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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.10.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-10-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101003020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910100302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910100302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-10
- Tag 1910-10-03
-
Monat
1910-10
-
Jahr
1910
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Bezugs-Preik D, »»d ««o«, »«rch »»1i,i Trsar« »nd S»«dtie»« >««l ttsllch ki« Hau« gedrachr -. vv moaatl., L.1V a» vterttljLdrl. vrt unkr» FtlUU«» ». Lu» «ahmiUellcn ab«kdolt: 78 manatl ».»S vtrrttlllhrl. Durch 8k »,F: wurrhald Laurlchiuiw« und d«r di^ch» »»loattn »krttlithtt. ».«* awuatl. IL» audschl. Postdrskllgeid. skruar m Brl-cea, Dänemark, txn Donauftaatea. Italien, Lurrmdurg, «cied«rU>nde, Aar» weg«», Orstrrrvch - Ungarn, «adland, Schwede», Schwei, u. Spanien. I» alle» übrigen Staaten n»r dirett durch di» «eschPttsielle de« Blatte« erhLillich. La« Leipziger L^edlaN ericheinl T»»M itglich, Son», u. Fei^eiaa« nur Margen». Lvonnemeur-Ännatzme. Uuguftusplatz 8, dm unsere» lrLgern, Mliaien, Spediteure» «ad Ln»ahmetzrllea, sowie Postämter» mld Briefträgern. »«»»»lderrauftpr««» »er «uraerw «udgäde 1v der Äbend iusqabe o ch, «rdakttoa «ab «es»äft»kell« Jodanni«gaffe v. S«r»wrrch«r! I4SSL 14««. l4«t. Abend-Ausgabe. nMerTaMall Handelszeitnng. Amtsvkatt des Aales und des Nolizeiamtes -er LtaSt Leipzig. 2ln;ciqrn-^rci5 chr Inserate an» Leisvg un» Umgedunz di« Sgeipaltene bO mw breit« Benr,eil« L> die 74 nun breite dteklnwezeil« l »an autwätt« M ch, NirTIamen l.!ä> Iaferate oan vebdrren m amtlichen Teil »k 74 tut» breit« Pent^il« 40 »«ichälttan^tgen MU P agoorlchrtftr» ,»» i» der tl ^«ndautaad« >m Preu, erlMt Rabatt nach Lar,». Be,lag«g«bübr ü ». Tautenb extl. Postgebühr. ,Hestert eilt« tluittäg« können inchi »»rü<t- «ezogea werden, sfär da« ärfcheine» au brlttmmte» Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. «urigen-«anahme > Puguktlsplatz «, bei sämtlichen Filialen u. alle» Annoucen. Erpedttioaea de« I». uad «uelande«. H«„r-Filiale Derk»: »ar» »UN« er, Heriwgl. vayr. HoDucha ia»bl»»a, Lützowstratze IL (Teleodor VI, tlkr. 4M3). Haupt-Atliale Dresden, Seestrahe 4,1 (Telephoa 4ST»^ Nr. 273 Montag, ürn s. vKinder isio. 104. Zshrgan-. Zur Neugestaltung ües vulkslckulgeletzes. (Bericht über die Hauptversammlung des Vereins „Sächsischer Volks schul- direktore n".) Der Verein „Sächsische Volksschul- vire klaren" hielt seine diesjährige Hauptver sammlung im Theatersaal des Kristallpalastes in Leipzig am 30. September und 1. Oktober ab. Der langjährige und bewährte 1. Vorsitzende, Herr Schul direktor Pseifer-Eersdorf, Bez. Chemnitz, eröffnete Freitag, vormittags )412 Uhr, die stattliche, von gegen 200 Mitgliedern aus allen Landesteilen be suchte Versammlung mit kurzen, markigen Worten und rief allen Anwesenden ein herzliches Will kommen zu, insbesondere begrüßte er die zahlreichen Ehrengäste, u. a. die Herren Stadtrat Dr. Acker mann, Amtshauptmann von Nostitz-Wallwitz, Super intendent v. Hartung, Seminardirektor Dr. Frenzei, Oberschulrat Dr. Müller, die Schulräte Zimmler, Dr. Scherfig, Dr. Michel, Dr. Schilling, Detter und Seeliger, Superior und Pfarrer Stranz, Landtags abgeordneten Lange. Auf Antrag des Vorstandes wurde vor Eintritt in die Tagesordnung an den König Friedrich August ein Huldigungs telegramm, an den Staats- und Kultusminister Dr. Beck ein telegraphischer Gruß abgesandt, die beide im Laufe des Tages dankend beantwortet wurden. Stadtrat Dr. Ackermann, der Dezernent der hiesigen Volksschulen, begrüßte namens der Stadt in herzlicher Weise die Versammlung und versicherte, daß die Schulverwaltung die Beratungen der Direk toren mir regem Interesse verfolge. Herr Schul direktor Dr. Kießling, z. Z. Vorsitzender der Leipziger Direktorenkonferenz, rief im Namen der Direktoren von Leipzig I und II den Erschienenen ein Willkommen entgegen und wünschte, daß es allen Schulmännern in der Stadt der Schulen recht gut gefallen möge. — Hierauf erstattete der Vor- ützende einen kurzen Jahresbericht, dem wir kolgendes entnehmen: Der im Jahre 1865 gegründete Verein gliedert sich in 27 Vezirksvereine und zählt 122 Mitglieder, von denen 307 in Städten und 115 in Landgemeinden amtieren. Bis auf 34 Schul direktoren gehören sämtliche in Sachsen wirkende Volksjchuldirektoren und Ortsschulinspektoren dem Vereine an. Im letzten Jahre waren 28 Eintritte zu verzeichnen; 15 Mitglieder traten in den Ruhe stand, 4 wurden zu König!. Bezirksschulinspektoren ernannt und 2 durch den Tod abgerufen. Die auf der vorjährigen Versammlung in Chemnitz gehal tenen Vorträge über „Schulleitung und Aufsicht" wurden zu einer Broschüre verarbeitet und der obersten Schulbehörde übergeben. Mit den Vorarbeiten zur Reform des Schulgesetzes wurden im Juli 1009 die Dresdner Bezirke I. II und III, bzm. eine elfglicdrige Kommission betraut. Neber das Ergebnis dieser Beratungen und über die in Druck vorliegenden „Wünsche zur Neugestaltung des Volksschulgesetzes" referierte in Inständigem Vortregc Herr Schuldirektor Pätzold-Dresden. Seinen Ausführungen lagen folgende Richtlinien zugrunde: t. Wir halten fest an der christlich-konfessio nellen Volksschule und erblicken nach wie vor im Religionsunterrichte den wichtigsten Unterrichts gegenstand. 2. Wir halten fest an der Gemeinde- schule und der S ch u l g e m e i n d e. 3. Die Schul gesetzgebung muß an die historische Entwick lung des Schulwesens anknüpfen. Deshalb ver werfen wir die Einheitsschule, halten aber an Stelle der bisherigen Gliederung in einfache, mittlere und höhere Volksschule eine Zweiteilung, die Einrichtung einer allgemeinen und einer gehobenen Volksschule, für ausreichend. 4. Ein Schulgesetz darf nicht einer wechselnden Zeitströmung Ausdruck verleihen. 5. Ein Schulgesetz muß für die We i t e r - entwicklung des Schulwesens neue Wege und Ziele zeigen. Zum Ausbau des örtlichen Schul wesens ist die Aufnahme wahlfreier Lehrgegenstände zu ermöglichen. Als solche werden empfohlen: Steno graphie, Jugendspiele, Handfertigkeitsunterricht und fremdsprachlicher Unterricht. Die Schulbildung ist zu vertiefen; deshalb ist die Zahl der Unterrichtsstunden der bisherigen einfachen Volksschule zu erhöhen. Die Schülerzahl einer Klasse ist herabzusetzen und soll nicht mehr als 45 betragen. Für den Unterricht schwachsinniger Schüler sind besondere selbständige Einrichtungen zu treffen. Die Fortbildungsschule hat nach Möglichkeit die Berufsverhältnisse der Schüler zu berücksichtigen und ist durch Einführung der Mäd chenfortbildungsschule zu ergänzen. Die Lehrerbil dung ist zu erweitern. Die Disziplinarbestimmungen für Lehrer müssen nach dem Grundsatz der bürger lichen Rechtsgleichheit umgestaltet werden. 6. Ein Schulgesetz muß der Leistungsfähigkeit der Gemeinden Rechnung tragen. Mit großer Spannung folgte man den treff lichen, auf fleißige Studien und reiche Erfahrungen sich gründenden Ausführungen des Referenten, der zu allen wichtigen pädagogischen Tagesfragen Stellung nahm und durch die ernste Auffassung seiner Auf gabe, durch die Klarheit seiner Gedanken und durch die Wärme seiner Darbietung bei allen Anwesenden tiefen Eindruck machte, und der Kommission wurde für die mühevolle Arbeit lebhafter Dank ausge sprochen. Nach kurzer, allgemeiner Debatte wurde nachmittags 2 Uhr die Hauptversammlung geschlossen. Um 3 Uhr fand im Blauen Saale des Kristall palastes ein gemeinsames Mittagsmahl und um 5 Uhr unter Führung der Herren Kammerrat Thieme und Schuldirektor Dr. Spitzner eine Besichtigung des Völkerschlachtdenkmals statt. Sonnabend, den 1. Oktober, vormittags 8 bis 12 Uhr und nachmitrags hj, abends 9 Uhr wurden interne Sitzungen abgehalten und die Arbeit der Kommission einer eingehenden Besprechung und Beschlußfassung unterzogen. Die meisten Vorschläge wurden angenommen, einige abgeändcrt oder ganz gestrichen. Die Wünsche zur Neugestaltung des Volksschul gesetzes werden nun nochmals bearbeitet und dann dem Ministerium unterbreitet, sowie allen Mitgliedern der beiden Stände kammern eingehändigt werden. Sonntag, den 2. Oktober, vormittags s^10 Uhr, fanden Besichtigungen der Universität, des Rat hauses, der Universitätsbibliothek und der 19. Be zirksschule statt. Im Anschluß an die Versammlung hatten die Firmen Jul. Klinkhardt, Martin L Fischer, die Lehrmittelhandlung von Dr. Schneider, F. E. Wachsmuth, Rud. Schick L Co. usw. reichhaltige Ausstellungen veranstaltet. p Milche Nachrichten. Heinrich XXIV von Reuß-Köstritz s. Wie uns ein Privattelegramm aus Gera meldet, ist Fürst Hein-rich XXIV. von Reuß- Köstritz jüngerer Linie gestern auf Schloß Ernstbrunn in Niederösterreich gestorben. Fürst Heinrich XXIV-, der Senior des apana- gierten Astes des regierenden Hauses Neuß jüngerer Linie, wurde auf Schloß Trebschen am 8. Dezember 1855 als Sohn des Fürsten Heinrichs IV. und seiner Gemahlin Luise, verwitweten Prinzessin Eduard von Sachsen-Altenburg, geborenen Prinzessin Reuß älterer Linie, geboren. Er studierte zunächst Jura und erwarb den juristischen Doktortitel, trat dann in die Armee ein und bekleidete zuletzt den Rang eines König!. Preußischen Armee ä I» srrit« der Armee. Seiner am 27. Mai 1884 in Jänkendorf mit der Prinzessin Elisabeth Reuß j. L. geschlossenen Ehe sind fünf Kinder entsprossen. Gegen die antiklerikale Politik in Spanien wurden am Sonntag, wie schon kurz im Morgenblatt gemeldet, Demonstrationen abgehalten. Heute liegen darüber noch folgende Telegramme vor. Madrid, 3. Oktober. (Tel.) Zahlreiche Katho liken, die früh der Messe in der Kirche Virgen del Pilar beiwohnten, zogen später zum Palais des Zivilgounerneurs. Während dieser eine Abordnung empfing, umringten die Manifestanten das Palais und sangen geistliche Lieder. Eine Gruppe von Republikanern antwortete mit der Marseillaise. Es entstand darauf eine Schlä gerei. Gendarmerie und Polizei zerstreuten die Manifestanten mit Säbelhieben. Nachmittags herrschte wieder Ruhe. Madrid, 3. Oktober. (Tel.) Auch in zahlreichen Provinzstädten wurden Protestkundgebungen gegen die antiklerikale Politik der Regierung veranstaltet, die überall, ausgenommen in Valencia und Sara gossa, ruhig verlaufen sind. , San Sebastian, 3. Oktober. (Tel.) Gestern wurde hier von etwa 30 000 Katholiken eine Kundgebung veranstaltet, bei der zahlreiche Reden gehalten wur- , den. die scharfe Anklagen gegen die Regierung ent hielten. Die Kundgebung verlief in vollkommener Ordnung. Valencia, 3 Oktober. (Tel.) An der gestrigen Kundgebung der Katholiken beteiligten sich mehrere tausend Personen. Die Kundgebung endete mit Stockschlägen und Revolverschüssen, wo bei zwei Personen ernstlich verletzt wurden. Die Po lizei stellte die Ruhe wieder her. Mehrere Verhaf tungen wurden vorgenommen. Madrid, 3 Oktober. (Tel.) Soweit Nachrichten vorliegen, verliefen die gestrigen klerikalen Kund gebungen bis auf einige unbedeutende Ausschrei tungen vollständig harmlos. Nur in Saragossa wurden bei einem Zusammenstoß zwei und in Orense vier Personen verwundet. Gegen die Fleischteuerung in Wien. Wien, 3. Oktober. (Tel.) Gestern fand vor dem Rathaus eine von der sozialdemokratischen Partei veranstaltete Demonstration gegen die Fleisch teuerung und die Zölle auf Lebensmittel sowie für Aufhebung des Fleischeinfuhroerbots statt, an der etwa 80 000 Personen teilnahmen. Die Kundgebung ist durchaus ruhrg verlaufen. Gegen die Lebensmittelteuerung. Prag, 3. Oktober. (Tel.) In Kladnow nehmen die Demonstrationen anläßlich der Lebensmittel teuerung einen äußerst bedrohlichen Charakter an. Tausende von Arbeitern durchzogen gestern die Straßen und forderten Staatshilse. Die Prager Stattbalterei hat ein Bataillon Infanterie. 3 Eskadrons Dragoner und 150 Gendarmen nach Kladnow entsandt, da weitere Zwischenfälle be fürchtet werden. Französische Senatswahlen. Paris, 3. Oktober. (Tel.) Bei den gestrigen Senatsersatzwahlen in den Departements Arböche und Cher wurde nach zwei Wahlgängen der sozia- lisch-radikale Deputierte Astier und der radikale Deputierte Bonnelut gewählt. Diese Mandate be fanden sich auch vorher im Besitz der radikalen Partei. Streik im Pariser Baugewerbe. Paris, 3. Oktober. (Tel.) Mehrere tausend Maurer beschlossen gestern abend, entsprechend dem von ihnen geforderten Neunstundentag, auf den Bauplätzen anstatt um 6ZH Uhr um 7)4 Uhr sich ein zufinden und falls die Unternehmer sie zur Rede stellen sollten, sofort zu streiken. Der Polizeipräfekt hat umfassende Vorkehrungen getroffen, um etwaige Ausschreitungen der Ausständigen gegen Arbeits willige zu verhindern. Oie Rückfahrt ües „p. V" nach Sitterkelü. Die Nacht über wurde der Ballon -P. V" von Soldaten bewacht und sollte heute früh um 7 Uhr seine Rückfahrt antreten. Diese verzögerte sich jedoch durch den Gegenwind. Wir erhalten darüber folgende Meldungen: Chemnitz, 3. Oktober. (Prioattelegramm.) Das Luftschiff „P. V" wird die Rückfahrt nach Bitterfeld voraussichtlich nicht vor 8 Uhr früh antreten. Chemnitz, 3. Oktober. (Privattelegramm.) Der Ballon „P. V" stieg heute morgen 7 Uhr 50 Min. zu der Rückfahrt nach Bitterfeld über Leipzig auf. Der Lenkballon hatte mit starken Gegenwind zu kämpfen, der zeitweise 9 Sekundenmeter betrug. Ueber Leipzig. Schneller als man dachte kam der Ballon vor wärts, jedenfalls unterwegs von günstigem Wind ge tragen. Bereits 9 Uhr 20 Min. konnte man das Luftschiff im Südosten der Stadt vom Völker schlachtdenkmal aus sichten. Es flog wieder außen um die Stadt herum, und zwar in ganz geringer Hohe mit ziemlicher Schnelligkeit. Die Fahrt ging über den Osten nach Norden zu, der Ballon passierte die Eohliser Kasernen und flog dann in der Richtung der Bahn linie nach Bitterfeld zu. Fast eine Stunde lang war der Ballon trotz des herrschenden Nebels am Hori zont sichtbar. Wie wir dann auch durch Anschlag meldeten, ist das Luftschiff in Bitterfeld glatt gelandet. Darüber ging uns noch folgendes Telegramm zu: Bitterfeld, 3. Oktober. (Privattelearamm.) Das Luftschiff „P. V" ist 11 Uhr 20 Min. vor der Ballonhülle glatt gelandet. Oie Ksu im Spiegel. Von G. W. Appleto n. (Autorisierte Uebersetzung.) In aller Eile wusch ich mir die Müdigkeit aus den Augen, und als ich damit fertig war, erschien Marie mit ihrem Seroierbrett und begrüßte mich mit einem frischen „Guten Morgen". Ein appetit licher Duft kam mir von dem Seroierbrett entgegen, uno zum ersten Male wieder seit vielen Stunden um fing mich eine behagliche Stimmung. Ich setzte mich unverwerlt an den Frühstückstisch. Mein Appetit schien dem Mädchen zu gefallen, denn lachend sagte sie: „Haden Sie in Paris keinen Schinken mit Ei bekommen?" „Keinen so guten wie diesen", erwiderte ich. „Aber es ist eine lustige Stadt, nicht?" ,.OH ja, es läßt sich dort schon leben." „Ich habe das einmal von meinem Vater gehört. Mutter wurde ordentlich wild darüber." „So, wirklich? — Ist hier alles seinen alten Trab weitergegangen, während meiner Abwesenheit?" „Immer den gleichen Trott. Mir ist es etwas zu eintönig hier. Ich habe gekündigt." „Ei was? Das tut mir aber leid." „Tut es Ihnen leid? Sehr freundlich von Ihnen, Herr Lart. Wissen Sie, es ist hier so unheimlich still — keine EesellHaften, keine Essen, gar nichts. Der Herr Eoliby »st ja ein netter alter Herr und behandelt mich auch freundlich, aber das genügt eben nicht." „Allerdings", bemerkte ich lachend, „aber Saw- kins ist ja auch noch da!" Ihre Lippen kräuselten sich verächtlich. „Der", sagte sie, „den rönnen wir alle nicht leiden, den heimtückischen Schleicher. Und dann ist auch etwas nicht richtig mit ihm. Bisweilen er- schreckt er mich und die Köchin fast zu Tode, der!" „So? Wieso denn?" sragte ich und spitzte die Ohren. „Die Sache ist so", erwiderte sie und dämpfte ihre Stimme, wobei sie sich ängstlich im Zimmer umsah, „im ganzen Hause ist es nicht recht geheuer. Er innern Eie sich noch, wie Sie mich eines Morgens fragten, ob ich während der Nacht nicht Frauen stimmen gekört habe, und ich nein sagte?', „Gewiß, antwortete ich gespannt, „ich erinnere mich genau." „Gut", fuhr sie fort und näherte ihren Mund meinem Ohr. „Ich habe sie neulich nachts selbst ge hört, ja wirklich. Ich hatte abends Kaffee getrunken, das wird es wohl gewesen sein, was mich wachyielt, und um zwei Uhr morgens ging ein solches Lachen und Geschrei und Psropsenknallen los und was weiß ich sonst noch! Aber nicht wahr, Herr Lart, Sie sagen niemand ein Wort davon?" „Nein, mein liebes Kind. Und was dann?" „Ja, und dann saß ich im Bett auf und fragte mich: Wo ist denn der Lärm hergekommen? und ich stehe auf und gehe leise an die Türe und — hm — wünschen Sie noch etwas Tee, Herr Lart?" Die Türe ging auf. Als ich aufblickte, sah ich, daß Herr Eoliby auf der Schwelle stand. Er trat beiseite, um Marie passieren zu lassen, kam dann auf mich zu und schüttelte mir herzlich die Hand. „Glücklich zurückgekehrt, Herr Lart?" fragte er. „Nun, wie haben Sie sich auf Ihrer kleinen Reise amüsiert?" Ich schüttelte etwas niedergeschlagen mein Haupt. „Unter günstigeren Umständen", erwiderte ich, „wäre es zweifellos eine sehr angenehme Reise ge wesen, aber —" Ich zögerte einen Moment, während er mich forschend ansah, hielt es aber für das beste, ihm die Wahrheit ungeschminkt mitzuteilen, und fuhr da her fort: „Aber unglücklicherweise, Herr Eoliby, ist mir ein großes Mißgeschick widerfahren. Die Tasche, welche die Dokumente enthielt, die mir Herr von Montpelier übergeben hatte, ist mir, als ich heute morgen in Dieppe aus dem Eisenbahnzug ausftieg, aus der Hand gerissen worden." Er zog die Augenbrauen ärgerlich zusammen. „Ich bin sicher ein umgänglicher Mensch, Herr Lart, aber das ist mir doch zu bunt. Vollends nach all den Vorsichtsmaßregeln, die ich getroffen hatte. Mein Wort, das geht doch zu weit!" „Ich leugne es nicht ab, Herr Eoliby" versetzte ich, „und ich kann es Ihnen nicht verdenken, wenn Sre zornig sind." „Ich bin nicht gerade zornig", bemerkte Herr Eoliby, „aber wie haben Sie auch zulassen können, daß etwas Derartiges geschieht?" .„Zulassen? Ich bin um keine Erlaubnis gefragt worden. Ich stieg eben vorsichtig aus dem Wagen und hatte den Eriff der Tasche fest in der Hand, als sie mir mit solcher Gewalt herausgerissen wurde, daß ein Widerstand unmöglich war. Es hat mir die Hand fast abgerissen. Weiter weiß ich überhaupt nichts davon. „Aber der Dieb! Haben Sie denn sein Gesicht nicht gesehen?" „Ich habe nichts gesehen. Es war stichdunkel, wo ich ausftieg; der Regen fiel in Strömen. Alles ge schah in einem einzigen Augenblicke." „Großer Gott", murmelte er. „Welch eine Folge von Unglücksfällen!" „Ja wahrhaftig Herr Goliby. Es tut mir sehr leid, daß meine Dienste Ihnen bisher von so ge ringem Werte gewesen sind. Ick habe Ihnen einen großen Schaden verursacht, allerdings wirklich ohne meine Schuld und ohne einen Moment unachtsam zu sein. Nach dieser Affäre wäre es vielleicht das beste, wenn ich Ihnen das Geld zurückgeben würde, das Sie so freundlich waren, mir vorzustrecken, und mich von meiner Stelle zurückzüge." „Wo denken Sie hin?" versetzte er mit seinem wohlwollendsten Lächeln. „Einem solchen Vor)chlage würde ich nicht stattgeben. Sie haben mir treue Dienste geleistet. Der Fehler liegt in keiner Weise an Ihnen. Ich war nur einen Augenblick über rascht, denn dieses Vorkommnis bedeutet für mich Verschub, und Verzögerungen sind in der Geschäfts weit bisweilen verhängnisvoll. Ich glaube indes im vorliegenden Fall nicht an ein derartiges Ergeb nis. Der Verlust ist nicht unersetzlich. Die Doku mente können noch einmal angefertigt werden. Ich werde heute noch dem Herrn von Montpelier darüber schreiben. Nein, so schlimm ist es nicht. Sie dürfen nicht daran denken, Herr Lart, mich zu verlassen. Und nun wollen wir von etwas anderem reden. Sie haben natürlich den Herrn Vignaud gesehen?" „Gewiß, wie ich Ihnen in meinem Briefe ge schrieben habe." ,Zn Ihrem Briefe? Ich habe keinen Brief von Ihnen erhalten", erwiderte Herr Goliby. „Das ist sehr merkwürdig. Nach Empfang ves Ihrigen habe ich sofort geantwortet und Ihnen über alles, wie Sie wünschten, genau Bericht erstattet." „Der Brief ist nicht angekommen. Höchst merk würdig, wie Sie sogen. Das muß untersucht werden. Erzählen Sie mir indes, was oorgefallen ist. Welche Erklärung hat er Ihnen gegeben?" „Gar kerne, außer derienigen, die er bereit» in seinem Telegramm angedeutet hat. Er schien, um das Kind beim wahren Namen zu nennen, sich nicht viel daraus zu machen. Der Brief hat ihn, wie mir vorkam, nur gelangweilt." „Nein wirklich, ist das möglich?" „Er lachte über Ihre Drohung, ihn für den Ver lust verantwortlich machen zu wollen." „Nicht möglich!" „Aber er wurde doch kleinlaut, als Herr Le Noir in seinem Bureau erschien. Ich war nämlich gerade anwesend." „Herr Le Noir? Wer ist denn das?" „Der berühmte französische Detektiv. Er war es, der mir neulich in dre City gefolgt ist. Er ver wechselte mich, wie es scheint, init einem gewissen Javotte, dem ich auffallend gleichen soll." „Ja, aber wie kamen Sic dazu, diesen Le Noir kennen zu lernen?" „Er hat sich mir auf dem Dampfer selbst vor gestellt. Nach einer Entschuldigung wegen seines Irrtums bat er mich, ihm den Einbruchsdiebstahl mit allen Einzelheiten zu schildern." „Das haben Sie getan?" „Gewiß. Ich nehme an. daß ich damit in Uebcr- einstimmung mit Ihren Wünschen handelte." „Gewiß, gewiß, versteht sich! Sie haben recht ge tan. Hat er über den Gegenstand selbst eine Meinung geäußert?" „Nicht eigentlich — er sagte nur, es sei ein sehr dunkler Fall, und er befürchte. Sie möchten mit den Versicherungen Schwierigkeiten haben." Herr Goliby hob verzweifelt die Hände. „Schwierigkeiten! Reden Sie mir nicht davon, Herr Lart! Der Himmel weiß, wann meine An spräche befriedigt werden. Die Affäre ist wirklich ein Unglück für mich, eine höchst beklagenswerte Ge schichte! Nun, und es scheint, daß Sie diesem Herrn Le Noir nachher wieder in Poris begegneten?" „Ja, bei Herrn Vignaud. Er war in Begleitung des Inspektors Beale von Scotland Pard. Wir vier begaben uns zusammen nach dem Rathaus«, um dort Nachforschungen anzustellen. Und was denken Sic nun, das sich dort ereignete?" Statt zu antworten, zuckte er mit den Achseln. „Etwas ganz Merkwürdiges", fuhr ich fort. „Der Beamte, der die gestohlenen Papiere ausbczahit hatte, deutete auf die Frage, wer sie präsentiert hätte, ohne einen Moment zu zögern, auf mich. Das hätte unter Umständen sehr unangenehm für mich sein können. Aber Herr Le Noir tackelte nur und erklärte, daß das unmöglich sei. Der Mann indes
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