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44 LEIPZIGER MONATSCHRIFT FÜR TEXTIL-INDUSTRIE. 1926, Heft 2. zügliche Schlichtmaschinen mit außergewöhnlich geringem Dampf- und Kraftbedarf liefert, wurde mir von derselben mitgeteilt, daß sie bereits Schlichtmaschinen mit zwei Bäumvorrichtungen baut und sehr viel liefert, und zwar hauptsächlich, um zwei schmale Bäume vor- oder nebeneinander zu bäumen, es können jedoch auch ohne weiteres zwei breite Bäume voreinander gebäumt werden. Ferner hat die Firma erklärt, an bereits vorhandenen Maschi nen ihres Systems eine zweite Bäumvorrichtung vorbauen zu können. Daß eine solche Vorrichtung für Webereien, welche Artikel mit Kunstseiden- oder anderen Garneffekten herstellen, von Vor teil ist und die Anschaffungskosten bald hereinbringt, bedarf wohl kaum der Frage. Beim Schlichten der Effektketten muß man überhaupt bedacht sein, möglichst viel Fäden auf einen Zettelbaum zu nehmen und diesen selbst, speziell bei Kunstseide, möglichs wenig zu bremsen, dann wird auch das Schlichten glatt vonstatten gehen. Wie man aus Proben ersehen kann, ist der geschlichtete Faden nicht mehr so voluminös wie der unimprägnierte, da es sich jedoch bei derartigen Artikeln meist um Stückfärbeartikel handelt, ist dies von gar keiner Bedeutung, da der Faden durch die Nachbehandlung (Färben) wieder sein früheres Volumen erreicht. Bei weniger Effektfäden, als der vorbeschriebene Artikel enthält, würde man diese vorteilhaft mit auf die Grundzettelwalzen schären. Die Anordnung wäre z. B. für das vorliegende Muster folgende: Gesamtfadenzahl: 1980 Grund + 396 Effektfäden = 2376 Fäden. Bei 6 Zettelbäumen wird also auf jeden Baum die Anzahl von 2376 (Gesamtfäden): 6 (Schärwalzen) = 396 Fäden kommen. Um das Muster regelrecht auf den Kettenbaum zu bekommen, teilt man eine Fläche durch 7 wagrechte Linien in 6 Zwischenräume. Jeder Zwischenraum bedeutet eine Walze. Da nun der Gesamt rapport 36 Fäden beträgt und 6 Walzen geschärt werden, beträgt der Rapport einer Schärwalze 36 (Gesamtrapport) : 6 (Walzen) = 6 Fäden. Folglich teilt man die wagrechten Zwischenräume durch 7 senkrechte Linien ebenfalls in 6 senkrechte Zwischenräume, deren jeder einen Faden von jeder Walze bedeutet (Abb. 2). In die entstandenen Quadrate schreibt man in der Folge von oben nach unten die Anfangsbuchstaben der verschiedenen Far ben, im vorliegenden Falle ist r = rohweiß, k = Kunstseide. Da mit man den Effektstreifen des 66. Rapportes nicht gerade an das Ende der Ware bekommt, fängt man mit dem halben Grund an einzuzeichnen, somit 12 rohweiß, 1 Kunstseide, 1 rohweiß (6X), 12 rohweiß. Für die Schärerin wird man also folgenden, aus der Skizze ausgezogenen Schärzettel schreiben: 6 Walzen ä 396 Fäden, und zwar: Walze Nr. 1, 3 u. 5: rohweiß Nr. 24 engl. Walze Nr. 2, 4 u. 6: 2 rohweiß, 2 Kunstseide, 2 rohweiß. Selbstverständlich muß man auch die Anzahl der zu schären den Striche angeben, was sich nach dem Bedarf richtet. Es steht natürlich jedem Interessenten frei, sich durch die vorbeschriebenen Versuche zu überzeugen, oder so vorzugehen, daß man auf irgendwelche Schärwalze einen Kunstseidenfaden mit aufschären läßt, jedoch nicht direkt am Ende, weil, besonders wenn die Scheiben des Zettelbaumes ein wenig schlagen, die Fäden am Ende locker gehen und dann beim Kamm der Schlicht maschine öfters reißen, wodurch man leicht zu einem falschen Urteil gelangen könnte, ebenso darf man zu großen Spulen keine kleinen Kunstseidenspulen aufstecken. Die Glanzstellen im KunstseidensGewebe, ihre Ursache und Vermeidung. Von W. Binder. Beim Kontrollieren eines Gewebes aus Kunstseide, gleich gültig ob aus rohem, gebleichtem oder gefärbtem Material ange fertigt, kann man oft bemerken, daß das Aussehen des Produktes im Glanz stellenweise Unregelmäßigkeiten aufweist. Diese unan genehmen, zutagekommenden Abweichungen vom richtigen Aus sehen werden als Glanzstellen bezeichnet. Beim Auftreten dieses Übels wird oft der Fehler am Webstuhl oder an der Schußspul maschine gesucht, jedoch ohne bestimmte Anhaltspunkte für eine entsprechende Begründung dieser Erscheinung zu besitzen. Trotz vermehrter Aufmerksamkeit gelingt es aber nicht immer, die Glanzstellen gänzlich auszumerzen, sodaß der Grund dieses Übels noch weiter zu suchen ist. Es ist weniger bekannt, daß die Kunstseide, welche aus einzel nen gefachten und gedrehten, sehr feinen Fäden besteht, gegen Zugbeanspruchung sehr empfindlich ist und daß dieses Material die Eigenschaft besitzt, sich leicht verstrecken zu lassen, ohne dadurch Fadenbrüche zu verursachen. Durch dieses Verstrecken wird die Struktur der Kunstseide verändert, sodaß die getroffenen Stellen beim Färben z. B. Tonungleichmäßigkeiten aufweisen, welche später als Glanzstellen auftreten. Es erklärt sich somit, daß trotz allen Vorschriften diese Glanzstellen immer wieder er scheinen. Man muß also von Anfang an und nicht etwa nur bei der Schußspulmaschine oder beim Weben Vorkehrungen treffen, um durch maschinelle Vorrichtungen und. gleichzeitige sorgfältige Behandlung des Materials ein Verstrecken des Garnes zu ver unmöglichen. Das Grundübel der Glanzstellen muß schon bei der Haspel maschine gesucht werden, d. h. da, wo die Kunstseide zum ersten Male in Strängen gewunden wird. Funktioniert die Haspelmaschine schlecht, so werden Strängen mit kurzen und langen Fäden erzeugt und erstere können bereits verstreckt aus dem Fällbad zur Weiterbehandlung gelangen. Solche Strängen kommen nun in die Winderei und die Winde- rin ist gewohnt, diese Strängen vor dem Auflegen tüchtig zu klopfen, wie dies bei anderem Material (Naturseide) üblich ist, und auf dem Teilarm derart zu behandeln, daß sie möglichst gleich mäßige Fäden bekommen, damit keine herunterhängen und das Winden besser vonstatten gehe. Dieses Klopfen und Strecken am Teilarm ist wiederum von großem Vorteil für die Kunstseide; die kurzen Fäden werden nun zum zweiten Mal verstreckt. Wird noch dazu etwas hart ge wunden und entsteht bei solchen schlecht gehaspelten oder durch das Färben aus der Ordnung geratenen Strängen eine Fadenver wicklung, so kann es vorkommen, daß die Spindel weiter arbeitet unter beständigem Zerren und Zupfen des Fadens im Strang. Beachtet dies die Winderin nicht sogleich, so kann manchmal ein solcher Strang 1—2 Minuten unter erhöhter Zugbeanspruchung des Fadens laufen, bis endlich die Winderin kommt und den Faden lockert. Das Übel ist aber bereits geschehen und mehrere Meter sind verstreckt. Sobald aber solche Fehler nicht mehr vorkommen, so erlebt man, daß die Glanzstellen im Gewebe verschwunden sind, insofern beim Zetteln und beim Kopsspulen (abrollend ab Rand spulen) der vorgewundene Kunstseidenfaden mäßig gebremst wird und die Fadengeschwindigkeit der Schußspulmaschine nicht allzugroß gewählt ist. Es ist ferner selbstverständlich, daß bebn Weben darauf geachtet werden muß, daß der Faden nicht zu stark gebremst wird oder sogar durch Abschlagen der Schußspule oder durch Reibung an Unebenheiten im Webschützen oder an der Kopshülse verstreckt wird. Es geht aus dem obenstehenden her vor, daß dem Winden vor allem besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist. Es fallen dabei 2 Punkte in Betracht: 1. Das Auflegen der Kunstseide. Wie bereits gesagt, stößt mancherorts das Winden der Kunst seide auf Schwierigkeiten, weil der Vorbereitung der Strängen sei tens der Winderin zu wenig Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt