Volltext Seite (XML)
Nr. 2. XXXIV. Jahrgang. jSonder-j4ummer. LEIPZIGER Leipzig, 1. Juni 1919. jYumatschrift für Textilindustrie Illustrierte Fachzeitschrift für die Woll-, Baumwoll-, Seiden-, Leinen-, Hanf- und Jute-Industrie sowie für den Textil-Maschinenbau; Spinnerei, Weberei, Wirkerei, Stickerei, Färberei, Druckerei, Bleicherei und Appretur. Schr ' f Slio^DS'^"-9 v<,r ' ag: || Herausgegeben von Theodor Martins Textilverlag in Leipzig. | Jt 0 l^. Organ der Sächsischen Textii-Berufsgenossenschaft- Organ der Vereinigung Sächsischer Spinnerei-Besitzer. Organ der Norddeutschen Textil-Berufsgenossenschaft. Jährlich 10 Hefte (einschließl. 4 Sondernummern). Bezugspreis bei den Post ämtern und Buchhandlungen pro Halbjahr (einschl. 2 Beiblättern): für Deutsch land und Österreich-Ungarn 8 -A für alle übrigen Länder 12,50 Jt. Bei di rekter Zusendung unter Streifband erhöht sich der Preis um die Portospesen. Anzeigenpreise: */, Seite 150 Jl, 1 / t Seite 75 Jl, */, Seite 50 Jl, '/ Seite 40 Jt>, */« Seite 30 Jl, ’/ 8 Seite 22,50 Jl, ’/ ia Seite 15 Jl, Seite 12 Jl. Bei Jahres aufträgen (16 Einschaltungen) werden 20 0 / 0 Rabatt gewährt. Nachdruck, soweit nicht untersagt, nur mit genauer Quellenangabe gestattet Adresse für sämtliche Zuschriften und Geldsendungen: Leipziger Monatschrift für Textil-Industrie, Leipzig, Dörrlenstr. 9. Die Textil-3nöustrie Großbritanniens unö seiner Kolonien. Von Syndikus Dr. Jul. K. Schnorr. [Nachdruck verboten.] Großbritannien hat unter den europäischen Staaten die höchste Ein- und Ausfuhr an Textil waren. Der Anteil der Textil-Industrie Englands an der Einfuhr der europäischen Staaten im letzten Friedensjahre betrug 29,5 U / O , an der Ausfuhr 41,7°/ 0 . Besonders in der Ausfuhr besitzt es die weitaus höchste Quote. Demgegen über betrug der Anteil Deutschlands an der Ausfuhr der Textilwaren nur 13,7°/ 0 und der Frankreichs 15,4°/ O . Besonderen Vorteil im Bezug der Rohstoffe hat England dadurch, daß seine Kolonien und Schutzgebiete fast alle gleichzeitig große Produ zenten an Rohstoffen der Textilindustrie sind. Im Jahre 1913 führte Großbritannien rund 980000 Tonnen rohe Baumw’olle ein, davon aus Ägypten, Britisch-Indien und Britisch-Afrika 212500 Tonnen. Von den eingeführten rund 363000 Tonnen Wolle kommen rund 292000 Tonnen aus Australien, Neuseeland, Britisch-Süd- afrika, Britisch-Indien und Ägypten. Der Bedarf an Rohjute wird ganz von Britisch-Indien gedeckt, nur Rohseide wird weder im Inlande noch in den Kolonien in bedeutendem Maße gewonnen. Bei einer verhältnismäßig niedrigen Einfuhr ist die Ausfuhr an Halbfabrikaten sehr bedeutend. Die Hälfte aller aus den europäischen Staaten ausgeführten Halbfabrikate wird von England geliefert. Die Baumwollindustrie ist hier am stärksten vertreten. Im Jahre 1913 wurden ausgeführt: Rohe Garne für ca. 260 Millionen Mark, gebleichte und gefärbte Garne für ca. 46 Millionen Mark, rohe Baumwollgewebe für ca. 560 Millionen Mark. Im Jahre 1913 waren in Englands Spinnereien 59,3 Millionen Spindeln beschäftigt, während Deutschlands Baumwollindustrie, die annährend 2/3 so groß ist als die englische, nur mit 11,4 Millionen Spindeln arbeitete, was darauf zurück zuführen ist, daß sich in England die Fein spinnereien in ganz besonderem Maße entwickelt haben. Wie die Ausfuhr Englands an Halb fabrikaten, so ist auch die Ausfuhr an Fertig fabrikaten eine überaus große. Von der Fertig warenausfuhr der gesamten europäischen Staaten entfallen 45°/ 0 allein auf England. Die Produktion der Textilindustrie Großbritanniens ist die größte von allen europäischen Staaten; die zweitgrößte ist die Deutschlands. Dagegen hat die Textil-Industrie der Vereinigten Staaten von Nordamerika im Jahre 1913/14 bereits eine höhere Produktion erreicht, als diejenige Groß britanniens. Die Spinnereien und Webereien der Baumwolle haben ihren Hauptsitz in Lancashire. Der Hauptsitz für Kammgarn spinnerei ist Bradford, für Streichgarn spinnerei Huddersfield. Die Leinen-Industrie ist vorwiegend in Irland zu Hause u. zw. haupt sächlich in der Provinz Ulster. Ulster samt der Metropole Belfast nehmen auf dem Gebiete der Leinenindustrie eine Weltstellung ein, wie etwa Lancashire mit Manchester auf dem Feld der fabrikmäßigen Verarbeitung der Baumwolle. Exportiert werden die Erzeugnisse vornehmlich nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika, welche allein soviel Ware aufnehmen, als alle übrigen Staaten zusammen. Die Juteindustrie Englands ist hauptsächlich in Schottland bezw. Dundee vertreten.— Uber den Stand der Textilindustrie der englischen Kolonien vor dem Kriege sollen nachfolgende Ausführungen in Kürze berichten. Britisch-Indien ist sehr reich an Textil- Rohstoffen. Mit Jute versorgt es die ganze Weit. Die Baumwollgewinnung ist außerordentlich groß. Von der gewonnenen Baumwolle wurde vor dem Kriege ungefähr die Hälfte im Inlande verarbeitet, die andere Hälfte ausgeführt. Daneben werden auch Wolle und Rohseide gewonnen. Die Produktion erstreckt sich vornehmlich auf Baum woll- und Jutewaren. Die Baumwoll-Industrie Britisch-Indiens ist größer als die Japans und ihr ungefährer Produktionswert fast so hoch wie der Deutschlands. Die Baumwollspinnereien und- Webereien sind hervorragend eingerichtet, besonders soweit rohe, gebleichte, gefärbte und buntgewebte Gewebe in Betracht kommen. Die Gewinnung von Baumwolle, die im Jahre 1913' rund 768000 Tonnen im ungefähren Werte von 788 Millionen Mark ausmachte, beträgt un gefähr den vierten Teil der nordamerikanischen. Die Steigerung der Produktion ist in Indien nicht so groß, als in Nordamerika. Hier betrug sie in dem Zeitraum von 1903 bis 1913 ca. 44 °/ 0 , dort nur ungefähr 14 °/ 0 . Auch in den Eigenschaften steht die indische Baumwolle gegen die amerikanische zurück, was deutlich in der Preisdifferenz zum Ausdruck kommt. Der Tonnen wert war in Indien 1020 gegen 1250 Jb in Nordamerika. — Der Ernteertrag in Jute betrug im Jahre 1904 rund 1312000 Tonnen, im Jahre 1913 rund 1 725000 Tonnen, was eine Erhöhung von ca. 31 °/ 0 darstellt. — Die Menge der im Inland gewonnenen Wolle ist schwer zu be stimmen. Es liegen nur Unterlagen vor, wonach die Zahl der Schafe im Jahre 1913 23 Millionen und die Ausfuhr an roher Wolle ungefähr 24200 Tonnen betrug. — An Rohseide wurden vor dem Kriege schätzungsweise 200 Tonnen ge wonnen. Die Zahl der Seidenspinnereien ist durch die Konkurrenz Japans in steter Abnahme begriffen. Im Jahre 1903 waren 64 Spinnereien mit ca. 10300 Arbeitern und im Jahre 1910 nur noch 29 Spinnereien mit ca. 3500 Arbeitern tätig. Hauptsitz der Baumwollspinnerei und -Weberei ist die Stadt und Provinz Bombay, hier betrug die Arbeiterzahl 250000, während die Gesamtzahl der in den Fabriken beschäftigten Arbeiter 792000 betrug. Die Erzeugung der Spinnereien und Webereien betrug im Jahre 1913/14 rund 3 100000 Tonnen Garn und 1165 Millionen Yards Gewebe. — Weit größer als die indische Fabrikproduktion ist die Einfuhr von Baumw’ollstoffen. Sie betrug im Jahre 1912 rund 3 Milliarden Yards. Dagegen ist die Ausfuhr sehr gering (vor dem Kriege rund 70 Millionen Yards). Der durch schnittliche Jahresverbrauch Indiens an Baum wollstoffen dürfte etwa 4 1 / 2 Milliarden Yards betragen, die einen Wert von etwa 1 Milliarde Mark darstellen. In der Weberei ist also Indien vor dem Kriege noch weit davon entfernt gewesen, sich selbst zu genügen. Günstiger steht es mit der Spinnerei. Zur Herstellung von 4 */ 2 Milliarden Yards Gewebe bedurfte es ungefähr 453000 Tonnen Garn. Auf 6 1 / a Millionen Spindeln wurden vor dem Kriege ca. 312500 Tonnen Garn gesponnen; zu 453000 Tonnen Garn würden also etwa 10 Mill'onen Spindeln genügen. In der Jute-Industrie hat sich in den letzten 10 Jahren vor dem Kriege die Anzahl der Webstühle, Spindeln und Arbeiter fast ver doppelt. 50 bis 60 °/ 0 der in Indien gewonnenen Jute wird dort selbst verarbeitet. Die Woll-Industrie ist von untergeordneter Bedeutung. Der Wert der Produktion wird auf 7,4 Millionen Mark geschätzt.