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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.11.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-11-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101115025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910111502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910111502
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-11
- Tag 1910-11-15
-
Monat
1910-11
-
Jahr
1910
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Nr. 3lS. ro< Isüryans. kripzlyrr Tageblatt. vtenstay, lS. November l9ro schule an die Universität und »nterzog die einzelnen Fächer und ihren Wert für den Kaufmann einer kritischen Beleuchtung. Zum Schluß wie» er nach, in- wiefern gerade an der Handelshochschule die Frei- studenlenschaft mit ihren mannigfachen Einrichtungen zur Förderung und Weiterbildung der Studierenden in geistiger und körperlicher Hinsicht da» Gegebene lei. Den beifällig ausgenommenen Ausführungen schloß sich «ine Diskussion an. * Die Vereinigung zur Fürsorge für kranke Arbeiter zu Leipzig hat wieder «ine größere Anzahl Sammelbüchsen in verschiedenen hiesigen Restaurants, Bankinstituten, Geschäften und an verschiedenen anderen Orten, wo besonders lebhafter Verkehr herrscht, nnbringen lasten. Hierbei auch die anderen etwa 100 Sammelbüchsen, die gleichfalls in großen Etablissements, Geschäften, Restaurants usw. aus gehängt sind, wieder einmal in Erinnerung zu bringen, ist jetzt wohl ein geeigneter Moment. Möchte doch keiner achtlos an den Sammelbüchsen der „Ver einigung" voriibergehen, deren Fürsorge seit Jahren schon Tausende und aber Tausende in unserer Stadt Hilfe in Krankheit und Not verdanken. * Di« Geschäftsstelle für private Fürsorge, Schuh- machcrgaste 11, II.I, richtet, wie schon in den Vor jahren, an alle Vereine usw., di« sich mit Weih nachtsbescherungen befassen, die höfliche Bitte um recht baldige Einsendung der die Namen und Adressen der für Wcihnachtsgaben vorgemerkten Familien und Einzelpersonen enthaltenden Listen. Durch rechtzeitige Rückmeldung an die betreffenden Einsender und durch zweckentsprechende Mitteilungen an etwaige Interessenten soll nach Möglichkeit durch die Zentrale daraus hingearbeitet werden, zu ver hüten, daß Weihnachtsgaben in un- rechte Hände gelangen und daß ein und dir- selben Familien und Einzelpersonen gleichzeitig von den verschiedensten Seiten, also in überreichlichcr Weise bett ch* werden, während andere, die bescheide. i:er und zurückhaltender sind, womöglich ganz leer ausgehen. Ueber „Elektrizität im Hause", d. h. deren Ver wendungsmöglichkeiten im Haushalte, hielt am Mon, tagabend der Direktor des städtischen Elektrizitäts- wrrkers, Germershausen, im Saale der Alten Börse am Naschmarkt im Auftrage der Elektro technischen Vereinigung zu Leipzig einen Demon- sirationsvortrag, der so stark besucht war, daß der Eintritt zam Saale schon vorzeitig gesperrt werdcn mußte. Wir sind jedoch nicht in der Lage, über den Vortrag berichten zu können, da die Veranstalter für di« Presse keine Sitzplätze reserviert hatten, so daß es unserem Vertreter unmöglich war, sich Notizen über den Vortrag zu machen. " Kirchennachrichten. Bei der heutigen Kirchen vorstandswahl in Leipzig-Eutritzsch wurden die bewährten Kirchenvorsteher Oekonomierat Teut- horn, Baumeister Uhlemann und Ratssekretär von Wolffersdorff wieder- und Kaufmann Ku nick neugewählt. * Verfügung über Reiseverkehr in Schlafwagen. Die preußische Eisenbahnverwaltung gibt in einer Verfügung, wie der „Inf." mitgeteilt wird, bekannt, daß sich mit Recht Klagen darüber erhoben haben, daß in den Schlafwagen die Nachtruhe sowohl auf Haltestationen wie während der Fahrr dadurch gestört wird, daß die Reisenden geräuschvoll durch die Schlafwagen gehen, um Plätze in den davor oder da hinter befindlichen V-Zugwägen einzunehmen. Das Zugpersonal wird darauf angewiesen, darauf zu hal ten, daß während der Nachtzeit von 10 Uhr abends bis 8 Uhr früh in den Schlafwagen Ruhe herrscht. Besonders ist darauf zu achten, daß, wenn) der Durch gang durch die Schlafwagen nicht zu umgehen ist, jedes laute Sprechen und das Anstoßen der Gepäck stücke vermieden wird. Ferner soll darauf hingewirkt werden, daß die Reisenden besonders während der Abend- und Nachtstunden gleich in die Wagen ein steigen, in denen sich ihre Plätze befinden. * Aus der Straßenbahnerbewegung. Nachdem die neue Gehaltsregelung und die damit verbundene Gehaltsaufbesserung des Fahrpersonals der Großen Leipziger Straßenbahn am 1. Oktober d. I. in Kraft getreten ist, werden nunmehr auch die neuen Dienst, plane in den nächsten Tagen zur Einführung kommen. Nach deren Bestimmungen soll di« Dienstdauer eine» Tage» 10 auseinander folgende Stunden nicht über schreiten. Die Direktion der Gesellschaft hat dafür gesorgt, daß sie fortgesetzt Fühlung mir den Ange- stellten behält, und sich bereit erklärt, die Wünsche der Angestellten durch deren Vertrauen-Personen jeder- zeit entgegenzunehmen. Die Verhandlungen zur Schaffung einer Ruhegehaltskaste find noch nicht zum Abschlüsse gekommen. Da diese aber mit der Ee- haltsbeweaung nicht im Zusammenhang« stehen, so kann die Leipziger Straßenbahnerbewegung als be endet angesehen werden. Infolge dieses sül die An gestellten günstigen Ausganges der Bewegung hat auch die Begeisterung der Angestellten für Sen Trans- portarbcitervcrband ganz bedeutend nachgelassen. r. Der König!. Sachs. Militärverein „Kaiserliche Marine" für Leipzig und Umgegend beging gestern in den oberen Räumen des Kristallpalastes die Feier seines 28. Stiftungsfestes. Die Feier wurde im Theatersaale durch Konzertmusik des Leipziger Tonkünstlerorchesters Günther Toblenz ein geleitet. Nach einer markigen Begrüßungsansprache des Vorsitzenden Herrn Dr. med. Ahle mann, die in einem Hoch auf Kaiser Wilhelm und König Fried rich August ausklang, hielt Herr Marinepfarrer a. D. Wangemann, Ehrenmitglied des Vereins, die Festrede. In seinem überaus festenden und zündend wirkenden Ausführungen gab der Redner ein Bild von der Entwickelung der Schiffahrt sowie von der Entwickelung unserer Marine. Eingehend beleuchtete Redner die Aufgaben und die Bedeutung unserer aus kleinen Anfängen hervorgegangenen und zu einer be achtenswerten Macht herangcwachsenen Marine und die Notwendigkeit des Vorhandenseins einer starken Marine für die deutsche Nation. Er sprach sich dann anerkennend Uber die Bestrebungen des Vereins aus, die neben der Pflege der Vaterlandsliebe, Königs treue und Kameradschaft auch auf das Wachhalten des Interesses für die Marine in den weiteren Krei sen unseres Volkes gerichtet sind, und brachte zum Schlüsse dem Verein ein dreifaches Hip, Hip, Hurra aus. Es folgte die Ehrung der drei diesjährigen Jubilars des Vereins, der Kameraden Etzold, Wolle und Wanschura, durch eine Ansprache des Vorsitzenden und durch Schmückung mit der silbernen Jubiläumsmedaille. Besonders ehrende Worte rich tet« Herr Pfarrer Wangemann an Kamerad Lauterbach, der vor 40 Jahren als Maschinist auf dem „Meteor" an dem Kampf dieses kleinen Kanonenbootes gegen den viel größeren französischen Aviso „Bouvet" bei Havanna teilnahm. Eine weitere besondere Ehrung wurde dem Kameraden Etzold für seine 25jährige Tätigkeit im Vorstande zuteil. Ihm wurde durch den Vezirksvorsteher Herrn Küntzel neben den Glückwünschen des Bezirksvor standes eine vom Präsidium des Sächs. Militärver einsbundes ihm verliehene Ehrenurkunde mit der eigen händigen Unterschrift des Prinzen Johann Georg als Ehrenvorsitzenden des Bundes überreicht. An Unter haltung wurde noch neben der Konzertmusik die Auf führung de.s dreiaktigen Marinesingspiels „Ein Wie dersehen" geboten. Die Darsteller, Mitglieder des Eugen-Waldow-Ensembles, ernteten für ihr sicheres und flottes Spiel reichen Beifall. Dann folgte der übliche Ball als Schluß der Feier. * Der Briesmarkendieb. In Destau waren in der Nacht zum 14. September 1910 dort vor dem Postamt aufgestellte Briefmarken, und Postkarrenautomaten geplündert worden. Es waren dazu wertlos« Metall marken in Größe eines Geldstücks verwendet. Auf diese Weise waren für 48 Postwertzeichen ent wendet. Tags darauf wutde auf dem Bahnhof in Dessau ein 26 Jahre alter Kaufmann, der hrer wohn! haft war, festgenommen, in besten Besitz auch noch eine große Anzahl Postwertzeichen borge,unden wurden. Wie die Erörterungen ergaben, sind die Blechmarken bei einer hiesigen Firma gefertigt. Auf gleiche Weise waren auch in der Nacht zum 10. Sep tember 1910 die vor dem hiesige» Haupt- postamte aufgestellten Postwertzeichenautomaten um etwa 9 -><1 geplündert worden. Der sestgenom- mene Kaufmann hat jetzt zugegeben, der Täter in beiden Fällen gewesen zu sein. " Di« Hinrichtung de» Mörder» Kari Koppiu» erfolgt Freitag früh 6 Uhr im Hofe de» Landgericht»gebä«de» zu Leipzig. Der Landesscharfrichter Brandt ist mit seinen Gehilfen bereit» heut« vormittag in Dresden eingetroffen, um den Transpott der Guillotine nach Leipzig zu über wachen. * Juwelendiebstahl. In Düsseldorf ist ein Damen halsschmuck im Werte von 20 000 Mark ab handen gekommen. Der Schmuck besteht au» dreizehn nedeneinanderliegenden echten Perlenreihen, in der Mitte befindet sich eine große, m i t Brillanten besetzte Spange und zu beiden Seiten sind kleinere, mit Brillanten besetzte Spangen angebracht. Ein« Abbildung des Schmuckes kann bei der hiesigen Kriminalabtei- lung besichtigt werden. * Gasvergiftung. In der Hardenbergstraße hatte gestern abend ein Kljähriger Hausmann versehentlich in seiner von ihm als Schlafstelle benutzten Küche den Gaskocher ofsengelassen und sich schlafen gelegt. Er wurde bewußtlos, aber noch lebend aufgefunden und nach dem Krankenhaus« gebracht. * Eigentümer gesucht. In Verwahrung der Kriminalpolizei befinden sich ein Paar KinderroN- schuhe mit Holzrädern, ein Bund Schlüssel am Ringe, «in altes Nuthobeleisen und ein altes Taschenmesser mit weiß und schwarzer Hornschale, im Futteral. Die Gegenstände wurden einigen Knaben abgenommen, die insbesondere Gartendiebstähle ausgesührt hatten. Die Eigentümer der Sachen, di« offenbar ebenfalls von Diebstählen herrühren, können sich bei genannter Behörde melden. * Gestohlen wurde am 9. November aus einem Dorsaal eines Grundstückes in der Bustestraße ein rot- und gelbgeblümter Teppich, 3 Meter lang, 2 Meter breit. In dringenden Verdacht, den Dieb stahl ausgeführt zu haben, kommt eine unbe kannte Frauensperson, etwa 18 bis 20 Jahre alt, mittelgroß; bekleidet war sie u a. mit dunklem Jackett und dunkler, sogen. Radfahrmütze. — Gestohlen ward aus einem Lokal der Katha rinenstraße ein Damenmantel von weiß- und schwarzgestreiftem Stoff, ungefüttert und vorn mit Schnuren besetzt. * Verhaftungen. Vor einiger Zeit wurde einem hier zugereisten Kellner von zwei Gaunern seine ganze Barschast durch Glücksspiel abgenommen. Gestern traf der Kellner zufällig einer der Betrüger und ließ ihn fest nehmen. Er entpuppte sich als ein 24 Jahre alter Maler aus Volkmarsdors. — Fest genommen wurde ein« 20 Jahre alte Arbeiterin von L.-L indenau , die von den hiesigen Gerichts behörden wegen Betrugs und Diebstahls verfolgt wird. Die Festgenommene ist wegen Eigentumsver gehens schon wiederholt vorbestraft. — Beim Warendiebstahl abgefaßt wurde in einem Ge schäft am Hahnekamm ein 18 Jahre alter Arbeits bursche aus Halle. Wie sich herausstellte, war der Bursche aus der Erziehungsanstalt Silberhammer entwichen und hielt sich hier unter falschem Namen auf. — Wegen dringenden Verdachts, aus einer Woh nung im Brühl eine Anzahl Frauenklei- dungs- und Wäschestücke gestohlen zu haben, wurde eine 25 Jahre alte, wegen Rückfallsoiebstakls schon bestrafte Lageristin au» Elbingerode in Haft genommen. -f-s Seiner schweren Schädelvrrletzung erlegen ist im Stadtkrankenhause zu St. Jakob das b Jahre alte Mädchen Hoffmann aus der Uferstraße 4, das gestern nachmittag in der elterlichen Behausung vier Etagen hoch in den Treppenschacht hinabgestürzt war. * Ein Zusammenstoß zwischen zwei Kraftdroschken fand in vergangener Nacht auf dem Brühl statt. Beide mußten außer Betrieb gesetzt werden. Menschen wurden nicht verletzt, aber mehrere groß« Schaufenster scheiben wurden zertrümmert. * Unfälle. Heute morgen kam auf dem Johannis- platze ein« 64jährige W'iwe aus Volkmarsdorf in- .olge Ausgleitens zu Falle und schlug ,c heftig auf den Hinterkopf auf. daß sie im R«ttuna»wagen nach dem Krankenhaus« geschafft werden mußt«. — vom Herzschlag betroffen wurde im Anschluß an einen Krampfanfall heute vormittag in ter achten Stunde in der Nürnberger Straße ein in der Glnikenstraße wohnhafter SS Jahre alter Arbeiter. Die Leiche wurde behördlich aufgehoben und im Institut für gerichtliche Medizin medergelegt. Sus Sscklen. Dresden, 15. November. * Hosnachrichte«. Der König überreicht morgen in Wien dem Kaiser «ine kostbare Vase mit Ansichten von Pillnitz und Moritzburg, die aus der Königl. Porzellanmanufaktur in Meißen heroorgegangen ist. — Der hiesige österreichisch-ungarisch« Gesandte Prinz Fürstenberg ist anläßlich des Besuches de» Königs von Sachsen in Wien dorthin berufen worden. * Berufung. Der bisher auf der Amtshaupt mannschaft Freiberg beschäftigte Assessor von Schimpfs ist dem Vernehmen nach zur Dienst leistung in das Ministerium des Aeußeren berufen werden. * Für die „Presseredoute Gold und Silber", welche am 9. Januar 1911 in sämtlichen Räumen des Städtischen Ausstellungspalastes stattfindet, hat sich ein Ehrenpräsidium gebildet, welches aus den Herren Oberbürgermeister Geh. Rat 0. Dr. Beutler, Stadtkommandant Generalmajor v. Sch lieben und Staatsminister Graf Vitzthum von Eck- städt, Exzellenz, besteht. * " Rochlitz, 1b. November. (Feuer.) Gestern abend Uhr sind hier in der Nähe des Schützen hauses fünf Scheunen mit Erntevorräten niederge- orannt. Die Ursache des Feuers ist noch nicht er mittelt. * Geithain, 15. November. („1. Reitende- Artillerie-Tag".) Am Sonntag fand hier eine Zusammenkunft gedienter reitender Artilleristen statt, welche den Zweck hatte, über die Veranstaltung eines „Reitende-Artillerie-Tages" in Geilhain zu be raten. Es wurde beschlossen, den „1. Reitende- Artillerie-Tag" am 10. und 11. Juni 1911 '.n Geit hain abzuhalten, und auch schon das Programm für die beiden Festtage aufgestellt. Herr Generalmajor a. D. v. Watzdorf hat sich bereit erklärt, den Ehren vorsitz an diesem „1. Reitende-Artillerie-Tag" zu übernehmen. * Eibenstock, 15. November. (Späte Matz- nähme.) In der Brandstiftung sänge- legenheit sind nicht weniger als acht Verdächtige in Untersuchungshaft genommen. Der Stadtrat gibt jetzt bekannt, daß eine Belohnung bis zu 900 F nach der Verordnung vom 26. Oktober 1833 der er hält, der die Urheber einer vorsätzlichen Brand stiftung zuerst entdeckt und unter Beibringung solcher Verdachtsgründ« anzeigt, daß daraufhin die Ueber- führung oder das Geständnis des Beschuldigten erfolgt. * Breitenbrunn, 15. November. (Ein schwerer Unglücksfall) ereignete sich in einem im Cran- dorfer Revier gelegenen Steinbruch. Als der 24 Jahre alte Waldarbeiter Edelmann nachsah, aus welcher Ursache «in Sprengschuß versagt hatte, ging dieser plötzlich los. Durch die losge lösten Eesteinsmasten wurde Edelmann im Gesicht schwer verletzt. Ein Auge ist vollständig zerstört. * Buchholz, 15. November. (Der starke Schneefall) im Erzgebirge hat den Eisenbahn verkehr bereits arg beeinträchtigt. Am Sonnabend blieb auf der Strecke Wcipert-Komotau ein Zug im Schnee stecken und mußte ausgeschaufelt werden. Am gleichen Tage nachmittags passierte dasselbe einem von Weipert nach Chemnitz verkehrenden Zuge. In einem tiefen Erdeinschnitte bei Königswalde hatte ein Zug sich im Schnee so festgefahren, daß ihm von Buchholz eine Hilfsmaschine entgegengesandt werden mußte. Inmitten hoher Schneewände mußten die Passagiere einen etwa einstündigen unfreiwilligen Aufenthalt nehmen, ehe der Zug das Hindernis durch brochen hatte. Sin Besuch bei üer Gräfin Tolstoi. Tas rätselhafte Verschwinden Leo Tolstois aus Jaßnaja Poljana, dem Wohnsitz seines Ledens und dem Stammsitz seiner Väter, das Auffinden des 82jährigen Greises im Schamardinsky-Kloster, wo seine geliebte Schwester als Nonne lebt, sein augen scheinlicher Entschluß, noch am Spätabend fernes Dachins den heiligen Beruf eines allem Irdischen enifremdeten Pilgers nach dem Göttlichen aufzu nehmen — all das sind Phänomene, die ein neues, überraschendes Licht in die Seele des genialen Dichters, des großen Bekenners, des leidenschaftlich, religiösen Menschen werfen. In einer seiner Volts- erchrhlungen hat er ein armes Bäuerlein geschildert,das ohne viele Mittel nach einem fernen Wallfahrtsort auszieht, auf dem Wege aber in werktätiger Liede in einer Hütte bleibt, dort helfend in das Schicksal der elenden Bcwolmer eingreift und nun nicht minder glücklich, ja selig ist als dre Gefährten, die nach dem Ort des Heils wallfahrtet. Nach einer solchen Pilgerfahrt der guten Werke hat sich der Graf immer gesehnt; der Stachel, der in seiner Seele haftete, war der Zwiespalt zwischen seinem Predigen und Lehren und vernein Handeln und Leben, die er nie in der gleichen rücksichtslosen Konsequenz harmo nisch miteinander verbinden konnte. Die Flucht aus dem eigenen Heim ist ein letzter Markstein auf diesem Wege, auf dem er in verschiedensten Ver suchen sein Ideal des aszetischen Pilger» und des hingebenden Helfers zu verwirklichen suchte. In diesen extremsten Foloerungen, die Tolstoi immer wieder ans seinen Schriften gezogen, stand er stets im Gegensatz zu seiner Familie. Birukow hat in seiner großen Biographie die schweren Kon flikte geschildert, die sich zwischen ihm und seiner Frau erhoben, als der große Gedanke der Erleuch tung ihn zuerst erfüllte und er sich aus inbrünstigem Bibellessn jein eigenes Christentum auferbaute. Aber die beiden, die ein ganzes Leben gemeinsamer Liebe und Treue miteinander verbunden, fanden sich wieder zusammen; die Frau brachte ihr größtes Opfer, indem sie sich selbst und ihr widerstrebendes Empfinden ausioab und das schwere Amt übernahm, die praktische Wirklichkeit zu vertreten und die Dinge der Welt im Auge zu behalten, während der Gatt« für die höchsten Ideale der Menschheit lebte und sich die Güter des Himmels erwarb. So steht die Gräfin trotz mancher Vorwürfe, die gegen sie erhoben wurden, doch als eine imvonierend« und großartiae Er scheinung neben ihrem Alaune, al» die Hüterin seines Herdes, al» die treusorgend« Frau, di« zumeist gegen den Willen des Dichters für seine Gesundheit und sein Wohl ihre Pflichten durchsetzte, ja auch als die großherzige Verwalterin seiner geistigen Schätze, die das reichhaltigste Material zur Biographie Tol- stois gesammelt und es schon der Lebzeiten zum Teil der Oefientlichkeit übergeben. Di« Dissonanzen, die in der Seele des Grafen fortbestanden, die nun zu einem schrillen Mißaktord geführt, indem sie ihn in offenen Gegensatz zu seiner Familie stellten, sind von ihr wohl am schwersten empfunden worden; sie ist die eigentlich tragische Persönlichkeit in diesem intimen Konflikt, der sich vor der Oeffentlich- keit abspielt. Sie mußte nun einsehen, daß es ihr doch nicht gelungen mar, ihn glücklich zu machen, daß das Ziel ihres Lebens verfehlt . . . Es wird gerade jetzt interessant sein, an einige Aeußerungen zu erinnern, die die Gräfin vor kurzer Zeit rn einem längeren Gespräch einem fran zösischen Besucher gegenüber getan. Ihre große Be scheidenheit tritt da zunächst hervor: sie will nichts sein als di« Frau ihres Mannes. „Ich selbst bin nichts, gar nichts", wiederholte sie immer wieder. „Ich habe kein anderes Verdienst, als das, die er gebene Gefährtin des Grasen zu sein, die Mutter keiner Kinder. Was kann ich Ihnen von meinem Leben sagen? Es ist ja so einfach. Den Grafen habe ich von meiner Kindheit an gekannt, als ich ge boren wurde, war er schon ein großer Junge von 16 Jahren; meine Mutter war nur zwei Jahre älter als er. Er hat mich als Kind auf den Armen getragen und aus seinen Knien reiten lassen. Ich bin groß geworden in der Liebe zu ihm. Als ich achtzehn Jahre war, verheiratete man uns. Es scheint, daß manche Leute mich so darstellen, als wäre ich seinen Ideen feindlich. Diese Menschen wissen nichts von uns. Wie sollten wir nicht einig sein, da wrr uns seit immer lieben? Wir leben fast das ganze Jahr auf dem Lande; unsere Tage, unsere Stunden sind gemeinsam. Wir leiden dieselben Leiden, genießen dieselben Freuden. Ich will nicht sagen, daß ich die Ideen des Grasen alle begreife. Am Abend glaube ich seinen Gedanken erfaßt zu haben, und am andern Morgen ist er mir wieder entschlüpft. Soll ich Ihnen noch mehr gestehen? Von allen Tolstoianern, die ich kenne, sehe ich auch nicht einen, der wirklich glücklich ist. Aber ist das nicht das Schicksal aller derer, die danach streben, dem Guten und Rechten möglichst nahe zu kommen? Was ich Ihnen wiederholen will, ist. daß ich mein ganzes Leben meinem Mann und meinen Kindern geweiht habe. Ich habe sie fast niemals verlassen. Den größten Teil des Jahres sind wir in Jaßnaja Poljana, hier ist mein Mann geboren, in dieser Einsamkeit hat er geträumt, gedacht, seine Werke geschrieben. Hier sind meine dreizehn Kinder zur Welt gekommen. Ich habe zehn von ihnen genährt, und ich hatte das Unglück, vier zu verlieren. Als unser Letztgeborener starb, glaubte ich wahnsinnig zu werden. Wie hat der Gras damals gelitten! Er wollte selbst den kleinen Sarg auf seinen Schultern tragen." Die Gräfin spricht dann von den Lasten der Per- waltung, die ganz auf ihr ruhen. Die Sorge für die Häuslichkeit, für ihre Kinder, für die vielen Besucher, die kommen, nimmt ihre ganz« Zeit in Anspruch. Sie schreibt auch alle Manuskripte ihres Gatten ab. „Wir leben «in sehr einfache» und sehr regelmäßiges Leben. Man hält uns für reich, worin man sich täuscht. Die Besitzung wirst un» kaum etwa» ab; es sind hauptsächlich Waldungen, und man schlägt möglichst wenig. Kein Luxus, kaum ein wenig Komfort! Sie wissen, daß seine Bücher meinem Mann nichts bringen. Er hat seit langem auf Rechte jeder Art verzichtet. Da» ist bei ihm Prinzip. Er geht davon wohl einmal ab, aber nur, um den Ertrag für einen menschenfreundlichen Zweck zu ver wenden, wie er z. B. größere Summen der verfvlgten Sekte der Duchoborzen zu ihrem Auszug nach Kanada zugewendet hat." 6. L. Kunst Ullü Wille nlchsft. Münchner Theater. Man schreibt uns: „Die Thurnbacherin", ein tiroler Stück in 3 Akten von Rudolf Dreinz, dem bekannten Mit arbeiter der „Jugend", der uns so lustige Geschichten aus seiner Heimat zu erzählen weiß, hat im Volks theater einen sehr starken, äußeren Erfolg erzielt. Das Stück, dem eine wahre Begebenheit zugrunde liegen soll, schildert die Tragödie einer Bauern familie, die hoch oben am Berg wohnt, niemand mehr über sich als unseren Herrgott. Die junge Thurn bacherin, die jetzige Bäuerin am Hof, hat bei ihrem kranken Mann, der nicht leben und nicht sterben konnte, ein bißchen nachgeholfen, damit es schneller ginge, denn es grauste ihr vor ihm, und sie war doch noch so jung uns so stark und so gesund, und da war es schließlich nur begreiflich, wenn si« nut dem Knecht eine Liebschaft anfing. Diesen Knecht will sie jetzt heiraten, der alte Thurnbacher flucht und wettert, daß sein schöner Hof in andere Hände übergehen soll, und verlangt von der Thurnbacherin, sie soll seinen jüngsten Sohn Friedl heiraten. Friedl, der ebenfalls in die Thurnbacherin bis zur Raserei verliebt ist und den die Eifersucht auf den Knecht wahnfinnig macht, hatte in jener Nacht vom Fenster aus mit angesehen, wie die Thurnbacherin ihren kranken Mann erwürgte. Als sie sein« Liebeswerbungen abweist, verrät Friedl alles, und der alte Thurnbacher erwürgt in maßloser Wut seine Schwiegertochter. „Sie ischt hin, genau so wia mei Vua!" Diese wenig motivierte und darum nicht sehr wahrscheinlich wirkende Tat des alten Bauern wird den Erfolg des Stückes immer beein trächtigen, sie hat etwas Gewaltsames, das dem Spiel gewaltsam ein Ende macht, ohne daß die zwingend« Notwendigkeit bestände, daß das Stück gerade s o und nicht anders ausgehen muß. In der Tharakterzeich- nung der einzelnen Figuren nimmt man Schönherr« Vorbild deutlich wahr, nur daß eben Schönherr ein wirklicher Gestalter ist, ein Dichter, der seine eigenen Wege geht, während Greinz von dem Hergebrachten sich nicht loszumachen vermag. Dazu kommt noch «ine etwas breit« Redseligkeit, die dex raschen drama tischen Entwicklung sehr hinderlich ist, und ein liebe volle» Verharren in Stimmungen, die den Fortgang der Handlung aufhalten. Hier würden bedeutende Striche sehr wohltätig wirken. Di« Aufführung war im ganzem «ine wohl vor bereitete, sie wurde aber wesentlich getragen durch die glänzende Darstellung der Thurnbacherin durch Fräulein Aulinger und des alten Thurnbachers durch Herrn Pinegger. Ll. Asi G * Björn Björnson, der ehemalige Leiter des Nationaltheaters in Christiania, dann Regisseur am Hebbeltheater in Berlin, als Rezitator rühmlichst bekannt, wird am 6. Januar im Hotel de Pruste eine Anzahl besonders interessanter Vers- und Prosa dichtungen der modernen nordischen Literatur in deutscher Sprache vortragen. (Näheres wird noch be kanntgegeben.) * bin« neue Deutung der Sixtinischen Madonna. Ueber kein anderes Gemälde der Welt ist soviel ge schrieben worden wie über die Dresdner Sixtinische Madonna. Der langen Reihe von Erklarern, die seit den Tagen A. W. v. Schlegel» nicht müde werden, munter aus- und unterzulegen, schließt sich Hans Probst lDamberg) an. Seine Deutung geht dahin, daß Raffael, der, wie schon Vasari gerichtet, dieses Altaraemälde für die Klosterkirche zum heiligen Sirtu» in Piacenza schuf, zur Darstellung bringen wollte, wie die Gottheit, von den Heiligen des Klosters eingeladen, in den neuen Tempel ein. zieht. Probst sieht in dem Bilde, namentlich in Blick und Haltung der Madonna, den ersten Eindruck der Größe, den des bewundernde Betrachten des Gotteshauses erweckt. Vor Mutter und Sohn dehnt sich das lange Hauptschiff, während die Knaben unten an der Brüstung zuerst von der Wölbung und Kuppel gefesselt, nach oben blicken. Die Gedanken aller Personen beschäftigen sich mit dem nämlichen: mit der neuen Kirrbe, Barbara in inniger Freude, der Papst, besten Namen die Kirche trägtz in demü tiger Bescheidenheit, di« himmlischen Gäste in stau nender Bewunderung der Schönheit des Tempel». * vom Weimarer Hoftheater. Einen ungewöhn lichen Genuß bietet das Weimarische Hoftheater am nächsten Montag mit dem Gastspiel der bekannten dramatischen Sängerin Maria Labra von der Komischen Oper in Berlin in der Partie der Matta im „Tiefland" von d'Albert. Bor ihren großen Vor gängerinnen Gemma Bellincioni und Preoosti, die man vor vielen Jahren am Weimarischen Hoftheater hören konnte, hat sie den großen Reiz einer glänzen den Bühnenerscheinung voraus. * Frau Curie in der Akademie. Mehrere Mit- alieder der Pariser Akademie der Wissenschaften bead- lichtigen für den durch den Tod des Physikers Gerne- erledigten Akademikersitz die berühmte Mitentdeckerin de» Radiums, Fran Curie, als Kandidatin vor- zuschloaen. Diesen Sitz hatte früher der Gatte der Frau Curie innegehabt. Um die Wahl der Frau Curr« zu ermöglichen, muß die Geschäftsordnung der Akademie geändert werden, nach der Frauen der Eintritt in den Sitzungssaal unterlagt ist. Die Kandidatur wird übrigens von einzelnen Aka demikern, d,e Gegner der Frauenrechtlerinnen find, entschiedeu bekämpft.
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