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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.11.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-11-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101105018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910110501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910110501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-11
- Tag 1910-11-05
-
Monat
1910-11
-
Jahr
1910
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Nr. 305. 104. Jahr-SN-. Handlung und um die Frage, ob dem Angeklaaten vor der Verurteilung nicht wenigsten» die volle Freiheit der Beweisführung zugestanden werden muh. Die Aussprache hierüber kam am Donnerstag noch nicht zu Ende. * Die Justizkommission des Reichstage» be- schlaf, am Freitag in der zweiten Lesung der Straf, prozeßnovelle eine Fassung des § 232, nach dem die von den Prozeßbeteiligten beantragte Beweis- erhebung nur abgelehnt werden kann, weil sich wegen Offenkundigkeit jede Beweiserhebung er übrigt und die Tatsache, die der Antragsteller be weisen will, für die Entscheidung ohne Bedeutung oder schon erwiesen ist oder weil die Beweismittel unerreichbar sind. In dem Beschluß ist anzugeben, weshalb einer dieser Gründe zutrifft. Nur in Ver handlungen vor Amts- und Landgerichten, die eine Uebertretung betreffen oder auf eine erhobene Privat klage erfolgen, soll das Gericht den Umfang der Beweisaufnahme bestimmen. Ferner wurde folgender neuer Paragraph 249» be schlossen: Bei Erörterung von persönlichen, häus lichen und Familienverhältnissen kann das Gericht die Oeffentlichkeit ganz oder teilweise aus- sch ließen, wenn diese außerhalb des Strafzwecks liegende Härten mit sich bringen würden und es dem öffentlichen Interesse nicht entgegensteht DeuMes Reich. Leipzig, 5. November. * Aus dem IS. Reichstagswahlkreis« wird uns geschrieben: Eine recht rege und erfolgreiche Tätig keit entfaltet im 13. Reichstagswahlkreise der neu- aegründere Verein der Fortschrittlichen Volkspartei. Am 3. November sprach in einer Versammlung im Lindhof zu L.-Gohlis Professor Rahn-Dresden über das Thema: „Soziale und wirtschaftliche Politik im Industriestaate". Durch die Umbildung Deutschlands zum Industriestaat sei eine vollständige Veränderung der Verhältnisse eingetreten. Während es noch vor ION Jahren gegen 90 Proz. selbständige Existenzen in Deutschland gegeben habe, bestände jetzt der bei weitem größte Teil der Bevölkerung aus abhängigen Menschen, und der Schwerpunkt unserer wirtschaftlichen Verhältnisse sei dadurch in diese Masse gelegt worden. Gewiß sei es aiizuer- kennen, daß der Hansabund den schwarz-blauen Block, der einseitig die Interessen des egoistischen Droß- agrariertums vertrete und auch die geistige Freiheit des Volkes niederzuhalten suche, aufs schärfste be kämpfe, er müsse aber auch anderseits die Rechte der Angestellten, Beamten und Arbeiter anerkennen. Die Aufrechterhaltung des bestehenden Dienstver trages, sowie der Konkurrenzklausel seien unhaltbar, da sie den Angestellten der Willkür des Unterneh mers ausliefere. Redner erntete für seine Ausfüh rungen lebhaften Beifall. An der Debatte beteiligten sich die Herren Kortkamv, Meißgeier, Eißner, König und Winter, die sich sämtlich im Sinne des Referenten aussprachen und namentlich das Protektionssystem in unserem zetzigen Wirtschaftsleben einer scharfen Kritik unterzogen. In seinem Schlußwort nahm der Refe rent unter allgemeinem Beifall Stellung zur Sozial demokratie, deren geübte Praxis durchaus nicht ihrer Theorie entspreche. * Der Zarcnbesuch in Potsdam. Wie wir bereits in der gestrigen Abendausgabe meldeten, ist das Zarenpaar gestern vormittag 10 Uhr in Wildpark zum Besuche des deutschen Kaiserpaares eingetroffen. Kaiser Nikolaus hat nach der gemeinsamen Früh stückstafel im Neuen Palais Besuchebei den in Berlin ansässigen Fürstlichkeiten gemacht. — Ueber die polizeilichen Maßnahmen anläßlich des Zarenbesuches wird berichtet: Die polizeilichen Vorsichtsmaßregeln waren mit besonderer Sorgfalt und Schärfe getrosten. Eine große Anzahl von russischen und französischen Polizeiagenten und Detektivs weilten seit etwa zehn Tagen unter angenommenen Namen in Potsdam, um sich die für den Ueberwachungsdienst nötige Leipziger Ortskenntnis unter Leitung der Potsdamer Polizei- organe zu erwerben. Die Potsdamer Polizei ist durch Abkommandierung einer großen Zahl von Beamten aus Berlin verstärkt worden. * Aus dem Bundesrate. Der Bundesrat hat in seiner letzten Sitzung auch den Entwurf über die Arbeitsverhältntsse der Angestellten der Rechtsanwälte angenommen. * Unterstaatesekretär Dr. Böhmer im Reichs kolonialamt ist durch Kabinettorder zum stell vertretenden Bevollmächtigt en -um Bundesrat ernannt worden. * Der General der Infanterie Ernst v. d. Burg, zuletzt kommandierender General des 2. Armeekorps, ist am Donnerstagvormittaq in Charlottenburg ge storben. General o. d. Burg stand L la «uit« des 1. Garde-Feldartillerieregiments. Er war am 24. April 1831 zu Luckenwalde geboren und einer der wenigen noch lebenden Ritter des Eisernen Kreuzes 1. Klaffe. Die Beerdigung des Generals findet am Montagnachmittag 3 Uhr von der Leichenhalle des Invalidenkirchhofs in der Scharnhorststraße aus statt. * Dem Legationsrat Kräcker v. Schwarzenfeldt, dem bisherigen Legationssekrctär bei der Gesandt schaft in Bukarest, ist, der „Nordd. Allg. Ztg." zufolge, der Posten des Ministerresidentcn in Bogota (Columbien) übertragen worden. Er erhielt gleich zeitig den persönlichen Titel und Rang eines außer ordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Ministers. * Di« Kosten der Quinquennatvorlage. Der „Mil.-pol. Korr." zufolge belaufen sich die durch das ueue Quinquennat bedingten Mehrausgaben des Finanzjahres 191112 auf nur 8 Millionen Mark. Die Deckung hierfür sei in der — vom Reichstage noch zu bewilligenden — Wertzuwachssteuer ge funden worden. deren Erträgnis auf zunächst 13 Millionen geschätzt und vom Reichsschatzamt an gesetzt wird, so daß aus dieser Neueinnahme restliche 5 Millionen für die Vetsranenbeihilfen frei bleiben. * Die diesjährige Generalversammlung der Deutschen Anti-Duell-Liga findet Sonntag, den 13. November, in Stuttgart start. Um 3 Uhr ist die geschlossene (Mitglieder-) Versammlung und um 5 Uhr dre öffentliche Versammlung. In dieser wird Professor Dr. Karl Kindermann von der Landw. und Techn. Hochschule in Hohenheim - Stuttgart einen Vortrag halten über das Thema: Das Duell und die werdende Reife des deutschen Volkes. * Der Reichsoerband der Vereine der national liberalen Jugend erläßt einen Aufruf, in dem die Heranwachsende Jugend zur vorbereitenden Arbeit für die kommenden Neichstagswahlen im Sinne der nationalliberalen Partei aufgefordert wird. Die Hauptsache sei Organisationsarbeit, Aufklärung und Wiedergewinnung der Mißgestimmten, Lauen und etwa noch Schwankenden. Der Aufruf schließt mit der Aufforderung, überall jungliberale Vereine zu gründen, und betont, Laß der Reichsoerband der Vereine der nationalliberalen Jugend auch Einzel. Mitglieder aufnimmt. Jede weitere Auskunft erteilt gern die Geschäftsstelle in Köln, Gereonsdriesch 7. * Protest gegen Magdeburg. Die sozialdemo kratische Partei in Würzburg hat, nachdem sie in zwei Versammlungen über den Magdeburger Parteitag beraten, mit allen gegen sieben Stimmen folgende Entschließung gefaßt: „Die Parteiversamm lung erklärt sich mit der Haltung ihres Delegierten auf dem Magdeburger Parteitag nicht einver standen und bedauert die Ablehnung der Studicnkommission zur B u d g e t f r a g e." Rlislrmü. Frankreich. * Die neuen Männer. Das Amtsblatt veröffent lichte am Freitag die Ernennungsurkunde des neuen Kabinetts. Fünf Minister des alten sind in das neue, 12 Mitglieder zählende Kabinett wieder ein getreten: Briand, Pichon, General Brun, Admiral de Laoeyröre und Handelsminister Dupuy. Vier Mitglieder, Punch, Dupuy, Faure und Girard find Senatoren, die übrigen Abgeordnete, General Brun und Admiral de LapeyrSre gehören dem Parlamente Ta-rblatt. nicht au. Mit Ausnahme der letzte« beiden ge hören alle Minister den Radikalen oder Radikal- Sozialisten an. Justizminister Theodore Girard ist seit 1895 Senaior und war wiederholt Setreläc des Senats. Er ist wie Jean Dupuy und Raynaud Mitglied der „Demokratischen Linken" und gilt als Autorität in Rechtsfragen. Unterrichtsminister Faure ist Senator des Departement» Dröme und wiederholt im Staatsdienst beschäftigt gewesen. Er war Attache im Ministerium des Innern, Mitglied des Verwaltungsrates für die schönen Künste, war verschiedene Male Vizepräsident der Kammer und hat zahlreiche Berichte abgejaßt. Faure hat großen Anhang. Einer der Gründer der „Vereinigung repuvnlanitcher Sozialisten, gehört er gleichzeitig -um Dichterdund der „Folibres" und zu vielen künst lerischen und literarijcyen Vereinigungen. Politisch ist er Radikaler. Jean Morel, der neue Kolonial minister, ist Linksrepudlitaner und hat sich als stetiger Arbeiter in den Kammerkommijsionen ve- wäbrt. Anürö Lcfivre, der neue Finanzjekretär, .rar Präsident des Pariser Gemeinderats und gehört zur Gruppe der unabhängigen Sozialisten. — Am Freitag und in den nächsten Tagen werden Kabinettssitzungen stattfinden, in denen Las Pro gramm sestgelegt wird. Las Dienstag in beiden Kammern zur Verlesung gelangen soll. Ueber seinen Inhalt ist bereits heute kein Zweifel. Das Kabinett wird leinen Entschluß ankündiaen, das Gesetz über die Gewerkschaften derart umzugestalten, daß es Verbin dungen zwischen Verbänden verschiedener Handwerke und Berufe, die keine gemeinsamen Interessen haben, nicht zuläßt, da derartige Verbindungen nicht den be ruflichen Interessen ihrer Angehörigen dienen, son dern nur politischen Zielen. Für die Arbeiter öffent licher Verwaltungen will nach der „Voss. Ztg. das Kabinett einen Gesetzentwurf beantragen, der den Ausstand als ein Verbrechen gegen das Vaterland ver bietet. Als die erste gesetzgeberische Aufgabe wird die Erklärung die Umgestaltung der Verwaltung und das persönliche Statut der Beamten bezeichnen. Die Erklärung wird auch von der Wahlreform sprechen, sie jedoch als eine Sorge zweiter Ordnung des Kaoinetts bezeichnen. Spanten. * Der Eeneralausstand in Sabadell. Nach Pariser Meldungen aus Ccrböre nimmt der Gene ralausstand in Sabadell beunruhigen den Charakter an. Die am Donnerstag ab gehaltene Versammlung der Ausständigen verlief sehr stürmisch. Die Ausständigen beschloßen, am Sonnabend alle nach Barcelona zu gehen. Dänemark. * Norwegischer Königsbesuch. Der König, die Königin und Kronprinz Olaf von Norwegen sind Freitagvormittag auf Station Klampenborg cingetroffen und bald darauf weitergereist. Königin Maud und Kronprinz Olaf reisten mit der Königin Alexandra, Prinzessin Viktoria von England und Prinz Christoph von Griechenland nach England, während König Haakon nach Schloß Fredensborg fuhr, um den König und die Königin zu besuchen. Türket. * Amerikanische Offerte ans die Tabakregi«. Nach einer Meldung des „Tanin" erhielt die Regierung von amerikanischen Tabakhändlern eine Offerte wegen der Uebernahme der Tabakreate, deren Konzession 1913 abläuft. Die Amerikaner bieten der Regierung eine jährliche Zulage von 5 Millionen Pfund, während die Regierung bisher etwa eine Million erhielt. perlten. * Eine weitere englische Truppenlandung? Nach einer dem Neuterbureau aus Bombay zugeganaenen Meldung veröffentlicht die „Bombay Gazette'^ das allerdings noch nicht bestätigte Gerücht, daß der englische Kreuzer „Proserpina" ein weitere» Truppendetachement in der Hafenstadt Lin geh gelandet habe. Bei einem Zusam menstoß mit Eingeborenen wurden der Komman deur und mehrere Matrosen verwundet. Die Marinebehörden verweigern jede Auskunft. Aus Leipziger Sunstlslons. (Nachdruck verboten.) Um Hans Heider zu suchen, ging ich zu Beyer L Sohn, und ich fand Ern st Kropp. Heider ist ein ehrlicher Landschajler, der sich mit tiefer In brunst in die Natur versenkt, sie mit allen Fasern zu erfassen sucht, und sie erreicht, wie eben ein Natura list sie erreichen kann, daß die strahlende, tausend fältige seiner triumphiert. Zugegeben, daß Kropp noch im Werden ist, manchmal noch unsicher tastet; sein Wollen ist rein, er will über das bloße Abbild der Natur hinaus. Wenn ein Naturalist eine Droschke schildert so malt er Nr. 2053 ab, und zwar so, daß zedermann, der das Bild gesehen hat, die Nr. 2058 auf der Straße sofort herausfindet und wiedsrerkennt. Das will Kropp nicht. Er sucht nicht Nr. 2053 oder 1166 zu malen, sondern d i e Droschke. Das Beispiel ist hart und beinahe roh in seiner Schärfe, stammt auch nicht von mir, sondern von Maupasjant, der allerdings mit dem Beispiel zum gegenteiligen Schluß, nämlich zur Ueberlegenheit de» Naturalismus gelangt. Man betrachte einmal den Nachen auf dem Meere von Kropp. Das ist nicht irgendein beliebiges Boot, das gemalt worden ist. Um so einen Nachen zu er finden, der über die bunten, tauscndfarbigen Fluten gleitet, muß man in stetem Wechsel die Natur studiert haben. Naturstudium ist zu solchen Leistungen die Voraussetzung. Diese Voraussetzung wird beim Naturalisten künstlerische Absicht und Ziel. Um ein leicht faßliches Beispiel aus einer anderen Kunst heranzuziehen: Wer Verse dichten, nicht Verse verbrechen will, der muß die Sprach«, ihren Klang und Rhythmus souverän beherrschen. Hiermit habe ich meinen Standpunkt festgelegt, damit man mich auch künftig in meinem Urteil besser versteht. Einseitig mag er sein: aber wer fest stehen will, muß wie ein Baum an einer Scholle wurzeln. Ich für meinen Teil bevorzuge ein Bild, wie die Bretonischen Frauen vor dem lachsfarbenen Haus (das Haus zeigt das blaffe Rot, auf das ich al» fran zösische Eigenart in den Bildern der französischen Ausstellung hingewiesen habe, und das Kropp aus Paris geholt hat), gegenüber jeder Landschaft Heider», trotz größerer technischer Reife. Wer hingegen für Naturwahrbeit schwärmt, wer Studien von Leibl bewundern kann (und ich habe da« oft in der Berliner Sezession al, ein unbegreifliche» Phänomen beobachtet), der findet bei Helder seine Rechnung tadellos beglichen. Der Blick auf Freqstng im Morgennebel hindurch durch die grünen Bäume, oder die Landschaft mit Strohbündeln, im Hinter grund alpine Berge, machen Hetder al» Naturfreund menschlich sympathisch. Aeußerst fein gesehen ist auch der Starnberger See. der an manche frühe Landschaft Trübners erinnert. Mit Vorliebe scheint sich Heider mit dem feuchten Glanz des Fischkörper« auf gtau< glitschrigem Eis zu beschäftigen. Diese Problem« löst er spielend mit großem Können, leider interessieren sie mich nicht so wie die Porträts Kropps. Man be trachte nur die alte Kokotte mit der grünen Schute und dem blauen Schal vor der bunten Tapete. Diese selbstsichere Gefallsucht der Alternden ist wie eines Rätsels Lösung klar und eindeutig gegeben. Das andere Bildnis, die junge Dame in Grau mit dem dunklen Pelz, mit den grünen Strümpfen zwischen Gelb, Lachsfarben und Grün gestellt erscheint trotz scharfer Charakteristik als Arbeit eines bewußten Stilgefühls. Auch in der Gauklerin in Gelb und Grün mit ihrem ägyptisierenden Eliederspiel geht Kropp den Lsteg in der Kunst, auf dem ich gern folge. Das plakatart,ge Gemälde des wellenpflügenden Dampfers mit den Möven wäre eine wünschenswerte Vorlage zur Cteinzeichnung. Auch über die Natur hinaus sehnt sich Ernst Jokisch, der im Kunstsalon von Del Vecchio ausstellt. Aber noch beherrscht er sie nicht genügend, um sie zu überwinden. Seine Farben wirken wie Trompetenstöße und in ihrer Nebeneinanderstellung wird die Musik zu laut. Ich kann mir diese Farben in einer Prioatwohnung gar nicht vorstellen, und eigene Räume für seine Werke wird der junge Künst ler wohl selbst nicht verlangen. Seine Absichten sind gute, sein Können noch unzureichend. Zu Richard Gäblers Hagen möchte ich als Kritik eine kleine Anekdote erzählen Einst ging ich mit einem unserer größten Hygieniker, der ein ebenso großer Menschenfreund als Arzt war, ins Theater. Das Stück war herzlich schlecht, und ich sah deutlich, wie sich mein Freund ärgerte. Als aber der Akt schluß kam, klatschte er aus Leibeskräften. Von mir zur Rede gestellt, erwiderte er gutmütig' „Der Autor hat sich doch solche Mühe gegeben." gLpienri Dr. Roben Oorvegb. Stillst unü Dillenlchgft. * Die diesjährig« Echillerfeier findet kommenden Donnerstag im Neuen Theater (bei festlicher Be leuchtung und aufgehobenem Abonnement) statt. Anfang 7'/, Uhr. Die Feier wird mit der Ouvertüre zu „Athalia" von Mendelssohn-Bartholdy eröffnet. Die Festrede hält Dr. Herbert Eulenberg. Alsdann folgt neueinstudiert: „Demetrius", drama tisches Fragment in 2 Akten von Friedrich Schiller. Regie: Oberreaiffeur Dalmontco. Zum Schluß ge langt zur Aufführung „Das Lied von der Glocke" von Friedrich Schiller, szenisch daraeftellt mit leben- den Bildern. Musik von Carl Etor. Regte: Ober regisseur Dalmontco. Musikalische Leitung: Kapell meister Porst. (Der Verkauf ver Eintrittskarten findet vom 7. bis 10. November täglich von 10 bi» 3 Uhr an der Tagerkaffe des Neuen Theater» statt.) * vom Leipziger Stadttheater. Direktor Volkner hat soeben Ludwig Fuldas neueste dramatische Arbeit, das vor kurzem im Deutschen Theater in Berlin mit außerordentlich starkem Erfolge auf- ««führte Schauspiel «Herr und Diener" ziir da» Leipziger Etadttheater erworben. * Ein Werk au» Klingers Frühzeit. In Del Vecchios Kunstausstellung ist gegenwärtig ein Werk unseres berühmten heimischen Meisters ausgestellt, das in allen Kreisen, größtes Interesse Hervorrufen wird. Das Gemälde, den Kopf eines alten Mannes darstellend, stammt aus dem Jahre 1877, der ersten Schaffenszeit Klingers. Sind an und für sich Ge mälde dieses Meisters selten, so aus dieser Zeit ganz besonders. * Weibliche Vertrauenspersonen im Theater. Die Absicht, Fälle von der Art Zickel auszuschließen, wohnt einem Antrag inne, der vom Frauen komitee der Bühnengenossenschaft für die diesjährige Delegiertenversammlung, die vom 7. bis 9. Dezember stattfindet, gestellt ist. Es wird dort die Einsetzung einer weiblichen Dertrauensperson an jedem Theater gefordert, um zu verhindern, daß Direktoren der Ehre ihrer weiblichen Mitglieder zunahetreten. Die Dame soll zum Vorstand eines jeden Lokalverbands gehören, und alle Beschwerden weiblicher Mitglieder nach erfolgloser Rücksprache mit dem Direktor dem Rechtsschutzbureau der Bühnengenoffenschaft überweisen. Dem Anträge haben sich zahlreiche Lokalverbände angeschloffen. * Ein interessantes Geschenk erhielt das Museum de» kgl. sächsischen Altertumsvereins in Dresden vom kgl. Hofjagdamt, und zwar eine rotangestrichene Feueripritze auf vier Rädern, welche 1801 für das Dresdner Hofstallamt von La-Mar in Dresden an gefertigt worden ist. Die alte Spritze, di« selbstver ständlich schon lange nicht mehr benutzt wurde, stand zuletzt auf der Hofewiese bei Langebrück. Das kgl. Hofstallamt zu Dresden überließ dem Museum außer dem noch leihweise einen großen, über 6 m langen Reisewagen (sogenannter Brancard) aus der Zeit August» des Starken. * Bayreuth ausverkauft. Wie man uns mitteilt, find für die Festspiele in Bayreuth außer für „Par- fifal" (7. und 8 August 1911), wofür Vormerkungen erst von Mitte Februar 1911 an angenommen werden, bereits jetzt sämtliche Plätze ausverkauft. * Wertvolle Stiftung. Für die Hamburger wissen schaftliche Stiftung hat Otto Beit rn London 500 000 Mark gezeichnet. * vom Kunstmartt. Bei der Versteigerung de» Nachlasse» de» Kunsthändler» Albert Rtegner in München erzielten zwei Bismarck-Bilder von Len- bach 18450 und 13180^1, „Der abgewiesene Freier" von Defregger 11510.^, ein anderer Defregger 9710 ^l, drei Tierbilder von Friedrich Boltz MOO, 8750 und 9100 * Die Knnstgewerbefammluug Lanna. Der „B. Z. a. M." zufolge wird im März 1911 der zweite Teil der berühmten Prager Kunstgewerbesammluna de» verstorbenen Adalbert Freiherrn v. Lanna in Berlin versteigert werden. Dieser zweite Teil der Samm Sormadenü, 5. November lSlo. em Selli-erumhleu zum Kkmlmannsgericht. * Leipzig, 5. November. Die gestern von de» Handlungsgehilfen vollzogenen Beifitzerwahlen zum Kaufmann»gericht gingen unter lebhafter Beteiligung vor sich. Es wur den im Stadtbezirk Leipzig 5490 gültige Stimmzettel abgegeben, gegen 4838 bei der Wahl im Jahre 1907, also 652 Stimmen mehr. Außerdem wur den im Bezirk der Amtshauptmannschaft Leipzig 89 Stimmzettel abgegeben, so daß sich die Zahl der insgesamt gültigen Stimmen auf 5579 be läuft. Es waren wieder fünf Listen aufgestellt, nämlich Liste 1 vom Deutsch nationalen Handlungsgehilfenverband, Liste 2 vom VerbanddeutscherHandlungsgehilfen, Liste 3 von einem Kartell verschiedener Vereine (58er usw.), Liste 4 vom sozialdemokratischen Zentralvcrband und Liste 5 von den Buch handlungsgehilfen. In den Wahllokalen lung umfaßt, gleich dem ersten, dellen Auktion im November vorigen Jahres die Sammler und Händler der großen Kunstzentren Europas und Amerikas nach Berlin führte, erstklassige Majoliken und Renaissancen, ferner kostbare Plaketten, Porzellan und Gläser. * Eine Wandschmuck.Au»ftellu«g veranstaltet der Ausschuß der Freren Studentenschaft zu Freiburg i. Br. mit dem Zweck, weitere Kreise der Studenten- und Bürgerschaft für die Eteinzeichnungen deutscher Künstler und erne Reihe weniger bekannter Reproduk tionen zu gewinnen. * Doktorthesen über de« Luftkrieg. Wie fran- zösische Blätter mitteilen, hat ein Pariser Doktorand, Ebmond Philit, das modernste aller Themen, den Luftkrieg, zum Gegenstand seiner Dissertation ge wählt. Er behandelt in seiner Arbeit und in den ausgestellten Thesen von prioatrechtlichen und völker rechtlichen Gesichtspunkten aus alle Möglichkeiten, die ein Luftkrieg mit sich bringen kann, und hält sich dabei eng an die internationalen Abmachungen, die sich auf kriegerische Zusammenstöße zu Lande und zur See beziehen. Eine besonders eingehend« Unter suchung hat Philit dem Santtätswesen eines Lust krieges gewidmet) er vertritt dabei den Standpunkt, daß die Satzungen des Roten Kreuzes auch für den Luftkrieg Geltung haben müßten. * Stiftung für ei« Prüfungsamt »o« Mugappa- raten. Ein in Paris lebender Russe namens Zaharow stiftete 50 000 Fr. für Errichtung eines Amtes, das mit der Prüfung des für Flugzeuge ver wendeten Materials und des jeweiligen Zustandes der Flugapparate betraut werden soll. * Hochschulnachrichte«. An der Handelshochschule Berlin hält an Stelle des Dr. Georg Wegener, der dazu bestimmt worden ist, das Werk über die Reise des Kronprinzen zu schreiben und sich zu diel Zweck nach Ostasien begibt, der durch sein Werk über die Geographie von China bekannte Dr. Ties en die für das gegenwärtige Semester angekündigte Vorlesung über China. * Theaterchronik. Am 2. November M nach langem schweren Leiden der Großherzoglich Mecklen burg - Strelitzsche Kammerherr v. Barenfels- Warnow verschieden, der lange Jahre Intendant der Großherzoglichen Hofbühne in Neustrelitz war. * Mukikchronik. Paul Quasdorf, der sehr ver dienstvolle und allgemein verebrte Musikpädagog, seit über 2V Jahren Lehrer am hiesigen Königlichen Konservatorium der Musik, vollendet am Sonntag, den 6. November, sein 60. Lebensjahr. —» Die zweite Sinfonie von Hugo Kaun, die im Vorjahre im Eewandhause zu Leipzig durch Professor Arthur Niki sch zur Uraufführung gebracht ward, erlebte ihre erste amerikanische Aufführung in Chicago durch das Thomas-Orchester unter der Leitung von Frederic Stock und wurde mit außerordentlich großem Beifall von Publikum und Presse aus genommen. Insgesamt: 2476 1945 310 518 Dagegen 1907 : 2308 1506 320 369 340 Zu- oder Abnahme: ch 173 ch439 —10 ch149 —10 Da, wie schon erwähnt, im ganzen 5579 gültige Stimmen abgegeben wurden, so sind als Beisitzer gewählt 18 Kandidaten der Liste 1, 14 Kandidaten der Liste 2, 2 Kandidaten der Liste 3, 4 Kandidaten der Liste 4 und 2 Kandidaten der Liste 5. Ferner als Ersatzmänner 4 Kandidaten der Liste 1, 3 Kan didaten der Liste 2 und je 1 Kandidat der Listen 3, 4 und 5. An Beisitzern gewinnt der Verband deut scher Handlungsgehilfen 2, der sozialdemokratische Verband 1, während di« übrigen Listen je 1 Bei sitzer verlieren. An Ersatzmännern verlieren die Deutschnationalen 1 und die Kartelliste gewinnt 1. Al» gewählt find folgende Herren zu be trachten: 4. Beifitzer. Liste 1. 1. P a b st, Bruno, Kontorist (b. d. Fa. Bünger L Janke), 2. Richter, Arno, Prokurist (o. d. Fa. Paul d« Wit), 3. Tommichau, Richard, Versicherungs beamter (b. d. Fa. Rud. Abel L Hergt), 4. Vetter lein, Emil, Buchhalter (b. d. Fa. Unruh L Liebig), 5. Lehmann, Johannes, Buchhandlungsgehilfe (d. d. Fa. Bibliographisches Instituts, 6. Neu kämm, Hermann, Prokurist (b. d. Fa. Etzold L Popitz), 7. Lühr», Heinrich, Verkäufer (b. d. Fa. August Pölich), 8. Hoffmann, Richard, Buchhandlungs gehilfe (b. d. Fa. K. F. Koehler), 9. I o l i g, Willy, Brauereiüeamter (b. d. Fa. Leipziger Bierbrauerei Riebeck L Co.), 10. Kanitz, Hans, Prokurist (b. d. Fa. Eymphonlonfabrik, A.-G.), 11. Berger, Emil, Kontorist (b. d. Fa. Leipziger Dünger-Export-A.-G.), 12. Wolf, Paul, Buchhandlungsashilfe (b. L. Fa. Deutsches Verlagshaus Bona L Co^i, 13. Bern stein, Oscar, Disponent (b. o. Fa. Friedr. Jung L To.), 14. Henckel, Adolph, Expedient (b. d. Fa. Sächsische Wollgarnfabrik, rl.-GT 15. Seifert, Mar, Korrespondent (b. d. Fa. Kresse L Kressner), 16. Franke, Karl, Duchhandlunasgehilfe (b. d. Fa. Brockhaus L Pehrffon), 17. Enke, Adolf verfiche- rungsbeamter (b. d. Fa. Teutonia, Versicherungs- Aktlengesellschafr), 18. Grimm, Emil. Bankbeamter (b. d. Fa. Allgemeine Deutsche Credir-Anstalt). Liste 2. 19. Busch, Eduard, Neisender (b. L. Fa. Erhard L Grimme), 20. Kam pH off, Karl, Buchhalter (b. d. Fa. T. B. Rcißia L To.), 21. J'a h n. Otto, Buch- Halter (b. d. Fa. Wilh. Krahmer Nachf), 22. Rotz- war die Zahl der für die einzelnen Listen abge- gebenen Stimmzettel folgende- Liste: 1 2 3 4 5 D.-NL. B.DH. Kartell So;. Bllchh. Kitzing L Helbig . 1102 969 143 143 81 Schloßkeller . . . 615 371 37 170 224 Felsenkeller. . . . 283 259 64 110 3 Drachenfels . . . 359 246 50 56 12 Winters Kaffeegart. 70 73 13 27 10 Liebertwolkwitz . . 3 4 1 1 — Markranstädt . . . 27 15 —— 3 —— Taucha 8 1 2 4 — Zwenkau 9 7 — 4 —
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