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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.10.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-10-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101015024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910101502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910101502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-10
- Tag 1910-10-15
-
Monat
1910-10
-
Jahr
1910
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Bezugs-Preit Mr ,»d ««ron, durch «N«, »rtgrr in» Eordiieur, >««> ItrNch k>« v«-« -edrochi: v« m,»,rl.. S.7K vtrrrelitdrl Br« un,eri> s^illalr» u. Lu» ladmrilellen ado-boli: 7S ch mo«aU„ I.IS oirrrrlltdrl. Lurch »t« »oft: kmertzald Leuit-umnb, und drr drukch« Solonir» »tenellädrl it.t- monutl. autichl. Poftd«llr0geld ferner tu Belgien, Ltnemark. deu Donaullaare», Itnllen. Luremdurg. Aiederluud«. -lnr- wegen Ornerreich Ungarn. Bvßland, Schwebe», Schwei, n. Spanien In allen übrigen klaalen au» »irek durch dt» B«lchPt»Nelle »e« Blatte« erdünlich La« Leipziger I^ediatt erlLeini ltnutt ltgllch. Sonn- » Ar, ri»g« nur morgen». iU>onne-»«ni-Lnnalimr >uguiln»pl«tz 8, de> unteren krtgern. Itllulrn. Spediteuren oild Sanabmellellen, iow>r Pottümiern a»b Brielirtgern I>n,,I»»r»aal«»re>« »er vlorgen» rutgub« IV ^z, der r delib iutgad» k ch» Rrdakrton und Gelchäftblteller Iodanmegasle v. gerntvrecher: >4E 14«»». I4SS4. Abend-Ausgabe. MpMerTagtblaN Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Änzeiqcn-Preis itr Juieral« au« LerviUg und -leigebarW dl, llgeipattni« SO oaw »rett, PetUzÄli L ch, dt» 74 iwr» drett« ItellaiuegeU« l na» autwLrr» lll) ili«1»iur» t.!t) Inter,» „n Bebbrden >» ,mlllch«> LeL dt» ?4 w« drrtt» Setttzetl, 40 4^ G«tch1»,,an^igen m« S «»»orlchrtttr» «M t» der »»«ndautaad, iw Breil« erdöht. lltabali nach tar>l. Beilagegrbüdr s ». Taulend exü. Boltgebühr. Iefterreiln «ultritge kbnnen nicht »urtch» rezogen werden. Iür da» Eriche,neu «» veltimchlin Sagen und Pl-ven wir» kÄn, Garaatt» übernommen. Ln^igea- «nnabmei LugaN»«Platz bei Itmllichen giliale» u. allen Lanonemd» ltipedttionen de« Ja» an» Lutlaabe». Hauvt-Stl«»!« Lerttn: T«rl Lun«»». B»r»ql. vayr.-«Much» Handlung, Lützowchiatze IO. llelevdo» VÜ illc. 4i»X1). Haiivt-Stllale vrrsdear Seellrade 4, l lLelevdoa 4>Stz» Nr. 285. Sonnnben», ücn iS. Dillnder ISIS. 104. Ishrgang. Ium Seluch ües Sailerpusres in Lrüllel. Am Montag trifft das Deutsche Kaiser paar in der belgischen Hauptstadt ein, um den Besuch, den König Albert mit seiner Gemahlin Ende Mai d. Z. am kaiserlichen Hoflager in Potsdam abstattete, zu erwidern. Man wird sich erinnern, daß es die erste Antrittsvisite war, die das Königspaar nach seiner Thronbesteigung im Auslande machte, woraus gefolgert wurde, daß der belgische Hof ent schlossen sei, die Beziehungen zu Deutschland mehr zu pflegen, als dies unter Leopold II. geschehen war. Unser Kaiser mutzte sich bekanntlich in jenen Tagen, als die Belgier in Potsdam weilten, wegen eines Furunkels Schonung auferlegen und bei den offi ziellen Veranstaltungen durch den Kronprinzen ver treten lassen. Wenn er schon jetzt mit der Kaiserin den Besuch erwidert, so spricht dabei der Wunsch mit, die Brüsseler Weltausstellung, und namentlich die deutsche Abteilung, die nach übereinstimmendem Ur teil Hervorragendes geleistet hat, zu besichtigen. Als Kaiser Wilhelm Anfang August 1890 in Belgien seinen Antrittsbesuch machte, geschah das in Begleitung des Prinzen Heinrich, seines Bruders, in Ostende, wo König Leopold weilte. Die öffentliche Meinung des Landes begrützte damals den Kaiser sehr lebhaft, und die von französischen Zeitungen aus Anlaß jenes Besuchs gegen den Kaiser gerichteten Angriffe wurden von sämtlichen bürgerlichen Blättern Belgiens scharf zurückgewiesen. Gegenüber den jetzt von den Brüsseler Sozialisten eingeleiteten Demonstrationen gegen den Kaiserbesuch sei daran er innert, daß im Jahre 1890 bei der Anwesenheit Kaiser Wilhelms in Ostende der dortige „Verein der Arbeiter und des Schutzes der Lehr linge" an den Kaiser eine Adresse sandte, worin der kaiserlichen Wirksamkeit für die sozialen Aufgaben rühmend gedacht und dem Wunsche Ausdruck gegeben wurde, die Geschichte möge den Monarchen einst mit dem Titel „Kaiser der Arbeiter" bezeigen. Wenn Wilhelm II. heute weniger begeistert als vor zwei Jahrzehnten den sozialen Aufgaben gegenübersteht, so trägt daran die Schuld die Sozialdemokratie, die geflissentlich alles, was in bezug auf Arbeiterfürsorge getan worden ist und getan wird, in den Staub tritt. Immerhin bleibt sich das Deutsche Reich seiner Pflicht, die soziale Ge setzgebung immer weiter auszubauen, nach wie vor bewußt. Wir wollen hoffen, daß die freundlichen Ge sinnungen, die vor zwanzig Jahren jene belgischen Arbeiter für den Kaiser hegten, die inzwischen ver flossenen zwei Jahrzehnte überdauert haben, und daß dem Kaiserpaar in dem Nachbarlande, das mit dem Deutschen Reich durch so mannigfache Fäden wirt schaftlicher und geistiger Natur verbunden ist, ein ein mütiger herzlicher Empfang zuteil wird. Ium LaMsgsmsWampl in Leipzig V. Während es die Konservativen nicht für nötig ge halten haben, in eigenen Versammlungen wiederholt vor die Wähler zu treten, hat die nationalliberale Partei eine ganze Reihe von Versammlungen veran staltet. Am Freitag sprach Rechtsanwalt Dr. Zöphel, der nationalliderale Kandidat für den 5. Leipziger Landtagswahlkreis, in einer stark besuch ten öffentlichen Wähleroersammlung in der „Gol denen Krone" zu Connewitz. Er beleuchtete in einer glänzenden und gehaltvollen Rede die Stellung der Nationallideralen zur Mittel st a n d s f r a g e. Er führte etwa aus: Die national liberale Partei betrachte den Mittelstand als zu ihr gehörend: aus ihm sei sie selber hervorgegangen: vom bürgerlichen und bäuerlichen Mittelstand ging ihr politischer Gedanke aus. Der Vorwurf, daß die nationalliberale Partei in den ersten Jahren der Reichsgründung keine Zeit gehabt habe, sich um den Mittelstand zu kümmern, treffe entweder gar nicht zu, oder er treffe auf alle Parteien zu. Naturgemäß mußten bei dem Riesenbau des Staates vorerst an dere Interessen zurücktreten: er mutzte erst in allen Einzelheiten politisch ausgebaut werden. Sobald cs aber die innere Entwickelung zulietz, ging die natio nalliberale Partei an die Arbeit. Es werde den Nationalliberalen ihre Haltung bei der Gewerbe ordnung und dem Freizügigkeitsgesetz vorge worfen. Mit Unrecht. Ohne diese Gesetze wären wir gegen andere Völker zurückgeblieben, hätten wir nicht den riesigen wirtschaftlichen Aufschwung gehabt, der schließlich auch zu einer besseren Lebenshal tung der niederen Kreise führte. Seine Partei sei sich dabei auch der Nachteile bewußt. In dem Pro gramm von 1894 werden in dieser Hinsicht Forderun gen für den Mittelstand an den Staat gerichtet. 1880 habe man mit das Wuchergesetz geschaffen; der Bauernstand erhielt durch den Zolltarif Schutz. Die Handwerkergesetzgebung von 1896, die eine Stärkung des Handwerks brachte, wurde von der nationalliberalen Partei (Miquel) ausgearbeitet. Sie half das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb schaffen und schritt gegen die Schä den des Abzahlungswesens erst. Auch der kleine Befähigungsnachweis sei in erster Linie ihr zu danken; Zentrum und Konservative zögerten lange damit. Genau so sind die National liberalen für di« Sicherung d«r Bauford«run» gen eingetreten. Durch dre Versicherung der Privatangestellten wirkten fie aber auch für den unselbständigen Mittelstand. Der Abgeordnete Stresemann selbst stellte sich an die Spitze dieser Be wegung und führte sie zum Siege. Bei der Beam te n g e h a l t s s r a g e hat die nationalliberale Par tei alles aufgeboten, um für die Reichsbeamten eine angemessene Besoldung herbeizuführen (Beck). Nicht ihre Schuld sei es, wenn die Postunterbeamten dabei schlecht fuhren. In der Landesgesetz aebung arbeitete sie mit dem gleichen Ernst und Erfolg. Eie half das Wahlrecht verbessern, so datz auch der Mittelstand in Sachsen zum Einfluß kam. Weiter widmete sie der Biloungsfrage ihre Aufmerksamkeit, forderte vom Staat eine gesunde Ausbildung der Jugend. Durch diese Hebung des geistigen Niveaus könne der Handwerker der Auf gabe, Qualitätsware zu liefern, gerecht werden und somit der Fabrikarbeit gegenüber eine beacht liche Stellung einnehmen. Aus diesem Gedanken gang ging auch die Forderung der Arbeitsschulen bei den Nationalliberalen hervor. Bezüglich der Um Sli Die Kau im Spiegel. Von E. W. Appleton. (Autorisierte Uebersetzung.) Sechsundzwanzig st es Kapitel. Zn einem einzigen Augenblick durchschaute ich das Sviel und wurde mir klar, daß ich meine Rolle darin sehr schlecht gespielt hatte. Der Raufbold war ohne Zweifel ein Bundesgenosse meines Doppelgängers, und es kam mir sehr unangenehm zum Bewußtjc»n, datz das Talent zum Detektioberuse in keiner Hinsicht eine notwendige Folge akademischer Bildung sei. Ich kümmerte mich nicht weiter um den Raufbold und verließ das Lokal, durch den Verlauf des Aben teuers sehr ernüchtert. Das einzige Ergebnis der dummen Geschichte war, datz ich ein oder zwei Mit glieder der Bande veranlaßt hatte, auf ihrer Hut zu sein. Die Folgen davon konnten für mich sehr un liebsam sein. Und der Fehler lag völlig auf meiner Seite. Es stand mir immer noch frei, dem Beispiel Sawkins zu folgen, der offenbar wie eine Ratte das sinkende Schiff verlassen hatte. Ich konnte immer noch einen gemütlichen Seeplatz aufsuchen, wie Richard und Herr Eoliby mir oorgeschlagen hatten. Bei diesem Punkte meiner Ueberlegungen angelangt, verfiel ich plötzlich auf einen merkwürdigen Ee- danken. Warum hatte mir Herr Eoliby diesen Wink erteilt, wenn er es nicht in der wohlwollenden Ab sicht tat mich vor den Folgen meiner eigenen Toll- köpfigkett zu retten? Datz er mich als einen Un schuldigen betrachtete, davon war ich felsenfest über zeugt. Wenn mein« Theorie der Wirklichkeit ent sprach, so war das ein sicherer Beweis für die freund lichen Gefühle, die der Mann gegen mich hegte. Zn diesem Lichte besehen, enthielten seine Worte den deutlichen Wink, ich solle, sobald es mir beliebte, die Villa Rabenhorst verlassen. Zch hatte meine Schuldigkeit getan und seinen Zwecken gedient, und er war so dankbar, seinem Untergebenen zu gönnen, datz er nicht in irgendwelche Unannehmlichkeiten ver wickelt werde, die sich aus seinem weiteren Aufent halte in der Villa Rabenhorst ergeben könnten. Wenn ich ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen wollte, mutzte ich zugeben, datz er mich von Anfang an sehr höflich und großmütig behandelt hatte. Einem geschenkten Gaul soll man, nach dem Sprich, wort, nicht ins Maul schauen. Es kam mir nicht zu, etwas über die Gründe zu sagen, die ihn bewogen hatten, meine Dienst« in Anspruch zu nehm«n, welche Erklärung ich mir auch immer darüber bilden mochte. Und bei dieser Wendung meines Eedanken- gangesstieg eine Gewissensfrage in meinem Innern auf. Würde ich, angesichts der vielfachen Zeichen seines Wohlwollens, mich nicht als ein undankbares Scheusal erweisen, wenn ich in dem Hause bliebe und das Versprechen erfüllte, das ich dem Inspektor Beale gegeben hatte? Warum sollt« ich nach allem, was oorgefallen war, an dem Untergange des Mannes Mitarbeiten? Es blieb mir nichts anderes übrig, als meine Siebensachen zu packen, den nächsten Zug nach Brighton oder in ein anderes Seebad zu be steigen und so aus dem bevorstehenden Wirrwarr zu flüchten. Natürlich müßte ich es dem Zimmermädchen mitteilen und sie veranlassen, meinem Beispiele zu folgen. Ze länger ich mir dies überlegte, desto mehr machte ich mich mit dem gefaßten Gedanken vertraut, trotz meines früheren Vorsatzes, die Sache zu Ende za führen. Schließlich entschloß ich mich, die wercere Entwickelung abzuwarten, die die Sache in den nächsten vierundzwanzig Stunden nehmen würde, und meine endgültige Entscheidung nach dem Ver laufe der Dinge einzurichten. Nunmehr begab ich mich zu Eatti, wo ich dinierte. Während des Eisens kam mir ein neuer Gedanke, der mich veranlaßte, alsbald nach beendeter Mahlzeit wieder nach St. Johns Wood hinauszufahren. Um halb neun Uhr fand ich mich daher im Wildwood wege ein und verbarg mich dort in einem Gebüsche nahe bei dem Eartentor von Baron Romers Dclla, das mir schon früher einmal Unterschlupf geboten hatte. Zch erwartet« zwar nichts Besonderes auszukund- schaften, aber «in unwiderstehlicher Drang, das schöne Weib wiederzusehen, führte mich auf diesen Platz. War sie wohl noch in der Villa? War ihr ein Unfall zugestoßen? Auf jeden Fall wollt« ich in meinem Schlupfwinkel verharren, bis ich jemand zu Gesicht bekommen würde, und sollte es auch Stunden dauern. Glücklicherweise stand heute der Mond nicht am Himmel. Es hatte sogar s^on seit einigen Stunden ein Gewitter in der Luft gelegen, und über gc-nz St. Johns Wood war der Himmel mit schweren, schwarzen Wolken behangen. Ein weiterer Vorteil für mich bestand darin, datz die Gaslaterne am Gartentor einen scharfen Schatten von dem Gebüsch satz steuer kamen Nationalliberale und Konser- tative zu der entscheidenden Frage: Ist eine solche denkbar, ohne daß sie abgewälzt werden kann? Diese Frage mußte verneint werden. An Preußen und Bayern zeige sich die Nutzlosigkeit der Steuer. In Preußen brachte sie es zu einer Erhöhung des Um satzes und in Bayern möchte man sie gorn in die Hände der Gemeinden legen, also das erreichen, was wir heute in Sachsen haben. Eine solche Frage zum Mittelpunkt des Mittelstandes zu machen, ist zwecklos. Die nationalliberale Partei bekämpfe auch die Ee- füngnisarbeit; dem Handwerk darf damit keine Konkurrenz gemacht werden. Der Redner wies auch darauf hin, daß das S u b m i s s i o n s a m t mit der Tätigkeit der Nationallideralen (Nitzschke) zu danken sei. Weiter sei zu fordern ein angemessenes Staats- und Eemeindebeamtenrccht und eine Landes pensionskasse für diese Beamten. Man wandte sich auch gegen die drei Prüfungen und verlangte eine Sicherung der Pensionsverhältnisse. Bei der Forde rung: Erweiterung der Lehrerbildung durch die Seminarbildung waren es wieder die Nationallibe ralen, die den Fortschritt sicherten. Zur Charakteristik der Konservativen ging der Vortragende dann auf ihre Haltung bei der Neichssinanzresorm ein und wies nach, daß durch diese Politik der Mittel stand in erster Linie geschädigt sei. Die sächsischen Konservativen, die früher gegen die Heydebrandsche Politik standen, die neuerdings aber unter der Führung Kunzens sich enger als je der Heydebrand- schen Richtung angeschlossen haben, verdienen dasselbe Urteil wie ihre anderen Parteigenossen. Der Redner warnte auch davor, sich etwa durch Unzu friedenheit ins Schlepptau der Sozialdemo kratie nehmen zu lassen. Eben der Mittelstand sei berufen, den Zusammenprall zwischen Reaktion und Arbeiterschaft zu verhindern. Der Redner erntete leb haften Beifall. — In der Diskussion sprachen für die konservative Partei die Herren Erosch und Fischer. Sie standen vollkommen unter dem Ein druck der Rede des Kandidaten und erklärten wieder holt, datz di« nationalliberale Partei außerordentliche Verdienste um den Mittelstand für sich in Anspruch nehmen dürfe. Besonders habe sich das in den letzten Jahren ge zeigt. Zn seinem Schlußwort ging Dr. ZLphel auf einzelne Ausstellungen der Debatteredner ein. Der Leiter der Versammlung, Direktor Pielert, be zeichnete die Versammlung als einen neuen Erfolg der nationalliberalen Sache und forderte die An wesenden auf, am 18. Oktober nur für Dr. Zöphel zu stimmen. Für dos Interesse, das der konservative Kandidat Dr. Brückner an Mittelstandsfragen nimmt, war es sehr bezeichnend, datz er der Ver sammlung überhaupt nicht beiwohnte. Der konservative Generalsekretär Kunze war aller dings auch nicht anwesend. Die Versammlung endete gegen Mitternacht. Das Abflauen ües Lilenbahnerltreiks. Der Ausstand der Eisenbahner in Frankreich geht rasch seinem Ende entgegen. Zwar gibt es hier und da noch einzelne renitente Streikende, aber auf das Gros der Arbeiter haben doch die Regierungsmaß nahmen, besonders die Einberufungsorder, einen heilsamen Eindruck ausgeübt. Der Ministerpräsi dent Bnand verhandelt gegenwärtig mit den Ver tretern des Elsenbahnsyndikats und hofft, daß bis auf mich warf, während sie jeden Aus- und Ein tretenden hell beleuchten würde. Die Villa selbst lag in der Dunkelheit fast ver borgen da, und nur da und dort war ein erleuchtetes Fenster zu sehen. Zch war eben zu dem Schlüsse ge langt, datz niemand zu Hause sein müsse, als ich eenen Wagen das Sträßchen heranrollen hörte. Ein Einspänner fuhr vor und hielt an ocm Gartentore. Es stiegen zwei Herren aus, in denen ich beim Schein« der Easlaterne den Baron Romer und zu meinem großen Erstaunen einen alten Be kannten von mir erkannte: den Herrn von Mont- pelier. Beide trugen Eesellschaftstoilette und ver schwanden eilig durch das Eartentor. Aha, dachte ich. Ein vielversprechender Anfang! Kaum war das Geräusch verklungen, das der Wagen beim Wegsahren verursachte, als eine Gestalt in den Lichtschein trat, die mir ebenfalls merkwürdig bekannt vorkam. Als sie vor dem Tore stehen blieb, erkannte ich sie. Es war niemand anderes als der kleine Herr Vignaud. Vor Freude über meine Entdeckung hätte ich am liebsten wie ein Kind in die Hände getlarjcht. Auch er verschwand durch das Eartentor, uno sann fubr eine Equipage vor. Ihr entstiegen ein nur un bekannter Herr und zwei Damen, alle in großer Toilette, und einen Augenblick war das gelbe Gas licht ganz mit Diamantengeglitzer durchsetzt. Es mutz heute hier eine Festlichkeit stattfinden, sagte ich bei mir, aber wie kommt es, daß das Haus beinahe gar nicht erleuchtet ist? Zu den spärlichen Lichtern in der Villa war kein einziges hinzugekommen. Was in aller Welt mochte das bedeuten? Dann ward ein neues Gefährt sichtbar, das wieder von geschmückten Damen besetzt war. Hierauf er schienen zwei Herren zu Fuß, Arm in Arm. Sie sahen aus wie Fremde und waren mir gleichermaßen unbekannt. Sie beeilten sich und warfen arg wöhnische Blicke um sich, als sie durch das halb geöffnete Tor hineinschlüpften. Bis jetzt hatte ich noch keine Silbe reden hören. Das ganze Schauspiel kam mir wie ein Geisterspuk vor, der einen Augen blick in dem Hellen Gaslicht auftauchte, um dann vom Dunkel des Gartens verschlungen zu werden. Wo waren sie alle hin verschwunden? Sicherlich nicht rn die Villa, denn immer ließ sich noch kein weiteres Licht in der Villa blicken, während die Räume im spätestens Sonntag die Wiederaufnahme der Arbeit sich erzielen räßt Die Ttreiklage. Paris, 15. Oktober. (Tel.) Die Streik lag« hat sich nach einem heute morgen 2 Uhr ausgegebe nen Communiquä folgendermaßen gestaltet: Auf der Nordbahn sind gestern in Paris 161 Züge an gekommen und abgegangen, gegen 116 am Tage vor her. Die internationalen Zugverbin dungen sind nahezu normal. Dies befriedigende Resultat wurde dadurch erreicht, daß 100 Lokomotiv führer des Depots La Chapelle den Dienst wieder ausgenommen haben. 80 Arbeiter von 300 des Depots La Chapelle, wo seinerzeit der Streik begann, sind zur Arbeit zurückgekehrt. Paris, 15. Oktober. (Tel.) Ministerpräsident Bri and empfing gestern die Deputierten des Seinedepartements und erklärte, datz er das Streik komitee nicht anerkenne und nur den hierzu berufenen Vertretern des Eisenbahnpersonals eine Unterredung gewähren werde. Paris, 15. Oktober. (Tel.) Eine Bekannt machung der Ostbahn-Eesellschaft besagt, datz die Ausstandsbewegung auf ihren Linien als beendet angesehen werde. Zn einer Veröffentlichung des Ministeriums der öffent lichen Arbeiten wird ein« merkliche Besse rung bei den Linien der Nord- und West bahn festgestellt. Bei der Paris—Lyon—Mit telmeerbahn ist ein normaler Dienst ge sichert; bei der Orleansbahn haben von 781 Ausständigen 574 di« Arbeit wieder ausgenommen; bei der Südbahn find die Arbeitseinstellungen zahlreich, doch wird der Dienst ausrechter halten. Zn Marseille haben di« Eisenbahn bediensteten gestern abend beschlossen, um Mitter nacht in den Ausstand zu treten. Das Urteil der Pariser Presse. Paris, 15. Oktober. (Tel.) Mehrere radikale Blätter sprechen die Hoffnung aus, datz bei beider seitigem guten Willen eine abermalige Wieder kehr solcher Ausstände für lange Zeithint angehalten werde. Der ministerielle „Petit Parisien" schreibt: Die öffentliche Meinung wird der Regierung Dank dafür wissen, daß sie einerseits mit Festigkeit die Ordnung aufrechterhal ten, andererseits eine versöhnliche Tätigkeit aus geübt hat. Andere Blätter verlangen abermals dringend ein entschiedenes Vorgehen gegen den allgemeinen Arbeitsverband, der der Haupturheber der unaufhörlichen Streiks sei. Der „Figaro" schreibt: Es heisst, daß die Regierung dem Parlament unverzüglich einen Gesetzentwurf unterbreiten werde, durch den das Syndikat gesetz von 1884 abgeändert werden soll. Zn der Tat ist eine Gesetzesänderung unumgänglich not wendig. Die „Actio n" sagt: Es existiert irgendwo im Lande offenbar eine beständige Ver schwörung gegen das Vaterland, diese mutz mit der äutzersten Energie bis auf den letzten Halt zer stört werden. Demonstrationsoersuche in Paris. Paris, 15. Oktober. (Tel.) Streikende Maurer versammelten sich gestern nachmittag auf dem Montmartre, um einen Demonstra- tionszug zu veranstalten, wurden aber auf dem Marsche nach dem Clichyplatz von Polizei und Gendarmerie zer streut. Bei dem Zusam- » menstotz wurde ein Gendarm durch einen Flaschen- ersten Geschoß, wo sich zweifellos die Empfangsräume befanden, m völlige Dunkelheit gehüllt waren. Es folgte wieder ein Einspänner. Zn dem Hrrrn, der daraus ausstieg, erkannte ich meinen Doppel gänger, den ich vor wenigen Stunden im „Crirerion" getroffen hatte. Er war jetzt im Eesellschaftsanzug. Bald darauf erschien ein Truppchen von vier Herren, dem eine Equipage mit weiteren schönen Damen folgte. Und immer war noch kein Wort gesprochen worden. Der ganze Aufzug erschien mir so unreal und unheimlich, daß mir der Kopf wirbelte. Ich fühlte mich wie von einem wilden Traume um fangen. Line halbe Stunde währte diese Prozession von Phantomen durch das Eartentor. Endlich war sie zu Ende. Zehn volle Minuten vergingen, ohne datz jemand ankam. Da sah ich, daß sich das Gebüsch hinter dem eisernen Eartenzaune fast unmerklich be wegte, und durch den engen Zwischenraum zwischen zwei Eitterstangen wurde vorsichtig ein Kopf hin durchgesteckt. Er schaute einen Augenblick auf die Straße und verschwand dann wieder. Eine Minute später schlüpften zwei Männer aus dem Eartentor. Als sie in den Lichtschein kamen, erkannte ich einen der beiden. Es war Le Noir. Sie kamen schnell über die Straße herüber und stellten sich in einer Entfernung von einem oder zwei Metern vor mir auf. Dann sagte der eine: „Haben Sie nicht vorhin, «he die Gäste ankamen, einen jungen Menschen vorübergehen sehen? Zch konnte ihn von meinem Platze nicht beobachten." „Doch. Soweit ich in der Dunkelheit sah, war es ein harmloser Spaziergänger, der vorbetge- schlendert ist." Zch lächelte behaglich, als ich hörte, datz ich. ohne es zu wollen, die Wachsamkeit der beiden Polizei beamten getäuscht hatte. „Nun, und denken Sie nicht, datz es heute abend hätte angcsetzt werden sollen?" „Nein", erwiderte Le Noir, „es sind zu viele Weiber dabei. Es hat keinen Sinn, sich von den Wildkatzen die Augen auskratzen zu lassen. Das ist heute abend nur so ein kleines Abschiedssest. Weder der Zankes noch der Russe sind dabei. Ich denke, datz sie heute nacht herübersahren. Nach den Informa- tionen, die ich erhalten habe, trifft sich die Bend« morgen in ooc-porv hier in Eeschäftsangelegenheiten. Das ist erst die Gelegenheit, die wir beim Schopfe
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