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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.11.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191011145
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19101114
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19101114
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-11
- Tag 1910-11-14
-
Monat
1910-11
-
Jahr
1910
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Bezugs-Preis lür Leipzig und L»ron« durch uuier, träger uni Spedlieure 2«al täglich io» vau« gevruchi: UU iinatl., i.1vgss »ierteliädrl «et unirr» ^llialeo u. An» nahmeftellen «dgeholir 72 mvnall., S.22 vierrelithrl. Lorch dt» ch»k: innerhalb Deuychi-nv« und der deutichea Kolonien n,«rtei>Lhri. li.vi» monatl. autlchl. Postbeslellgrld. ferner m Belgien, Dänemark, de» Donuuliauten, Iiatien. »luremdurg, »liederlaiide, Nor wegen, Lefterrelch llngorn, ckutziand, Schweden, Schweiz u. Lpanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch die Gelchäiltuelle de» Blatte» erhL.tlich. Da« Leipziger Tageblatt erlcheini 2 mal täglich. Dann- u. Fenriagt nur morgen«. Lvonn« eni-tlnna.ime: Auguftutplatz 8, bei unteren Tragern, Filialen, Spediteuren und AnnadmeileUen, >owie Postämtern und Briesträgern. ltlnzelverkauk «pre,« der Morgen, «uägube ttt ä-, der »tbead.u«gabe 2 ch. Morgen Ausgabe. nMerTUMM Handelszeitung. Amtsblatt des Nates und des Nolizeiamles der Htaöt Leipzig. Auze gen-Preis tSr Inserate au» eiviig tu ..mgeduaq di« Sgetpa tene SV mm breite Perirzeile 2d ch di« 74 mm drert« tiieklainezeUe t »an au«wärt» äv gz, «trüamrn l.L? gU; Inserate oon Beddrben m amtlichen Teil die 74 mm breite PeNtzeil« ui ch Geicha t«anie>aen mu P agvorichrl>«n na» I» der Ä seudautgade uu ^ren« ergabt, brabait nam .arli. Peilagegeoubr d v. Tauten? egkl. Poitgedudr. ^eskerreilte Äu'iräge können nicht zurück gezogen werden. ,jür bas uricheinen an deltlmmten Tagen uns Plätzen nur» lern« Garantie übernommen Snzeigen-Lnnudme. Uugutludplntz bei sämtlichen Ailtalen u. allen Lnuoucrn« «xpebltioneu des In- uns Auelanoe«. SkedatNrn unk Meichakrrüellr! Iollanntsgasse x Kernwrecher I46L2. I4«>»>. I4ÜU4. Paupl Iiliale Lreoden: Eeeurase 4. t iTeteotzon solli). Nr. 314. Momay, üen 14. November 1910. 104. Jahrgang. Das kvichtlglte. * Zn Dresden fand am Sonntag der 4. säch sische Mittel st and stag statt, auf dem die Minister Vitzthum von Eckstädt und von Seydewitz Ansprachen hielten. (S. d. des. Art.) * Der Deutsche Ostmarkenverein faßte eine Resolution, in der die Anwendung des Ent eignungsgesetzes gegenüber den Polen ge fordert wird. (S. Letzte Dep.) ' InLeipzig hielt am Sonntag derDeutsche Fliegerbund eine Tagung ab. (S. d. bes. Art.) * Prinz Heinrich von Preußen führte bei einem Besuch des Darmstädter Flugplatzes mehrere Flüge allein aus. sS. Letzte Dep.) * Das plötzliche Verschwinden des Grafen Tolstoi erregt in allen Kreisen seiner An hänger und Verehrer großes Aufsehen. Sein Sohn erklärt, der Graf werde bald zurück kehren. (S. d. bes. Art.) Verständigung mit England? Die Vetokonferenz in der englischen Der- fassungsfrage ist, wie übrigens kaum anders zu er warten war, gescheitert. Damit ist die Not wendigkeit für die Regierung, das Unter haus aufzulösen, mit einem Schlage um ein gewaltiges Stück nähergerückt. Diele Hoffnungen, wieder als Sieger aus dem Wahlkampfe hervorzu gehen, hegen die Liberalen wohl selbst kaum. Schon bei den letzten Wahlen, die die jetzige geringe Re gierungsmehrheit ergeben haben, hatte man mit einem unionistischen Siege gerechnet, und jedenfalls ging die allgemeine Meinung dahin, daß bei einer bald notwendigen Wiederholung der Neuwahlen di« Unionisten die Mehrheit erringen würden. Um stände, die die Chancen der beiden rivalisierenden Parteien geändert hätten, sind seitdem nicht hervor getreten. Die Versuche der liberalen Regierung, dl« Gegner durch eine gleiche extreme Haltung in der Flottensrage zu schlagen, sind vergeblich geblieben. Hierfür werden die Unionisten stets über die bessere Lungenkraft verfügen. Die liberale Negierung hat deshalb allen Anlaß, nach irgend einem großen Erfolg aus- zuschaucn, der ihre Chancen besserte und ihre bedrohte Herrschaft für absehbare Zeit sicherstellte. Daß ein solcher Erfolg nicht auf dem Gebiete der inneren Politik, sondern nur auf dem der äußeren liegen könnte, ist bei den jetzigen Machtverhältnisien in Großbritannien selbstverständlich. Den Schlüssel zu der außerpolitischen Situation des Znselreiches bildet nun aber nach wie vor das Verhältnis zum Deutschen Reiche. Dieses Verhältnis ist etwas bess r geworden. Die Temperatur der gegenseitigen Beziehungen ist vom Gefrierpunkt auf zwei bis drei Grad Wärme gestiegen. Kalt genug ist sie trotzdem, trotz aller Korrektheit, trotz aller Höflichkeit. Und kalt mußte sie, wie die Dinge liegen, auch bleiben: Solange England an der Tripelentente festhält, von der nur Blinde oder Arglistige ernsthaft behaupten können, sie hätte keine Spitze gegen Deutschland, ist der beste Verständigungswille Deutschlands lahm gelegt. Man scheint jetzt in der Wilhelmstraße in der Tat zu dem Programm zu stehen, daß man England nicht nachlaufen will. Das Bestreben, keinerlei Anlaß zur Verstimmung zu geben, ist unverkennbar und hat in der offiziösen Presse, die naturgemäß die Stellung nahme der Regierung in vielen Fällen arg ver gröbert, sogar zu gelegentlichen Ueberfreundlichkeiten geführt. Darüber hinaus tut man aber nichts, um die Verständigung, die recht ernsthaft gewünscht zu werden scheint, herbeizuführen. Man hält an der Selbstverständlichkeit fest, daß eine reine Flottenverständigung, wie sie früher von England vorgeschlagen wurde, nach wie vor aus den Kombi nationen der Reichspolitik auszuscheiden hat: daß eine Verständigung nur in der Form einer all gemein-politischen Entente möglich ist. Und man vertraut darauf, daß die Interessengegen sätze im Schoße der Tripelentente früher oder später England die Notwendigkeit oder doch die Opportu nität einer Verständigung mit Deurschland klar machen werden. Gegen diesen deutschen Standpunkt ließe sich gar nichts einwenden, wenn nicht mittlerweile doch die Notwendigkeit einigermaßen drängte, eine neue Werte gewinnende Reichspolitik zu treiben. Es ist allmählich wirklich nicht mehr viel übrig, was uns zur Erweiterung unserer politischen und unserer volkswirtschaftlichen Basis dienen lönn.e. Dauert der jetzige Zustand noch lang« an, so wird auch dieses Wenige von fremden Mächten aufgeschluckt sein, wie Marokko durch Krankreich, Persien durch Rußland und England aufgeschluckt wird. Bester als Nach laufen ist es gewiß, daß wir uns die Miene geben, wir könnten der Verständigung mit England noch lange mit der Behaglichkeit eines Rentners entraten. Aber La jeder draußen weiß, daß wir uns dessen nur die Miene geben, so ist auch diese Position nicht über trieben stark. Man sollte meinen: falls den Männern von der liberalen englischen Regierung irgendwelcher staats männische Geist innewohnt, so müßte ihnen leicht durch irgendeinen partioulior clistiaxue — zu zeigen sein, wie sehr die Verständigung ihren Par te i i n t e r e s s e n und ihren nationalen Interessen entspricht. Das weitere Verharren im gegenwärtigen Zustande läßt unzweifelhaft die Chancen der Unionisten für die Wahlschlacht ständig wachsen. Aller besorgter und selbst ein hysterisch be sorgter Patriotismus kann aber den Engländer nicht darüber hinwegtäuschen, daß das Unionistenr^zept zur Beschwörung der deutschen Gefahr verdammt hohe Kosten in Aussicht stellt. Die llcberstürzung des Dreadnoughtbaues und die Erhöhung der Dreadnoughlzahl ins Gigantische ist für den briti schen Steuerzahler eine nichts weniger als angenehme Aussicht. Es kommt hinzu, daß so unangenehme Dinge wie die allgemeine Wehrpflicht immer beängstigender in die Nähe rücken. John Bull liegt nicht das mindeste daran, Milliarden in bald veraltende Stahlkoloste zu stecken. Er hat einen Horror davor, sich selbst in Tommy Arkins schmucke Uniform zu stecken. Geht es absolut nicht anders, so wird er das erste wohl, das zweite kaum tun. Dem aber wird seine Gunst in ungewohntem Maße lächeln, der ihm diese beiden Zentnergewichte von der Seele wälzt. Außerdem möchte John Bull gern nach einer langen Pause endlich einmal wieder einen Erfolg in der äußeren Politik erleben. Dies Ver gnügen ward »hm lange nicht. Dio Teilerfolge, die durch den Abschluß immer neuer Ententen erreicht wurden, hatten nur so lange Sinn, als das Endziel, die Einkreisung des Deutschen Reiches, erreichbar schien. Seitdem dieser holde Traum zerflatterte, ist mit dem ganzen Geflecht von Bündnissen und En tenten, von Verständigungen und Konventionen nichts Rechtes mehr anzufangen. Wohl aber beginnen sie — und Persien ist dafür nur ein Beispiel —, England die Freiheit der Bewegung arg zu verschnüren. Das Schlimmste ist davon, daß es durch die Rücksicht auf Rußland gezwungen ist, den Islam in seinem sicht baren Haupte, dem Kalifen in Stambul. zu ver stimmen, womit die Axt an die Wurel seiner indischen Machtstellung gelegt wird. Alles das sieht nicht so aus. als ob beim Fortschreiten auf dem bisher betretenen Wege ein größerer Erfolg erzielt werden könnte. Die Mahnung, es mit einem anderen Wege zu versuchen, liegt als» in den Dingen selbst. 4. SSchlllcher Mittelstanüstag. ?. Dresden, 13. November. Der 4. Sächsische Mittelstandstag war auf gestern und heute hierher einberufen worden. Einer ver traulichen Besprechung der Delegierten am Sonn- abcndabend und einer heute früh abgehaltenen Vor- standssitzuna folgte vormittags 11 Uhr im Großen Saale des städtischen Ausstellungspalastes die öffent liche Hauptversammlung, die sehr stark besucht war. Man sah darin den Minister des Innern Grafen Vitzthum o. Eckstädt, den designierten Finanz minister v. Seydewitz, die Ministerialdirektoren Dr. Roscher, Dr. Schröder, Heink, Kreis hauptmann Dr. v. Oppen-Dresden, Oberbürger meister Dr. Beutler-Dresden: ferner Wirk!. Geh. Rat Dr. Mehnert, Landtagspräsident Dr. Vogel sowie eine größere Anzahl von Mitgliedern der Kon servativen und der nationalliberalen Fraktion des Landtags. Obermeister Unrasch-Dresden eröffnete die Verhandlungen mit einer Begrüßung der Erschiene nen, brachte ein Hoch auf den König aus und erbat und erhielt die Zustimmung der Versammlung zur Absendung eines längerer Telegramms an König Friedrich August. Das Telegramm hat folgenden Wortlaut: „Die Bestrebungen unserer Vereinigung auf Erhaltung und Stärkung der selbständigen Existen zen im Erwerbsleben, dieser festen Stützen de» Staates und der bestehenden Gesellschaftsordnung, haben sich stets des Schutzes Ew. Majestät erfreuen dürfen. Dieser Schutz ist doppelt wertvoll in einer Zeit, in der die planmäßigen Angriff« gegen Thron und Altar, gegen Arbeit geber und Vorgesetzte einen die Staats ordnung gefährdenden Charakter annehmen, und in der es mehr denn je gilt, die Autoritären zu wah ren und die Freiheit der Arbeit gegen Gewalt tätigkeit zu schirmen. Wir vertrauen, daß es der hohen Weisheit und Tatkraft Ew Majestät gelingen werde, der ver giftenden Agitation gewissenloser Volks verführer halt zu gebieten und alle königstreuen Staatsbürger in Stadt und Land zu vereinigen, da mit allen Gliedern unseres Volkes die Möglichkeit gesichert bleibt, weiter zu schaffen in Werken fried licher Kulturarbeit. Mit dem tiefsten Danke für den bisher ge währten Schutz und im festen Vertrauen auf den ferneren gnädigen Beistand Ew. Majestät er neuern wir das Gelübde unverbrüchlicher Treue, in der wir feststehen werden bis zum letzten Atem zuge." Der erste Vorsitzende der Mittelstandsvereini' gung, Ingenieur Theodor Fritsch-Leipzig, hielt dann den einleitenden Vortrag über die allgemeine Lage der Mittelstandsbewegung. Er führte zunächst aus, der kleine Eewerbtreibende und Handwerker sei lange das Stiefkind des Ge setzgebung gewesen und habe infolgedessen das Ver trauen zu ihr zum größten Teil verloren. Der an gestrengten Tätigkeit der Mittelstandsvereinigung sei es gelungen, dies Vertrauen zurückzuerobern, und heute würden die Tagungen des Mittelstandes auch von Vertretern der Regierung besucht. Für den Mittelstand sei die Gefahr, daß er bei der Gesetz gebung zu kurz komme, doppelr groß, weil er au» so vielen verschiedenen Berufen sich zusammensetze. Deshalb sei ein enger Zusammenschluß notwendig. Eine solche Vereinigung sei geeignet, einen Aus gleich zu schaffen gegenüber den Parteigegensätzen, und habe auch bereits Erfolge in dieser Richtung zu verzeichnen, so beim sächsischen Wahlrecht und der Reichsfinanzreform. Heute hätten alle staats erhaltenden Parteien die Förderung des Mittelstandes in ihr Programm ausge nommen. Infolgedessen sei der Mittelstand der Pflicht überhoben, eigene Vertreter in die Parlamente zu senden und damit aktiv in die Politik einzugreifen, er beschränke sich vielmehr auf Regelung des wirtschaftlichen Lebens. Redner erläuterte dann nochmals das Mittelstands programm, das ein ausgesprochen wirtschaftliches sei, und forderte nach der Fürsorge für Großhandel, Großindustrie, Arbeiterschaft und Landwirtschaft mehr Fürsorge für den Mittelstand (Lebh. Beifall.) Minister Graf Vitzthum v. Eckstädt hielt hierauf folgende Ansprache: Nachdem sich der sächsische Mittelstand eine eigene Vertretung geschaffen habe, da habe die Regierung Neues Theater. Leipzig, 14. November. „Madame Butterfly". Die Darstellung der Heldin des japanischen Liebes dramas verlangt Doppeltes, nämlich eine Schau spielerin von zierlichem Wüchse und eine schöne, voll quellende Stimme. Die mit sehr lebhaftem Beifall begrüßte Gästin des gestrigen Abends, Frl. Gertrude Focrstel von der k. k. Hofoper in Wien, ein Leipziger Kind, erfüllte beide Bedingungen durchaus. Ihre zierliche, biegsame und anmutige Cho-Cho-San gewann sich mit Recht die Sympathien aller. Der ausgiebige, wohltragende, fein timbrierte und trefflich geschulte Sopran der Künstlerin ließ die musikalisch und melodisch gleicherweise bedeutende Gesangspartie, eine der besten, die Puccini geschrieben hat, zu voller Schönheit erstehen und alles zart und vornehm ab getönt erscheinen. Mit derselben Sorgfalt behandelte Frl. Foerstel die Kantilene wie das Rezitativ, gab der scharf geprägten Deklamation die ihr zukommende Wirkungskraft und verstand, in der häufig und schnell wechselnden Konversation einzelner Szenen aufs glück lichste und wirksamste die Mitte einzuhalten zwischen gesungenem und gesprochenem Ton. In schauspiele rischer Beziehung (übrigens durch die ganz vortreff liche Suzuki der Frau Stadtegger bestens assistiert) ließ die Gästin die kleine Frau Schmetter ling alle Phasen von Liebesleid und -freud' durch schreiten: von dem Anfang naiver Freude am Ge liebten beginnend, bald aber den Uebergang zu tieferen Gefühls- und Herzenstönen findend, und die in dieser allein selig machenden Liebe verharrend und tapfer ankämpfend gegen die traurige Wahrheit, die den anbrechenden Tag zum letzten ihres Daseins machen soll. Ebenso rührend wie durch realistische Treue überzeugend gestaltete Frl. Foerstel den Aus gang dieses armen Frauenlebens, das einst so reich zu werden versprach und durch den Egoismus eines Mannes zugrunde gerichtet wird. Von besonderer Be deutung war auch jene Szene, in deren Verlaufe die gewaltig hervorbrechende, durch die bleibende Er innerung an das „Es war einmal" der freuden spendenden Frühlingszeit neu belebte Rhetorik der Siebe das Herz der Japanerin gleichsam zum anderen Male betrügt. Die leise herabrieselnden Blüten de» Apfelbaumes umgeben wie eine Aureole das Haupt der Dulderin aus Liebe. Wie gesagt, alles zusammen genommen eine ausgezeichnete Leistung, die auch in vollstem Maße durch zahlreiche Hervorrufe und Blumenspenden gedankt wurde. Dujsva Der Getangene üer Sarin. Oper in zwei Akten von Karl o. Kaskel. (Uraufführung im Königl. Opernhaus zu Dresden am 12. November.) Bevor die Dresdner Hofoper mit der Urauffüh rung des vielberufenen „Rosenkavaliers" wreder einmal die Augen der ganzen Musikwelt auf sich lenkt, hat sie noch das neue Werk eines aus Dresden stam menden Tonsetzers herausgebracht, üer bisher wohl mit Orchesterstücken und Lredern hier bestens einge führt war, aber noch keines seiner musikdramatischen Werke auf der Dresdner Hofbühne sehen durfte, ob wohl ihm, besonders nnt seiner über zahlreiche Bühnen gegangenen „Bettlerin vom Pont des Lrts", anderwärts sehr beachtliche Theatererfolge beschieden waren. Nun ist hoffentlich das Eis gebrochen. Denn „Der Gefangene der Zarin" erzielte, wie sckon tele graphisch gemeldet, einen sehr herzlichen Erfolg, der am «chlusie mit den Darstellern auch den Kompo nisten und Librettisten vielmals an die Rampen rref. Das Textbuch, das RudolsLothar nach einer französisch-russischen Quelle verfaßt hat, ist die Drama tisierung einer Episode aus dem reichbeweaten Lrebesleben der Zarrn Elisabeth, die in der Mitte des 18. Jahrhunderts in Rußland regierte. Diese Fürstin hat den jungen Herzog von Kurland w«en angeblich hochverräterischer Umtriebe verhaften lassen und befohlen, ihn in die Festung Schlüsselburg zu bringen. Dort sitzt in ritterlicher Haft, die ihm der joviale Kommandant recht behaglich gestaltet, auch der Leutnant Sascha Romanowski gefangen, der als unverbesserlicher Don Juan der Gemahlin des allmächtigen Polizeiministers den Hof gemacht hat und deshalb von diesem in die Festung geschickt wor den ist mit der bösen Aussicht, nach Sibirien gebracht zu werden. Doch da ihm Leben gleichbedeutend nnt Lieben ist, so fängt er mit Feodora, der Tochter des Kommandanten, ein Liebesverhältnis an, und das leicht entflammte Mädchen verspricht, ihn zu reiten. In ihrem Harfenkasten versteckt, soll er au« der Festung gebracht werden. Doch ehe es so weit ist, er scheint unter starker Bedeckung der Hei»og von Kur land und wirft in einem unbewachten Augenblick dem Leutnant einen Zettel zu, auf dem er ihn bei Kiner Edelmannsehre beschwört, ihn zu retten. Sascha ist so aufopfernd, mit dem Herzog dre Nollen zu tauschen Während der Herzog in der Harfenkist« seine Flucht bewerkstelligt (Falstaffs unsterblicher Waschkoro lebt, wie man sieht, m allerlei Formen wieder aus), hält die Zarin, al, sie kommt, um den Gefangenen inwg- nlto zu verhören, den Leutnant für den Herzog. Sascha sagt, seiner galanten Veranlagung entsprechens, der ihm unbekannten Dame tausend Schmeicheleien und hat damit soviel Glück, daß die Zarin befiehlt, ihn nach ihrem Petersburger Sommerpalast zu oring'n, der künftig sein Gefängnis sein soll. Dort spielt der zweite Akt. Sascha hat unterdessen den hohen Rang feiner Dame erfahren, sieht sich von Glanz und Huld umgeben und verliebt sich allen Ernstes in die Zarin, in deren Herzen ebenfalls eine tiefe Neigung für den feurigen Liebhaber aufkeimt, der so gar nichts von einem staatsgefährlichen Prätendenten an sich hat. Als die Täuschung ans Tageslicht kommt, da der wirkliche Herzog von Kurland draußen vor den Toren erscheint, scheint eine tragische Wendung bevorzu- stehen. Doch Sascha besteht die Probe, aus die ihn Elisabeth stellt, und erweist sich als so beherzt und edelmütig, daß ihm die Zarin verzeiht und ihm al» dem ihrem Herzen Nächsten den ersten Platz am Throne anweist. Und der beglückte Leutnant hat natürlich keinen anderen Wunsch, als auf diese kom fortable Art lebenslänglich der Gefangene der Zarin zu bleiben. Also eine echte, rechte Opernhandlung mit sehr viel Liebe, russischer Festungsromantik, einer Fülle von Edelmut und spannenden Momenten. Dazu noch das Hofmilieu und das Reisrockkostüm — also alle Ingredienzien, die zu einem Libretto a la Scribe nötrg sind. Und dank der trotz einiger Längen und Unwahrscheinlichkeiten geschickten Arbeit des Text verfassers reicht der an pch spärliche Stoff für einen ganzen Abend au». Der Fehler, daß außer Sascka und Elisabeth alle anderen Personen ganz neben sächlich behandelt find, wird dadurch wetrgemachk, daß die beiden Hauptfiguren eben ern paar Bomben rollen haben. Die Musik Karl v. Kaskels steht insofern auf ganz moderner Grundlage, als der Schwerpunkt ihrer Er findung und Ausdruckskraft meist im Orchester ruht. Im ersten Akt« vermag der Tonsetzer sich nicht rück haltlos auszugeben. Die Haupt- und Staatsaktion lähmt ihm die Flügel und er kommt über eine de- klamatorische Behandlung der Singstimmen so lange nicht hinaus, br» die verschleierte Dame auftritt, von da ab spinnen sich die Fäden zwischen dem stets geistvoll behandelten Orchester, das durch di« Illu stration von Worten und Situationen immer inter- esfiert, und den Gestalten auf der Bühne immer inni ger und reizvoller. Im zweiten Akt« ist Kaskel, der von jeher mehr die Sprache des Gefühl» als di« des Effektes mst seiner Musik gesprochen hat, in seinem Elemente. Schon das kurze Orchestervorspiel zum zweiten Akte mit dem anschließenden Tanz> ist ebenso fein als reizend, und in der großen Liebesszene zwischen der Zarin und Sascha erreicht die ganze Oper ihren natürlichen Höhepunkt. Auch die musi kalische Ausgestaltung des überraschenden Schlusses ist dem Komponisten vortrefflich gelungen; hier zeigt er den wirklich dramatischen Nerv, der sonst nicht all zu häufig zu bemerken ist. Im ganzen ist die Musik der Oper das Werk eines fernen, ausgereiften, auf eigenen Wegen abseits vom Gewöhnlichen wandeln den Talentes, das in seiner Abneigung vor dem Her gebrachten beinahe so weit geht, sich selbst Zwang an- Mun. Man hat mitunter den Eindruck, als scheue ich Kaskel fast vor einer langatmenden, breitausge- ponnenen Melodie, vor einem geschlossenen Satze. Auch eine Ouvertüre fehlt leider, obwohl sie gerade bet diesem Werke sehr vorteilhaft wäre. Und weil die Dichtung ein rechtes Libretto nach altem Stil ist, so steht der Komponist mit seinen künstlerischen An- schauungen dem Textdichter mitunter diametral gegenüber. Auf jeden Fall verdient die Arbeit Koskels volle Hochachtung, und der Umstand, daß das Werk schon von den Hofopern zu Wien uitd zu München angenommen rst, beweist, daß man nun auch mit dem O p e r n komponisten Karl v. Kaskel ernst haft zu rechnen beginnt. An die Darsteller werden große Anforderungen gestellt, da die Partien „nicht leicht zu behalten" sind. Herr Sembach und Frl. v. d. Osten ver traten di« Hauptparlien glanzvoll. In den Neben, rollen waren Frau Na st und die Herren Zott. mayr und Trede beschäftigt. Herr Generalmusik- dnektor o. Schuch setzte seine ganze Interpretation», kunst für die Neuheit ein und hat samt der Kgl. Ka pelle am Erfolge einen Hauptanteil. 1?. (Jeissler. Irio-Matinee von Fritz von Bose. Der Leipziger Komponist Stephan Krehl hatte diesmal mit seinem Trio für Klavier, Violine und Violoncell, Op. 32, das erste Wort. Das Werk zeugt wieder für die außerordentliche Schövserkrafl des Komponisten, die sich hier besonders in Beziehung auf die Melodik kundgibt. Namentlich sind nach dieser Seite hin die ersten beiden Sätze sehr ergiebig. Die eigenartige Einleitung des ersten Sabes iühn in ein stimmungs- volles Singen und Klingen hinein, das sich im zwei ten Sake weiter vertieft, hier noch gewürzt mit kurzen rhetorischen Stellen. In eigenartiger Herb, heit, wie sie Krehl öfters kennzeichnet, zieht der dritte
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