Berlin zusammengetreten. Mehr noch als im Hause am Königsplatz wird sich in der Prinz-Albrecht- Straße ergeben, in welcher Weise Herr v. Belh- mann Hollweg die von beflissenen Federn eifrig wieder und wieder gebrachte Versicherung zu bewahrheiten gedenkt, daß er ein modernes Regime zu führen beabsichtige. Es wird all mählich reichlich Zeit, daß sich diesen Ver sicherungen, die ja Herr v. Bethmann mit seiner ersten Etatsrede im Reichstage ausdrücklich unterstrichen hat, einmal etwas wie eine Tat entwindet. Anderthalb Jahre Schonzeit für einen neuen Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten ist wahrhaftig reichlich. Die anderthalb Jahre sind um. Der Taten harren wir noch. Die erste Tat, die nach Lage der Dinge Herr non Bethmann Hollweg zu vollbringen haben wird, wird weiter nichts als eine Rede sein. Er gibt auch einige Themata, die ein preußischer Ministerpräsident erörtern muß, wenn er irgendwie den Aufgaben, die ihm die Zeit stellt, gewachsen sein will. Es muß eine ganze Menge Neues werden in Preußen, das gegen das Alte in scharfem Gegensatz zu stehen haben wird. Da ist es notwendig, daß dieses Reue mit all dem Gewicht angckündigt wird, dos für eine solche Ankündigung einem preußi schen Ministerpräsidenten zur Verfügung steht. Dos erste Thema, das sich da aufdrängt, ist die Reform der inneren Verwaltung in Preußen. Eine Königliche Kabinettsorder hat, wie erinnerlich, eine Immediatkommission zur Beratung der hier wichtigen Fragen geschaffen. Diese Immediatkommission mitsamt ihren Sub kommissionen führt zwischen Aktenfaszikeln ein sanftbeschauliches Dasein und leistet vielleicht ganz nützliche Arbeit. Nur steht noch nicht fest, ob die heute Lebenden deren Ergebnis noch völlig zu schauen bekommen werden. Für ein etwas beschleunigtes Tempo dieser Beratungen zu sorgen, wäre nun sehr wohl die Aufgabe des preußischen Ministerpräsidenten. Der in der Thronrede angekündigte Entwurf über die ver einfachte Rechnungsprüfung durch die Oberrechnungskammer und die bereits er laßene vereinfachte Geschäftsordnung für die Regierungsstellen sind denn doch noch recht dürftige Proben des großen Reformwerks. Darüber hinaus sollte sich's der preußische Mi nisterpräsident aber besonders angelegen sein lassen, daß der Geist, der in den alten Insti tutionen lebt, nicht mehr der alte bleibt. Diesen alten Geist braucht man nicht zu charakterisieren. Herr v. Maltzahn und Herr Dr. Schröder waren so liebenswürdig, dafür zu sorgen, daß die Oeffentlichkeit mit ihm vertraut wurde. Wie gedenkt Herr v. Bethmann Hollweg sich zu diesem Geiste zu stellen? Wie gedenkt er es zu er reichen, daß die innere Verwaltung Preußens fürderhin mehr dem von ihm behaupteten Zu stande entspreche? Wie gedenkt er es unmög- lich zu machen, daß ein einseitiges Partei, regi ment in Preußen etabliert bleibe? Der Wege dahin gibt es viele. Wir wollen sie im einzelnen nicht weiter zeichnen: wohl aber ist die Bemerkung angebracht, daß all diese Wege durch recht steiniges Gelände und zwischen manchen Dornenhecken hindurchgehen. Es bedarf eines energischen Willens und einer strapazentrutzenden Seele, um dem Ziele nahe zukommen. Allererste Voraussetzung ist freilich j die Erkenntnis, wies gegenwärtig hiermit im Lande Preußen bestellt ist. Wir werden sehen, was Herr v. Bethmann Hollweg erkannt hat, und werden einen Vorgeschmack davon be kommen, wie weit sein Wille und seine Stra pazenfestigkeit reichen. Es ist eigentlich gar kein anderes Thema, sondern nur eine andere Seite desselben Themas, das in der Frage der preußischen Wahlrechtsreform der Behandlung durch den Ministerpräsidenten harrt. Wir wollen die preußische Regierung nicht mit der ganzen Fülle des oft recht belanglosen Notizenkrams zu diesem Thema bebürden, der sich in offiziös gespeillen Quellen fand. Wir wollen auch nicht erinnern an jenes Königswort in der Thronrede, das Preußen eine zeitgemäße Ausgestaltung des Wahlrechts zum Abgeordnetenhausc verhieß. Denn cs ist für uns ausgemachte Sache, daß die Krone Preußens an diesem Versprechen fest zuhalten gebunden ist, weil es nach wie vor die dringendste Aufgabe preußischer Gegenwart ist, das Wahlrecht, das niemals viel getaugt hat, mit den Jahren aber zu einer immer un sinnigeren Verzerrung geworden ist, gründlich umzugestalten. Wer sich die Zusammensetzung der par lamentarischen Körperschaften Preußens ansühe, ohne im übrigen etwas von Preußen zu ahnen, müßte zu dem Ergebnis kommen, einen Agrarstaat mit verschwindender Indu strie und wenig bedeutendem Handel vor sich zu haben. Herrenhaus und Abgeordnetenhaus gleichen sich hierin vollständig. Wir haben in Preußen, wie in allen größeren Bundesstaaten und in allen Kulturstaaten der Welt, das parlamentarische Zweikammersystem. Man rühmt es und will es nicht misten. Dann muß man aber vor allen Dingen darauf sehen, daß das Zweikammersystem nicht dadurch unfrucht bar wird, daß man die eine, die Erste Kammer, in politischer Stagnation ersticken läßt. Die Thronrede läßt nicht die Hoffnung auf kommen, daß die eben begonnene Session wichtige, der Zukunft des Staates förderliche Probleme dieser Art zu lösen haben wird. Sorg lich ist alles vermieden, was den Unterschied zwischen der konservativen und liberalen Welt anschauung zu deutlichem Ausdruck bringen könnte. Nicht einmal das Feuerbestat- tungsgesctz hat der Ministerpräsident dem Landtage anzukündigen gewagt. Und gerade diese scheinbare Kleinigkeit führt zu dem traurigen Schluffe, daß in Preußen alles beim alten bleibt. Wir haben oft genug zu hören bekommen, daß Herr von Bethmann Hollweg durchaus nicht so konservativ sei. Woran liegt es dann, daß alles stagniert? Es müßte wohl daran liegen, daß er kein Staatsmann ist. Ist er einer, so mag er es bald zeigen. Es wäre sehr unstaatsmännisch von ihm, die Oeffentlichkeit dauernd über seine Fähigkeiten im unklaren zu lasten. Denn das schüfe Wider stände, an deren Ueberwindung kostbare Zeit und kostbare Kraft nutzlos vergeudet werden müßte. Lin krsnMlcher Moüernilt sn üen Prinzen Msr. Pöre Hyacinthe Loyson, der große französische Modernist, der im vorrgcn Sommer in Berlin auf dem Weltkongreß für freies Christentum zündende Worte sprach, veröffentlicht im Januarheft der „Revue Modernist« Internationale" folgenden Brief, den er an den Prinzen Max von Sachsen, den Pro fessor an der Universität Freiburg in der Schweiz, am 2. Januar gerichtet hat. Ew. Hochwürden! Ein Mann von Ihren Anschauungen — und Sie hegendieseAnschauungen noch heute und können sie unmöglich von einem Tage zum andern ge- ändert haben unter dem Drängen einer Macht, deren Autorität Sie selbst bestritten haben —, ein Manit von Ihren Anschauungen, sage ich, darf nicht heute einen Gedanken aussprechen, morgen ihn zurück nehmen oder, um mich anders auszudrücken: darf nicht widerrufen und abschwüren, was ihn wissenschaftliches Studium als seine innerste lleberzeugung hat aussprechen lasten. Nach Ansicht aller kompetenten und unparteiischen Historiker entspricht Ihre Abhandlung in der Zeit schrift „Rome et l'Onent" den geschichtlichen Tatsachen; für das anmaßende Papsttum ist sie und muß sie ein bloßes Hirngespinst fein — zum minde sten, soweit sie von ihm Zugeständnisse verlangt. Im Bewußtsein ihres guten Rechtes können die Orientalen den Neuerungen der Päpste des 11. Jahr hunderts unmöglich zustimmen. Herrschaftsgelüste i und der Dünkel seiner Unfehlbarkeit verbieten dem I Papsttum des 20. Jahrhunderts jedes auch noch so geringe Zugeständnis in bezug auf die von ihren Borgängern vor tausend Jahren begangenen Fehler. Die ganze geschichtliche Kontroverse findet sich, zu- sammenfassend dargestellt, in dem bloßen Titel des Buches des Abb Guette: „üit p«pouic *cki>m»nquo". Was wir als Schisma des Orients zu bezeichnen gewohnt sind, ist in Wirklichkeit ein Schisma des Okzidents, und sein Sitz befindet sich nicht in Kon stantinopel, sondern in Rom. An all dies hätten Ihre Durchlaucht schon vor der Veröffentlichung der Abhandlung denken müssen, und wenn Sic zum Entschluß, sie trotzdem zu veröffent lichen, gelangten, so mußten Sie von vornherein Len felsenfesten Willen haben, Ihre Schluß folgerungen aufrecht zu erhalten, selbst gegen über einer unvermeidlichen Verurteilung durch Index und Inquisition. Sie sind damit nicht den Spuren Ihres Ahnherrn, des Großen Kurfürsten von Sachsen, gefolgt, der als Beschützer Luthers zum Mitbegründer der deutschen Reformation wurde — einer trotz ihrer Fehler und Irrtümer hervorragenden Tat. Sie haben es vorgezogen, in die Fußtapfen eines anderen Vor fahren zu treten, der leinen Glauben um eines Thrones willen änderte. Ich weiß, Sie haben nicht aus Eigennutz ge handelt: Der Lehrstuhl der Liturgik in Freiburg ist, zumal in den Zeiten des Modernisteneides, kein polnischer Königsthron. Sie standen unter dem Ein flüsse einer falsch verstandenen Frömmigkeit, einer Frömmigkeit, die ich jesuitisch nennen würde, wenn nicht Jesuitismus und römischer Katholizis mus dasselbe geworden wären, einer Frömmigleit, die die „fromme Lüge" in den Dienst des Gottes der Wahrheit stellt, und die vorgibt, diesen Gott, Len jeder hören kann, so er nur will, in der Leitung der Gewissen zu ersetzen durch einen zum Gott ge machten Menschen. „Dein Gott muß größer sein, soll ich vor ihm mich beugen." (Lamartine.) Sie haben ein schlechtes Beispiel gegeben, Hochwürden, ein Beispiel, das mit dazu beitragen muß, in uiyerem kränkelnden Zeitalter wahre Auto rität und wahre Religiosität zu untergraben und die Kirche zugrunde zu richten, nicht Gottes Kirche — denn die ist unsterblich — nein, die Kirche des Vatikans, deren mehr und mehr ver blendete Machthaber sic Abgründen und Untiefen zutreiben, wo sic zerschellen und schmählich zugrunde gehen muß. Entschuldigen Sie das freie Wort, das ich an Sic richte, und mögen Sre in diesen Zeilen nur den Ausdruck der schmerzlichen Gefühle eines Bruders in Christo sehen, unseres Herrn, der da gesaat hat: Euere Rede sei ja, ja, nein, nein, was darüber ist, das ist vöm llebel. Hvacinthe Loyson. Die „Münch. N. N.", die diesen Brief gleichfalls abdrucken, fügen hienzu, was ihnen aus der Mitte der deutschen theologischen Wissenschaft zugeht; nämlich, daß die Forschungen und Resultate, die Prinz Max von Sachsen wieder verleugnet hat, von einigen Nebensächlichkeiten abgesehen, auf dem Boden der Geschichtswissenschaft standen, den er durch seine „Unterwerfung" verlaßen hat. Untere Süüleepalitik im Lichte üer Unruhen suk Panspe. Der Gouverneur von Samoa Dr. Sols, der sich zurzeit im Urlaub daheim befindet, ist neulich vom Kaffer durch eine Rangerhöhung geehrt worden. Kein Mensch wird ihm diese Ehrung mißgönnen. Auf fällig bleibt sie aber immerhin, denn die öffentliche Meinung in der Kolonie und in der Heimat hat in den letzten Jahren zu wiederholten Malen Uber Herrn Solf ein ziemlich abfälliges Urteil gesprochen. Und zwar scheint dieses Urteil keineswegs unberech tigt, es liegen ihm vielmehr augenfällige Tatsachen zugrunde für denjenigen, der sehen will. Herr Dernburg, so Bedeutendes er in Afrika ge schaffen hat, ließ die Südfec unbeachtet, und es schien ihm ganz bequem zu sein, daß er sich auf die Autori tät des Herrn Solf stützen konnte, der auf Samoa ganz in Dernburgschem Sinne regierte. Samoa, „die Perle der Südsee", wie man die Inselgruppe nennt, könnte wirklich diesen Namen verdienen, wenn sie nicht seit zehn Jahren im Banne Solfscher An schauungen bestanden hätte: schwache Eingeborenen- pelitrt, Abneigung gegen nationale Besiedlung da gegen Bevorzugung großkapitalistischer Unter nehmungen. Auf Samoa finden wir diese Politik in Reinzucht, und es ist daher kein Wunder, daß das Leben in dieser Kolonie nicht einen deutschen, sondern einen internationalen Anstrich hat. Besonders auffällig wird auf Samoa, wie an dieser Stelle schon oft geschildert wurde, die Verhätschelung der Eingeborenen betrieben, sogar direkt auf Kosten der weißen Ansiedler, die in der Hauptsache die Kosten der Verwaltung auszubringen haben, während die Eingeborenen nichts dazu beitragen. Aber Liese Freundlichkeit hat die Samoaner im vorletzten Jahre nicht abgehalten, einen Putsch gegen die deutsche Herrschaft zu versuchen, und nur ihre Uneinigkeit hat zum Glück Schlimmeres verhütet. Da wir auf Samoa keinen einzigen Soldaten haben und nur «inen kleinen Gouoernementsdampfer, der noch dazu mit Samoanern bemannt ist, da ferner aus einer Anzahl von Samoanern eine mit modernen Militäryewehren bewaffnete Paradetrüppe von Herrn Dr. -solf ge bildet worden ist, so hätte die Sache übel ablaustn können. Ein Analogon mußten wir nun soeben aus den Karolinen erleben. Auch die eiiizelnen Gruppen des Inselgebiet» unserer Kolonie Neuguinea sind völlig isoliert. Nur die Westkarolinen haben auf der In el Iap Kabeloerbindung mit der Außen welt. Don dieser letzten Telegraphenstation ist sowohl der Sitz des Gouvernements als auch der Schauplatz der ictzigen Unruhen rund 1000 Seemeilen entfernt. Man müßte nun eigentlich annehmen, daß die Ver waltung energisch versucht hätte, diese geradezu ge fährlich unzulänglichen Verkehrs verhältnisse dadurch zu verbessern, daß sie für die Brlchafsung einer ausreichenden Gouvernements- flottUlc Sorge trug. In Afrika ist so viel für die Entwicklung des Verkehrs geschehen, daß etwas von dem allgemeinen Uebersluß auch für die Südsee hätte abfallen dürfen. Und wenn deswegen der kleine Rerchszuschuß, den die Südseekolonien noch erfordern, noch em paar Jahre länger gezahlt werden müßte, so wäre das auch nicht das grötzle Unglück. Die Ver kehrsoerhältnisse sind in der deutschen Südsee einfach unhaltbar, und es gehört von seilen unserer Kolonialbeamten draußen viel Liebe zum Beruf und Begeisterung dazu, bei diesen Zuständen nicht zu er lahmen. Wenn man sich oorstellt, daß es nach der Blu! tat auf Ponape sechs Wochen gedauert bat, bis vom Gouvernement Hilfe da war. Laß die dortigen deutschen Ansiedler so lange in Hangen und Bangen zubringen mußten, daß acht Wochen nach dem Unglück die Nachricht erst in üer Heimat eintreffen konnte, wird man zuerst die Frage nach den Verkebrsoerhältnissen aufwerfen. Im Jahre 1007 ist Lis einzige Pi nasse des Bezirksamts Ponapc dem Taifun zum Opfer gefallen, und jetzt, Ende 1910, hat man erfahren, daß sie qemütsruhig un ersetzt gelassen worden ist. und daß die Ver waltung sich inzwischen mit Ruderbooten begnügen mußte. Und das in einem Lande, wo mangels nennenswerter Verkehrswege die Fahrt längs der Küste den Hauptweg bildete! Wie müssen wir Weißen dort den Eingeborenen imponieren, wenn diese sehen, daß wir kein Haar bester daran sind als sie' Aber die Pinaste von Ponape ist nicht der einzige Fall. Vor anderthalb Jahren ist der Gouverncmentsdampfer „Seestern" verlorengegangen. Aus den Bemerkungen im Etat 1911 ist zu schließen, daß er auchtzioch nicht ersetzt ist. Unter diesen Umständen können wir wirklich heil froh sein, daß der Aufstand in Ponape aus seinen Herd beschränkt geblieben ist. Denn wenn die Eingeborenen solidarisch aufgestanden wären, so wäre kein Weißer am Leben geblieben. Die eingeborenen Polizei soldaten (öO Manns hätten die Situation wohl eher verschärft als gerettet. Die Saumseligkeit der Kolo- nialverwaltung ist um so unbegreiflicher, als in Ponape schon im vorletzten Jahre Unruhen stattgc funden hatten und es seither fortgesetzt im stillen gärte. Auch der aleichzeitige Fall aus Samoa hätte ein Warnungssiqnal sein können. Allerdings müssen wir sagen, daß der Gouverneur des Südsee-Schntzgebietes Dr. Hahl wohl kaum allein für diese Lage der Dinge verantwortlich ist. Er hat eben nur seine Berliner Anweisungen befolgt. In guter Erinnerung ist wohl noch, wie er auf höheren Befehl nur Erzielung eines schönen Etats über den Kopf des Eouvernementsrats binwea eine kür die wirtschaftliche Entwicklung nicht förderliche ..Finanzreform" erzwingen mußte. Hier nach ist leicht verständlich, daß Dr. Hahl mit Ver kehrswünschen gleich gar nicht kommen durste. Item es ist in der Südsee nichts geschehen und viel gefehlt worden in den letzten Jahren, und der neue Staats sekretär hat unseres Erachtens Wichtigeres zu tun. als Gouverneuren, deren „Verdienste" zum mindesten sehr umstritten sind. Ebrunaen zu "erschaffen. Er wird sich um die Entwicklung der Si'dlee*olonien in Len nächsten Jahren sehr kümmern müssen! Aus üem 23. länüUllien walUkreilc wird uns von fortschrittlicher Leite geschrieben: In einer gutbesuchten öffentlichen Versammlung stellte sich am 9. Januar der Kandidat der Fort schrittlichen Volkspartei, Dr. Schubert, den Wählern in Böhlitz-Ehrenberg vor. Der Kandidat er innert zunächst an das starke Pflichtgefühl, das den verstorbenen Abg. Dürr beseelt habe. Er weist hierauf die Vorwürfe zurück, die seiner Person von seinen Gegnern gemacht worden seien, und beiprichi sodann das Wesen der einzelnen Parteien. Das Prinzip der Konservativen sei Bevormundung. Er sei im Gegen satz zur Sozialdemokratie überzeugter Anhänger der Monarchie, er verwerfe aber jeglichen sogenannten Hurrapatriotismus. Der Klassengegensatz, der durch die Sozialdemokratie in das Volk hineingctragen werde, sei tief zu bedauern. Der Liberalismus suche eine Versöhnung der einzelnen Berufsjchichten herbeizuführen. Die Nationalliberalen seien in einen rechten und linken Flügel gespalten. Der rechte Flügel werde beherrscht von der Sozialistensurcht. Referent legt sodann die Grundsätze des entschiedenen Liberalismus dar. Er tritt für Arbetterausschüsse ein, ferner für Stär kung le; Verantwortlichkeitsgefühls und Selbstge fühls der Beamten. Die Gcmeindeautonomie müsse gewahrt und das bureaukratische System abgeschafft werden. Auch das Verkehrswesen müsse gehoben werden. Am Schluffe des Vortraoes bespricht der Referent die Verfaffungs- und Bildungssragen. Insbesondere sei eine einjährige Berufung des Landtags zu fordern. Die l. Kammer sei zum mindesten gründlich zu reformieren. Das Programm der Lehrerschaft decke sich mit dem Programm der Fort- schriftlichen Lolkspartei. Der fetzige Religions unterricht sei ein Unterricht im Kirchentume. Der dogmenlose Unterricht sei dringend geboten. Die erhöhten Kosten, welche eine Unterrichlsreform er forderte, lägen nicht im persönlichen Interesse des Lehrers, sondern im Interesse des Kindes. Redner befürwortet endlich die Einführung der Arbeits schule. Alle im Volke liegenden Kräfte müßten zu- gunsten des Vaterlandes mobil gemacht werden. Lebhafter Beifall lohnte die außerordentlich gehalt- reichen Ausführungen. In der Debatte sprach zuerst Landtagsabgeord neter Dr. ZLphel. Das einzige Trennende der nationalliberalen Partei von der Fortschrittlichen Volkspartei sei die demokratische Anschauung der letzteren. Er glaubt, daß der nationalliberale Kan didat mehr Aussicht habe. Herr Stern tritt den Ausführungen des Herrn Dr. Zöphel entgegen. Herr Schlabach wendet sich dann zugunsten der natio- nallideralen Partei gegen Herrn Stern. Herrn Schubert macht er zum Vorwurf, daß er nicht allein Kandidat der Fortschrittlichen Bolkspartei sei, son- dern daß seine Kandidatur besonders auch getragen werde vom Geiste der Lehrerschaft. Herr Stern weist die Angriffe zurück. Herr Parteisekretär Hof» i mann findet es merkwürdig, daß Herr Dr. Zöohel, I der von der Fortschrittlichen Volkspartei unterstützt
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