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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.11.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-11-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191011153
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19101115
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19101115
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-11
- Tag 1910-11-15
-
Monat
1910-11
-
Jahr
1910
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Bezugs-Preis M uu» V««« »«ch »M«, Lräger und Spediioir« 2»«l täVltch >»» vau» zedruchl: SS H nomM., R.7V^U »irrteljährl »et unter» KiUale» ». La. nahmeftellen adgehoU» 7« H »„atl, 2.LS vierteljthrl. Durch dt« »oft: lunerhald Deuitchlunb« ui^p der deut«-»» üolonien vienellLdrl. ».SS <eL, monatl. autlchl. Poftdeftellgeld. Hern« i» Belgien, Län«m»rl, den Douausl-ateu, Jluiien. Luremburg, illtederlaade, «er- weue», Letterreich Ungarn, Rußland, Schivede», Lchwel» u. Spante». I» alle» übrigen Staaten nur direkt durch dt» <tie>chitst«ttelle de« »laue« erhältlich. La« velpgiger Lagedlall ertchrim Liaal liglich, Sonn. n. Fetrriag« nur morgen». Ldonne en>Lnnaume i Äuguftusptatz tt, del unteren Trägern, Filialen, Spediteuren und Lanahmestelle». lowie Postämter» uuo Briestrigern. Si»,rl»err,u> «pret» der Morgen, «»-ab« lU der «beud,u«gade 2 ch» Morgen-Ausgabe. UchMerTllgMM Handelszeitung. Ämtsvkatt des Rates und des Nokizeiamles der Ltadt Leipzig. Luzetgeu-Pres» Mr S»>er»re aua neiviilg and Um«»»», dm 6,eivalt«ne SO au» dreü» PeNt»eil« LH, di« 7« nu» breU, Reklemegetl« , »ou autwärt« UV H, Reklame» Uäll uUi Inserate »»» »eb»rd-n >» »mtltchmi Lerl dt» 7« nu» drrtM PeuqRI« «0 H chatchätrsaniieraen mu H attoonchriUe» »»» N> der Lbendausgad« im pren« erdStzr. Radau nach Laut, lverlagegedüdr - aU p. Lautena exkl. Polt gebühr. Iestenetlm Lus träge Unnen nicht prrtdk- aerogen «erden, lsür da« urtcheine» an bettuniaten Lagen und Plägen wird letaa läaranti« übernommen Un^ig^l.Lnnahme: Luguitn-platz d«t tämtlichen Kilialen «. allen «nnoncra» ltrpedituiimo de« Ja» und Lutlande». Mrdaktto» and Geschäftsttello Jodanaiegaite s. Sernsprecher: I«üvL l««b. t««t. Hanpt.Atltale Drei dem Seeslraße «. t (Leleptzaa Lüät). Nr. 3lS. 104. Zshrgang Vlensrsg, üen 15. November 1910. Das Wichtigste. * Dem der „Spionage" angeklagten Leutnant Nein wurde bei der gestrigen Verhandlung vor den Geschworenen eine Bürgschaft von 250 Pfund Sterling auferlegt. (S. Ausl.) * Ein russisches Syndikat plant den Bau einer Eisenbahn quer durch Persien. * Der im Moabiter Krawallprozeß ge stellte Ablehnungsantrag gegen den Lanü- gerichtsdirektor Lieber und drei Beisitzer wegen Besorgnis der Befangenheit ist von der Ersatz- kammer abgelehnt worden. (S. Ecrichtssaal.) * Schwere Hochwasserschäden werden vom Rheine gemeldet. Die ganze Ruhr niederung gleicht einem großen See. * Graf Leo Tolstoi begibt sich, wie nunmehr festsieht, zur Sekte der Duchobo rzen. (S. d. bes. Art.) _ verttänülgung mit Lnglanü! Große politische Fragen darf man auch einmal sub bpecio LsternitLtis betrachten. (Natürlich nur dann, wenn man sie zugleich im Lichte der Gegenwart und naher Zukunft untersucht.) Prüft man die Frage des deutsch-englischen Verhältnisses darauf hin, so machen sich sehr gewichtige Momente zugunsten einer Verständi gung geltend. Es ist klar, daß die Dinge zwischen uns und England nicht mehr lange so bleiben können, wie sie sind. Eine baldige Wendung zum Schlimmeren oder zum Besseren ist unausbleiblich. Was für den ersteren Fall, die Wendung zum Schlimmeren, den Konflikt, von uns zu geschehen hätte, ist klar: Wie Bismarck sich 1870 mit dem Gedanken befreunden mußte, die Madjaren gegen Habsburg zu insurgieren, falls sich Oester reich auf die Seite Frankreichs schlüge; wie er sich mit dem anderen Gedanken befreundete, die italienischen Republikaner zu waffnen, falls sich, wie eine Zeitlang zu befürchten war, das Haus Savoyen zu Napoleon schlüge: genau so müßten wir uns an das durchaus unsympathische Werk machen, überall in Englands Kolonialbereich die Farbigen zum Aufstand zu bringen. Die Horden des Islams, türkische, arabische, ägyptische, afghanische, die 62 Millionen Mo- hammcdbekenner in Indien, die Hindus, die Sudanneger, und, falls die Buren versagen, die Kapern in Südafrika — sie alle würden wir zu waffnen suchen müssen. Englands Macht würde auf diese Weise sicherlich schlimme, vielleicht Todeswunden empfangen. Aber träte auch das ein, blieben wir nach unendlichen Mühen und Kosten, nach bitterer Not Sieger — könnten wir des Sieges froh werden? In der entfesselten Brutalität tiefer stehender Nassen den Bundes genoffen grüßen zu müssen, wäre hart. Härter, das Prestige der weißen Nasse rings um den Erdball unendlich gemindert zu haben. Nicht nur, daß wir in unseren eigenen Kolonien die Wirkungen dieses erzwungenen Vorgehens würden verspüren müssen. Wir müssen uns klar darüber sein, daß für die endgültige große Abrech- nungzwischenWeißundFarbig — die viel leicht nur durch das Zusammenhalten der weißen Hcrrenvölker vermieden werden kann — die Sache unserer Nachkommen unendlich erschwert sein würde. Eins ist sicher: in das Erbe Englands würden nicht wir. sondern in Indien die Gelben, in Aegypten das Chaos einrücken. Der Gedanke ist niederdrückend schwer. Es wäre schlimm, wenn nicht jedes Deutschen Gewissen vernehmlich spräche: Tausendmal lieber die Engländer in Indien, Aegypten, am Kap, als der Farbigen Gewimmel dort in Herren stellung! Und doch: käme es zum Kriege, so bliebe uns keine Wahl. Denn der Krieg würde der schwerste sein, den Deutsche ;e geführt hätten; er würde es schon sein, wenn er sich auf die zwei Partner beschränkte. Das ist aber ganz undenkbar. In Europa zum mindesten würde aller Orten das Kriegsfeuer lodern. Unsere Westgrenze wäre sicher, die Ostgrenze wahrscheinlich Kriegsschau platz. Die 1200 und mehr Millionen, die wir alljährlich in unsere Rüstung stecken, würden s endlich blutige Zinsen tragen. Blutige; und könnten so leicht goldene tragen! Eng land und Deutschland verständigt, in einer Entente geeint — welche Koalitian der Welt würde sich ihren Wünschen widersetzen wollen, welche können? Die größte Landmacht der Erde zusammenwirkend mit der größten Seemacht der Erde — wenn's die beiden gelüstete, könnten sie als Diktatoren des Erdballs auftreten. Warum soll's nicht sein? Der Gedanke, Deutschlands Konkurrenz im Kriege zu ver nichten, lag für England nahe, solange es hoffen konnte, uns mit ein paar raschen Schlägen ab zutun. Heute muß jedem, der nicht verblendet ist, klar sein, daß der Zeitpunkt verpaßt wurde. Der mögliche Gewinn eines solchen Krieges wiegt auch für das Jnselreich nicht mehr den Einsatz auf. Unter allen Bundes genossen steht England keiner nach Blut, Sitte, Bildung so nahe wie wir. Franzosen, Russen, Japaner, die romanischen Mischlingsvölker, sie alle müssen dem Engländer in tiefster Seele verhaßt sein. Wie uns die Bundes genoffenschaft mit Iren und Kopten, Hindus und Negern. Deutsche und Engländer sind zwei verwandte Herrenvölker. Und sollen all der Schwachen und Kleinen Arme gegen einander waffnen? Es ist gut, sich in der Po litik die starken Worte und die moralisierenden Wertungen abzugewöhnen. Hier aber muß der nüchternste Realpolitiker bekennen, daß das, worauf wir, ohne Verständigung, zutrieben, Wahnsinn und Verbrechen wäre. Wir sagten, daß kein Zweifel an dem Willen der Reichsregierung sein kann, jeden ernsthaft zu nehmenden Verständigungs vorschlag mit Freuden zu diskutieren. Wir wiesen darauf hin, daß auch das Parteiintereffe der zurzeit in England Gebietenden er heischt, sich ein großes und sichtbares Verdienst um das Vaterland zu erwerben. Der erst spontan emporgeloderte, dann gewissenlos ge schürte Verwandtenhaß zwischen uns und drüben ist im Erlöschen. Zwischen England und seinen Ententegenossen beginnen die Gegen sätze aufzuklaffen, die die geschickteste Diplomatie nur für eine Weile überbrücken, nicht abstumpfen konnte. Die Mahnung der Stunde ist ernst und deutlich. Möge man in der Dow- ningstrcet wie in der Wilhelmstraße Ohren haben, zu hören, und Augen, zu sehen! Strömungen in üer komecommen Partei. Aus Berlin wird uns geschrieben: Sehr bemerkenswert ist die Rührigkeit des Herrn v. Hcyde brand. Er, der im allgemeinen mit seiner Person gern im Hintergründe bleibt, hat sich sogar in den deutschen Süden begeben, um für den konservativen Gedanken zu werben. Er scheint sich augenblicklich für konservative Machtpolitik am meisten zu versprechen, wenn er Len Liberalismus in seiner Gesamtheit nicht allzu scharf anfaßt. Man hält es für richtig, Len Gutmütigen zu spielen, der schließlich bereit sei, mit den Nationalliberalen zusämmen- zuarbeiten, wenn man nur wüßte, was diese wollen, und wenn sie nicht gar zu anspruchsvoll wären. Auch in den hinter uns liegenden Monaten, seit der Er ledigung der Reichsfinanzreform, ist von konservativer Seite schon gelegentlich Liese Rolle gespielt worden. Man will dadurch nach zweiRicht ungen wirken. Einmal ist es gegenüber der Regierung förderlich, sich als friedfertig und bereit zu gemeinsamer sachlicher Arbeit mit den Liberalen zu zeigen, diese aber als die Hartnäckigen hinzustellen, die in die ausgestreckte Hand nicht einschlagen wollen. Zugleich wird dann den eigenen Parteigenoffen, denen bei dem Zusammen gehen mit dem Zentrum nicht wohl ist und die eine schroffe Kampfesstellung zu den Nationalliberalen, den alten Waffengefährten vom Kartell, nicht wünschen, ein Brocken hingeworfen. Auch ihnen wird von neuem vorgeführt, wie „halsstarrig" und „unver söhnlich" die Nationalliberalen seien. Denn daß in die sogenannte „ausgestreckte Hand" eingeschlagen wird, ist ja ausgeschloffen und auch Herr v. Hevde- brand glaubt es nicht. Die Nationalliberalen geben ihre Kampfstellung nicht auf; das haben jetzt erst wieder die Bü>ener National liberalen vernehmlich erklärt. Der National!iberalir. mus läßt sich zwar von einer fachlichen Behandlung sachlicher Fragen nicht abdrängen, wie seine Vertreter in den Reichstagskommissionen für die Versicherungs ordnung und die Strafprozeßreform bewiesen haben, aber die Partei denkt nicht daran, auf den politischen Kampf zu verzichten, und verlangt, daß die Fehler, die bei der Reichsfinanzreform beganqen sind und noch mancher andere wiedergutgemacht werden. Außer der höchst sonderbaren und durchaus nicht nebensächlichen Verbindung, in die sächsifche kon. servative Kreise mit dem Zentrumsabgeord- neten Müller-Fulda getreten find, der anderswo die Sozialdemokraten be schirmt, ist auf konservativer Seite dann noch eine eigenartige Entwicklung zu verzeichnen, die sich be sonders deutlich in Ostpreußen zeigt. Man kann von einer „Eouvernementalisierung" der Partei sprechen. Zn nicht weniger als drei Wahlkreisen, näm lich in Eoldap-Stallupünen, in Osterode und in Sens- burg-Ortelsburg, sollen, wie es heißt, die bisherigen konservativen Abgeordneten durch Landrats kandidaturen verdrängt werden. An Stelle des jetzigen Direktors der Spirituszenlrale Krcth will man den Landrat Eggert, an Stelle des Herrn Nchbel, Rittergutsbesitzers in Salusken, der in der Reichs finanzkommission agrarische Interessen vertrat, den Landrat Bansin, endlich an Stelle des Reichstags- und Landtagsabgeordneten o. Bieberstein den Landrat v. Rönne setzen. Die dem parlamentarischen Tode Ge weihten sind bekannte Mitglieder des Bundes der Landwirte: Herr v. Bieberstein nimmt sogar den Rang eines ostpreußischen Provinzialvorsitzenden ein. Man hat eben angefangen, an der Zugkraft extrem- bündlerischer Kandidaten zu zweifeln, und verspricht sich mehr von der Kandidatur solcher Männer, die durch ihre amtliche Tätigkeit mit allen Ständen in Berührung kommen und sich persönlicher Beliebtheit erfreuen, wie das bei den drei Landräten der Fall sein soll. Wir wissen nicht, ob die Entscheidung gegen die alten bündlerischcn Abgeordneten bereits ge fallen ist. Wahrscheinlich werden sie Absägungsver- suchen zähen Widerstand entgegensetzen, Abgeordneter Kreth hat in seinem Wahlkreise bereits vor einiger Zeit eine große Anzahl von Versammlungen ab gehalten. was nicht auf seine Bereitwilligkeit zum Rücktritt schließen läßt. Es wird hier wie anderswo in der nächsten Zeit ein stiller Kampf zwischen der radikalen Richtung des Bundes der Landwirte und einer gemäßigteren, zugleich mehr aouvernemen- talen Strömung ausaefochten werden. Und das hat in der Hauptsache Oletzko-Lnck mit der Wabl eines liberalen Abgeordneten an Stelle des Grafen Stolberg getan. Die ReichsoerlicherungskommiMan faßte am Sonnabend auf konservativen Antrag einen Beschluß von grundsätzlicher Bedeutung. Er ging dahin, die Abstimmung über alle Anträge — und auch die Abänderungsbeschlüsje erster Lesung —, die eine Erhöhung der Ziffern, also der geldlichen Be lastung, enthalten, bis zum Schlüsse der zweiten Lesung auszu setzen, um sich dann über die aus den Beschlüssen der Kommission ergebende Gesamt belastung klar zu werden und Folgerungen daraus ziehen yu können. Auf Grund dieses Beschlußes wurde die Beschlußfassung ausgesetzt u. a. über einen Antrag des Zentrums, die Grenze der Versiche- rungspflicht der Betriebsbeamten statt auf 3000 auf 5000 Mark zu setzen, ferner einen Antrag der Sozialdemokraten, bei der Berechnung der Unfallrente den Iahresarbeitsverdienst nicht nur bis 1500, sondern bis 1800 Mark voll, und erst darüber hinaus mit einem Drittel zur Anrechnung zu bringen, und ebenso auch über die sozialdemokra tische Forderung, die Vollrente nicht aus zwei Drittel, sondern auf den vollen Betrag des zur Anrechnung kommenden Jahresverdienstcs sestzusctzen. Don Bedeutung ist ferner ein auf Antrag Dr. Mugdan (Vp.)-Dr. Hitze (Ztr.) gefaßter Be- schluß, wonach der Bundesrat die Unfallversicherung auf bestimmte gewerbliche Berufskrankheiten ausdehnen kann. In der ersten Lesung waren oie Anträge weiter gegangen, aber auch diese Vollmacht, die Ministerialdirektor Caspar als ein Ver trauensvotum für den Bundesrat bezeichnete, wollte die Regierung nicht gern entgegennehmen. Bei der Begründung des Antrages wurde ausdrücklich davon Abstand genommen, etwa die Tuberkulose unter die Berufskrankheiten einreihen zu wollen: besonders wurde Bezug genommen u. a. auf die Trovenkrank- heiten in der Seeschiffahrt, die Bleiweißkrankheit, die Wurmkrankheit, die gesundheitliche Schädigung der Caissonarbeiter beim Tiefbau. Soweit es sich hierbei um akute Erkrankungen handelt, trifft ja die Krankenversicherung die erforderliche Fürsorge: oie Invalidenversicherung aber tritt bei chronischen Krankheitszuständen nur dann ein, wenn Ganz invalidität in Frage kommt. Landwirtschaftliche N e b enbe t r ie b e können nach dem Entwurf durch Satzung einer ge werblichen Berufsgenoffenschast dieser zugeteilt werden, wenn in ihnen überwiegend Personen aus einem gewerblichen Hauptbetriebe tätig sind: sie scheiden dann ohne weiteres aus der landwirtschaft lichen Unfallversicherung aus. Hierzu wurde ein An. trag der Konservativen angenommen, wonach zwar nicht di« Zustimmung der landwirtschaftlichen Be rufsgenoffenschaft erforderlich ist, wie das ein Haupt antrag wollte, aber die Entscheidung in die Hand des Bundesrates gelegt wird. Die Stärke des deutschen Heeres. Die Präsenzstärke des deutschen Heeres wird bald eine neue Regelung erfahren. Es wird darum ein lleberblick über die jetzige Stärke des deutschen Heeres von allgemeinem Interesse sein: Der augen blickliche Bestand ist nach den Waffengattungen be rechnet folgender: Die Kavallerie verfügt nach dem Quinquennatgesetz über 510 Schwadronen, von denen 395 dem vreußischen Heere angekören, 55 Schwadronen sind bayrisch, 40 Schwadronen sächsisch und 20 Schwadronen wurttembergisch. Die Infanterie verfügt über 633 Bataillone, wenn di« Zager- und Echützenbatatllon« dazu gerechnet werden. Die preußische Infanterie besteht aus 472 Bataillonen und au« 14 Jäger- und Sryützenbatatllonen. im ganzen also au« 486 Bataillonen. Von der Gesamtzahl von 633 Bataillonen entfallen auf Bayern 72 Bataillone, von denen 70 Infantertebataillone und 2 Jäger, und Echützenbatatllon« sind: au Sachsen entfallen 45 Infanteriebataillone und 2 Jäger- und Schützen- bataillone, im ganzen also 47 Bataillone; auf Württemberg entfallen 28 Bataillone. So ergibt sich die Zahl von 633 Bataillonen. Don den preußischen 472 Infanteriebataillonen bilden 420 Bataillone 140 Regimenter, von denen jede« 3 Bataillone hat. Im ganzen verfügt Preußen über 166 Infanterie regimenter, so daß noch 26 Regimenter übrig bleiben, für die nur 52 Bataillone vor- Händen sind, so daß auf jedes dieser 26 Regimenter nur 2 Bataillone kommen, die im Jahre 1897 aus den Halbbataillonen gebildet wuroen. Die bayrische Infanterie besteht aus 24 Regimentern, von denen 22 Regimenter zu 3 Bataillonen und 2 Regimenter zu 2 Bataillonen formiert sind. Sachsen hat 16 Regimenter, davon 13 mit 3 Bataillonen und 3 mit 2 Bataillonen, im ganzen also 45 Bataillone: Württemberg verfügt über 10 Regimenter, von denen 8 je 3 Bataillone und 2 je 2 Bataillone haben, im ganzen also 28 Bataillone. Es fehlen demgemäß 33 Bataillone. Nach dem Quinquennatsgesetz beträgt die Zahl der Feldbatterien 574. Auf die einzelnen Armeekontingente verteilt, stellen sich die Zahlen folgendermaßen dar: Von der Gesamtsumme der Feldbattcricn fallen auf Preußen 438, auf Bauern 62. auf Sachsen 50 und auf Württemberg 24. Es wären nur noch die Spezialtruppen, wie Verkehrs truppen, Pioniere und Fußartillerie zu erwähnen, die nach dem Quinauennatsgesetz folgende Stärken aufweisen: Es gibt 40 Fußartilleriebataillon;, 13 Verkehrstruppenbataillone und 29 Pionier bataillone. Dazu kommen noch 23 Trainbataillone, die gleichfalls von dem Ouinanennatsaesetz festgesetzt worden sind. — Ueber die Heeresforderungen des neuen Etats haben wir bereits kürzlich berichtet. Die Franzosen in Wadai. Von einem Kenner der französisch-afrikanischen Verhältnisse wird uns geschrieben: Die angeblich starke Niederlage, die die Franzosen im Wadai-Gebiet erlitten haben, macht einen Blick auf die politische und militärische Tätigkeit unserer Nachbarn in den dortigen Gebieten wünschenswert. Das Gebiet von Wadai haben die Franzosen seit 1899 besetzt, wobei die Erinnerung an „Faschoda" not wendig ist. Nachdem die Franzosen oekanntlich gegen über den Drohungen Englands mutig zurückgewichen waren, schloffen sie später ein Abkommen, wonach die Interessensphäre Frankreichs bis zum 23. Längengrade östlich reichen sollte. Es dauerte auch nicht lange, so faßten die Franzosen in Kenam und Bagirmi (am Tschadsee) festen Fuß. Hier bereits machten sich Ueberfälle auf kleine Abteilungen durch die Wadai- krieger bemerkbar, und im November 1909 wurde em Kamelreiterlager von Angehörigen des Borku- stammes bei Kenam angegriffen. Die französische Niederlage war vollständig, das Korps wurde ver nichtet. Im Jahre 1903 stellte der kriegerisch ge sinnte Sultan Dudmora in Wadai sich unter die französische Oberherrschaft. Es hatte dies aber haupt sächlich den Zweck, sich dadurch vor den Angriffen des Fürsten Rabeh zu schützen. So dauerte es nicht lange, bis der genannte Sultan der französischen Herrschaft überdrüssig wurde, was sich in zahlreichen Angriffen auf französische Militärposten äußerte. Dann folgten lange und erbitterte Kämpfe, die schließlich mit der Einnahme von Abeschr endeten. Da dies die Hauptstadt von Wadai ist. die Anfang Sommer des Jahres 1909 fiel, so mar damit zunächst ein gewißer Abschluß zugunsten der Franzosen 'erreicht. Verdienste haben sich die Franzosen in gewißer Beziehung er worben durch die Verfolgung des Sklavenhandels in Wadai und den benachbarten Gebieten. Der Sultan Dudmora war als Sklavenhändler berüchtigt und ge fürchtet. Entweder holte er sich seine Opfer aus den Nachbarstaaten oder er verkaufte seine eigenen Unter tanen. Die Einnahmen dienten ihm dann zum An kauf von Waffen und Munition. Bei der Einnahme von Abeschr fanden sich eine Anzahl alter Kanonen, gegen 3000 Gewehre, darunter auch moderne, und sehr viel Munition. Verhältnismäßig leicht wurde der Sieg den Franzosen gemacht, da nur etwa 200 fran zösische Soldaten die Ucbergabe von einer zwanzig fachen Mehrzahl erreichten. Man setzte nun einen Eegensultan ein, der jetzt nach den letzten Meldungen anscheinend geflüchtet ist. Voraussichtlich hat der ge nannte Sultan Dudmora die Gelegenheit für günstig gehalten, um den Franzosen eine tüchtige Niederlage beizubringen. Im ganzen wird Frankreich ungefähr 1500 Mann in Wadai zur Verfügung haben, und die Mannschaften setzen sich zum größten Teil aus Scnegalschützen zusammen. Erwähnenswert und noch erinnerlich ist der Ueberfall am 4. Januar 1910, bei dem eine etwa 100 Mann starke Truppe wenige Tage märsche von Abeschr entfernt unter Hauptmann Figenschuh überfallen und aufgerieben wurde. Damals entkamen nur 8 Senegalschützen. Dieser Ueberfall hat zur Verstärkung der Besatzung von Wadai geführt, einen eigentlichen Rachezug hat man aber nicht unternommen, sich vielmehr auf die Er richtung von Militärposten und aus die Verteidigung derselben beschränkt. Die Ansicht, daß Wadai im Be reich der islamitischen Bewegung liegt, die durch den Orden der Senussi, der sich hauptsächlich bei den un abhängigen Borkustämmen befindet, besonders ge fördert wird, hat sicher ihre Richtigkeit. Unverkenn bar wird die neueste Niederlage der Franzosen auch von der islamitischen Bewegung beeinflußt sein. In Wirklichkeit haben die Franzosen nur in Bagirmi und Kancm festen Fuß gefaßt. Im Norden Kameruns, das an diese Länder grenzt, wird man sich durch den erneuten Aufstand sicher etwas beunruhigt fühlen. vemlches Reich. Leipzig, 15. November. * Die Sitzung des Schulgesetzausschuffcs de« Natio nalliberalen Landesverein», die für den 16. November angesetzt war, ist verschoben worden. * Der Kaiser über die Religion. Der Kaiser hat. wie Militäroberpfarrer Dr. Leinz in Breslau mit teilt, bei der Rekrutenvereidigung in Berlin sich dahln geäußert: „Ich wünsche, daß meine Soldaten täglich das Vaterunser beten." — Bei dem Besuche des Klosters Beuron soll sich der Kaiser wiederum über den Einfluß der Religion wie auch speziell über den Einfluß des Benediktinerordens geäußert
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