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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.01.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-01-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191101080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19110108
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19110108
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-01
- Tag 1911-01-08
-
Monat
1911-01
-
Jahr
1911
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Nr« 8. l0S. Jahrgang. >.»irrten Deutsch aleich-uacdten ist, stumm ertragen? Wäre es so leicht möglich, das, da» Haupt der Larbonne oder ein ehemaliger Minister, dessen Ressort dem Geistesleben nicht ganz fernstand, äyn. Iicbe Kundgebungen ergeben liesse? Rubner ist sicher lich eine Zierde der Psychologie, und Traf Posa- dcwsky ist mit seinem Idealismus und seinem sitt« tichen Pathos zu einer Siegsriedsgestalt für einen großen Teil der deutschen Politiker geworden, aber sicy mi Wustmann vertraut zu machen, Kirben offenbar beide versäumt. Richt als ob wir Wustmann zum Dogma machen wollten. Da» liegt un» fern, und Wustmann selbst wäre vielleicht nicht in jeder Beziehung damit einverstanden, wie wir in diesen flüchtig geschriebenen Zeilen das ihm so teure Werkzeug der Sprache hand haben. Aber jeder gebildete Deutsche sollte einmal durch die Wustmannsmen «Gedanken hindurchgegangen sein. Er sollte den selten Vorsatz gefaßt haben, ein gutes und schlichtes Deutsch zu schreiben, er sollte viele der Lehren, die Wustmann gibt, sich zum dauern de«. Eigentum gemacht und sich Rechenschaft davon ab- gelegt haben, warum er in anderen Dingen ihm nicht folgt. Die Notwendigkeit, die deutsche Sprache schlickt und edel ? u erhalten, sollte eine politische und auch eine gesellschaftliche Macht werden. Wer in anspruchsvoller Nede .seither" statt „bisher" sagt, sollte als sriliscischer Tölpel gellen; wer mit ernster Miene das Wort „diesbezüglich" ausspricht, sollte von jeder Zuhörerschaft mit schallendem Gr- lächter begrtißt werden. Mögen wir uns bemühen, über die Inversion nach „und" („und habe ich") noch so milde zu denken, mögen wir eingedenk sein, daß nach „auch" — das ja nut „und" nahe verwandt ist - die Inrrersion vorgeschoben ist; es dürfte doch nicht Vorkommen, diH der Chef des Zivilkabinetts dein Deutschen Kaiser Telegrammurschristen mit Inver sion nach „und" vorlegt. Und die sehr verehrten Hos- inarschälle und Adjutanten der Königlichen Hoheiten, die ab und zu ihren Mitmciijckst'n in deutscher Sprache etwas mitzuteilen haben, sollten nicht glauben, die Pflichten gegen ihren Fürsten und gegen ihren Staat erfüllt zu haben, wenn sie nicht auch ein klein wenig über die deutsche Sprache nachaedaclst haben. Unsere Staatssekretäre und Minister lind nicht srci von schweren Sprachsünden. Die Parteien verhalten sich kritisch gegen alles, al»er die Sprache, in die sic ihre eigenen Resolutionen gießen, ist nicht immer eine edle Form; also auch etwas Selbstkritik!. Der Hanscrbund sprengt stolzen Mutes gegen Bureaukratismus und gegen Schlverfälligkcit der Verwaltung an; aber o weh, Herr Richer, was für fürchterliches Bureaukratendeutsch hat der Bund schon der Öffentlichkeit in seinen Mitteilungen zu gemutet. Das hat uns besonders tief geschmerzt. Und die Landräte, die Bürgermeister, die Stadtver ordneten, die Handelskammern, die Verbände und Zentralverbände — sie sind oft sprachliche Sünder! Noch vieles liehe sich sagen. Das Feld ist so groß. Auch schleichen sich leicht Mißverständnisse ein, wenn man von sprachlichen Dingen redet, und es gilt, Meinungsverschiedenheiten vorsichtig auszugleichen. Wir können nicht aus alles eingehen. Nur noch eine Leipziyer Lriyevinn. Echluhmahnung an alle, die zu schreiben haben: Schafft euch allesamt Wustmanns „Sprachdumm, heilen" an, legt sie auf den Schreibtisch, lest eifrig darin und schlagt immer wieder darin nach, wenn ihr der deutschen Nation Mitteilungen zu machen habt. Dann wird es eine Lust sein, Deutsch zu lesen. Deutsches Reich. Leipzig, g. Januar. * Au» dem 1V. Neichstagswahlkreise Döbeln- Roßw.in. Der seitherige nationalliberalc Reichs tagsabgcordnete des 10. Reichstagvwahlkreises, Direk tor Everling, hat sich bereit erklärt, die Kandi datur wieder anzunehmen. Er wird Sonntag, den 8. Januar, nachmittags 5, Uhr in Döbeln im Schützen- Hause vor einer öffentlichen Versammlung sprechen. Vorher gebt eine Mitgliederversammlung der natio nalliberalcn Partei des Wahlkreises, in der GenercU sekretär Dr. Westen berger über die politische Lage und die Vorbereitung der Reichstagswahlcn berichten wird. * Zum lode des Abg. Sob«. Infolge des Todes des Abg. Lobe (Klein-Zschorna) macht sich im 5. länd lichen Wahlkreise (Löbau-Bautzen) eine Neuwahl nötig. Bei der Landtagswahl 1909 erhielt der kon servative Kandidat Sobe 7117, der Kandidat der freisinnigen 4.1.', und der der Sozialdemokrat»« 138', stimmen. Der Wahlkreis dürfte in konservativem Bc'itz bleiben. * » Al» Nachfolger des Freiherr« Mumm von Schwarzenstein auf dein Botschafterposten in Tokio wird jetzt der deutsche Gesandte in Peking. Graf von Rex, genannt. * Zum Wertzuwachosteuergesetz schreibt die „Norod. Allg. Ztg." in ihren Rückblicken: Bald nach dem Wiederbeginn der Neichstagssihungcn wird der Reichstag die Beratung über das Wertzu'wachs- steucrgcsetz zu L n de führen. Wie wir hören, besteht die Absicht, mit der zweiten Lesung des Entwurfs etwa am 16. Januar zu beginnen. Da durch wird eine unentbehrliche Grundlage für die weitere Beratung des Etats geschaffen, denn der Er trag der Wertzuwachssteuer bildet einen entscheiden den Bestandteil der Einnahmen, welche erforderlich sind, um bei dem Hinzutritt derHeeresverstär- kung und der verbesserten Veteranenver sorgung das Gleichgewicht des Etats zu crzieien. An dem wichtigsten Grundsatz ihres Finanz programms, keine neue Ausgaben ohne gleichzeitige Deckung einzustcllen, werden die verbündeten Regie rungen unbedingt sesthalten. Die Parteien des Reichstags haben sich nicht minder entschlossen gezeigt, ihn wie für 1910 auch für den nächstjährigen und folgenden Etat mit Strenge durchzuführen. Nachdem das Wcrtzuwachssteucrgesetz jetzt in dreimaliger Le sung der Kommlsüon eine über das gewöhnliche Mast weit hinausachende Durcharbeitung erfahren hat und alle Einwendungen zu wiederholten Malen durchge sprachen worden sind, darf vorausgesetzt werden, daß der Reichstag dein von ihm selbst unter Zustimmung der weitesten Volkslreise angeregten Gedanken nun mehr den Charakter einer endgültigen Ent schließung geben wird. Die Tragweite dieser Entschließung ist so groß, daß sie durch den Widerstand vereinzelter Gruppen und örtlicher Interessen nicht mehr wird beeinträchtigt werden können. * Deutschland und der portugiesische Kolo nialbesitz. Durch die Presse ist folgende Mel dung gegangen: Bei den angeblich schwebenden Verhandlungen über Uebergang von Kolonial besitz iin Hinterlande von Mozambique in deutsche Hände dürfte es sich keines falls nm einen Teil des von Portugal ängstlich ge hüteten staatlichen Kolonialbesitzes handeln, sondern um ein Landgebiet, das dem ermordeten König Carlos von Portugal persönlich gehörte, und ihm im Wege eines reinen Privatgeschäfts vom Fürsten Albert von Monaco abgckaust wurde. Der Uebergang dieses Besitztums iir deutsche Hände würde lediglich ein weiteres privates Rechtsgeschäft darstellen, aus welchem sich irgendwelche Verletzungen internationaler Beziehungen nicht würden herleitcn lassen. — InBerlip erklärt man zu der Angelegen heit, daß das Deutsche Reich an einem Kauf geschäft dieser Art jedenfalls nicht beteiligt sei. Ebensowenig ist etwas davon bekannt, daß deutsche Reichsanaebörige in den Gegenden Landanküufe betrieben naben * Preußisches Staatsministerium und Privat beamtenversicherung. Gegenüber den vielfach sich widersprechenden Meldungen in der Presse über den Stand der Erledigung der Vorlage über die Privat- beamtenversicherung erfährt die „Inf." folgendes: Zur Privatbeamtenversicherung hat das preußische Staats ministerium Beschluß gefaßt. Der Entwurf wird in den nächsten Tagen tm „R e i ch , a n ze i g e r" ver öffentlicht werden, so daß sich die interessierten Kreise mit den einschlägigen rtestimmungen demnächst werden befassen können. Der Entwurf wird dann auch dem Bundesrat zur Beratung zugehen. * Ausschaltung Marronis durch die Reichspostver waltung. In sehr verdienstlicher Weise ist die Reichs postverwaltung durch die Ausschaltung der drahtlosen Telegraphie von Marconi oorgegangen. Es ist von der Verwaltung bestimmt worden, daß die großen deutschen Schiffahrtslinien, die mit Marconi Ver pflichtungen hinsichtlich der Benutzung seiner draht losen Stationen eingegangen waren, diese zu lösen haben. An Stelle der Marconischen Einrichtungen sollen die des deutschen Systems Tele funken treten, so daß in nicht ferner Zeit sämtliche großen Schiffahrtsgesellschaften, die den Postdicnst versehen, mit der gleichen deutschen drahtlosen Tele graphie arbeiten können. Die Annahme der Tele sunkenstationen an Stelle der Marconischen betrifft sveziell den Norddeutschen Lloyd und die Hamburg -Amerika- Linie, die ihren in diesem Jahre ablausenden Vertrag mit Marconi nicht erneuern dürfen. Somit werden sämtliche Schiffe, die im Postdienst tätia sind, künftig mit Tele snnkcnavparaten ausgerüstet sein. * Die diesjährige (24.) Generalversammlung des Evangelischen Bundes zur Wahrung der deutsch-pro Sonnluy, 8. Januar 19! 1. lestantischen Interellen wird vom 5. dr» 8. Oktober 1911 in Dortmund stattfinden. Die Absicht, dir diesjährige Generalversammlung in Erfurt abzu halten, wurde leider dadurch unmöglich, daß die zur Verfügung stehenden Säle in Erfurt sich als zu klein erwiesen und dem Ban einer Festhalle sich Schwierrg- leiren entaegenstellten. Die ersten vorbereitenden Sitzungen für die 24. Generalversammlung sanden am 2. und ö. Januar rn Dortmund statt in Anwesenheit des geschäftsfllhrenden Vorsitzenden des Gesamt bundes, des Reichstaqsabgeordneten Direktor Eller ling aus Halle a. S. Der äußere Ausbau für die Versammlung wurde festgestellt, zwei große Volksversammlungen sind im geräumigen Saale des „Fredcnbaum" in Aussicht genommen, und namentlich in die Ausnutzung des Sonntags, 8. Ok tober, für die Teilnahme der protestantischen Mallen in Erwägung gezogen. Bec allen zuständigen Stellen, namentlich auch bec sämtlichen evangelischen Pfarrern der evangelischen Gemeinden Dortmunds, wurde die Abhaltung der großen Bundesversammlung in Dort mund freudig begrünt. Reichstagskandidnturen. Eine Vertrauens- männcrver,ammlung der Fortschrittlichen Volkspartei beschloß, für den Wahlkreis Frankfurt a. M. Chejredakieur Rudolf Oeser von der „Frkf. Ztg." als Kandidaten für die nächste Reichstagswahl wieder aufzustellen. — Die Meldung, daß der ehemalige Gouverneur v. § ch n ck m a n n voic konservativer Seite als Reichstagskandidat in F r i e d e b e r g - A r n s w a l d e ausgestellt worden sei, wird aus dein Wahlkreise heraus dementiert. — Jin Reichstagswahlkreis Hannover-Linden wurde von der Fortschrittlichen Volkspartei Justiz rat Dr. Lenzberg Hannover als Reichstags kandidat endgültig ausgestellt. * Der Reichstägswahlkrei» des Abg. Lehman«. Da eine Erneuerung der Kandidatur des Abgeord neten Paul Lehmann, der aus der national liberalen Fraktion ausgetreten ist. im Wahlkreise Jena-Neustadt, wie sie vom Bund der Landwirte ursprünglich beabsichtigt wurde, bei der entschieden ablehnenden Haltung seiner ehemaligen Partei genossen von vornherein aussichtslos war (die Nati onal liberalen haben, wie gemeldet, in zwischen den Theologie-Professor Thümmel in Jena als ihren Kandidaten proklamiert), suchten die Nündlcr für Paul Lehmann einen anderen Wahlkreis. Anfänglich war Reuß-Greiz für eine Kandidatur Lehmann ins Auge gefaßt, jetzt aber hat man den Wahlkreis Ostpriegnrtz dafür aus ersehen. Diesen Wahlkreis vertritt gegenwärtig der freikonservative Abgeordnete Löscher. Löscher, der sich durch seinen Uebertritt zum Bauernbunde die Todfeindschaft des Bundes der Landwirte zu gezogen hat, soll nun durch Lehmann verdrängt werden. Herr Lehmann hat sich dann am 28. De zember in Pritzwalk seine«» neuen Wählern vor gestellt und bei dieser Gelegenheit öffentlich erklärt, er werde sich in« Falle seiner Wahl einer der beiden konservativen Parteien anschließen: für welche er sich entscheiden werde, behalte er sich noch vor. * Zur liberale« Einigung in der Provinz Bran denburg. Das zwischen den Leitungen der Fort- Zwilchen Simmel und Erüe. Unter diese,« Titel erschien in der neuesten Num mer der „Allgemeinen Automobil-Zeitung" ein sehr interessanter, unterhaltender Aufsatz. Der Artikel ist )>. H- gezeichnet, und dem einigermaßen Kundigen wird aus diesem Signum wie aus dem ganzen In halt sofort klar, daß die Studie von niemand anderen« herrührt, als vom Prinjrn Heinrich vnn Prcichrn. „August, laß Las Fliegen sein", „Lerne zu fliegen, ohne zu klagen" und ähnliche Redensarten waren in einem, im südlichen Deutschland viel verbreiteten Blatt zur Zeit der „Ila" im Jahre 1W9 zu lesen. Man ärgerte sich und schien es Herrn August Euler nicht verzechen zu können, daß er als ein ,iger. damals in Franksrut n. M. erschienener, deut scher Flieger weniger leistete als seine ausländische«, Kollegen. Das Bedauern über Euler» geringeren Erfolge Haden damals wohl viele geteilt, nur verstand sich saft niemand dazu, diesem „einzigen" deutschen Flieger, allster herben Kritiken, auch mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Dein ungeachtet, gelang es diesem zielbewußten Manne, in stiller Zurückgezogenheit aus dein „Gries heimer" bei Darmstadt, ohne Reklame, aber moralisch in dankenswerter Weise vom kommandierenden Gene ral, Exzellenz v. Eichhorn, unterstützt, seinen dein „Voijintyp" verwandten Flugapparat stetig zu ent wickeln. Die bemerkenswerten Fortschritte Frank reichs ans flugtechnischem Gebiet, ein lebhaftes Interesse für diese Materie, die Empfindung schließ lich, Latz Deutschland nicht länger hinter seinem west licyen Nachbarn zurüclstehen dür»e. ließen in mir den Gedanken reisen, mich durch persönliche Erfahr»« gen diesem neuen Gebiete menschlicher Erfindung zu iiähern. So kam es, daß ich eines schönen Tages in, No vember 1910, nachdem ich Euler» Flügen und Gleit landungen «nit ebensoviel Bewunderung als Andacht ,„gesehen, auch seine Apparate im Detail besichtigt hatte, an diesen, etwas schüchtern zwar, die Frage richtete, ob er mir wohl das Fliegen beibringen wollte? Euler sah mir eine kurze Zeit gerade in die Augen, erklärte dann kurz und bündig: „Ja! Aber nur unter der Bedingung, daß Sie lediglich das tun, «vas ich Ihnen jage." Nachdem ich dieses Versprechen bedingungslos ge geben batte, erfolgte eine Woche hindurch theo retischer Unterricht mit an diesen anschließen den praktischen Exerzitien an dein stehen den Flugapparat zur Erlernung der Handgriffe, mit dein Erfolg, daß meine Nachtruhe allmählich anfing erheblich dadurch gestört zu werden, daß ich im Geiste ansing zu „stiegen", d. h. das im tkeoreti ichen Unterricht Erlernte fortwährend zu überdenken Mein Lehrer äußerte sich über diele Erscheinung recht befriedigt, denn er meinte, erfahrungsgemäß hätten seine bisherigen Schüler ähnliche Anzeichen von Anlage und Pafsion gezeigt, es sei dies eoen eine unvermeidliche Vorbedingung zum Erlernen der Flieaerknnst Der Unterricht umfaßte, außer der Auszählung aller vorkommenden sowie möglichen Gefahren, anw einig« Rundgänge um den Griesheimer" zum Er lernen der „Platzkunde", wobei alle Hindernisse, wie Büsche, Bäume. Beobackstungsstände, Stangen usw„ mit ihren ortsüblichcn Namen bezeichnet wurden, z unter denen der am Anfang, zur Linken der Lehr strecke, gelegene sogenannte „Stabsoffizier-Kirchhof" » einen besonders ermutigenden Eindruck auf den ge- f lehrigen, aber schückst.rnen Srbüler machte. Nach Verlaus einer Woche des theoretischen Un terrichts folgte ein mündlich-theoretisches sowie praktisches Examen an dein „kaltem' Apparat mit dem Endresultat, daß mein gestrenger Lehrer meine Kenntnisse als „genügend" und mich für reif bezeichnete, das Erlernte in die Tat umzu setzen. t Zuvor erfolgte dann noch ein P a s s a g i c r f l u g j unter Eulers Leitung zur Vervollständigung de, Platzkunde „von oben" und zur Beobachtung der beim Fliegen erforderlichen Handgriffe. Nach Erledigung dieses Fluges stellte mein Lehrer an mich die Frage, ob ich gut ansgcpaßt, alle seine Bewegungen beobachtet und dementsprechend zu mir das Zutrauen hätte, die ersten selbständigen Versuche mit der Lehrmaschine zu machen. Alle diese Fragen ! beantwortete ich mit einem lauten und vernehmlichen „I°". Hätte ich damals geahnt, welche inneren Konflikte ich noch zu überstehen haben würde — sich bin 48 Jahre alt, habe Frau und Kinder! Dies zur Kenntnis und milden Beurteilung von feiten jener, denen die Kunst des Fliegens in Fleisch und Blut übergcgailgen ist) —, ich glaube, ich wäre meinem Vorsatz, das Fliegen zu erlerne,«, in der elften Stunde doch noch untreu geworden. Jedoch die Würfel waren gefallen — nun hieß es los. Dieselbe doppelsitzige Maschine, mit der wir unseren Passagicrflua beendet hatten, wurde in Position gebrach», und ich erklomm mit einigem Herzklopfen den Apparat, nachdem ich zuvor meinen Lehrer beschworen hatte, «nick, auf diesem meinem ersten Gange zu begleiten, wozu dieser sich nach eini gem Zögern — weshalb, wurde mir später klar — liebenswürdigerweise bereit erklärte. Ich ergreife die Steuerhebel — der Motor wird mit vrelem „Glucksen" angedreht, er rast und knattert — ich erhebe die linke Hand zum Zeichen des Los lallens für die Haltemannschasten — der Apparat setzt sich sofort in Bewegung — kaum weiß ich noch, ob die linke Hand das Seitenstener, die rechte das Höhen steuer bedient oder umgekehrt, — der Apparat neigt sich nnheimlich scbnell mit seinen, Kopfende dem Erd boden zu, als wolle er sich in die Erde einbohren, — zwei kräftige Fäuste, nicht die meinigen, ergreifen blitzschnell den Höhensteuer- und Kurzschlußbebel, der Motor stopot — die Flugmaschine hebt iyren Kopf und gehorcht momentan, ein gefügiges Werkzeug, ihrem Meister, meinem Lehrer — doch gleich knattert der Motor von neuem los, und nach einigen weiteren Sprüngen von 100 Meter hat dies« Lehrfakrt ihr Ende erreicht. Ihr schließen sich dann noch lehrreiche Ermahnungen sowie Erklärungen seitens des Lehrers an, der den Wunsch seinem Schüler nohelegt, Vieser möge doch in Zukunft das Erlernte bester beherzigen und nicht im entscheidenden Augenblick alle guten Lehren ourcheinanderwrrfen. Es folgte nun noch eine solche Fahrt, aber mit be serem Resultat, und dann —- „adieu Lehrer, adieu Erde!" Euler hat mir später erklärt, er begleite seine Schüler grundsätzlich nicht auf diesen Erstlingsfahrten, da sie des Gefahrmomcntev für Schüler wie Lehrer nicht entbehrten. Ich konnte ihm hierin nur recht geben, und bin ihm dementsprechend besonders dank bar, daß er bei mir eine Ansnahme machte. Zu den dann folgenden Flügen wurde lediglich die einsitzige Lehrmaschine benutzt, auf der ich anfangs noch einige beklemmende Augenblicke er leben sollte. Ls ist eii« eigen Ding, von jeder menschlickien Hilfe losgelöst, gestützt auf lediglich theoretisch Er lernte-, ohne pruitische Lrsahrung, sich einem Apparate anzuverträuen, der dazu dient, bei« Menschen von der ihm vertranten Erde in den Weltenraum zu führen, mit dem Bewußtsein, daß Fehler oder Vergeßlich keiten zu Katastrophen sichren können, und ich gestehe ganz offen, daß. trotz allein Widerstreben, die vielen llnqlücksfälle der letzten Zeit immer wieder vor mein geistiges Auge traten, und ich daher meiner ganzen Willenskraft bedurfte, um die Anfangsstadien des Lernens zu überwinden. Noch schlimmer aber sind sicherlich die Gedanken gewesen, welche sich mein gewissenhafter Lehrer machte, und mögen LehrcrstoU und Verantwortungsgcfnhl ost zueinander in Widerspruch gestanden haben. Doch zurück zur Lehr bahn! Die Lehrmaschine stand ordnungsgemäß, in allen Teilen revidiert, in Position, der Motor lies, das Zeichen „Los!" wurde gegeben, und rollend, springend, ja fliegend bewege s ich mich mit ihr die Lehrstrecke hinunter — da plötz lich — gelungen — keiire Berührung mit der Erde mehr —' im Gegenteil, der Apparat bewegt sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit von der Erde fort; ein gedenk der Ermahnung, nach dem Verlassen der Erde diese sofort wieder zu suchen, steuere ich nach unten — das Ende der Lehrstrecke, wo scbulmäßig gelandet werden muß, ist nicht mehr fern —, der Apparat steuert zwar nach unten, macht aber zugleich Be wegungen, die ich mir nicht erklären kann, die mich beunruhigen — ich habe die Empfindung, daß die Flugmaschine mit mir durchgeht —, ein Busch taucht in mir gefährlich erscheinender Nähe auf. Wie hoch ich bin, weiß iw nicht — die Angaben der Augen zeugen schwanken zwischen 7 und .12'Metern —, einer lei, die Vorwärtsbewegung muß gehemmt werden. Ein Ruck am Kurzschlußheoel — der Motor stoppt, der Apparat füllt zur Erde, schlägt erst mit dem An- lausgestell. dann mit vcm Schwänzende ziemlich ver nehmlich auf, dann ist cs ruhig um mich her, und ich denke, eine Zigarette rauchend, über die jüngsten Erlebnisse nach, bis die Stimme meines Lehrers mich aus meinen Meditationen jäh aufscbreckt: „Ge flogen sind Eie zwar ganz gut, aber den Motor haben Sie auch in der Lust abgcstcllt, und ich habe Ihnen doch fünshundertmal gesagt, daß Sie das nicht dürfen! Diesmal ist noch alles gut gegangen, ober — usw." Reumütig, physisch wie moralisch erschüttert und zer- knrischt, verspreche ich angesichts einer verbogenen Achse Besserung. Für heute haben die Versuche ein Ende' Nachdenken, Diskussionen sowie Besprechungen des Geschehenen wirken wiederum belehrend und er mutigend für die Zukunft! Es folgten nun, je nach den Witterung-verhält- nistcn, in gewissen Zeiträumen weitere Versuche, welche ohne Zwischenfälle verliefen, mein Zutrauen zum Apparat wie zu mir selbst in Kürze wesentlich stärkten, so daß ich mir eines Abends vornahm, ohne vorherige Verständigung meines Lehrers einen Rund sluaum den Platz zu versuchen. Dieser gelang denn auch anstandslos, wobei ich Gelegenheit hatte, mich von der unbedingten Sicher heit, Lenkbarkeit und Gefügigkeit des Eulerschen Flugapparates zu überzeugen; vor allen« war ich er staunt über die Wirkung der „Gauchissements". auch „Ailerons" genannt, welche dem Apparat sofort die horizontale Lage, bei sachgemäßer Bedienung, ver leihen. Ehe ich diesen ersten Rundflug ausführte, sagte mir Euler, der meine Absicht trotz aller Ver stellungskunst doch wohl erraten haben mochte, ich »olle nichts tun, was ich mir nicht vor dem Fluge mit Bestimmtheit vorgenommen yätte, denn es »er »ür einen Anfänger verkehrt, während des Fluges Dispositionen zu treffen oder solche zu ändern. Nach diesem Fluge erfolgte dann an späteren Tagen (die Witterung rvar meist sehr ungünstig) die Erledigung des Flugzeugfiiyrerpatentes in Ge stalt von drei Runden zu ca. 5,5 Kilometer mit je einer Zwischenlandung. welche nicht über 150 Meter von der vorher bezeichneten Landungsstelle entfernt sein Surfte. Seinerzeit war ick« auf meine Erfolge recht stolz, ob mit Recht öder Unrecht, lalle ich dahingestellt sein, jedenfalls werden es jene Schüler, welche vom 1. Februar 1911 ab nach den neuen Bestimmungen ihre Prüfung ablegen wollen, erheblich schwerer haben, und ich bin deshalb für meine Person dank bar. daß ich noch nach den alten Bestimmungen ge prüft werden durste, zumal Zeit und Witterung sie Erlangung des Patentes nach der neuen Methode kaum zugelallen hätten. Soviel steht für mich jedoch fest, daß, ohne anderen zu nahe treten zu wollen, ich mir einen besseren, gewissenhafteren Lehrer als Euler kaum denken kann, und ich möchte «hm an Lieser Stelle meinen wärmste« Dank sowie meine Anerkennung dafür aussprechen, daß er weder Mühe noch Verantwortung scheute, mir die Anfangsgrllndc der Fluatechnik beizubringen. Jenen aber, die das Fliegen erlernen wollen, kann cch diesen vorzüglichen Lehrer samt seinen zu verlässigen Apparaten nur wärmstens empfehlen. Man wird heutzutage viel nach der Zukunft der Aeroplane gefragt, eine Frage, die gewiß ebenso be rechtigt w»e schwierig zu beantworten fein dürfte; meine Ansicht glaube ich dahin zusammevrallen zu sollen, daß nach dem Stande der heutigen Technik an eine allgemeine Verwendung als Verkehrsmittel nicht gedacht werden darf, denn eine Flugmaschine braucht relativ viel Raum, da sie etwa 10 Meter breit und 13 bis 15 Nieter lang ist. Auch bedarf sie eines An laufe-- von 28 bis 30 Meter, um sich zu erheben, falls die Bodenbeschaffenheit dies zuläßt, ferner 300 Meter zum Landen. Diese 300 Meter sind lediglich eine Lizenz, deren der Flieger bedarf, um sich seinen Lande platz mit Sicherheit aussuchen zu können; die Flug maschine macht bei der Landung selbst selten einen längeren Weg als höchstens 50 Meter. Schließlich find die Motoren noch nicht genügend zuverlässig und die Apparate selbst von Wind und 2vetter recht abhängig. Zu militärischen Zwecken hingegen, wie Aufklärung, Störung der rückwärtigen Verbind«»« gen usw., könnte ich mir die Flugmaschine in ihrer jetzigen Gestalt bereits erfolgreich denken. Wer mit dein Gedanken umgeht, das Fliegen zu erlernen, dem sei gejagt, daß ein Flugapparat weder ein offenes Grab noch ein Kinderspiel,zeug ist, daß Schneid, Besonnenheit, fester Wille und Ruhe Grund bedingungen sind, »m ein Fach beherrschen zu lernen, das bereits l»eule, auf Grund der Erfahrungen vieler tapferer Männer, zu einer exakten Wissenschaft ge worden ist. Daß das angebrochene Jahr manchen wackeren Deulichen finden möchte, der bereit ist, den Gefahren der Aviatik zu begegnen, um Deutschland auch au« diesem Gebiete zu fernem rechten Platz zu verhelfen, das wünscht der Schreiber dieser Zeilen von ganzem Herzen. 1^. L.
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