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" Nur eine rote Role. Ein Rooellenkranz von Alfred Funke. . (Stacht,ruck verboten.) Zn seinem Studierzimmer legte er sich in einen bequemen Langstuhl, brannte eine Zigarre an und schaute dem blauen Rauch nach. Da sah er nun in diesem gottverlassenen S. Josö, verdiente zwar ein schönes Stück Geld, weil er weit und breit als Arzt gesucht wurde, aber innerlich verkümmerte und ver dorrte er. Und warum? Warum war aus dem fröhlichen Manne ein verbitterter Mensch geworden, der hin und wieder, wenn die bösen Gedanken ihn be schlichen, den Kelch des Taumels bis auf die Neige schlürfte und hinterdrein sich selbst verachtete? — Weil das Schicksal ihn genarrt hatte, weil ein anderer die Rose gepflückt hatte, die für ihn aufgeblüht war. Er lieh die Hand mit der brennenden Zigarre schlaff über die Stuhllehne herabhängen und starrte vor sich ins Leere. Das war damals gewesen, als er nach Jahresfrist zurückkam nach Oporto. Ein ganzes Jahr hatte er nichts gesehen und gehört von Jolita. Heimlichkeiten zu haben, verbot ihm und ihr Stolz und Ehre. Nun kam er, um das Weib seines Herzens ehrlich zu werben. Wieder keuchte der Zug nach Negoa ins grüne Weinland, wieder schritt er durch die alte Platanenallee und das große Portal, wieder stand er in der geräumigen Halle. Aber vergeblich schaute er nach Jolita aus. Nur der Konsul kam und erbleichte beim Anblick des Doktors. „Sie leben, Doktor?" „Aber gewiß, Herr Konsul, und ich komme mit frohem und zuversichtlichem Herzen, um Sic um die :?and Jolitas zu bitten." Da war der starke Mann vor Schreck fast zu sammengebrochen, und dann fielen tonlos die wenigen Worte: „Meine Tochter ist seit einem halben Jahre die Baronin von Pedras Altas!" Wie ein Vater, mit Tränen in den Augen, hatte Konsul Ahrend zu ihm gesprochen. Alle Zeitungen in Lissabon und Oporto hatten seinerzeit die Nachricht gebracht, daß der bekannte deutsche Forscher Doktor Johannsen am Viktoriasee, tief im Innern Afrikas, der schleichenden Seuche, die er studierte, zum Opfer gefallen sei. Das hatte Herr Lutz de Mello besorgt, für eine Handvoll Geld war die Presse im Lande Portugal ja zu haben. Der Schurke! hatte der Doktor damals in ohnmächtiger Wut geknirscht. Dann waren Dona Manuela mit Tia Maria gekommen, und sie hatten ihm mit ihrer sanften Stimme vom Glück Jolitas er zählt, die mit ihrem Gatten, der nächstens als Ge sandter nach Rom kommen mußte, auf ihrem Schloß bei Toimbra saß. Und er hatte mit höflicher Miene zugehört, während sein Herz zuckte und schrie. Dann ging er. Aber der Konsul brachte ihn bis an die Eisen bahn, und unterwegs hatte er ihm ernst in die Augen geschaut und das Versprechen abgenommen: „Nicht wahr, lieber Freund, Sie werden die Ruhe meines armen Kindes nicht stören? Aber ich will ihr sagen, daß Sie leben und glücklich geworden sind. Vielleicht wird das ihr Ruhe geben." Er hatte stumm dazu genickt, obwohl er hinter drein die Fäuste ballte. Mit einer Lüge hatte dieser Schleicher Luiz die arglose Jolita eingefangen, mit einer Lüge schaffte man ihr Frieden und Ruhe, lind er? Er war in die Welt gelaufen, irr und kopflos. Nur vergeßen, nur vergessen! ratterten ihm die Näder der Eisenbahn, rollten ihm die Schrauben des Dampfers zu. In Ostasien, unter der Kirschblüte Japans, unter den Pyramiden Aegyptens, in den Bergen von Albanien, an der Küste Marokkos war er gewesen, in Lissabon war er umhergestrichen, ob er vielleicht Jolita, nein, der Baronin von Pedras Altas begegnen möchte. Dann hatte er den ersten besten Dampfer genommen und war in S. Josö an Land gegangen, und weil er Landsleute fand, mit denen sich leben ließ, war er geblieben. Er hatte alle Hände voll Arbeit, und im Werk des Tages vergaß er den Schmerz des Lebens. Nur hin und wieder flammte in ihm das Andenken an den unseligen Tag von Regoa auf, und dann tobte und wütete er gegen sich selbst, als sei er ein Halb besessener. Draußen war es Abend geworden, und des Arztes gelbe Aufwärtcrin brachte das Licht herein. Doktor Johannsen stand auf, trat eine Weile unschlüssig ans Fenster und schaute auf die Straße. Dann nahm er den langen dunklen spanischen Mantel und den breiten Filzhut, steckte den geladenen Revolver sicher und ging hinaus. Er wollte doch noch eine Stunde in den Deutschen Klub gehen. Am Sonntagabeno kegelte man dort und war sehr vergnügt. Die Mondsichel stand schon am Hiimnel, und aus dem grünlichen Blau des Horizontes schillerre der Abendstern. In den Türen der Häuser lehnten Mädchen und Frauen und schwatzten mit den Nach barinnen über die Straße weg. Manches dunkle Auge leuchtete auf, als der deutsche Doktor vorbei schritt, und die hübsche Lucia, die Tochter des Bäckers an der Ecke, sagte bewundernd: „Was für ein Kavalier!" Sie bewunderten ihn alle, die hübschen, schwarz äugigen Mädchen in seiner Straße, und wenn er im Vorübergehcn eine grüßte und ihr ein artiges Wort sagte, wurden die andern gelb vor Neid. Aber er kümmerte sich nicht sonderlich um das hübsche Volk. Ueber den Platz, wo die Lichter brannten und die Menge nun am Abend vor den Kaffeehäusern saß, ging er in die Rua Caxias, schritt das holprige Pflaster entlang auf dem hier und dort eine Pfütze stand, und bog in eine Seitenstraße ein, wo in den Fenstern und Türen der kleinen Häuser gleichfalls Frauen und Mädchen den Abend verschwatzten. An einem Fenster blieb er stehen. „Guten Abend, Rosita!" grüßte er höflich, „hier ist ein kleines An denken." Er warf ein Päckchen durch das offene Fenster ins Zimmer und ging weiter. Im nächsten Torweg lehnte ein Mulatte. Gleichmütig sah der Doktor ihn an, aber unwillkürlich stutzte er einen Augenblick und griff unter den Mantel an den Kolben seiner Waffe. So unheimlich, so haßerfüllt hatte ihn nie ein Blick getroffen, wie er aus dem Gesichte des Gelben glühte. Dann ging er weiter und bog in die Straße, an der das Gebäude des Deutschen Klubs lag. Rosita hatte das Päckchen aufgemacht. Mit glän zenden Augen und hastigen Fingern nestelte sie es auf. O, sic wußte ja längst, der deutsche Doktor war ein Kavalier und hielt sein Wort. Als sie das letzte Mal mit einer erfundenen Krankheit zu ihm in die Sprechstunde gekommen war, war die dünne Korallen kette mit dem billigen Herzen aus Goldblech geplatzt und die kleinen roten Perlen rollten aus den Boden. „Lassen Sie, Rosita". hatte er gesagt, „wer wird sich nach den dummen Dingern bücken!" Nun öffnete sie die Schachtel und zog eine schöne Goldkette heraus, an der ein Herz mit funkelnden Steinen hing. Ein Smaragd lohte sprühend neben einem blitzenden Brillanten. „Ah!" Mit ungläubigem Staunen und zagenden Fingern hielt das hübsche Mädchen die Kette, dann trat ne vor den Spiegel, der unter dem Muttergottesbild hing, und zündete die Kerzen links und rechts davon an. Sie hob die schönen Arme, von denen die Aermel des Hellen Musselinkleides bis zum Ellbogen herunter glitten, und legte die Kette an. Wie eine schillernde Schlange legte sich das glitzernde Geschmeide um den schönen Hals. Unter dem dicken, schwarzen Haar knoten, in dem der silberne Pfeil steckte, drückte ne das Schloß zusammen. Dann bog und drehte sie sich geschmeidig in den Hüften vor dem blanken Glas, lächelte mit halbgeöffnetem Munde ihrem Spiegel bilde zu und flüsterte zärtlich: „()ua boniw! Wie hübsch!" Plötzlich fuhr sie zusammen, als habe rhr jemand heimtückisch einen Stich versetzt. Im Spiegelglas er schien lauernd das Gesicht des Mulatten. „Du drehst den Hals ja wie eine Taube vor dem Schlage", sagte er höhnisch, „und ich habe den Habicht vorbeistreichen sehen. Er wird dich schlagen, arme Taube!" Da drehte sie sich um und erwiderte mit verächt lichen Mundwinkeln: „Was geht's dich an?" „Ah! — So weit sind wir schon, mein schönes Täubchen? Ich glaub's, der stolze deutsche Doktor ist ein schmucker Kavalier — haha! — und mit einer goldenen Kette läßt sich ein hübscher Bogel gern an die Stange binden und dann Zucker in den Schnabel stecken." Da trat Rosita einen Schritt auf den Gelben zu, ihre Augen glühten vor Haß und Zorn wie die Lichter einer Wildkatze. „Schere dich weg von meinem Fenster, gelber Hund!" zischte sie, „und trolle dich zu deinem Ge lichter, oder, bei Gott! — ich werfe dir diesen Leuchter an deine freche Stirn!" Der Mulatte stand starr vor Schreck und Wur, die ihm das Gesicht verzerrte. Heftig gingen die Flügel seiner Nase, er stieß den Atem keuchend hervor, während er sprach: „Hund?! Habe ich darum ein Jahr lang Tag für Tag dich angebettelt um deine Liebe? — Hund?! Das sagst du? Wer bist du denn, meine Schöne? Doch wohl nichts anderes als die heimliche Liebe des schönen Doktors? Ja, fauche nur! Und wenn er dich satt hat, wirft er dich am das Pflaster wie eine Orangenschale!" Da ergriff Rosita in jäher Wut einen Leuchter und schleuderte ihn zornbleichen Antlitzes gegen den Mulatten, daß er erschrocken zur Seite wich. Draußen klirrte der Leuchter aus dem Pflaster. „Das sollt ihr mir beide büßen!" knirschte der Gelbe. Dann verschwand er. Rosita stand noch mit bebenden Gliedern im Zimmer, dann schloß sie hastig das Fenster und riß die Vorhänge vor, versperrte die Tür und horchte, ob draußen der Schritt des Gelben schlürfe. Aber alles blieb still. Sie saß auf dem Rand ihres Bettes, den Kopf in die Hände gestützt, und starrte vor sich hin. Dann seufzte sie tief auf und warf sich vor dem Bilde der Madonna auf die Knie und betete für den Mann, den, ihr heißes Herz gehörte. Sie kannte den heim tückischen gelben Firinino und wußte, daß die Rache leicht das Messer im Gurt locker macht. — * » * Mit dem ersten Morgenstrahl hiel('der schwarze Reitknecht des Doktors mit dem blankgestricgelten Rappen vor dem Hause seines Herrn. Die silbernen Beschläge des spanischen Sattels, auf dem der weiche Reitpelz lag. glitzerten, die silbernen Steigbügel, die Knöpfe an den langen Zügeln, das Zamnzeug, in dessen Stange das schöne Tier schäumend biß. funkelten, und ungeduldig scharrte der Rappe auf dem Pflaster. Schnaubend wandte er den klugen, feinen Kopf. Die Haustür ging aus, Dottor Johannsen trat im Reitanzug heraus. Er schlug den langherabhängenden seidenen Mantel über die linke Schulter, nahm die Zügel aus der Hand des Schwarzen, klopfte dem u» geduldigen Tier besänftigend den schönen Hals und schwang sich leicht in den Sattel. In scharfem Trab klapperten die Eisen über das Pflaster. Noch lag die Stadt in tiefer Ruhe. Nur die Hafenarbeiter gingen durch die Gasten, ein Polizist im schwarzen Käppi lehnte verschlafen in einem Haustor. Auf der Pra?a flötete die erste Amsel, und der Tau lag auf den Taxushecken und Fächerpalmen der Beete. In der Rua Taxias strich ihm die kühle Morgen luft entgegen. Er verhielt den Rappen zu einem kurzen Trab. Unmutig warf das Tier den Kopf ans und ab, und der Schaum flockte vom Gebiß. Plötzlich zog Doktor Johannsen die Zügel an. An der nächsten Straßenecke wartete «ine weibliche Ge stalt, ganz in ein buntes Tuch gehüllt, einen Schal um den Kopf. Der Reiter erkannte schon in der Entfernung die wartende Rosita. Schnaubend und scharrend stand der Rappe, während das Mädchen, sich nach allen Seiten umblickend, ihm die Hand reichte: Guten Morgen, Herr Doktor!" „Hallo! Kleine, du bist schon so früh zuwege? Wenn das kein glücklicher Tag wird, an dem ein junges, hübsches Mädchen einem zuerst begegnet!" (Fortsetzung folgt.) 8 8 lisch I lisch II! lisch II bellst ^6ler jelrl verles' ^elsp jslrl ^eäei' ^elsl jelrl /7VV sonst bis 9 sonst bis sonst bis < In gr0886r ^N8lvakl unä 2N Verln8tprei36N bringen lvir, auk 1^8oken ankg68tapelt, Leihen aller ^.rten kür Musen — Koben — Kuttei- Kupons Vi686 an336rorcientliob6 Laukgelegenbeit kann niobtÜberboten werden un6 vvircl in äis86in 6abrniebt vieäsrbolt Vi656 kosten enilislien gletle, o fgldige, gemuswt-le u. setivvai-re i I Zeläeulmm lacodv 41 I*eter5ZtrL5re Unssi' Invenwi'-^usvei'ksus clsueil nuf 14 läge! ?eters§1ras5e 41 luveiüur ^mverkauk