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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.11.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101102029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910110202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910110202
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-11
- Tag 1910-11-02
-
Monat
1910-11
-
Jahr
1910
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Anze-gen-PreiS Or Inserate an» Leirr>g uns llmgedunq dw Sgeivaltene SO inw breite llriitzeil« 22 ch, di« 7« nun breite llteklaine-rUe l »an au«wLrr» llv «teNamea l-L- Inserate »an Behörden » amtlichen r«U die 7« Win dritte Petit^il» «0 cheschtstian^igen mit P rsvorichrilte» un» i» der Ab«ildau»gab« im preise erhöht, btabaii nach aaris. Beilagegebühr 2 p. Lauieud egkl. Postgebühr. ,"seiterteilt« AuitrLge kinnen nicht «urüik- gezogen werden, Zur da« Erscheinen an bestimmten tagen und PlLhen wird lein» obarantl« übernommen. Anzeigen. Annahme: Auguftu-pl«, «h bei sämtlichen Ailialen u. allen iilnnoncea» itxpeblnonen de» Za- und Au«Iandet. Nrdattton nnd Nelchafltaell«: Zodanniegosje ». S«rn,precher: I«t>!L. I««U, l«8St. Hauvt-Stliale Lreldra: Slslraso 4, l (telepyaa 4ü2tt- Nr. 302. Mittwoch, »en 2. Noocmber lSio. 104. Jahrgang. Sein Kieüe in SSHmen. Ueber die deutsch-tschechischen Ausgleichsverhand lungen, die infolge der tschechischen Forderungen zum Stillstand gekommen sind, schreibt uns unser Prager L.-Muarbeiter: Es ist wenig Hoffnung vorhanden, daß der Aus gleich zwischen Deutschen und Tschechen noch zustande kommt. Die Verhandlungen sind auf einem toten Geleise angelangt, und es ist höchst wahrscheinlich, daß der Landtag nicht mehr zusammen treten wird. Bei den Tschechen wird das alte Spiel ge trieben, das bisher stets und zuletzt im Jahre 1891 ein Scheitern des Ausgleiches nach sich zog: immer siegte der Radikalismus, und stets geben die gemäßig- leren Parteien nach, aus Furcht, ihre Mandate zu verlieren. So haben rm Unterausschuß, der mit der Beratung der Sprachensrage bei den Selbstverwal- tungskörpcrn beschäftigt war, die Herren im Prager Rathause die tschechischen Kommissionsmitglieder be einflußt, den Paragraphen durchzusctzcn, welcher Prag zur reintschechijchenStadt macht. Die Großgrundbesitzer feudaler Richtung, die anfangs für den deutschen Antrag svrachen, unterwarfen sich dem Befehle der tschechischen Abgeordneten. Hierdurch würde unter anderem erreicht, daß die Steuern, welche die Deutschen Prags aufbringen und die alle Steuern jeder anderen Gemeinde Böhmens weit übersteigen, der tschechischen Steuerbestimmungsquote zugezahlt werden. Durch diese Gesetzesbestimmung wären alle die Kämpfe der Deutschen Prags in den letzten 30 Jahren vergeblich gewesen, ja die Prager Deut schen würden noch weit schlechter stehen, als derzeit, wenn der Entwurf Gesetz würde. Auch die anderen Sprachbestimmungen dieses Ge setzentwurfes bringen Nachteile für die Deutschen; denn Lurch diese neue Regelung müßten bei allen Ge meinden des deutschen Sprachgebietes tschechische Ein gaben angenommen werden, wodurch die Doppel sprachigkeit des ganzen Landes fest gelegt wäre. Daß den Deutschen dasselbe gewährt ist, kommt hier nicht in Betracht, da die wirtschaftlichen Ver hältnisse es mir sich bringen, daß nur die Tschechen nach deutschen Gegenden adwandern, nicht aber die Deutschen nach tschechischen. Das cingesührte Ueber- setzungsbureau wird dem Ansturm der Tschechen weichen und dann käme bald der Grundsatz zur Gel tung, daß tschechische Eingaben direkt tschechisch zu er ledigen seien. Weiter verlangten die Tschechen plötz lich ein Punktum zwischen den bisher erledigten Ausgleichsgegenstäuden und den Neuerungen, die erst durchzuführen wären, vielleicht auf dem Boden eines anderen Landtages. Auch nehmen die Radikalen eine sehr zweifelhafte Haltung ein. Ihre Wortführer in den Kommissionen haben säst immer geschwiegen; jetzt drohen sie mit der Abberufung ihrer Abgeordneten, um. wie sie sagen, freie Hand zu erhalten. Ferner begehren sie die so - sortrge Einberufung einer Sitzung des Land tages zur Verabschiedung der F i n a n z g e s e tz e. Sie weigern sich schon jetzt, alle Vereinbarungen anzu erkennen und wollen nun die von den Deutschen be kämpften Finanzgesctze durchsetzen. Ernstzunehmende Leute, die auch mit der Regierung Fühlung haben, behaupten, daß sofort nach der Schließung des Land tages infolge Erfolglosigkeit der Verhandlungen Baron Viencrth gewillt sei, die Ministerialentwürfe der Ausgleichsvorlagcn zu oktroyieren; aber es ist kaum anzunehmen, daß er diesen gewagten Schritt tun werde, obzwar, wie geflüstert wird, dieses den Absichten des Thronfolgers entsprechen würde. In den deutschen Gebietsteilen ist man überhaupt nicht zufrieden mit den bisher durchberatenen Entwür- Späte Gerechtigkeit. 4j Roman von Wilhelm Schwedler. (Nachdruck verboten.) „Das ginge eher," gab der junge Mann zögernd zu. „Allerdings dürfte die Verhaftung keinesfalls in der Nähe der Fabrik geschehen, da sich sonst Rom- ney sofort persönlich für die Sache interessieren würde und das ist es gerade, was das Mädchen bezweckt." Der Detektiv verlor seine Geduld nicht. Er war gewöhnt, allerhand kleine Hindernisse aus seinem Wege zu finden, besonders in Angelegenheiten, wo es sich um eine Frau handelte, und schließlich waren Bartletts Gründe einleuchtend. „Wann ist die Festlichkeit in der Fabrik vorüber?" fragte er des halb und erhielt die Auskunft, daß dies jeden Augenblick der Fall sein könne. „Dann ist jede Minute kostbar," sagte er, indem er aufstand und sich zum wehen fertig machte, „währeird wir hier die Zeit verplaudern, kann uns der Vogel schon aus dem Garn sein." James Bartlett sah «in, daß dies der einzige Weg sei, und bat deshalb den Detektiv nur, solange zu warten, bis er sich selbst umgezogen habe. Dann wollte er sich mit ihm in der Nähe des Ausganges der Fabrik aufstellen, um ihm die Person, um die es sich handelte, zu zeigen. Alle» andere wollte er ihm dann überlassen. Wenige Minuten später standen die beiden Män ner in einem Torwege, von dem aus sie einen guten Ausblick auf den Haupteingana zur Papier- »abrik hatten, ohne daß sie selber ainfällig sichtbar waren. James trug einen langen Mantel, besten Kragen er vorsichtshalber hochgeschlagen hatte, sie waren auch insofern vom Glück begünstigt, als sich nach kurzer Wartezeit die Tür öffnete und die ersten Leute herauskamen. James hatte seinem Begleiter eine sehr genaue Personalbeschreibung geliefert, so daß dieser auch ohne seine Anwesenheit kaum einen Fehlgriff tun konnte, aber er fand es doch sicherer, mit zu warten. Eine Gruop« nach der anderen kam an dem Tor vorüber, lachend und schwatzend, und James hörte mehr al« einmal seinen Namen nennen. Unter den letzten befanden sich di« Mädchen, zwischen denen, wie er sich genau entsann, Jane vorhin ge sessen hatte, aber die Gesuchte war nicht darunter. I fen, insbesondere weil die eigentlichen deutschen Schutz gesetze gar nicht zur Beratung kamen, und es mehren sich die Kundgebungen von Volksversammlungen, Ge meinden und anderen Körperschaften dagegen. Die Schwierigkeiten werden von den Abgeordneten dem Einflüße des Dr. Kramarsch zugeschrieben, denn mit dem Tage seiner Ankunft in Prag begannen die Verhandlungen zu stocken. Es ist auch Tatsache, Laß Dr. Kramarsch, der böse Geist des Abgeordneten hauses, der Agitator der großslawischen Ideen, sofort, nachdem er aus Rußland, wo er jedes Jahr seinen Urlaub zubringt, in den Couloirs des Landtags gebäudes erschien, und, obwohl er nicht Mitglied der Kommissionen ist, fortgesetzt mit den tschechischen Ab geordneten konferierte. Dr. Eppinger hat auch in der Kommission darauf hingewiesen, ohne indessen eine Antwort zu erhalten. Wie die Sachen jetzt lie gen, geht Böhmen augenscheinlich einer Krise ent gegen, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß der Landtag aufgelöst werden wird. Sollte das aber der Fall sein, so ist anzunehmen, daß in dem neuen Land tage die Gegensätze noch schärfer sich gegenüberstehen werden, da dann fast nur radikale Abgeordnete aus der Wahl hervorgehen würden. plllitiläie Nachrichten. Die Beamtenschaft und die Handelskammer Plauen. Die Handelskammer Plauen i. V. richtete auf An trag verschiedener Detaillistenorganisationen an die sächsischen Ministerien des Innern, des Kultus und öffentlichen Unterrichts, sowie an die Eeneraldirek- tion der sächsischen Staatseisenbahnen und an die Kaiser!. Oberpostdirektion Chemnitz das Ersuchen, im Interesse des gesunden volkswirtschaftlich notwen digen Detailhandels den Zusammenschluß von Beamten zu Konsumvereinen, sowie die Förderung dieser Vereine durch Vorgesetzte nach Mög lichkeit zu verhindern. Gleichzeitig weist die Handelskammer darauf hin, daß in den kaufmänni schen Kreisen über die zunehmende Gründung von Bcamtenkonsumoereinen große Mißstimmung herrsche. Die Beamten, so sagt die Handelskammer weiter, setzen sich durch die Bildung von Konsumverernen nicht allein in ausgesprochenen Gegensatz zur erwerbs tätigen Bevölkerung, sondern sie beeinträchtigen auch die auf Förderung des gewerblichen Mittelstandes gerichteten Bestrebungen der Reichs- und Staats behörden. Zur Rrichvtagskandcdatur Riess«. Wir brachten die Nachricht, daß der Präsident des Hansabundes, Geheimrat Riesser, im 12. hanno verschen Reichstagswahlkreise (Göttingen-Duderstadt- Münden) als Reichstagskandivat aufgestellt sei. Wie der „Natl. Korr." aus Hannover gemeldet wird, ist diese Nachricht nicht richtig; die nationalliberale Partei in Göttingen hat eine Entscheidung in der Kandidatenfrage überhaupt noch nicht getroffen. — Hoffentlich entscheiden sich aber die Nationallioeralen jenes Wahlkreises noch für Riester. Die deutsch-türkischen Finanzverhandlungen. Konstantinopel, 2. November. (Tel.) Direktor Helfferich von der Deutschen Bank, der gestern hier eingetroffen ist, hatte nachmittags lange Ver handlungen mit dem Finanzminister über das geplante Finanzgeschäft. Die Beratungen wer den heute fortgesetzt. Der Finanzminister erklärte einigen Journalisten gegenüber, die Angelegenheit befinde sich auf gutem Wege. Der entscheidende Ministerrat. Trotz des überwältigenden Kammersieges Driands ist es noch nicht sicher, ob nicht wenigstens eine par tikulare Umbildung des französischen K: netts er folgt. Die Entscheidung erfolgt heute Mittwoch. Eine Depesche zur Lage besagt folgendes: Paris, 2. November. (Tel.) Der heute statt findende Minister! at wird von außer ordentlicher Wichtigkeit sein, sei es, daß ein Einvernehmen der ganzen Regierung erzielt wird, über die Maßnahmen, die zur Verhinderung einer Wiederkehr der jüngsten Krise notwendig sind, sei es, daß sich Meinungsverschiedenheiten ergeben, infolge deren eine Umbildung des Ministeriums notwendig wird. Briand hat sich bisher nur mit der Demission des Ministers Ruau besaßt. Viviani be trachtet sich als solidarisch und verantwortlich für alle Maßnahmen des Kabinetts; trotzdem gilt sein Rücktritt für sehr wahrscheinlich. Es heißt, Vi viani würde gern jeder gesetzgeberischen Maßnahme zur strengeren Unterdrückung der Sabotage und der Aufreizung zur Sabotage zustimmen, aber jeder Be einträchtigung des Streikrechtes und jeder ernsten Aenderuna des Syndikatsgesetzes sich widersetzen und soll ziemlich geneigt sein, unter diesen Umständen zurückzutreten. Die Möglichkeit einer gleichzeitigen Vakanz des Landwirtschafts- und des Arbeitsmini steriums wirft bereits ziemlich heikle Fragen auf, doch könnten Liese immerhin verhältnismäßig leicht gelöst werden. Man muß aber auch die Notwendigkeit einer Neubildung des Kabinetts ins Auge fasten, welche in parlamentarischen Kreisen abends als die wahrscheinlichere zu gelten schien. Dieser schienen die parlamentarischen Kreise aber sehr gern vorbeugen zu wollen, es ist aber auch möglich, daß Briand dazu geführt wird, die Notwendigkeit einer Neubildung anzuerkcnnen. In diesem Falle mühten die Minister demissionieren, um dem Präsidenten der Republik freie Hand zu geben. Vielfach glaubt man, daß die Ministerkrisis morgen eintreten wird. Sie wird dann nur von kurzer Dauer sein. Präsi dent Fallidres besitzt nur eine Richtschnur Da die Kammer mit beträchtlicher Majorität das Ver trauensvotum für Briand abgegeben hat, muß er es natürlich sein, an den der Auftrag zur Neubildung des Kabinetts ergeht. Die Verhand lungen dazu würden zweifellos weder lang noch schwierig sein, und das neue Ministerium könnte sich am Donnerstag den Kammern vorstellen. Antimilitariftisch« Kundgebungen in Madrid. Pari», 2. November. (Tel.) Aus Madrid wird gemeldet, daß wegen a n ti m i l i t a r i st i - scher Reden vier Personen verhaftet wurden, darunter der Universitätsprofessor Ovejero und der Präsident des sozialistischen Jugendverbandes Blasquez. Diese sind beschuldigt, die Soldaten zum Ungehorsam aufgereizt zu haben für den Fall, daß ein neuer Marokkofeldzug unternommen werden sollte. Eine republikanische Gedenkfeier in Lissabon. Lissabon, 2. November. (Tel.) Eine zahlreiche Menschenmenge begab sich gestern in geschlossenem Zuge nach dem Friedhof, wo die bei der ersten republikanrschenErhebungam 31. Januar 1891 Gefallenen begraben liegen. An dem Denkmal für die Gefallenen wurde ein Bronze kranz niedergelegt. Die Ordnung wurde nirgends gestört. Die Judenmetzelei in Schiras. Teheran, 2. November. lTel.) Bei dem kürzlich gemeldeten Ueberfall des Judenviertels Als der letzte Gast sich entfernt hatte schloß der Portier den Eingang zu und ging gleichfalls seines Weges, nachdem er sich vorher überzeugt hatte, daß alle Lichter in dem Gebäude ausgelöscht waren. Die beiden Männer im Torwege blickten einander fragend an. „Wir müssen sie übersehen haben," sagte der Detektiv schließlich. „Unmöglich," erwiderte der andere. „Ich kenne sie auf die doppelte Entfernung unter Tausenden heraus. „Dann muß sie noch im Gebäude sein," entschied der Detektiv, „können wir das Haus durchsuchen, ohne Aufsehen zu erregen?" „Mit Leichtigkeit," lautete die Antwort, „ich habe die Schlüssel zu allen Räumlichkeiten in der Tasche, die ihr zugänglich sind." Die beiden Männer warteten noch einige Mi nuten, um ganz sicher zu gehen. Dann schloß James das Tor auf und es begann nun eine peinlich genaue Untersuchung des Etablissements. Nach län gerer Arbeit konnten sich aber beide der Erkenntnis nicht mehr verschließen, daß weitere Bemühungen fruchtlos seien und der Detektiv gab der Vermutung Ausdruck, daß Jane vielleicht das Haus schon vor ihrer Ankunft verlassen habe. James bestritt dies entschieden. Wenn es dennoch der Fall sein sollte, meinte er schließlich, so müßte sie eben wieder etwas ganz Besonderes vorhaben. Was war nun zu tun. James war unruhiger, als vorher. Er mußte sich jetzt ohne Verzug zur Gesellschaft begeben, und er verabschiedete sich daher schweren Herzens von dem Detektiv, nicht ohne ihm das Versprechen abgenom men zu haben, daß er in seiner unmittelbaren Nähe bleuen werde. Gleich darauf begann Harry Marks sich für die ihm bevorstehende Rolle oorzubereiten. Daß es zwecklos sei, das Haus von außen zu beobachten, verstand sich von selbst, da er durchaus nicht wissen konnte, von welcher Seit« her der Angriff — wenn ein solcher überhaupt geplant — geschehen werde. Er mußte ent, schieden irgendeinen Platz inmitten der Gesellschaft zu erhalten suchen. Eine Einladung konnte er nicht wohl erwarten, und so begab er sich denn in die Vorhalle der Villa, wo die Dienstboten ein und ans gingen. Einen der Lohnkellner rief er zu sich und fragte ihn, ob wohl bei der Gelegenheit noch eine Arbeitskraft gebraucht würde. Der Gefragte sah ihn mißtrauisch an und verneinte, wurde aber höflicher, als ihm Marks eine Münze in die Hand drückte und ihm bedeutete, er habe besondere Ursache, der Fest lichkeit beizuwohnen. Schließlich ließ sich der Mann dazu bewegen, gegen das Doppelte des Betrages, den er an dem Abend verdient hätte, seinen Platz an den Detektiv abzugeben, wozu weiter keine Förmlichleiten notwendig waren, als daß er ihn als seinen Bruder vorstellte,'der ihn soeben an das Krankenlager seiner Frau gerufen habe. Wenige Minuten später war der Kriminalist eifrig mit dem Hin- und Hertragen von Geschirr beschäftigt. Es hatte aber fast den Anschein, als ob alle Sorgen überflüssig gewesen seien. Das Diner verlief ohne jeden Zwischenfall. Reden und Toaste wurden aus getauscht, und ungetrübte Fröhlichkeit herrschte bis zum späten Abend. Marks begann bereits den Spaß langweilig zu finden und beschloß, daß dies sein letztes Engegament als Lohnkellner sein sollte. Der alte Nomney war vorzüglicher Laune und scherzte mit seinen Gästen vergnügter, als dies sonst der Hall zu sein pflegte, während seine Gemahlin mit Eifer den Pflichten der Gastgeberin oblag und überall selbst nach dem Rechten sah. Auch Fred hatte seine gewöhn, liche Zurückhaltung abgeleglt und ließ sich sogar herbei, mit seinem zukünftigen Schwager Brüderschaft zu trinken. Es war gerade in dem Augenblicke, da Frau Romney den Lohnkellner-Detektiv wegen eines De'sehens zur Rede stellte, als die beiden die Gläser kreuzten, um das verwandtschaftliche Band durch den sogenannten Liebestrunk zu besiegeln. Aber ehe sie noch dazu kamen, ereignete sich etwas Außerordent liches, das die festliche Stimmung mit einem Male ertötete: Ein scharfer Knall erfolgt«, und in dem selben Augenblick fielen den beiden Männern die Gläser klirrend aus der Hand. Im ersten Augenblick war die ganze Gesellschaft wie vom Schlage gerührt. Der Bräutigam faßte sich zuerst; er sah sich in der Stube um, um sich zu über zeugen, daß niemand verletzt sei, und sein zweiter Blick galt dem Kellner-Detektiv. Aber dieser war bereits verschwunden. In dem Augenblicke des Knalls stürzte er auch schon an die Tür und in den Garten hinaus, um den Täter — oder wie er vermutete — die Täterin womöglich auf der Tat zu erwischen. Trotz seiner Geistesgegenwart kam er jedoch zu spät, denn es war niemand mehr im Garten zu ent decken. Er rief der in der Hausflur erscheinenden in Schiras wurden 11 Juden getötet und 14 verwundet sowie alle Häuser völlig ausgeplündert. Zur Linderung der Not der etwa fünftausend Personen zählenden jüdischen Be völkerung veranstalteten die Ortsbehörden und der britische Konsul Sammlungen. llas Leipzig und Umgegenü. Leipzig, 2. November. Wetterbericht der Königl. Sächs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 3. November. Lebhafte Westwinde, veränderliche Bewölkung, Temperatur wenig geändert, zeitweise Niederschlag. Pöhlberg Matter Sonnenuntergang, Him melsfärbung gelb. Fichtelberg: Ununterbrochen schwacher Nebel, schwache Schneedecke nur auf dem Berge, starker, an haltender Reif. * Fluchtlinienfeststellung für die Nikolaistraße. Die Stadtverordneten hatten in ihrer Sitzung vom 14. September beschlossen, die Breite der Ni kolai st raße zwischen dem Brühl und der Park straße auf 14 Meter festzusetzen. Hiergegen war der Rat, der in seiner Vorlage nur eine Breite von 13,5 Meter vorgeschlagen hatte, vorstellig geworden. In nichtöffentlicher Sitzung am 12. Oktober haben die Stadtverordneten sich dahin erklärt, bei dem früheren Beschlüsse stehenzubleiben. Ein Antrag des Justizrats Schnauß, den bezeichneten Straßenteil auf 16 Meter Breite zu bringen, war vorher mit 29 gegen 21 Stimmen abgelehnt worden. * Das Jubiläum 25jähriger ununterbrochener Tätigkeit in einer Betriebsstelle begehen morgen der Markthelfer Heinrich Wilhelm Reiche in Leipzig in der Seifenfabrik von Georg Klinger in Leipzig, Petersstraße 48, und der Zigarrenmacher Johann Carl August Schäckel in Leipzig-Anger-Crottendorf in der Zigarrenfabrik von H. W. Schöttler in Leipzig, Weststraße 31/33. * Antrittsvorlesung des Professors v. Strümpell. Professor v. Strümpell, der Nachfolger Curschmanns, hielt heute vormittag in der medizinischen Klinik seine erste Vorlesung. Der Hörsaal reichte bei weitem nicht aus, um die große Zahl der Zuhörer zu fassen. Als Professor v. Strümpell eintrat, wurde er stürmisch begrüßt. In ruhigem Plauderton hielt er eine un gemein geistreiche Vorlesung. Er sprach zunächst von der Geschichte der Leipziger Klinik, verknüpfte seine Worte mit reichen persönlichen Erinnerungen — Pro fessor o. Strümpell war Ende der siebziger Jahre unter Ernst Wagner Assistent am Leipziger Kranken hause — und würdigte mit kurzen, aber inhaltsvollen Ausführungen die großen Verdienste seiner Vor gänger. Sein Streben werde es sein, Las Werk dieser bedeutenden Männer fortzusetzen. Professor von Strümpell sprach dann über einzelne Aufgaben, die er sich bei seinem hiesigen Wirken im besonderen stellen wolle. Er ging auf die Diagnostik ein. Zu einer wirklich wissenschaftlichen Diagnostik gehöre, daß der Arzt die Krankheit des Patienten von folgenden Ge sichtspunkten betrachte: vom pathologisch-anatomi schen. ätiologischen, funktionellen und psychogenen. Erst dann könne der Arzt die richtige Behandlung ein schlagen. In seinen weiteren Ausführungen legte der Lehrer seine Ansichten über die Therapie dar. Er be tonte. daß wir gegenwärtig in einer „therapeutischen Hausse" leben. Es müsse also die Aufgabe des Arztes sein, in jedem Falle genau zu bedenken, ob er dem so Dienerschaft zu, sofort die Ausgänge des Gartens zu besetzen und ihm beim Absuchen behilflich zu jein. Daß der Täter noch nicht auf die Straße geflüchtet sein konnte, wußte er, denn der Schuß war durch das nach dem Park hinausgehende Fenster des Saales ab gegeben worden. James Bartlitt beteiligte sich gleichfalls mit offenbarem Eifer an den Nach forschungen, obwohl er vor dem Gedanken zitterte, daß Jane vielleicht im Garten gefunden und mit den Mitgliedern der Familie Nomney konfrontiert werden könne. Mittlerweile besprach natürlich die Gesellschaft den aufregenden Vorfall und erging sich dabei in den kühnsten Vermutungen. Die meisten argwöhnten einen Racheakt eines enttäuschten Freiers, aber nie mand wußte eine bestimmte Persönlichkeit zu nennen, dr alle, die irgendwelche begründete Hoffnung auf die Hand der Braut gehegt haben konnten, im Saale anwesend waren. Schließlich trennte sich die Gesell schaft in sichtlich bedrückter Stimmung, und auch James verabschiedete sich von seiner Braut und seinen Schwiegereltern, die über den Zwischenfall vollkom men ihre Fassung verloren hatten. Als er auf die Straße trat, kam ihm Marks sofort entgegen. „Ich habe die Uebeltäterin leider nicht fassen können." begann er, „aber ich bin doch so glücklich gewesen, eine Spur zu entdecken, die von großem Werte für uns sein kann. Darf ich fragen, wer das Häuschen in dem Hinteren Teile des Parkes be wohnt?" James horchte erstaunt aus; das war eine ganz frische Fährte. Aber ebenso schnell gab er die Hoff nung wieder verloren und antwortete in abweisen dem Tone: „Das dürfte schwerlich zu irgendwelchen Enthüllungen führen, denn dieses Haus wird aus schließlich von dem Manne bewohnt, der heute abend nächst mir am meisten bedroht war, — meinem zukünftigen Schwager. „Wissen Sie, welche Gesinnungen der Mann gegen Sie hegt?" forschte Marks weiter. „Nun, es ist der Bruder meiner Braut," gab James etwas unwillig zurück, „und er war gerade im Begriff, mit mir Brüderschaft zu trinken." „Das will nichts besagen," fuhr der Detektiv unbeirrt fort, ganz abgesehen davon, daß dies am Abend vor der Hochzeit eigentlich etwas spät ist. Ich meine, wie Sie sonst mit ihm standen, und wie
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