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Nr. 1. los. HaMsng. Leimiger Tsyevlsn Lonnrsg, i. nsnusr l Sl l. Las Ksoslier-Ledür. Neujahrs Humoreske von Alwin von Erbach. (Xachdluck verbolc»,.- Dre zu>n Paaendienjt befohlenen Prnnoner und Selektaner des Kadettenkorps waren in der Dressur. Nach Ansicht ihres Gouverneurs, des Oberleutnants von Göllingen, bewerten sic sich vorläufig noch wie angesäuselte Kellner mit Leichdornen an beiden Hinierslossen. Und in der Tat — die Letztunyen standen unter dem Niveau eines normalen Lohndreners. Es ging den jungen Kenten eben wie all den Menschen, die zum ersten Male eine Biihne zu betreten haben. Während sie sich sonsl vielleicht ganz frei und natnr> lich bewegen, wissen sie plötzlich mit Armen und Beinen nichts anzusangen Und ein bißchen Theaier ist schon bei einer so groszen Neujahrscour am Hose. Wenigstens was die Statisterie betriist. Da muß ledcr Lchritt, jede Distanz genau berechnet werden. Haltung und Bewegung sind für alle Gliedmaßen und in allen Einzelheiten vorgeschrieben — und wehe dem Pagen, der mit der geringsten Ungeschicklichkeit aus dem feierlichen Nahmen fallt. Der Gouverneur ließ eine Pause eintrcten Er war das seiner Gejundyeit schuldig, wie er sagte. Aber auch die jungen Höflinge benötigten dringend einer kurzen Erholung. Kaum hatte der Oberleur nnnt den Nücke» gekehrt als der dicke Primaner Muh - rekte Gras 'Mutzberg Sontbose» -- wie ein Bündel Unglück auf einem Schemel zusammcnsacktc. ..Kinder", stöhnte er kläglich, ,.das lerne ich nie! Das ist eine Arbeit für einen Seiltänzer. Wenn ich die Geschichte wirtlich überlebe, dann kenne ich mich nachher rn meinen eigenen Armen und Beinen nicht mehr aus." ..Und alles weil du eigensinnig bist", wandte jein Intimus, Heinz von Brock, ein. ..Meld«? dich doch ab. Wenn dn schon mit dem Schleppentragen nicht zu rechtkoinmst. wie soll das erst beim Servieren wero.'n!" ..Das weiß nur der liebe Gott Aber ich muß durchhalren. Heinz", seufzte kmr Dicke, indem er Stirn und Nacken mit seinem Taschentuch srottiene. „Ich muß' Oder meinst du vielleicht, daß ich die verflirte Tiertanzerci zu meinem Spaszvcrgniigen mitmacbe? Während des Weihnachtsurlaubs, den ich. wie du weint, bei meinem durchlauchtige» Herr» Bormimd »erleben durfte, hat mir Prinzeß Dickie streng nns- gegeben, mich zum Paqendienst zu melden. Dafür will sie es dnrchdrücken, daß Ich bei der Galatofel hinter ihren Stuhl komme Versiebst du jetzt?" „Ja. Dicker: aber das ändert doch nichts an der Tatsache, daß " „Daß ich mich taprig anstelle» und blamiere» werde. Sei s darum. Für Prinzeß Vickie laufe ich auf einem Drahtseil über den Niagara, nnd wenn ich alle fünf Schritte runterfalle und ersaufe. Ich muß mitmachen. Wir wollen beide nochmal probiere'». Komm, nimm bitt« das Laken uni. Wie war das doch gleich? Ach so — immer nur mit dem halbe» Fug austrcten. Himmlischer Vater! Da muß inan doch auf dem Parkett hinschkagen, ob ma» will oder nicht. Scholl, Konvky — kommt mal, anfassen!" „I. fällt uns gar nicht ein?" wehrten die Ange rusenen ah. „Die Schinderei wird ohnehin gleich »nieder losgehen." „Kinder, ibr habt aber auch gar keinen Trieb!" schalt der von heiligem Eifer Beseelte. Aber er gab sich zufrieden, al- Brock ihm klarmachte, daß unter den obwaltenden Umständen mehr das Serviere» für bn in Beiracht komme. „Also jchän. Wo ist der Teller mit Wasser? Ich werde ihn dreimal durchs Zimmer tragen und jedem von euch unter die Nase halten. Und wenn ich dabei auch nur einen einzigen Tropfen verkleckere, dann verpflichte ich mich, den Teller auszutrinken, trotzdem ihr alle eure Daumen drin gebadet habt." Auch für den geschulten Blick des Eingeweihten war die Neujahrs-Defiliercour tadellos verlausen. Oberleutnant von Göllingen, den während der ganzen Stunden des Hangens und Bangens die Angst schier umgedrocht hatte, tonnte im Paqenzimmer fürs erste beruhigt verschnaufen. Es war auch wirklich, als wenn die roten Nöcke, die Kniehosen, die seidenen Strümpfe und ausge sktmllb'nen Lackschuhe Wunder gewirkt hätten. Was durch kein Proben mit Bettlabm und dergleichen hatte erreicht werden tonnen, das war mit einem Male da. Nicht einer hatte es an Aufmerksamkeit, Sicherheit und Grazie fehlen lassen. Für die durch hlauc Sannaufschläge und reicheren Tresienpesatz tei ntlichcn Leibpogen war aber der Dienst »och nicht zu Ende. Die Galatafel mar noch zu überwinden. Immer und immer wieder schärfte der Goitverneur n-inen Zöglinge» ihre» Spezialdienst ein — von dem Geükblsansdruct. mit dem ei» Wunsch oder Befehl eulgegenqenom'nci! wird, bis zu» Darreichung eines Glases oder einer Blatte. Eine Welt von Schwierig leiten. Nach de» bisherige» Errungenschasten durfte ma» sich jedoch einiger Zuversicht hinqeben. Sogar Bob von Mußberg hatte den verängstigte»» Ausdruck in seinem blanken, üausbäcklgen Antlitz verloren. Ec bewegte sich mit einer ganz uiigewöhntichen Sicher heit Und das hatte nicht bloß in der Eivwirtung des ichml'.ckei» Dreß leine» Grund B?im Spalierbilden aor dec großen SäuU-ntammer halte Prinzeß Bickie ihn »us ihre» niunleren braunen Satansaugen ange blickt, und oeiw Borübergehcm hatte er deutlich lvr- sinnden, »vie iie Nun. »ast ohne die Livv-nr zu bewegen, -»gerannt , n Tao. Mntz" Seither kühlt- er ><»!', ungezwungen, wie auf schloß Krcnthal, der Nejidenz seines fürstlichen Bormuiides. Es fehlte eigentlich nur »och, daß die Prinzeß ihn einmal ordentlich geknufft hätte, wie sie das gern zu tun pflegte, dann wäre er hier überhaupt zu Hause gewesen. Abc» es genügte ja auch, daß «r ihr »aheiein und ritterlich dienen durfte. Dadurch würde er schon die erforderliche Haltung bekommen. So ließ sich s zu Begin» der Tafel auch an. Trotz der Nähe der allerhöchsten Herrschaften und »rob des blendenden Glanzes de» Orden und Diademe blieb der Leibpage Graf von Mlitzberg Sonthofen hei voller Kontenance Erst als Prinzeß Bi'ckie, der das Stillkitzen sehr bald langweilig zu werde» pflegte, sich mit ihn, zu unterhalten versuchte auf ihre Art wurde er nnrnhia. Da., mühsam einstudierte Kuvaliersgesicht mit leiner linteriivance non ersterbender Dienstwilliokeit bekam wiedn einen Stick» ins Unsichere und Ber ängstigte. Wer konnte denn auch Ernst nnd Würde hewabrev Menn ihm zugeraunt wurde: , Junge, Junge, was hast du dick» schon gemacht", oder „Hall nicket ins Essen", oder „Bobmntz. dn bist sabelhait geschickt". Je häufiger der Aermste — in der allernächsten Nähe eines regierenden Herzogs mit solchen leile gezischelten Anreden bedacht wurde, desto unbeholfener und zittriger wurde er. Eben nahm er dem Lakai eme Platte mit Forellen ab, als er wiederum die Stimme seiner kleinen Peinigerin flüstern hörte: „Bobmutz, du machst ein Gesicht wie ein krankes Huhn — lach mal ein bißchen!" Gleichzeitig fühlte er sich am Unterarm so heftig gekniffen, daß er einen leisen Zischlaut des Schmerzes und eine ausfahrendc Bewegung nicht unterdrücken tonnte. Und das war sein Unglück: denn die Bewegung teilte sich der Platte mit. und einer der blaugcsot- tencn, zu einem kleinen Kränzchen gebogenen Ätsche rutschte ab, schlug zuerst aus deii^ Tellerrand der Prinzeß und rollte dann au» deren Staatsrobe. Aus eine»» Wink des Tischherrn der Prinzessin war der Unglückliche abgelöst worden. Er hatte sich in eine Fcnsterntsche des Borsaalev verkrochen, den brennenden Kopf aus beide Arme gestützt, und über legte nun. wie er am schnellsten zu einer handlichen Schußwaffe oder wenigstens zu einem Pfund Zyankali kommen könnte. Plötzlich hörte er leiie Schritte und Seiden rauschen. Aber er rührte »ich nicht. Mochte kommen wer wollte — ihm war alles Wurst. In der nächsten Sekunde fuhr er aut. ..Mutz" tuscl-elte eine wohlbekannte Stimme: ..Bobmutz, bist du mir böse? Ich konnte aber wahr und wahrhaftig nicht anders — bei dem Gesicht. das du machtest. Ich wäre geborsten vor Lachen, wenn ich dickt nicht getmisst hätte. Se» wieder gut, Mutzl. Die Werkenthin hat mich wegen des Kleides hinaus l>egleitet. und da bin ich ihr ausqerückt. um dich zu suchen —" „Prinzeg!" Es klang wie ein Aufschluchzen Heul nicht, dummer Kerl! Ich will alles wieder gut machen. Meinem Tiichherrn habe ich schon ge sagt, dost ich dich versehentlich angestoßen. Er Hai seinen Adjutanten beauftragt, ihn bei dir zu enrschul eigen nnd auch den Gouverneur zu verständigen. 'Mehr kannst dn nicht verlangen! Und was mich be trifft — nimm mal gleich die Hand vom Gesicht, großer Jung! — Ich bin noch gar nicht recht dazu gekommen, dir ein gutes neues Jahr zu wün schen. Da " Mniz fühlte einen warmen, kräftigen Druck auf seinen Lippen — und ehe er sich noch besinnen konnte, mar die kleine Prinzeß trotz der langen Cour- schlenve wie ein Eierguirl davon. Als die Hofdame Freifrau von Werkenthin gleich darauf den Borsaal »asiierte, um die ihr abhanden, gekommene Durchlaucht zu suchen, war sie höchst in- dianiert. daß der ungeschickte Page nun auch noch zchuhplattelte Rsklsels örsut. (dkoi-drvck lervotei!.) Vierhundert Jahre jind in diesen Tagen »er gangen, seit Raffael die Ausmalung der Stanzen des Vatikans beendigte: Nir die Römer, die seinem Pinsel eine der stärksten Anziehungskräfte ihrer Stadt verdanken, ein Anlaß, sich endlich eines Wunsches des Meisters zu erinnern, der jahrhundertelang un beachtet blieb. Keiner der zahlreichen Besucher des imposanten Pantheons des Agrippa wird sich er innern. neben der Inschrift zu Ehren des „göttlichen" Raffaels auch die Gedenktafel seiner Frau, „zpmn-s ezus", gelesen zu haben. Ja, man wird mich sogar auf Grund einer eingehenden Kenntnis der .Kunst geschichte überzeugen wollen, daß Raffael überhaupt nicht verheiratet war. Ich will dieses Faktum auch nicht ernstlich in Abrede stellen, ohne damit meine vorhin gemachte Behauptung umzustoßen, nach der eine unzweifelhaft echte Gravjchrift der Gattin des arogen Malers existiert, wenigstens sofern wir das lateinische Sponia durch das ganz ähnlich lautende Ehegejponst mit Recht ins Deurjche übertragen. Wer aoer war diese unbekannte Gattin des welt berühmten Künstlers, und wo hängt die Marmortasel dieser längst Verstorbenen, die jetzt willkommene Ge legenheit zu einer pietätvollen Handlung gegenüber einem der größten Genies aller Jahrhunderte geben soll? Maria Bibicna hieß sie. und nichts weiter weiß die Geschichte von ihr zu melden, als daß sie die Tochter eines gewissen Antonio und die 'Nichte des Kardinals Bibiena war. Geburts- und Todesjahr schien. Ebenso findet sich nirgends ein Anhalt über ihre Persönlichkeit. Gewiß wenig genug, um daraus vierhundert Jahre nach Raffaels Tode das Bild eines Mädckiens zu konstruieren, das er sterbend als seine Gattin bezeichnet haben wollte. Meine Leser werden inir nicht günstig gesinnt sein, daß ich die lebensvolle, blühende „Fornarina", die sich mit beredten Augen in prangender Iugendfrische aus den Bildern des Urbinäten in ihr Herz schmeichelte, durch die blutlose Silhouette einer Unbe kannten verdrängen will. Es war so poetisch, die ichöne Bäckerstochler von Raffaels Liebe und Freund schaftsbeweisen überschüttet zu wissen, ihre braun glänzenden, mandelförmigen Augen auf einer Wande rung nach Trastevcre aus dem Dunkel der Bäcker stube aufleuchten zu sehen, in der noch heute das Bror gebacken wird, und sie als unumschränkte Herrscherin des Herzens und Hauses Raffaels von Purpur und Seide umhüllt, in reich ausgcstatteten Gemächern und schattigen Gartengängen zu träumen. Die barm herzige Legend-:, die über ihre Lieblinge gern das rosenoolle Füllhorn eines bitternisfreien Lebens ver streut, hat der Fornarina keinen anderen Kummer als den Schmerz nm den Einzig Geliebten, zu st ütz Verschiedenen antun wollen. Die Geschichte aber, bei des Lebens ungemischte Freude ein Leben hindurch wenig glaubwürdig erscheint, korrigiert die gefälligen Linien der Legende und schraffiert ihre dunklen Striche in das Himmelblau und Rosenrot verklären der Darstellung. So müssen wir erfahren, daß die Fornarina vor dem Tode des Meisters sein Hous rn verlassen hatte, in dem er als guter Christ zu sterben wünschte. Wir wissen nicht, inwieweit sie das aus gesetzte Legat i»ber die erliltene Schmach zu trösten wußte. Sicher ist. daß Raffael nach den mancherlei Ausschweifungen seines bewegten Künstlerledens zum Sterben bereit, in der Erweckung des reinen Bildes eines unschnldsvollen Mädchens, eben der Maria Bibiena, seine Kräfte zu sammeln suchte. Dan dieser Maria Bibiena berichten seine Briefe schon sechs Jahre vor seinem 1520 erfolgten Tode. Er nennt sie das „Kind" und „kleine Liebchen", aber aus ver»chiedenen Andeutungen gehl hcrvor, daß er sie zur damaligen Zeit noch nicht ein mol gesehen haben konnte. Ein neues Rätsel! Wainm beschäftigen sich die Gedanken des großen Malers, aus den doch plastische Eindrücke am sinn lästigsten wirken mußten, mit der Persönlichkeit dieser „Kleinen", die unmöglich irgendeins seiner Interessen teilen konnte? 'Wenn wtr der Stammtafel des Bandini Glauben schenken wollen, so konnte Maria als Enkelin eines Brndsrs des Kardinals Bibiena zu der Zeit, da sie in Raffaels Leben eintritt, unmöglich mehr als kl'UNÜI' iMNlUI'-ÜUMI'IlSüf vom 2. bis 15. «lanuar s^k.inntlicü >vir grosse kostsrl dsrvorrAxorldor Qualitätsu in 86icl6N8tolk6ii n. Oaiiien-Koiifslcüon nur zrveimü säbrliclr nu >o1ost unAlaudUost billigen Preisen, evio ciie folgenden, ab, um clio lüc^-er kür ciie neue Tmson-IVcrro frei ru mcresten. Wir emplestlen cinstor unserer werten KunZscstatt irr Istrsm eigenen Interesse, von unserem zvirlrliesteu ^n8verKuuk8--^ngsko1 reicstiieken Oebr-rucst ru mcresten. 2000 Xketer 861(1 Iraner I^nul^rcl.s. Onmriste. klussnstofte etc. kür üriistznürs-(oÜLtten clurestrvex 50 in ein- 'lurestrve§ 00 00 in doppelt- bi» f-reststreit bis breit ZOO 8ei6enb1u8on ckurcbveg Mc . 12.00 ZOO I^^1l8l1)Il^8011 "vt reicber Stickerei -lurckvex dlk. ir.oo 7.80 5.oo 100 Ustist- und bLiliLiiklLicler lO.-'O 100 k'rükMlrrs-.luelcsnlrleider 7-5°38.50 k'ür krsutldeider in 5;ebvvui-neu und >vei«8en 8oidenr>tntten -- > rZperiril^Nfleboto --------------- .^.encjerunxen rverclen bereebnet. Kein Omtauseb. O68e1l8ek^kt8- u. 8traben1<1eidei- k>Zletot8. Xloryenroeke eie. ------- ekenisUs bedeutend ermässigt ------- 86iäsvbLU8 IVÜLÜ6I8 L Oib: ^losHesersnten vorm. freund L ^kiele. Orimrnaiscbe Strasse r