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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.11.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101114024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910111402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910111402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-11
- Tag 1910-11-14
-
Monat
1910-11
-
Jahr
1910
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ro. LIuzr cn-Preis Abend-Ausgabe . c^ug^-^rccb er. KiWgcrTWMM Handelszeitung «II. Amtsblatt des Rates und des Nolizeiamtcs der Ltadt Leipzig. Nr. 314 124. Jahrgang Moniay, ten 14. Naaemder ISIS. 2/^ sv-/«-. s/«-- S1pL88S g0!)13? »markt ituoxs 0—»» iller. sarzwalde. Kist Nir 'S Kols" »ton. ralsekretär Torbecke - Karlsruhe: Dr. Roser urteilt nach den Verhältnissen eines ländlichen Landtags wahlkreises. Wir aber müssen uns richten nach der Stimmung im gesamten badischen Lande. Und da kann es nur heißen: Kampf gegen das Zentrum und die mit ihm verbündeten Konservativen. (Lebhafter Beifall.) — Vorsitzender Obkircher stellte dann fest, daß Dr. Roser mit seiner Meinung allein- stehe, worauf Dr. Roser die von ihm gemachte An regung, eine Resolution in seinem Sinne zu fassen, z u r ü ck z o g. Von einer Beschlußfassung sah der Parteitag ab und stimmte einmütig den programmatischen Aus führungen des Landtagsabgeordneten Rebmann zu. Letter der rllhau«. nttram. agner. >nr>au-. SSer. ar«. Färinger«, Uhr. ?r»tag und chuun der >erauf »um »en Verein s ^8 Uhr: tenlanger stürmischer Beifall.) Der Redner spricht dann über vlvnlsgs ,,20pf. 1,— !! fte Interne au- m' um-,rdu»q di« 6gewa'k«ne bl) ini» drei» I-eiuzril« 2d dt« 74 mm drene NeUa>n«tcU« I von auIwLrts ao sz, NeUainen t.20 «i; Interne rin Vebdrren m «m ilchen Lea die 74 mm drcli« Penr^ei!» ») «eicht'ttan,einen m» P aynonchrnlen an» « der SvendansHLve u» «-reue erqoin. i-tLbaii na» Lnr>I. Äeltage«edüdi b v Lauten» exki. Pokl^edudr. gettrrleil!« Änttrage können nicht zurück gezogen werden. ,,ür da» rtchelne» an drutwmre» Lagen uno Plätzen wird !eta« .raranlie übernommen. Anzeigen-Ännabme: Vugu'tutzvlatz 8, det tämllichen Ailtaien u. allen tllttttoncen- tLrveSMonen der In- und Äuetanoet. Stedakrivn unk lS»«a>afr«Nelle: Iobannt»gat,e s. Frrnwrecher: ttzvllll. i 4 i46U4. Hauvl ittliat» LreSdem Seetlrase 4,» (Letestzoa politische Nachrichten. Hauptuersammlung des Deutschen Ostmarkenvereins. In der heutigen Morgennummer berichteten wir bereits über den ersten Teil der Tagung des Deutschen Ostmarkenvereins. Zum letzten Punkt der Tages ordnung, der Reichsversicherungsordnung, wird eine von Amtsrichter Dr. Be necke (Tarno- witz) und Iustizrat Wandel (Essen) begründete Resolution angenommen, in der, um eine Ver mehrung der Machtmittel der Polen durch Aus. Nutzung der Einrichtungen der Neichsversichcrung zu national-polnischen Zwecken zu verhindern, folgende Maßnahmen empfohlen werden: 1) In der Kranken. Versicherung den Arbeitgebern gleiche Stimmrechte mit den Arbeitern zu geben; 2) für die Landkrankenkassen eine den Vorschlägen des Bundesratsentwurss ent. sprechende innere Verfassung vorzusehen; 3) zu be stimmen. daß die Wahlen zu den Organen der Ver sicherungsträger öffentlich zu erfolgen haben, wenn die oberste Verwaltungsbehörde dies anordnet; 4) dis deutsche Sprache als ausschließliche Geschäfts- und Verhandlungssprache der Kaffenverwaltungen fest, zusetzen; 5) bei der Regelung der Arztfrage das System der freien Arztwahl weder gesetzlich vorzu schreiben, noch überhaupt zu fördern, und Maß nahmen vorzusehen, die gewährleisten, daß die Krankenkaffen dieses Arztsystem nicht gegen ihren Willen einführen müssen. Ebenso wird ein Zusatzantrag des Zustizrat, Schnauß (Leipzig) angenommen, nach d-m d:e Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung, durch die die Einwanderung und der Aufenthalt von Aus ländern im Reiche begünstigt wird, abgeändert werden sollen. Bei der Neuwahl des Vorstandes wurde an Stelle des verstorbenen Landesökonomierats Kenne mann Rittergutsbesitzer v. Bernuth (Borowo) zum Vorsitzenden des Eesämtausschuffes gewählt. Flottenrüstungen der Westmächte. London, 14. November. (Tel.) Wie die Blätter melden, schreibt die Admiralität den Bau ein s neuen Kriegsschiffes aus, das größer, schneller und mächtiger sein soll, als irgend ein bereits bestehendes oder im Bau befindliches Schiff der englischen Flotte; es soll den Panzerkreuzer „L»on" noch übertreffen, eine Wasserverdrängung von 28 000 Tonnen, eine Länge von 720 Fuß und eine Geschwindigkeit von 30 Seemeilen haben, gegen 26 500 Tonnen Wasserverdrängung, 600 Fuß Länge und 28 Seemeilen Geschwindigkeit des „Lion". Paris, 14. November. (Tel.) Urber die von dem Marine-Ausschuß der Kammer beschlossene Forderung, den Bau zweier weiterer Panzerschiffe in Angriff zu nehmen, wird gemeldet, die Regierung !ür Leipzig unv oorvric durch «»irre lrtger und Lpedurure 2 mal täglich van« gedrachi: itv ä, looarl., 2.70 vierteljährl Bel unier» «Nlialen u. Lu» vahmeiiellen adgeholu 7S H monall„ A.2L weriel,Ll,rl. Durch die g>ost: iaiierdald Trulichinnd« mH der deutschen Kolonien »ierieliLörn U.vi» monatl. auölchl. Poftbeslellgcld. ferner >n Bellen, TLnemarl, den Donausiaalen, Italien. Luxemburg, Niederlande, Nor wegen, Lenerreich Ungar», tziutzland, Schweden, Schweiz u. Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch di« GeichLilLneUe der Blattes erdämich. Ta» Leipziger Tageblatt ericheini 2 mal täglich, Lonir- u. Feirriag» nur inorgena. ittdonn« cni-illnnanme Augutiudplatz 8, bei unteren Lrägern, Iiliaien, -pediteuren und Annadmeslellcn. wwie Postämtern und Bries trägcrn. Li n,einer tau t« prei« der Morgen, autgude lU der ädend u«zabe L ch. nichts getan haben, als in gut nationallibecalem Sinne sür unser Volk zu arbeiten, versetzt worden sind. (Hört, hört!) Das geschah nickt nur mit Ver waltungsbeamten, sondern auch mit Richlern und Lehrern. Ein warnendes Beispiel ist auch das, was jetzt in Württemberg geschieht. (Lebhafte Zustimmung.) Es muß aufs lebhafteste bedauert werden, daß dort es geschehen konnte, einen akade mischen Lehrer in seiner Lehrfreiheit zu beschränken, nur weil er sich in nationallrberalem Sinne geaußerr bat. (Lebhafter Beifall.) Freilich hat er sich ge äußert in einem Sinne, der die in Preußen herrschende Clique, die auch in Württemberg we.en:- lichen Einfluß hat, aufs schwerste kränken Muß.e. (Allseitige Zustimmung.) Wir sehen daran, wie dos unheimliche Gebilde des Bundes der Land, wirte auch nach unserem Nachbarlande Württem berg seine Polypenarme hinüberstreckt und den »rei- heitlichen Geist zu erdrosseln sucht. Es ist das ein weiterer Grund, die Bündler so zu beurteilen, wie wir es schon leit langen Zähren getan haben. (Leb hafter Beifall.) Was ich über den Fall Arensberger gesagt habe, ist unsere einmütige Meinung. (Stür mischer Beifall.) Für die bevorstehenden Reichsrags- wahlen kann also von einem Zusammengehen mit dem Bündlertum und mit dem Zentrum in keiner Weife die Rede sein. Die Sozialdemokratie ist für uns die Partei der Klassengegensätze, und ist deshalb unheilvoll. Wir haben viel an ihr auszu setzen, sie erfüllt ihre Anhänger mit Haß gegen vieles, was uns heilig ist, sie ist republikanisch, frei händlerisch und international. Deshalb wollen wir dieser Partei auch die richtige Wertung angedcchen lassen. Keine Unterschätzung, aber auch keine Ueber- schätzung! Lassen Sie erst einmal die Ereignisse von Moabit, dem Parteitag von Magdeburg und auch die Vorgänge in Frankreich anläßlich des Eisenbahner streiks wirken, und von 120 Mandaten im nächsten Reichstag wird dann niemand mehr sprechen. Wir stehen treu zu Kaiser und Reich, treu zu unserem Fürsten und unserer Heimat, und wir halten unver brüchlich fest an allem, was wir für des Vaterlandes Wohl als nützlich und unerläßlich halten. (Minuten langer stürmischer Beifall.) Zn der kurzen Diskussion empfahl Dr R o s e r - Heidelberg eine etwas konziliantere Form bei den Verhandlungen mit den Konserva- tiven. (Heftiger Widerspruch.) Professor Merkel- Freiburg: Ich kann nicht zugeben, daß die Form, d»e wir gewählt Huben, besonders scharf ist. Wir muffen aber die sinnlose Zumutung, uns mit dem Zentrum zu sammeln, sachlich in der schärfsten Form zurückweisen, wenn auch nicht in verletzendem Tone. Sonst entsteht Unklarheit im Lande. Wir sagen mit aller Deutlichkeit, das ein Sammeln mit dem Zentrum für uns ein Ding absoluter Un möglichkeit ist. (Stürmischer Beifall.) — Staats anwalt K u e n z e r - Karlsruhe: Wir müssen eine klare und unzweideutige Parole ausgeben, und die kann nur sein: Scharfe Frontstellung gegen das Zentrum und gegen die Konservativen! Wir dürfen keinerlei Mißdeutung aufkommen lassen. (Leb, Hafter Beifall.) Wir wollen den Kampf nach rechts mit allen Mitteln und aller Energie durchführen. Eine Unterstützung kann da niemals in Frage kommen. (Allseitiger Beifall.) — Stadtrat Kölsch- Karlsruhe: Diesen Worten kann ich mich nur an schließen. Wir muffen unfern Wählern klar und deutlich sagen, was wir wollen. (Lebhafter Beifall.) Dr. R o s e r - Heidelberg: Zch wollte nur zum Ausdruck bringen, daß, wenn wir konservative Stimmen bekommen können ohne Gegen leistung, sie uns willkommen sein sollen. — Gene- Saüilcher llstionsllibersler Parteitag. * Karlsruhe, 13. November. Der Badische Nationalliberale Parteitag wurde am Sonntag in Karlsruhe in Anwesenheit von etwa 500 Delegierten abgehalten. Für die Eesamtpartei wohnte Reichstagsavg. Dr. Strejemann den Ver handlungen bei. Zum Vorsitzenden des Parteitages wurde Landgerichtsdirektor Dr. Obkircher ge wählt, der bekanntlich vor einigen Monaten von dem Amte eines Vorsitzenden der badischen nationallibe- ralen Partei zurückgetreten ist und an dessen Stelle der Engere Ausschuß am Sonnabend den Landtags abgeordneten Rebmann zum Vorsitzenden gewählt hat. Zm Mittelpunkte der Verhandlungen stand das Re ferat des neuen badischen Parteiführers Rebmann über „Die politisch« Lage im Reich und in Baden". Auf unseren Parteitag richten sich die Blicke aller politisch interessierten Kreise ganz Deutschlands, um zu erfahren, was wir hier beschließen werden. Die nationalliberale Partei kann zwar, wie in der Gegen wart, etwas zurückgedrängt werden, aber sie kann aus dem politisechn Leben nicht verschwindeen. Wenn wieder einmal sorgenvolle Tage kommen werden, dann werden sich die Massen wieder um die Partei scharen, die aus ihre Fahne geschrieben hat die Liebe zum Vaterland und den Drang nach freiheitlicher Entwicklung. Wir haben eine Landtagssession hinter uns, und es hat sich dabei die politische Situation des Eroßblocks ergeben, die weit über das badische Land hinaus Be achtung gefunden hat. Wir haben unsere Landlags mandate jo ausgeübt, wie die Mehrheit des badischen Volkes es verlangt hat. Vom Regierungstisch wurde uns zugerufen, wie es denn möglich ftin sollte, daß die Nationallibcralen mit der Sozialdemokra tie zusammen Gesetze fertigbringen könnten. Der Landtag hat die Arbeit g^.eistet, und dis Regierung hat sich schließlich dieje Arbeit ganz ruhig gefallen lassen und sie hingenommen. Der Landlag hat sie geleistet in vertrauensvollem Zusammenarbeiten mit dieser Regierung. Es ist in diesem Landtag nützliche Arbeit für das Land geleistet worden. Diese Tat sache muß immer und immer wieder ausgesprochen werden, denn sie ist Vie glänzendste Rechtfertigung für unsere Politik, die auch in unseren Reihen oisl- sach Widerspruch gefunden hat. Es ist zur Evidenz erwiesen, daß man mit der Sozialdemokratie praktische Arbeit leisten kann. (Bravo!) Das, was noch nirgends möglich war, hier in Baden ist es geschehen, und zwar ist cs möglich geworden, weil die Sozialdemokratie mit großer Mäßigung, sich an die Arbeit gemacht hat und weil sie sich ihrer Ver antwortung, die sie mit dem Eintritt in diese Politik übernommen hatte, voll bewußt war. (Lebhafte Zu stimmung.) In Magdeburg und in Kassel stand unsere badische Eroßblockpolitik im Mittelpunkt der Debatte. Und doch, welcher Unterschied! Zn Magdeburg sind die Revisionisten äußrrl ch unterlegen. Aber innerlich ungebrochen sind sie vom Kampfplatz weggegangen, so ungebrochen, daß sie so fort erklärt Haven: Wir kehren uns nicht an den Parteitagsbeschluß, wir werden auch in Zukunft tun, was wir als recht erkannt haben. Darob ist es in Magdeburg zu einem erbitterten Streit ge kommen. Aeußerlich versöhnt, aber innerlich gespal ten ist die Sozialdemokratie aus Magdeburg weg gegangen, mit schwertreffendem Unfrieden im In neren, einem Unfrieden, der heute noch aufflammt in Person büßen mußten, gegen deren Verschlagenheit selbst Harry Marks vergeblich kämpfte." „Zch bin nicht nur davon überzeugt," gab James zurück, „sondern ich weiß es, das heißt, ich habe es aus einer Quelle, die nicht täuschen kann." Der Anwalt sah ihn fragend an. Er schien an den Worten Bartletts zu zweifeln, bis dieser fort fuhr: ,Hch weiß es aus dem Munde der Mörderin." „Nicht möglich," rief der Advokat, indem er er regt aufsprang. „Nicht möglich!" Er malte sich in Gedanken aus, wie das Ver fahren gegen seinen Klienten wieder ausgenommen würde und er für ihn eine glänzende Freisprechung erkämpfte. „Dann muß Anzeige erstattet und ein neues Ver fahren einaeleitet werden," erklärte er, worauf Zames kopfschüttelnd erwiderte: „Zch fürchte, daß dies nur schwer möglich sein wird." „Ich verstehe Sie nicht." „Nilyts einfacher als das," stieß Zames hervor. „Die Mörderin ist meine Geliebte!" Der Advokat schlug erstaunt die Hände über dem Kopfe zusammen. Ein solcher Fall war in seiner Praxis doch noch nicht oorgekommen. „Man muß die Sache anders ausdrücken," stellte er dem verzweifelten Manne vor. „Zhre Geliebte, Zhre ehemalige Geliebte vielmehr, ist eine Mörderin, für deren Taten Sie Ehre, Freiheit und Vermögen hingeben mußten." Zames schwieg ein« Weile in Gedanken verloren. „Sie mögen in Ihrer Art recht haben", ant wortete er schließlich. „Hier liegt die Sache für mich etwas anders. Was Sie da sagen, war einmal, und es war schrecklich genug. Als ich aber aus dem Gefängnis kam, hatte ich alle meine Kräfte verloren, auch die Kraft zum Haffen. Sie war die erste und einzige Person, die sich um mich kümmerte, und das bat einen großen Teil ihrer Schuld bei mir getilgt. Wenn ich sie jetzt vor Gericht ziehe, dann gäbe es keine Rettung für sie, und sie hat mir damals da durch das Leben gerettet, daß sie ein freiwilliges De- kenntnis ablegte." „Allerdings ein unvollständiges," warf der Ad vokat ein. „Es bleibt immerhin eine mutige Tat in einem Augenblicke," fuhr Zames, ohne sich beirren zu lassen, Späte Gerechtigkeit. 14) Roman von Wilhelm Schwedler. ».Nachdruck verboten.) Eine Viertelstunde später saß er wieder an ihrem Tische wie in alten Zeiten, nicht in demselben Hause, aber in derselben Umgebung, dieselben Möbel, der selbe wacklige Stuhl und der wurmstichige Tisch, der altersgraue Teppich vor dem Ofen und auf dem Feuer der dampfende Teekessel. Und für einen Augenblick überkam ihn das köstliche Gefühl, wieder Mensch unter Menschen zu sein, das Gefühl, das er seit Zähren entbehrt, seit jener Zeit, als er seinen Ein zug in das elegante Heim im Norden der Stadt gehalten, das Gefühl, welches er nie in jener Welt genossen, von der er gehofft hatte, daß sie seine zweite Heimat werden solle. Aber nur einen Augenblick! Dann erwachte in ihm mit erneuter Bitterkeit der Schmerz um alles, was er verloren und der Haß gegen die, welche die Ursache des Verlustes war. Und der nagende Zweifel erwachte, ob er schuldig oder unschuldig war an dem Blute jenes Mannes. Speise wurde ihm hart wie Stein und Trank bitter wie Galle. Er stieß alles von sich und verbarg das Gesicht in seinen Händen, schluchzend und stöhnend: „O, Jane, wenn du wüßtest, wie elend ich bin!" Das Mädchen stand vor ihm unbewegt und starr wie ein« Bildsäule. Und ein trübes Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie antwortete: „Wenn du elend bist, Zames, so gehörst du hierher." Dann sprang er auf, faßte sie an ihren Schullern und schüttelte sie, während er tief in die von Tränen umflorten Augen sah. Si« hielt seinen Blick ruhig aus, bis er die Worte sagte, nach denen er lange vergeblich gesucht hatte: „Jane, um der Liebe willen, die uns einst ver bunden, sage mir eins: Bin ich ein Mörder?" Sie hatte diese Frage erwartet und gefürchtet. Aus ihrem Körner schien alles Leben gewichen, toten bleich und unbeweglich stand sie vor ihm, keines Wortes fähig. „Zone!" rief er nochmals in seiner Erregung. Da schüttelte sie den Kopf und erwiderte leise: „Zch werde dir dies«, nur diese einzige Frage nie beantworten können, denn ich fürchte zu sehr, dich wieder zu verlieren." „Das wirst du nie," beharrte James Bartlett. ,Zch habe mit der Welt abgeschlossen." Das unglückliche Mädchen sah ihn traurig an. „Das ist es nicht," wehrte sie ab. „Es gibt nur zwei Menschen, von denen einer hier schuldig sein kann." Von dem Augenblick an wußte Zames, daß er unschuldig gelitten und daß er mit der Mörderin, deren Strafe auf seine Schultern mit gefallen war, unter einem Dache lebte. Er hatte aber nicht die Energie, den einfachsten Weg, der ihn allein zur Wett zurückführen konnte, einzuschlagen. Er konnte es nicht übers Herz bringen, das Mädchen, das ihn einst vom Tod« errettet hatte, vor den Richterstuhl zu zerren, und einen anderen Weg zu seiner Rehabili- tierung gab es nicht. So war er tot für die Wett und die Welt für ihn. Aber er hielt diesen Zustand doch nicht lange aus, denn bald erwachte wieder seine alte Energie. Er wollte arbeiten und vorwärts kommen, aber wo er auch anklopfte, fand er verschlossene Türen. Im mer wieder kehrte er enttäuscht in seine Hütte zurück, und obwohl Zane ihn mit allem versorgte, was er zum Leben brauchte, wurde er trübsinnig und miß gestimmt. Sechzehntes Kapitel. Zn einem solchen Gemütszustand kam er «inst an dem Hause seines ehemaligen Verteidigers vorüber, und es fiel ihm ein, daß er dielen um Rat in seiner Not fragen könnte. Er ging hrnauf und wurde auf Nennung seines Namens hin sofort vorgelassen. „Zch bedauere, Si« erst jetzt wiederzusehen," redete ihn der Anwalt an, „aber" — „Selbstverständlich konnte ich nicht früher kommen. Sie haben ganz recht," vollendete Zames mit bit terer Ironie. Der Verteidiger, der als selbstverständlich an nahm, sein ehemaliger Klient habe die Absicht, gegen die Familie Romney gerichtlich« Schritte zur Erlan gung irgendwelcher Dermögensteile zu unternehmen, suchte ihn zu beruhigen: Kein Mensch vermag sich gegen Irrtümer der Justiz zu schützen, deren einer zweifelsohne in Zhrem Falle Vorgelegen hat. Zch bin bis heut« noch fest davon überzeugt, daß die verhängnisvolle Kugel nicht Ihrer Büchs« entstammte, sondern daß Sie für die Sünde jener intriganten leidenschaftlichem Haß von Genosse gegen Genosse. Und was wir in den letzten Tagen wieder haben erleben können, die Art und Weise, wie der „Vor- wärrs" und „Leipziger Volkszeitung" sich über unsere badischen Sozialdemokraten Frank und Kolb ge äußert haben, das geht fast über das hinaus was menschliches Empfinden noch als erträglich ansicht. (Lebhafte Zustimmung.) Das ist die Partei, die so gern mit den Worten spielt: Isitrerte, Lxallte, tormito, die die Trägerin einer neuen und besseren Kultur sein will. Und nun war dieselbe Frage, die an den Magdeburger Parteitag gestellt worden war, auch an den Kasseler Parteitag gest llt. Wir sind von Kassel mit einem gewaltigen Gewinn an innerer Kraft weggegangen. Wir wenden uns deshalb mit Abscheu davon ab. wie in einzelnen Blättern, die sich nationalliberal nennen, die Worte unseres Führers Bassermann herabgesetzt werden. Auf dem Gebiet der Reichspolitik sind wir der Meinung, daß es so, wie bisher, nicht weitergehen kann. Wir erwarten eine Klärung. Für uns in Baden können wir die Bassermannschen Richtlinien glatt und in vollem Umfang zu den un seren machen: Kampf gegen die Sozialdemokratie, Kampf gegen das Zentrum, Kampf aber auch gegen die Konservativen, womöglich ein Zusammengehen mit der bürgerlichen Linken. Wir weisen die vom Reichskanzler von Bethmann Hollweg ausgegeben: Sammlungsparole gleichfalls zurück. Wie kommt man dazu, diese Sammelpolitk auch uns zu empfehlen. Man will den Groll des deutschen Volkes über die Reichsfinanzreform ablenken, und dazu sind wir gerade gut genug. Wir sollen diese Blöße decken, die an dem Körper des schwarz-blauen Blocks ent standen ist. Das wollen wir nicht und das tun wir nicht! (Stürmischer Beifall.) Und nun, nachdem diese Frage in Kassel eigentlich erledigt war, kommt nachträglich die badische Regierung und trägt uns diesen Gedanken von neuem vor. (Gelächter.) Für uns ist der Angelpunkt, um den sich bei uns alles dreht, der Kampf gegen das Zentrum. (Leb- Hafter Beifall.) Davon können wir nicht ablassen. Und bei uns in Baden kommt noch etwas anderes hinzu, nämlich, daß die konservative Partei sich so eng und unauflöslich mit dem Zentrum zu- sammengetap hat, daß es für uns nur eine Grupr^ geworden ist. und daß wir nicht den einen Teil herauslösen können, auch wenn wir es wollten. (Sehr richtig!) Da müssen »ir sagen, solange die konfrr« vative Partei in Baden in dieser engen Verbindung mit dem Zentrum sich befindet und sich daran hält, so lange kann von einem Zusammengehen nicht die Rede sein. (Stürmischer Beifall.) Zn der gestrigen engeren Ausschubsitzung haben wir über einen konservativen Vorschlag zum gemeinsamen Vorgehen gegen die Sozialdemokratie beraten, und ich kann mitteilen, daß wir zu einem vollständig ein mütigen Beschluß gelangt sind. Der Beschluß geht dahin, daß der konservativen Partei zu erwidern ist, daß wir von der nationalliberalen Partei Badens bei den bevorstehenden Reichstagswahlen die sozialdemokratische Partei bekämpfen werden, aber auch das Zentrum (Stür mischer Beifall), und daß wir daher nicht in der Lage sind, ein Zusammengehen von Parteien mitzu machen, bei dem das Zentrum beteiligt ist. (Minu- dte politische Betätigung der Beamten. Wir haben erleben müssen, daß in Preußen nationalliberale Beamte, die weiter fort, „wo ich mich selbst bereits dem Tode verfallen wähnte. Nein, ich will Jane nicht dem Henker über liefern." „Sie hatte allerdings die besten Absichten mit Ihnen," schaltete der Advokat wiederum ein. „Aber sie hat sie nicht zur Ausführung gebracht." „Teilweise doch." „Einerlei," beharrte Zames. Der Advokat begann ein wenig ungeduldig zu werden. „Was ist denn eigentlich der Zweck Zhrcs Hier seins?" fragte er unmutig. „Sicher hatten Sie irgend eine bestimmte Absicht. Sie können sich unmöglich vor der Welt rehabilttieren, ohne Zane Dixon bloß- zustellen." „An der Wett liegt mir auch nichts." „Za, ja, was bezwecken Sie denn eigentlich mit Ihrem Besuche bei mir?" fragte der Advokat etwas ungeduldig. „Ich will meine einstige Gattin von meiner Un schuld überzeugen", erklärte James. Der Anwalt zuckte die Achseln. Auf diese Art und Weise wurde ihm das Vergnügen an der Sache etwas verdorben. Immerhin gab er das Spiel noch nicht auf. „Wenn Zhre Gattin", sagte er, „damals nicht an Sie geglaubt hat, dürfte es jetzt schwer sein, sie von Ihrer Unschuld zu überzeugen, solange Sic sich nicht durch gerichtliches Verfahren vor der Welt rehabilitiert haben, wie das jeder an Ihrer Stelle getan haben würde. Sie müssen dabei", fuhr er eifrig fort, als der junge Mann noch unschlüssig über legte. „bedenken, daß es sich nicht nur um Ihr Ver hältnis zu der geschiedenen Mrs. Bartlett handelt, sondern um Ihre ganze Existenz. Sic haben augen blicklich keinen Beruf, kein Einkommen. Sie nützen sich und der Welt nichts und leben von der Gnade einer — ich muß das harte Wort aussprechen — einer Mörderin. Ist das eine Situation in der ein Mann von Tatkraft und Intelligenz wie sie, auf die. Dauer aushalten kann?" James Bartlett kämpfte einen schweren Kampf mit sich selbst, auf der einen Seite standen alle jene Güter, nach denen er einst gestrebt, Ansehen und Reichtum, persönlicher Einfluß, kurz alles das. was heutzutage einem Manne als Belohnung ehrlicher Arbeit erscheint. Auf der anderen Seite die Dank- Sarkeit gegen eine, die sein Leben ruiniert, die ihn sUor »07SSS
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